Kleine Maus mit großen Herz (38)
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Kapitel 38: Ein Problem weniger?
Meikes nächste Therapiesitzung fand leider ohne vorheriges Mittagessen statt, da Meike sich mit mir wieder durch den Schulalltag quälen durfte. Irgendwie merkte ich eine gewisse Entspannung nach den gestrigen Erlebnissen. Auch wenn das klein sein für sie vielleicht kein Wundermittel war, dann war es doch irgendwo eine Hilfe um einfach mal auf andere Gedanken zu kommen. Ich freute mich zumindest, dass es ihr irgendwo gut zu tun schien. Sie schaffte es sogar sich ein wenig im Unterricht zu beteiligen, was ich nach den zwei experimentellen Tagen letzte Woche schon beachtlich fand. Es war aber auch schwierig einzuschätzen was in ihrem Kopf vorging. Alleine wenn ich daran dachte wie sie gestern morgen ausgesehen hatte. Sie musste einen wirklich furchtbaren Traum gehabt haben, wenn sie sich so sehr bewegt hatte, dass sie aus dem Bett gefallen war. Ich erinnerte mich an meinen letzten Traum, bei dem das passiert war. Einer dieser seltsamen Träume mit Jen. Ich war heilfroh, dass diese Träume inzwischen der Vergangenheit angehörten. Das machte meinen Schlaf weitaus erholsamer. Wir hatten inzwischen die letzte Stunde hinter uns gebracht und machen uns ganz gemütlich auf den Weg zur Praxis von Dr. Berger. Auch wenn wir da viel zu früh ankommen würden, störte mich das gerade eher weniger. Ich schaute kurz bevor wir die Praxis erreichten auf mein Handy. Wir hatten noch mehr als genug Zeit.
„Ich finde wir sollten uns gerade noch schnell was zu Essen holen. Hier um die Ecke gibt es nen Bäcker. Was sagst du dazu?“ fragte ich Meike.
„Hmmm…ja eine Kleinigkeit schadet nicht denke ich.“ antwortete Meike und folgte mir zum Bäcker. Uns beide lachten anscheinend die Rosinenschnecken an und ich bestellte zwei und zahlte auch gleich beide. Eine reichte ich Meike und wir gingen langsam wieder in Richtung der Praxis.
„Du musst mich nicht unbedingt einladen.“ meinte Meike.
„Ach lass das mal meine Sorge sein, außerdem hast du doch das Cafe bezahlt.“ entgegnete ich.
„Achja stimmt, ganz vergessen.“ gab Meike betrübt zurück. Verdammt ich hatte ganz vergessen, dass das der Tag gewesen war als das mit ihrem Vater passiert war.
„Shit, sorry Meike, nicht dran gedacht.“ entschuldigte ich mich.
„Schon gut. Sag mal…ähm…ich hab da eine ganz doofe Frage.“ erwiderte Meike und steckte sich das letzte Stück der Rosinenschnecke in den Mund.
„Gibt keine doofen Fragen. Immer raus damit.“ gab ich ihr zu verstehen. Sie lächelte einen kurzen Moment.
„Also wenn das so ist. Sag mal…ähm…würdest du dieses Mal mit in die Therapiesitzung kommen? Ich glaube ich könnte Unterstützung gebrauchen. Die Erlebnisse von gestern werden bestimmt ein Thema werden.“ erklärte Meike. Wirklich begeistert war ich nicht. Ich hatte nicht wirklich Lust, dass Meikes Therapeut wusste was ich so trieb, auch wenn er sich das bestimmt irgendwo denken konnte. Er war bestimmt besser im Schlussfolgern als Meike und hatte den Schnuller und den Body bestimmt schon in irgendeinen Kontext gebracht.
„Nur wenn es unbedingt sein muss.“ entgegnete ich Meike nach einer kurzen Denkpause.
„Ich würde dich nicht fragen, wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass ich deine Unterstützung brauche, aber ich kann auch verstehen, wenn du nicht mitkommen willst und bin dir nicht böse.“ gab Meike zurück. Irgendwie tat sie mir in dem Moment schon ein wenig leid. Auch wenn ich Bedenken hatte was den Termin betraf, gab ich mir innerlich einen Ruck.
„Na gut ich komme mit.“ gab ich nach. Meike strahlte mich geradezu an als ich das von mir gegeben hatte.
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Irgendwie war ich nervöser als Meike. Ich saß mit ihr im Wartezimmer und wir warteten auf Meikes Termin. Warum hatte ich überhaupt zugesagt mit rein zu kommen? Ja wegen Meike, aber warum musste mich das so nervös machen. Ich schaute auf die Uhr. Jeden Moment war es soweit und es würde losgehen. Ich atmete einmal tief durch und versuche mich zu entspannen. Es würde alles gut werden. Ich schloss einen Moment die Augen. Ich hörte wie sich die Türe zum Wartezimmer öffnete. Ich öffnete ruckartig die Augen und blickte direkt in Dr. Bergers Gesicht.
„Hallo zusammen. Bereit Meike?“ begrüßte er uns.
„Ja, ich würde gerne Kathi mitnehmen, wenn das geht.“ entgegnete Meike sofort. Dr. Berger schaute kurz zu mir und dann wieder zu Meike.
„Eigentlich ist das nicht geplant, aber wenn du das unbedingt möchtest, dann kann Kathi gerne mitkommen. Aber vorher klären wir ein paar Dinge.“ merkte er an.
„Was denn?“ fragte ich nervös.
„Also zum einen du verlierst kein Wort über das was Meike erzählt und zum anderen unterbrichst du uns bitte nicht. Das ist eigentlich das wichtigste.“ erklärte Dr. Berger kurz. Ich wollte eigentlich etwas sagen, aber Meike kam mir zuvor.
„Aber wenn ich Kathi brauche wenn ich irgendwas nicht richtig erklären kann, dann kann sie was sagen oder?“ fragte Meike.
„Das ist natürlich etwas anderes. Also Kathi alles soweit verstanden?“ fragte Dr. Berger mich. Ich nickte und folgte den beiden dann ins Behandlungszimmer.
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Ich setzte mich auf einen der Sessel im Behandlungszimmer und schaute mich um. Ich fand das immer noch etwas befremdlich mit hier drin zu sitzen, aber auf der anderen Seite war es interessant zu erfahren was Meike zu erzählen hatte. Wahrscheinlich hätte sie mir davon sowieso berichtet, aber das war dann doch etwas anderes. Der Schreibtisch von Dr. Berger sah nach viel Arbeit aus. Dort stapelten sich einige Akten. Er musste ziemlich viel zu tun haben oder er war einfach nur unordentlich. Ich kannte das von dem Schreibtisch meines Vaters. Meine Mutter hatte oft genug gesagt, dass der aussehen würde wie Dresden 45. Ich hatte den Zusammenhang lange nicht verstanden, inzwischen wusste ich, dass Dresden im Krieg fast dem Erdboden gleich gemacht worden war und dort kein Stein mehr auf dem anderen gestanden hatte. Totales Chaos also, wenn man so will und eben das beschrieb manchmal den Schreibtisch meines Vaters und auch irgendwie Dr. Bergers Schreibtisch ein wenig. Meike hatte sich auf einen anderen Sessel gesetzt. Dr. Berger saß uns gegenüber. Ich wartete gespannt, dass etwas passierte.
„Also dann fangen wir mal an. Wie war denn die letzte Woche Meike?“ fing Dr. Berger an.
„Puh durchwachsen würde ich sagen. Also ich war am Donnerstag und Freitag in der Schule. Am Mittwoch habe ich meine Sachen zurückbekommen.“ berichtete Meike knapp von den harmlosesten Ereignissen. Sie wollte wohl mit etwas entspanntem anfangen.
„Hast du die zwei Tage Schule komplett durchgehalten?“ fragte Dr. Berger.
„Hab ich, hab ich erst nicht geglaubt. Aber hat noch nicht ganz so funktioniert, hatte den Kopf nicht wirklich frei.“ antwortete Meike.
„Was hat dich beschäftigt?“ fragte Dr. Berger weiter.
„Meine Sachen haben Erinnerungen wachgerufen. Das war ziemlich deprimierend. Das hat mich gerade am Mittwoch und am Donnerstag sehr runter gezogen und abgelenkt. Und dann war da noch der Freitag, der war…puh…ich glaube besonders heftig.“ meinte Meike.
„Inwiefern besonders heftig?“ fragte Dr. Berger neugierig.
„Also wir kamen gerade aus der Schule nach Hause und wurden sofort in die Küche zitiert. Als ich da dann die Frau vom Jugendamt gesehen habe, habe ich schon mit dem schlimmsten gerechnet. Vor allem weil auch Kathis Tante mit dabei saß. Wissen sie Kathis Tante ist Anwältin das hat nicht gerade zu meiner Beruhigung beigetragen.“ erklärte Meike.
„Ich weiß nicht ob es dir schon aufgefallen ist, aber das hier ist ein ziemlich verschlafenes Nest. Hier kennt gefühlt jeder jeden. Kathis Tante kenne ich tatsächlich auch. Eigentlich wirkt Helen nicht wirklich furchterregend, aber ich vermute, dass du dachtest du müsstest weg oder?“ bohrte Dr. Berger nach. Ich fand es in diesem Augenblick nicht verwunderlich, dass er Helen kannte. Alleine schon wegen Jona musste er sie kennen.
„Genau und dann wurde über so unglaublich tolle Sachen wie das Erbe und die Beerdigung gesprochen. Man hat mir erklärt warum das wichtig ist, aber das hat mich trotzdem ziemlich beschäftigt. Ein kleiner Trost war dann, dass ich wirklich bleiben kann und wir schon mal alles für die Adoption fertig gemacht haben. Wenigstens muss ich mir da keine Sorgen mehr machen.“ entgegnete Meike. Ich merkte, dass sie das lieber alles nicht erwähnen würde und vermutlich innerlich mit sich kämpfte halbwegs etwas dazu zu sagen.
„Verständlich. Was ist mit der anderen Sache, die wir letzte Woche besprochen haben? Hat sich da etwas neues ergeben? Hat das auch dafür gesorgt, dass du dem Unterricht nicht folgen konntest?“ fragte Dr. Berger während er sich Notizen machte. Ich schaute kurz zu Meike, die ebenfalls etwas nervös zu mir schaute. Ich weiß nicht warum, aber ich nickte ihr zustimmend zu.
„Darüber habe ich auch sehr viel nachgedacht.“ gestand Meike.
„Hast du meinen Rat befolgt?“ bohrte er nach.
„Hmmm…hab ich, leider aber erst gestern. Ich denke die Ereignisse am Freitag haben da auch einen letzten Anstoß geliefert. Ist…naja…ein wenig ausgeartet, wenn man so will.“ erwiderte Meike.
„Ausgeartet? Gab es Probleme?“ fragte er und schaute einmal kurz kritisch zu mir. Irgendwie wirkte das ein wenig wie ein Vorwurf.
„Also ich fange am besten mal am Samstag an. Samstag hatten wir einen sehr netten Besucher bei uns. Kathis beste Freundin, die war wirklich nett und abends hab ich dann ihren Rat befolgt und hab mich mit dem Schnuller und dem Body ins Bett gelegt. Ich wusste ja, dass Kathis beste Freundin am Samstag vorbei kommt und deshalb wollte ich das nicht schon am Freitag probieren. Als ich das dann am Samstagabend gemacht habe, war es seltsam. Es fühlte sich schön an, aber zugleich auch falsch. Ich habe lange wachgelegen, ich war schon am Überlegen alles wieder auszuziehen, bin dann aber irgendwann doch eingeschlafen.“ berichtete Meike. Ich musste mich zusammenreißen nichts zu sagen, am liebsten hätte ich jetzt etwas gesagt. Ich biss mir mit den Zähnen auf die Lippe um mich abzulenken.
„Hat dieses seltsame Gefühl angehalten?“ fragte Dr. Berger.
„Ja, aber es kam noch ein wenig schlimmer. Ich habe sehr schlecht geträumt. Die Bilder von zu Hause also die Bilder von meinen Eltern sind wieder hochgekommen, vermutlich auch dank dem Freitag. Ich habe schon von Freitag auf Samstag sehr schlecht geschlafen. Ich erinnere mich noch, dass ich einfach nur weglaufen wollte und dann bin ich gestolpert und gefallen. Ich bin dann aufgewacht und auf dem Boden neben meinem Bett aufgeschlagen. Aus Reflex habe ich bei dem Sturz geschrien, das hat alle anderen in mein Zimmer geholt.“ erzählte Meike weiter.
„Das bedeutet alle haben dich in dem Body gesehen?“ fragte Dr. Berger. Sein Blick ruhte immer wieder auf mir.
„Nein ich war in meine Decke gewickelt. Nur Kathi hat mich so gesehen. Ihr Blick hat mich verunsichert und ich bin dann wieder mal ins Badezimmer geflohen.“ antwortete Meike.
„Du weißt Flucht ist nicht immer die beste Option. Ich weiß es ist schwer aus seinen alten Mustern auszubrechen, aber daran arbeiten wir ja gemeinsam.“ meinte Dr. Berger.
„Ja ich weiß, dass ich eigentlich keinen Grund zur Flucht habe, aber ich kann manchmal nicht anders. Ich bin schon froh, dass das nur zwei Mal passiert ist mit dem Bad. Früher war das viel schlimmer.“ erklärte Meike.
„Wer hat dich aus dem Bad raus geholt?“ fragte Dr. Berger. Meike sagte nichts, sondern schaute zu mir. Dr. Berger verstand wohl was Meike ihm sagen wollte und nickte. Jetzt passierte etwas mit dem ich nicht gerechnet hatte, denn Dr. Berger wandte sich an mich.
„Du hast Meike aus dem Bad geholt?“ fragte er mich.
„Ähm…ja…war ziemlicher Aufwand.“ antwortete ich unsicher.
„Wie genau lief das ab?“ fragte er. Ich hatte das Gefühl, dass er uns beide fragte.
„Also…“ fingen Meike und ich zeitgleich an und schauten uns an. Wir mussten tatsächlich in diesem doch sehr ernsten Moment anfangen zu lachen. Dr. Berger ließ uns unsere kurze Freude.
„Also wer von euch beiden erzählt jetzt?“ fragte er nochmal. Ich schaute Meike nochmal an.
„Kann ich alles erzählen?“ fragte sie unsicher. Ich nickte. Sie atmete einmal tief durch.
„Also…ich hab mich im Bad eingeschlossen und Kathi hat nicht locker gelassen, sie ist da genauso wie ihre Mutter.“ fing Meike an.
„Ich nehme an du beziehst dich auf diesen Tag mit dem langen Gespräch als das mit euren Betten passiert ist oder?“ warf Dr. Berger ein.
„Hmmm…ja genau…also ich habe mich im Bad eingeschlossen, wie an dem Tag mit dem langen Gespräch. Kathi hat versucht mir zu erklären, dass das alles nichts schlimmes ist. Ich wollte das natürlich nicht hören und hab sie weggeschickt. Aber sie kam wieder. Ich wollte immer noch nicht mit ihr reden. Ich dachte schlichtweg ich hätte es verbockt und würde im nächsten Moment weggeschickt oder sonst irgendwas. Diese typischen Angstreaktionen von mir. Eigentlich total schwachsinnig, wenn ich drüber nachdenke, dass zwei Tage vorher alles geklärt wurde damit ich da bleiben kann, aber man hätte das ja auch rückgängig machen können, weil man mich einfach für verrückt hält oder so. Aber ich schweife ein bisschen ab. Kathi hat mir dann mein Handy vor die Türe gelegt um mit mir kommunizieren zu können. Ich wollte es eigentlich nicht nehmen, aber ich hab es dann doch gemacht.“ erzählte Meike weiter.
„Warum hast du dir das Handy dann trotzdem genommen Meike?“ fragte Dr. Berger. Eigentlich eine ziemlich gute Frage, ich hätte sie Meike stellen sollen, dachte ich mir.
„Weil…keine Ahnung…vielleicht weil ich irgendwo die Hoffnung hatte, dass Kathi mich verstehen würde oder keine Ahnung…ich weiß es nicht…ich habs einfach gemacht.“ antwortete Meike.
„Gut ich glaube viel wichtiger ist, dass du es überhaupt getan hast. Ich nehme an es ist am Ende nicht so schlimm gekommen wie du befürchtet hast oder? Kathi hast du bestimmt nicht mit hier rein genommen, wenn es gestern schlimm geendet wäre oder?“ fragte Dr. Berger.
„Nein also Kathi war echt toll. Also eigentlich waren zu Hause alle toll. Ich weiß ich habs gestern schon gesagt, aber ich könnte dich einfach knuddeln für das was du getan hast, nein eigentlich möchte ich euch alle knuddeln.“ antwortete Meike.
„Also gab es überhaupt keine Probleme deswegen?“ bohrte Dr. Berger nach.
„Ähm…naja also ich sag es mal so ich bin da nicht so ganz alleine zu Hause was dieses klein sein betrifft, aber das haben sie ja nach meiner Erzählung schon vermutet.“ entgegnete Meike zögerlich und schaute in meine Richtung. Dr. Berger schaute kurz in meine Richtung.
„Verstehe. Das macht alles natürlich ein bisschen einfacher. Mit Kathis Eltern gibt es da auch keine Probleme?“ fragte Dr. Berger. Jetzt schaltete ich mich ein.
„Nein, die kennen das schon zur Genüge von mir. Ich glaube Meike ist da noch in einer Art Selbstfindungsphase. War am Anfang für mich auch ein wenig…seltsam. Meine Eltern sehen das aber alles recht entspannt.“ warf ich ein. Auch wenn ich eigentlich nicht so viel über mein klein sein verlieren wollte, musste ich mich trotzdem einschalten. Tatsächlich hatte sich meine Vermutung sogar bestätigt und Dr. Berger hatte die richtigen Schlussfolgerungen gezogen.
„Danke für den Einwurf, Kathi. Ich gehe davon aus, dass du Meike deswegen nicht unter Druck setzt?“ fragte er, jetzt beantworte Meike die Frage.
„Nein gar nicht. Kathi hat sich richtig Zeit genommen, sich ein bisschen was über meine Familie angehört und mir schon vieles erklärt, also auch was das mit dem klein sein bei ihr so betrifft. Es war sehr aufschlussreich. Ich weiß gar nicht ob das bei mir irgendwie in die gleiche Richtung gehen wird oder nicht, aber das kann ich mir in Ruhe überlegen. Kathi war einfach für mich da, also wenn man so will wie eine große Schwester.“ schwärmte Meike schon fast von dem was ich gestern getan hatte.
„Das klingt doch sehr gut. Kannst du denn schon sagen ob dir das irgendwie hilft oder ist es dafür noch zu früh?“ fragte er Meike.
„Puh…schwierig. Also es war schon irgendwo hilfreich, aber ich glaube ich muss mich da irgendwie noch mit arrangieren. Auch wenn das eigentlich nichts schlimmes ist, kämpfe ich tatsächlich noch mit mir ob ich das so zulassen soll und will. Also schon irgendwie, aber irgendwie auch nicht. Total verrückt, dass ich es auf der einen Seite schon will und auf der anderen Seite wieder nicht.“ antwortete Meike.
„Das ist völlig normal Meike. Ich schließe mich da Kathis Vermutung an. Du bist in einer Art Selbstfindungsphase. Ich würde dir empfehlen das mit dem klein sein ruhig häufiger zu probieren, dann weist du ob es dir wirklich hilft oder nicht. Sollen wir noch über die Sache mit der Beerdigung sprechen oder vertagen wir das lieber?“ entgegnete Dr. Berger nachdenklich.
„Also ich glaube nach gestern und dem Bericht von heute möchte ich das ganz gerne vertagen. Ich weiß noch gar nicht wann die genau ist und ob ich da überhaupt hin will…alles schwierig. Ich glaube das besprechen wir am besten davor nochmal.“ antwortete Meike.
„Gut, dann würde ich sagen das wars für heute. Danke für den ein oder anderen Einwurf Kathi, ich denke das war durchaus sinnvoll.“ beendete Dr. Berger die Sitzung.
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Meike wirkte tatsächlich ein wenig erleichtert, auch wenn sie wieder ein wenig in Gedanken versunken war als wir auf dem Weg nach Hause waren.
„Alles gut?“ fragte ich vorsichtig.
„Ich glaube schon. Ich versuche das alles immer noch einzuordnen.“ antwortete sie.
„Ist gar nicht so einfach. Selbst ich kriege das nicht so wirklich eingeordnet. Ich fühle mich gut damit, das ist alles was mich interessiert. Das macht es vielleicht ein bisschen einfacher.“ erklärte ich.
„Ja schon, aber…ach egal…ich sollte vielleicht einfach nicht so viel nachdenken. Sag mal ne ganz andere Frage. Ähm…die Sachen die du in deinen Kisten hast. Wo kriegt man die denn eigentlich her?“ fragte Meike neugierig.
„Kriegst du im Internet. Leider ein wenig teurer als das was du so hast.“ antwortete ich.
„Das dachte ich mir irgendwie. Ich habe keine Ahnung was ich gerade noch an Geld habe.“ merkte Meike an.
„Tja dann wird es wohl mal Zeit über dein Taschengeld zu verhandeln.“ meinte ich scherzhaft.
„Ich kann doch nicht urplötzlich anfangen irgendwelche Forderungen zu stellen. Wie sieht das denn aus? Da ist seit zweit Tagen klar, dass ich adoptiert werde und dann komme ich mit Forderungen an.“ konterte Meike aufgebracht.
„Also als Forderung würde ich das jetzt nicht ansehen.“ gab ich zurück.
„Naja ich komm mir trotzdem blöd vor dabei.“ gestand Meike.
„Du brauchst dir deswegen nicht blöd vorkommen. Vielleicht kommen Mama und Papa von selbst auf dich zu.“ versuchte ich das Thema zu wechseln.
„Ist dir gerade was aufgefallen?“ fragte Meike plötzlich.
„Ne was soll mir aufgefallen sein?“ entgegnete ich ratlos.
„Naja du hast von Mama und Papa gesprochen, nicht wie sonst von deiner Mutter und deinem Vater.“ erklärte Meike.
„Ähm…ja…passiert. Ich hoffe das war nicht schlimm.“ gab ich unsicher zurück. Für Meike würde das eine ganz schöne Umstellung, die sie bestimmt nicht von heute auf morgen bewältigen würde, deshalb hatte ich bislang immer auf meine Wortwahl geachtet, jetzt hatte ich einmal nicht darauf geachtet und mir nichts dir nichts schon so gesprochen als ob es unsere Eltern wären.
„Eigentlich nicht. Gewöhnungsbedürftig, ich muss das noch verarbeiten. Vielleicht kriege ich das noch hin bis die Adoption durch ist, wäre zumindest irgendwie…ich weiß nicht…wünschenswert um irgendwie mir selbst sagen zu können „Ja hier gehöre ich jetzt hin.“. Klingt vielleicht total bescheuert, aber das wäre so der finale Schritt weißt du, also mit meinen Eltern abschließen und mit deinen sozusagen neu anfangen, vielleicht sogar besser neu anfangen. Bislang sieht es zumindest danach aus, so traurig das klingt.“ antwortete Meike lange und auch niedergeschlagen.
„Ich glaube du brauchst zu Hause erst mal einen Tee um dich zu beruhigen, am besten so wie gestern.“ gab ich mit einem breiten Grinsen zurück.
„Ich glaube ich muss mich zu Hause erst mal beschweren, dass meine kleine Schwester zankt.“ gab Meike halb jammernd halb lachend zurück. Irgendwie deutete ich diese Reaktion mal positiv, auch wenn ich nicht wusste ob es wirklich positiv war oder nicht.
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Tatsächlich kam es zu Hause ein kleines bisschen anders als Meike und ich geplant hatten, denn meine Eltern nahmen gleich nach der Ankunft Meike in Beschlag. Ich wurde aus der Küche verbannt, keine Ahnung warum. Ich würde vermutlich später erfahren was geklärt wurde oder auch nicht. Es wurmte mich, dass ich nicht wusste was die drei besprachen. Ich versuchte mich trotz des Grübelns an meinen Hausaufgaben, natürlich mit mäßigem Erfolg, denn immer wieder male ich mir in Gedanken die absurdesten Szenarien aus, in denen Meike gerade steckte. Ein Klopfen an meiner Türe riss mich aus meinen Gedanken.
„J…j…a…“ antwortete ich unsicher und sah wieder meine Zimmertüre, die sich in Zeitlupe öffnete. Nach einer gefühlten Ewigkeit stand Meike in meinem Zimmer. „Puh du bist es. Ist was passiert oder warum hat man dich gleich in Beschlag genommen?“ fragte ich besorgt.
„Keine Sorge, alles gut. Es ging nur nochmal um die Geschichte mit dem Erbe und der Beerdigung. Ganz schön beschissene Diskussion sag ich dir. Zieht einen jedes Mal runter.“ erklärte Meike. Ich schaute sie eine Weile an und sagte nichts. Ich weiß nicht warum, aber ich stand auf, bewegte mich zu ihr und nahm sie in den Arm. Meike ließ es widerstandslos zu. Wir verharrten einen Augenblick, dann löste ich mich.
„Willst du darüber reden?“ fragte ich nervös.
„Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich müsste mir eigentlich Gedanken machen ob ich auf die Beerdigung will und eigentlich will ich das zumindest bei meiner Mutter und meinem Bruder und eigentlich müsste ich auch Benni Bescheid sagen, aber auf der anderen Seite habe ich Angst, dass das einfach zu viel für mich ist.“ antwortete Meike.
„Verstehe. Stelle ich mir schwierig vor das mal eben spontan zu entscheiden. Hilft es dir wenn ich dir anbiete mit zu kommen?“ meinte ich.
„Möglich…ich glaube ich muss erst mal eine Nacht oder so darüber schlafen. Deine Eltern kümmern sich um alles. Ich brauche nichts machen. Das hilft auch schon. Die Beerdigung ist nächste Woche Mittwoch. Wenigstens hab ich dann nochmal die Gelegenheit das mit Dr. Berger zu besprechen.“ erklärte Meike.
„Puh…“ entgegnete ich.
„Kannst du laut sagen. Aber tatsächlich ging es gerade nicht nur darum, auch wenn das wohl der größte Teil des Gesprächs war.“ warf Meike ein.
„Nicht?“ entgegnete ich verwundert.
„Ne wir haben noch so ein paar allgemeine Dinge geklärt. Also alles was so dazu gehört.“ meinte Meike. Anscheinend wollte sie ein wenig von dem belastenden Thema ablenken
„Heißt?“ bohrte ich nach.
„Ob mir irgendwas fehlt oder ich irgendwas brauche. Es muss ja jetzt einiges umgeändert werden. Ich brauche ein neues Bankkonto, mein Handyvertrag muss umgestellt werden und dann kam natürlich noch das Thema Taschengeld auf den Tisch.“ erklärte Meike.
„Cool. Damit hat sich das Taschengeldproblem doch erledigt. Ich hoffe wenigstens es hat sich gelohnt?“ gab ich lachend zurück.
„Naja ich würde mal sagen deine Eltern sind fair und haben mir einfach mal das gleiche Taschengeld verpasst wie dir.“ antwortete Meike.
„Ich hoffe du hast nicht abgelehnt.“ gab ich nachdenklich zurück. War schon recht passend, dass meine Eltern jetzt auf die Idee kamen Meike Taschengeld zu verpassen.
„Ich hatte gar nicht die Möglichkeit abzulehnen. Da gab es keine Diskussion drüber. Ich fand das zwar eigentlich unpassend, aber wenn ich was gesagt hätte, dann hätte ich das Geld vermutlich nicht auf mein Konto bekommen, sondern es wäre auf meinen Schreibtisch oder sonst wo hin gewandert.“ berichtete Meike.
„Tja kannste mal sehen, ein Problem weniger würde ich sagen. Ich nehme mal an dein erstes Taschengeld wandert direkt in eine wunderschöne Internetbestellung?“ fragte ich.
„Möglich…mal sehen…“ antwortete Meike unsicher.
„Du klingst nicht so überzeugt.“ konterte ich.
„Hmmm…ich weiß nicht. Ja dieses klein sein hat was, aber ich weiß noch nicht wie intensiv ich das überhaupt betreiben will.“ erklärte Meike.
„Wirklich skeptisch hast du bisher nicht gewirkt, aber ich kann das durch aus verstehen. Man muss sich da erst mal rein finden. Sieh es einfach als eine Art Neustart für dich und lass es einfach auf dich zu kommen. Du musst es ja auch nicht so krass machen wie ich. Wenn ich die Möglichkeit hätte, dann wäre ich jeden Tag klein, aber ich habe es tatsächlich auf ein Minimum herunter gefahren auch wegen dir. Gut du bist jetzt als Grund weg gefallen, aber ich versuche es trotzdem nicht zu übertreiben.“ entgegnete ich.
„Ich überlege mir das einfach mal und schaue was meine Finanzen sagen. Wenn du nochmal was bestellst, sag mir einfach Bescheid, dann bestelle ich vielleicht auch was. Ähm…wenn ich trotzdem mal das Bedürfnis haben sollte so was buntes zu tragen, kann ich mir doch bestimmt noch mal eine von deinen Windeln nehmen oder?“ fragte Meike unsicher.
„Klar, solange du es nicht übertreibst und ich am Ende nichts mehr da habe, kannste dich an den Kisten bedienen. Wenn du mal einen neuen Body brauchen solltest, gilt das gleiche, die findest du im Schrank, musst aber ein bisschen suchen, ich habe die versteckt, damit sie nicht direkt auffallen. Den Schnuller, den du gerade bei dir hast, lasse ich dir auch mal als Dauerleihgabe wie meinen Hasen.“ antwortete ich. Ich konnte in Meike Blick die Erleichterung auf diese Reaktion erkennen.
Autor: Timo (eingesandt via E-Mail)
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Ist schon klasse das sich Maike und Kathi, und Ihre Eltern, so anstandslos verstehen. War zwar blöd diesen Teil schonmal gelesen zuhaben, aber da konnte ich den Inhalt nun nochmal auffrischen. Freu mich schon auf den nächsten Teil.