Zweite Chance (1) – Kapitel 16
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Kapitel 16 – Ich bin kein Bettnässer!
„Das war nicht Felix, den sie getroffen haben heute Morgen, das war ich!“
„Nein, das war eindeutig Felix, ihr beiden seid jetzt nicht grade schwer auseinanderzuhalten.“
„Nein, also gut, doch. Ich war in Felix Körper, glaube ich.“
„Oha“, gibt Kai nun nachdenklich von sich. Ich fahre fort: „Also heute Morgen, das war mein Bewusstsein, was da Sie getroffen hat. Aber ja, wenn ich mal überlege, ich war definitiv Felix. Die Schlafanzughose, meine relative Größe verglichen mit dem Bett, ja. Wäre mir vermutlich deutlicher aufgefallen, wenn ich nicht so müde gewesen wäre.“ Ich denke, das mit der Windel, die ich diese Nacht nassgepinkelt habe und in welcher Felix immer noch steckt, verschweige ich lieber. Irgendwie witzig, ich habe die Windel von jemand anderem nassgepinkelt. Andererseits, ist Felix wirklich jemand anderes?
„So etwas musste eigentlich kommen!“, meint Kai zu meiner Verwunderung aber nur, und geht nun schnelleren Schrittes in die Lagerhalle, wo er anfängt, sich angeregt mit ein paar Forschern zu unterhalten. Trotz der unglaublichen Neuigkeiten setzten Freelancer, ich und Felix uns erst einmal zum Essen an den langen Tisch.
„Du bist dir sicher, dass du ich warst?“
„Ja, das bin ich. Also zumindest vor sechs Jahren war ich du. Haha, nein, Spaß beiseite. Ja, ziemlich“, sage ich, lehne mich dann in Felix‘ Richtung und flüstere ihm leiser ins Ohr, so dass Freelancer den Inhalt nicht verstehen kann: „Ich hab in der Nacht in die Windel gepinkelt, also die, die na, du weißt schon.“
„Oha. Das … ist … merkwürdig irgendwie“, sagt Felix nur, während er sich in seinen Schritt schaut. Was er jetzt wohl denkt? Ein anderer hat ihm in seine Windel gepinkelt, das ist durchaus mehr als merkwürdig. Aber ne, irgendwie war er es ja schon selbst. Nur halt nicht mit seinem Bewusstsein. Hä?
„Ihr könnt euch das Flüstern sparen, wir sind der BND, ich krieg das so oder so raus!“, antwortet Freelancer, um die ganze Situation etwas aufzulockern und erzeugt damit sogar fast so etwas wie einen Lacher.
„Aber jetzt nochmal, Heute morgen, das warst du?“, fragt mich der sympathische Agent.
„Naja … kann man das so genau sagen? Also irgendwie ja nicht, also, äh. Hm. Ja, Nein. Beide? Puh.“
„Also, es war dein Bewusstsein? Oder sind nur die Erinnerungen nur zu dir übergetreten sozusagen?“
„Also, dass ich das eigentlich war, aber vergessen habe?“, fragt Felix Freelancer um ebenfalls mitzukommen.
„Ja, sowas meine ich“, antwortet der Agent, dessen richtigen Namen ich immer noch nicht kenne.
„Puh, naja. Würde ich das dann jetzt wissen? Wobei …“, antworte ich wieder einmal, bevor ich mir eigentlich überlegt habe, was ich antworten will und erinnere mich dann daran, dass ich, oder wer auch immer das heute Nacht war, ja auf meinem Handy meinen Facebookfeed mit der Meldung des Postillions gelesen habe: „Doch, das war definitiv ich.“
„Ich erinnere mich auch an nix“, pflichtet mir Felix bei, während er in ein Marmeladenbrötchen beißt.
Es wirkt fast so, als wäre es sein vorrangiges Ziel gewesen, sich seinen Mund möglichst stark mit Marmelade vollzukleckern, ich als Insider bin mir aber sicher, dass das für ihn nur einen ungewollten Nebeneffekt darstellt.
Während wir weiter frühstücken und für einen Moment Stille zwischen uns dreien einkehrt und ich die Gelegenheit nutze, mir meine Gesprächspartner und die Umgebung kurz anzuschauen, wird langsam ersichtlich, dass immer weniger Forscher mit uns an den Tischen sitzen und bald sind wir beinahe die einzigen noch mit essen beschäftigten Menschen in diesem Teil der Halle. Freelancer scheint ein Morgenmuffel zu sein, entsprechend wenig hat er bisher gegessen und entsprechend viel Kaffee geschlürft. Nun scheint er aber wach zu werden, und ergreift bald wieder das Wort: „Unsere Rechtsabteilung wird sich freuen! Jetzt haben wir jemandem eine neue Identität gegeben, aber derjenige wechselt sein Bewusstsein. Ob man dich für ein Verbrechen strafbar machen könnte, was dein großes Ich mit deinem Körper begangen hat? Andererseits, eigentlich ist das ja Ideal für uns! Stellt euch das vor, lauter Spione, getarnt als unschuldige Kinder!“ „Achwas, dafür brauche ich den doch gar nicht, das kann ich auch so!“, weiß Felix, welcher wie ich schon immer gefallen am Job eines Geheimagenten hatte, zu antworten und zieht sich seine imaginäre Sonnenbrille vor die Augen was bei Freelancer und mir ein Grinsen hervorruft. Gott, ist der knuffig!
„Seid ihr fertig mit dem Frühstück?“, erhorchen meine Ohren von hinten eine Stimme, noch ehe Giacomo sich seine Sonnenbrille ganz aufgesetzt hatte. „Apu!“ Der freundliche Inder aus dem Reinraumlabor steht neben mir und stützt sich mit den Armen auf zwei Stuhllehnen: „Wenn ja, dann kommt bitte mal mit, nach dem, was euch beiden diese Nacht passiert ist – was übrigens im engen Zusammenhang mit unseren Messergebnissen gestern steht – müssen wir dringend noch ein paar weitere Experimente an euch durchführen.“ Wir tun wie geheißen, stehen beide ziemlich zügig auf und folgen dem Wissenschaftler, welcher uns am Wirrwarr von Türmen und Arbeitsinseln vorbei lotst, bis wir nach heraufsteigen eines Stahlgerüstes auf einem Balkon angelangen. Der Balkon, welcher sich später als Dach der kompletten Halle herausstellt, ist bedeckt mit grauen Steinplatten und ist bis auf einen weißen Container aus dem Kabel herausführen komplett leer. Ich spüre, wie Giacomo nach meiner Hand greift und auch mir ist ein bisschen mulmig zumute, wenn ich mich auf dem Dach der etwa zehn Meter hohen Halle umschaue. Ein bisschen Höhenangst hatte ich schon immer und die Tatsache, dass wenn man sich rechts und links umschaut, über fast alle Gebäude des Forschungszentrums blicken kann und man abgesehen vom kühlen blauen Himmel nur noch den Kühlturm des Atomreaktors und die Baumwipfel des umgebenden Waldes sehen kann, macht das grade nicht unbedingt besser. „Was machen wir jetzt hier oben?“, frage ich verwundert und gleichzeitig skeptisch, ohne meine Frage erkennbar an einen einzelnen Forscher zu adressieren. Entsprechend dauert es kurz bis ich eine Antwort von dem Forscher, der sich scheinbar am meisten für uns zuständig fühlt, bekomme, Apu: „Wie gesagt, das wird ein Experiment. Dass das hier oben auf dem Dach ist, hat natürlich seinen Sinn. Hat etwas mit dem charakteristischen, das Forschungszentrum umgebendem Luftgemisch zu tun. Immerhin habt ihr heute Nacht irgendwie euer Bewusstsein verbunden, getauscht oder was auch immer. Und jetzt schauen wir, ob das am Ort liegt, oder, was naheliegender ist, mit der Dauer von Felix‘ Aufenthalt zusammenhängt.“
„Also, dass das diese Nacht nur passiert ist, weil Felix jetzt immer länger in unserer Zeit ist? Heißt das dann nicht, dass das in Zukunft noch viel häufiger passieren könnte?“, schlussfolgere ich aus den Ausführungen des Laborkittelträgers links von mir. Eine Antwort erhalte ich allerdings nicht, stattdessen kommen wir nach ein paar Sekunden im inneren des Containers auf dem Dach an. Ob ich nun aus Apus Schweigen schließen soll, dass ich mit meiner Schlussfolgerung Recht habe? Irgendwie beunruhigend, nicht, dass ich nachher im Unterricht sitze und schwupps, auf einmal bin ich in Felix. Gut, für Felix Noten wäre das bestimmt ganz gut, aber was macht dann mein Körper währenddessen? Umfallen und aus dem Mund sabbern? Bildzeitung lesen?
Das Innere des Containers wirkt so, als wäre dieser Container, im Gegensatz zu den anderen, erst vor kurzem in ein Labor umfunktioniert worden, die Wände und der Boden bestehen noch gänzlich aus gewelltem Stahl. Der Raum ist komplett leer, abgesehen von zwei Betten die aussehen wie Zahnarztstühle, mehreren Projektoren, einer Kamera welche in Richtung der Betten zeigt und großen LED-Flächen an der Wand. Alles ist sehr provisorisch aufgebaut, die Kamera beispielsweise ist nur mit Gewebeklebeband am oberen Ende der Wand gegenüber der Betten befestigt. Sinnvoller wäre es vermutlich gewesen, die Kamera an der Decke zu befestigen, aber dort wo eine Decke sein sollte ist nichts, stattdessen kann man gradewegs in den blauen Himmel sehen. Aber immerhin Wände umgeben uns nun links und rechts und infolgedessen fühle ich mich, vermutlich genau wie Felix nun wesentlich beruhigter. Immerhin besteht keine Gefahr mehr, durch eine Windböe vom Dach geweht zu werden. Die Zahnarztstühle allerdings scheinen ihm weiterhin genug Grund zu geben, meine Hand nicht loszulassen. Langsam aber sicher fühle ich, wie sich in meiner Handinnenfläche immer mehr Schweiß sammelt. Wenn das so weiter geht, brauche ich auch noch eine Windel für meine Hand. „Alles ok?“, frage ich mein kleines Ich.
„Hm, irgendwie schon aufregend. Wir wechseln das Bewusstsein, nicht, dass einer von uns dabei stirbt oder so! Ich meine, wenn du jetzt in mir bist, was passiert dann mit mir währendessen?“
„Naja, ich glaube aber, wir sind hier bei denen echt in guten Händen. Ich glaube, wenn einer von uns den Körper des anderen blockieren würde, dann würden die es auch noch hinbekommen, für den anderen von uns einen Roboter zu bauen!“, antworte ich Felix in einem fröhlicheren Ton mit dem erkennbaren Ziel, ihn aufzuheitern. Wie ihm ist aber auch mir ein wenig mulmig zumute, wobei ich mir selbst nicht sicher bin, ob ich das berechtigt finden soll. Immerhin war ich diese Nacht schon in Felix‘ Körper und fand das ehrlich gesagt mehr als toll. Das noch einmal zu machen ist nichts, was ich ungern tun würde. Andererseits, das Ganze ist schon merkwürdig, und die Frage, die mich umtreibt ist vor allem die, was mit Felix passiert, während ich die Kontrolle über seinen Körper habe.
„So, ihr beiden …“, höre ich von hinten und werde jäh aus meinen Überlegungen herausgezogen.
„Kai!!“, ruft Giacomo nur erfreut und zaubert ein Lächeln auf sein Gesicht. Ich brauche kurz um zu bemerken, dass mein Gesichtsausdruck grade fast derselbe ist. Kai stockt kurz, grinst selbst, und fährt dann fort: „Freut mich auch, euch zu sehen! Wo war ich? Ja, also. Ihr legt euch bitte beide jeweils auf einen dieser Schlafsessel. Dann müsst ihr nichts weiter tun, als zu schlafen. Also eigentlich müsst ihr nicht einmal das tun, denn eigentlich sind wir diejenigen, die euch in einen schlafartigen Zustand versetzen werden. Tiefer habt ihr noch nie geschlafen, glaubt mir!“
Gesagt getan, bald darauf befinden sich Felix und Ich auf den Schlafsesseln, bekommen einen Schlauch an die ZVKs in unseren Händen angeschlossen, einen gut gepolsterten Overear-Kopfhörer angelegt und werden mit Elektroden vollgepflastert. „Und so soll ich schlafen können?“, äußert Felix die Frage, die sich bald auch mir aufdrängt. „Wie gesagt, euer Körper wird euch gar keine andere Wahl lassen. Ihr braucht keine Angst zu haben, wir beobachten euch über die Kamera aus. Zum Hergang des Experimentes kann ich euch leider erstmal nichts sagen denn eure Erwartungshaltung könnte den Ausgang des Experimentes beeinflussen“, bekommen wir von Kai als Antwort während zwei andere Wissenschaftler den Kopfhörerstecker in ein Kabel einstecken und anschließend den korrekten Sitz der Medikamentenschläuche welche in Richtung unseres Unterarms gehen kontrolliert. „Ok, wir gehen jetzt erstmal auf 5Hz, warten kurz, und gehen dann langsam und immer weiter Richtung Delta, zuerst ohne Medikamente und nachher notfalls mit einer kleinen Dosis. Ansonsten holt die beiden zurück und zwar unbedingt …“, ist das letzte was wir beiden hören können, bevor die Tür des Containers zufällt und wir nur noch den Himmel und die Containerwände sehen. „Hab keine Angst, wir sehen uns gleich wieder“, sage ich Giacomo, wobei ich merke, dass er mich vermutlich genau so wenig hören kann wie ich selbst. Kurz darauf fühle ich mich bereits recht müde und bemerke noch, wie ein recht niederfrequenter Ton aus den Treibern der mir aufgesetzten Kopfhörer meine Ohren durchdringt und meine Synapsen von links und rechts mit grünen und roten Blitzen der Leuchtdioden geflutet werden. Kurz darauf bin ich auch schon wieder komplett wach. Um mich herum stehen bereits wieder mehrere Forscher und auch Apu ist dabei, die Technik im Raum wieder abzubauen. „Hm, an der Umgebung des Forschungszentrums liegt es dann wohl nicht. Wie geht’s jetzt weiter?“, frage ich, während ich mich aufsetze und bemerke einen schelmischen Blick in Felix‘ Gesicht. Kurz darauf merke ich auch schon die Ursache dieses Blickes, diese liegt in, beziehungsweise an meiner Hose. Sie ist nass! Habe ich mir etwa, in der kurzen Zeit, in der ich am Schlafen war, falls man das überhaupt so nennen kann, in die Hose gemacht? Es scheint so, zumindest lässt die Ausbreitung des nassen Fleckes auf meiner Beinbekleidung selbiges Vermuten. Oh Gott nein! Brauche ich jetzt etwa auch Windeln wie Felix?
„Du, äh, sorry. Das war ich!“
„Was?“
„Ja du. Die haben den Spieß umgedreht, diesmal war ich du. War ziemlich witzig eigentlich, es wirkt alles so klein und selbst die Erwachsenen wirken nicht mehr besonders aus der Perspektive. Aaaaber, Nunja, ich war halt gewohnt, ne Pampi umzuhaben und hab dann, während ich unten mit den Forschern war und auf Toilette musste, einfach gepieselt. Und nun ja, du hattest halt keine Windel an …“ Erklärt mir Felix nun leicht betrübt. Ach, interessant, das heißt also, er macht sich routinemäßig in die Windel? Na das ging ja schnell. Noch eine Sache, die ein ganz neues Problemfeld öffnet, die sich aber im Zuge des Körpertausches wohl hinten anstellen werden muss.
Entgegen Felix‘ Erwartungen fange ich an zu lachen: „Oh man oh man! Haha! Aber warte, das heißt also, das Ganze hat geklappt? Wie lange warst du denn ich?“
„Naja, deinem Handy nach zu urteilen fast zwei Stunden. War ganz witzig, ich hab sogar Mama getroffen die mich für dich gehalten hat. Die Ärzte meinten, ich sollte ihr nichts erzählen. Ja, und dann haben wir ein paar Tests gemacht und so, und nachdem ich mir dann in die Hose gemacht hatte, beziehungsweise du dir oder äh, ich dir, hab ich mich wieder hier hingelegt, du warst übrigens immer noch am Schlafen. Und jetzt, bin ich wieder in mir drin!“, erklärt mir Giacomo grinsend während ich meine Kinnlade immer weiter aufklappen spüre. „Oh mein Gott!“, bringe ich nur heraus.
„Ja, das kannst du laut sagen. Das war aber echt interessant, so ein Kind im Körper eines fast-Erwachsenen. Du warst eigentlich wie sonst auch, wirktest nur etwas verspielt und unreif …“, antwortet Kai nun und deutet uns beiden, ihm zu folgen. Noch bevor er zu Ende gesprochen hat, wird er allerdings erneut Opfer eines Felix-Unterbrechers: „Das ist der doch sonst auch!“
Ja ich glaubs wohl! Ich ziehe Giacomo an mich heran und flüstere ihm ins Ohr: „Sagt der, der sich eben in die Hose gemacht hat!“
„Ja, genau genommen warst du das ja!“, antwortet mir Giacomo immer noch frech, während wir mittlerweile wieder über das Dach der Lagerhalle laufen. Ob ich jetzt Drynites oder richtige Windeln tragen sollte, damit Felix sich nicht in die Hose macht während er Kontrolle über meinen Körper hat? Hm, das ist wohl die denkbar beste Ausrede fürs Windeltragen die irgendjemandem hätte einfallen können: „Und was machen wir jetzt?“, frage ich anschließend in Richtung Kai.
„Naja, da wir euch nicht beliebig oft hintereinander in einen Trance-ähnlichen Schlafzustand versetzen können dürft ihr jetzt erst einmal eine Pause machen, während wir die ganzen Daten, die wir eben gesammelt haben, während er du war, auswerten. Und du bekommst natürlich erstmal eine neue Hose aus unserem Fundus. Wenns dann weiter geht, sagen wir euch auch Bescheid“, informiert er uns, während wir langsam durch die Dachluke in die Lagerhalle steigen und uns anschließend wieder auf der Stahltreppe befinden. Weit kommen wir allerdings nicht: „Herr Wang! Wir haben uns eben die EEG-Visualisierungen angesehen. Die beiden müssen sofort wieder in eine Tiefe Delta-Sleepphase!“, ruft ein aufgeregter Professor Ismael Kai entgegen während er auf uns zuläuft. „Sicher? Der Große ist doch grade erst aufgewacht! Meinen sie, dass das stabil läuft?“ Die Diskussion zwischen Kai dauert nicht lange und geht klar zu Ismaels Gunsten aus. Kurz darauf sitzen ich und Giacomo wieder auf den Zahnarztsesseln welche diesmal in einem Nebenraum im inneren der Halle stehen und mein mulmiges Gefühl ist stärker als beim letzten Mal. Was sagte Kai, wir können nicht beliebig oft hintereinander in einen Trance-Zustand versetzt werden? Wieso werden wir das dann jetzt doch? Wenn das mal gut geht. Von einem Blinken und Piepen begleitet fallen ich und Giacomo zum zweiten Mal heute ins Reich der Träume hinab. Wobei, eigentlich das Reich der Nicht-Träume, denn Träume hatte zumindest ich nicht, während ich Giacomo meinen Körper zur Verfügung stellte.
Nach kurzer Zeit werde ich begleitet von intensiver, klassischer Musik langsam wieder wach. Vom letzten Erwachen gezeichnet, wandert mein Blick zuerst auf meine schwarze Jeans-Ersatzhose die ich gnädigerweise noch erhalten hatte, bevor ich eben zwangseingeschläfert wurde. Die ist mittlerweile allerdings ziemlich blau und meine braunen Nike-Sneakers wurden ausgetauscht gegen ebenso braune Klettverschlusskinderschuhe. Kein Zweifel, ich bin wieder elf! Also naja, zumindest körperlich. Ich schaue mich um, schaue mir zuerst meine Hände und meine nur leicht behaarten Arme an und richte mich dann langsam auf. Vor mir steht Kai. Als ich langsam aufstehe wird mir deutlich, dass die Windel, welche mein Kinderkörper seit heute Morgen anhat, mittlerweile doch schon recht gut benutzt ist. Während ich mich aufrichte ist die dicke Masse zwischen meinen Beinen schon recht gut zu spüren, vor allem am Po, vermutlich weil Felix, beziehungsweise der Körper in dem ich jetzt drinstecke eine Zeit lang recht waagerecht herumlag und infolgedessen ein Großteil des Superabsorbers nach unten gerutscht ist. Oh nein, ob man die Pampers an meinem Po erkennen kann? Andererseits, ist das überhaupt schlimm, wenn man meine Pampers erkennen kann? So langsam kommt meine Adultchild-Seite in mir hoch, hey, ich bin jetzt, zumindest temporär ein Kind, da ist das doch vollkommen ok, wenn ich eine Pampi anhab! Naja, gut, der Körper, in dem ich drinstecke ist vielleicht ein paar Jährchen zu alt für Pampis, aber mein Gott, das sind doch nur die Zwänge der Gesellschaft. Ich bin ein Pamperskind, ich darf das!
„Guten Morgen. Wer bist du?“, fragt mich Kai recht sachlich, während ich mich ausführlich strecke. Oh Mann, ich fühle mich dermaßen wach, ausgeruht und energiegeladen, so erholt habe ich mich ewig nicht mehr gefühlt. „Giacomo!“, antworte ich, und als ich die hohe Kinderstimme aus meinem Mund höre, wird mir bewusst, wie unpräzise diese Antwort doch ist. „Ja, also der Große. Tangenz hyperbolicus invers von eins gleich unendlich.“, präzisiere ich mich und liefere darüber hinaus noch einen sicheren Beweis für meine Behauptung.
„Ok, gut, das ist mal eine klare Ansage. Man, das ist echt witzig, kleiner!“, neckt mich Kai, während er mich vorsichtig aus dem kleinen Raum herausführt. Ich kann nicht widerstehen ihm die Zunge herauszustrecken und: „Ich bin nicht klein!“ zu antworten. Erneut muss ich über meine kindliche Stimme schmunzeln und während ich die nasse, aufgequollene Windel zwischen meinen Beinen bei jedem Schritt spüre, folge ich dem nun viel größer wirkenden Kai wieder in die Lagerhalle.
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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