Jona (47)
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Kapitel 47: Feiertagsdepression
„JONA, JONA. Wach schnell auf das Christkind war da.“ hörte ich Sarah aufgeregt rufen. Müde öffnete ich die Augen und setzte mich langsam auf. Sarah sprang aufgeregt in meinem Zimmer umher. Sie trug immer noch das Outfit, das ich ihr gestern angezogen hatte. Wenn mich meine Ohren nicht täuschten, dann hörte ich deutlich das Knistern und Rascheln ihrer Windel bei jedem Sprung, den sie vollführte. Ich rieb mir die Augen und setzte meine Füße auf den Boden und stemmte meine Hände auf die Knie und atmete tief durch. Ich war noch nicht wirklich wach und in Feiertagslaune erst recht nicht. Es war das erste Weihnachten ohne meine Eltern, ohne Chris und ohne Natalie. Es war deprimierend daran zu denken in Zukunft jedes Weihnachten ohne sie zu feiern. Für mich war es eigentlich kein Grund mehr zu feiern. Die Sprünge neben mir hatten nachgelassen. Ich schaute nach rechts um in Erfahrung zu bringen was der Grund für das Nachlassen war. Sarah hatte sich an mein Fußende gesetzt und schaute mich ernst an. Ihre gute Laune war verschwunden oder zumindest für den Moment beiseite gewischt. Es war immer wieder interessant zu sehen wie schnell sie ihre Rollen wechseln konnte. War sie in der einen Sekunde noch ein quirrliges aufgewecktes Kind, das gute Laune verbreitete und nach massig Liebe und Aufmerksamkeit schrie, war sie keine Sekunde später wieder die reife ernste junge Frau, die ich so schätzte und von ganzen Herzen liebte. Ich liebte auch ihre andere Seite keine Frage, aber auf eine ganz andere Art und Weise. Wenn Sarah ihr zweites Ich auspackte, war ich derjenige, der die Kontrolle hatte, nicht das ich einen Kontrollwahn hatte oder sowas, aber es war einfach so, dass ich die Situation nach meinem Belieben lenken konnte und nicht von äußeren Faktoren bestimmt wurde so wieder letzten Monate. Ich konnte entscheiden wie es lief und ohne, dass irgendetwas mir in die Quere kam. Gut die vollständige Kontrolle hatte ich an sich auch nicht, sondern nur den Kontrollrahmen, den Sarah mir einräumte. Zudem war es einfach schön, dass ich wenn Sarah ihr kleines Ich war, der Fels in der Brandung war, derjenige zu dem man aufblickte, derjenige, der der starke und beschützende Part in der Beziehung war. Eigentlich war Sarahs Rollentausch in gewisser Weise auch für mich ein Rollentausch. War ich bislang derjenige gewesen, der nach Liebe und Aufmerksamkeit geschrien hatte und von ihr gestützt wurde, kehrte der Rollentausch das einfach so um und das faszinierende daran war, dass ich mich dabei nicht mal schlecht fühlte. Eigentlich fühlte ich mich sogar richtig gut dabei auch wenn ich bestimmt noch meine Schwierigkeiten hatte mich in diese andere Rolle einzufinden, zumindest beschwerte sich Sarah nicht darüber was ich machte und hatte ihren Spaß dabei.
„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte Sarah vorsichtig, die immer noch am Fußende des Bettes saß und nicht wusste ob es sinnvoll war näher zu kommen oder nicht. Manchmal war sie ein wenig zu vorsichtig, wenn es um mich und meine Emotionen ging.
„Schwer zu sagen. Es ist das erste Weihnachten ohne meine Familie. Das reißt die Wunden wieder auf.“ antwortete ich langsam.
„Scheiße daran habe ich überhaupt gar nicht gedacht.“ entschuldigte sie sich und rückte näher an mich heran und nahm mich in den Arm.
„Konntest du doch nicht ahnen. Ich habe doch nie wirklich drüber gesprochen wann das mit meinen Eltern und Natalie passiert ist.“ sagte ich.
„Aber trotzdem deprimierend. Ich kann deine schlechte Laune verstehen.“ sagte Sarah und entließ mich aus ihrer Umarmung, sie blieb jedoch nahe bei mir sitzen.
„Ich habe keine schlechte Laune, ich bin nur nicht in großartiger Feiertagslaune mehr nicht.“ korrigierte ich ihre Feststellung. Schlechte Laune hatte ich wirklich nicht so viel war klar.
„Magst du mir von deinem letzten Weihnachten erzählen oder lieber nicht?“ fragte Sarah vorsichtig. Ich wusste nicht was das bringen sollte. Es würde alles nicht besser machen, vermutlich eher schlechter.
„Ich gehe erst mal duschen.“ antwortete ich und fing an meine Klamotten zurecht zu suchen. Sarah blieb auf meinem Bett sitzen und beobachtete mich beim Zusammensuchen, keine Ahnung was sie damit bezweckte.
„Stimmt was nicht?“ fragte ich verwundert.
„Schau mal in deinen Schritt.“ forderte sie mich auf. Ich schaute nach unten. Klar ich trug eine Windel das war nicht außergewöhnliches. Inzwischen versuchte ich sie nicht mal mehr vor Sarah zu verstecken, warum auch. Sie trug auch welche, wenn auch aus anderen Gründen. Es machte das leben schon ein wenig einfacher, wenn man sich deswegen nicht vor seiner Partnerin schämen musste, auch wenn mir das Tragen von Windeln nicht das tollste überhaupt war. Aber tatsächlich waren Windeln im Vergleich zu einem dauerhaft nassen Bett tatsächlich die bessere Option, ein notwendiges Übel eben. Hätte mir das vor Monaten jemand erzählt, dass ich so bereitwillig einmal Windeln tragen würde, hätte ich ihn ausgelacht. Ich betrachtete also meine Windel und fand recht schnell heraus was Sarah meinte. Sie war trocken geblieben. Das zauberte gleich ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht. Das Problem schien sich also langsam auch zu geben. Gut es hatte bislang noch nicht mehrere Nächte am Stück funktioniert, aber selbst einzelne Nächte ließen mich hoffen zumindest irgendwann mal wieder ohne Windeln zurecht zu kommen.
„Wenigstens das scheint sich zu geben, ist wohl mein persönliches Weihnachtsgeschenk für mich selbst.“ kommentierte ich meine Entdeckung immer noch mit einem leichten Lächeln.
„Und selbst wenn sich das nicht komplett geben sollte, ich liebe dich trotzdem.“ warf Sarah ein.
„Trotzdem oder vielleicht sogar noch mehr?“ fragte ich skeptisch ohne zu wissen warum ich das überhaupt fragte.
„Jona meine Zuneigung zu dir ist nicht daran gekoppelt ob du Windeln trägst oder nicht. Nur weil ich gerne klein bin, bedeutet das nicht, dass du Windeln tragen musst.“ antwortete Sarah ernst.
„Sorry, ich habe da einfach was in den falschen Hals bekommen. Einfach ein scheiß Tag heute.“ kommentierte ich Sarahs Aussage.
„Schon in Ordnung. Geh erst mal duschen und dann kommst du runter und gönnst dir einen Kaffee und dann sieht die Welt schon wieder anders aus und ich hab eine Idee wie ich sie gleich besser machen kann.“ entgegnete mir Sarah grinsend und kam zu mir hin und gab mir einen ausgiebigen Kuss. Als sich ihre Lippen wieder von meinen lösten schaute sie mich kurz an. „Siehst du du lächelst schon wieder, scheint also zu funktionieren.“ sagte sie mir. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich angefangen hatte zu lächeln. Wie auch immer sie das immer wieder schaffte, das war definitiv einer der Gründe warum ich sie liebte.
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Etwa eine halbe Stunde später betrat ich die Küche, die schon die letzten Tage mächtig dekoriert wurden war. Gut hauptsächlich von Sarah, ich hatte mich zurück gehalten und mich während der Dekorations-Operation in mein Zimmer verkrochen und mich an meinen Computer gesetzt.
Helen hatte es nicht gestört, dass ich mich nicht wirklich an der Operation Weihnachtsdeko beteiligt hatte, vermutlich ahnte sie schon, dass ich nicht in der Stimmung für die Feiertage war. Bei Sarah war das natürlich wie ich gerade eben schon erlebt hatte anders.
Heute konnte Sarah wohl nicht anders als ihre angestaute Begeisterung rauszulassen.
Sarah saß summend am Tisch und schaute zu mir als ich die Küche betrat.
„Kaffee ist in der Kanne wenn du welchen möchtest.“ sagte sie kurz mit ihrer normalen Stimme und ging dann wieder ins Summen über. Dieser Knopf, den sie irgendwo hatte…ich glaube da würde ich mich nie ganz dran gewöhnen können. Ich fragte mich ob diese ständige Springerei zwischen ihrem normalen Ich und ihrem kleinen Ich auf Dauer nicht anstrengend war. Ich holte mir eine Tasse Kaffee und setzte mich zu Sarah an den Tisch.
„Sag mal ist das nicht anstrengend?“ fragte ich.
„Was denn?“ fragte sie zurück.
„Dieser Wechsel zwischen deinem sechzehnjährigen Ich und deinem vierjährigen Ich.“ konkretisierte ich was ich meinte.
„Hmmm. Also am Anfang schon, aber wenn du die entsprechende Freiheit hast das ausleben zu können, dann ist das eigentlich nicht so das Problem. Es erfordert ein bisschen Übung, dann geht das ganz schnell und das sogar in beide Richtungen.“ antwortete sie mir.
„Du machst das alles doch erst seit du aus dem Krankenhaus zurück bist. Das ist doch noch gar nicht so lange her. Wie hast du denn bitte in der kurzen Zeit so viel Übung bekommen?“ fragte ich.
„Also Mama war da ja anfangs skeptisch, hab ich dir ja schon erzählt. Aber ich hab ja schon während ich im Krankenhaus lag mit Dr. Berger gesprochen, deshalb hat sie mich als ich wieder zu Hause war auch alles machen lassen was ich wollte. Ich hab sogar ein zweites Zimmer bekommen.“ antwortete Sarah stolz.
„Ein zweites Zimmer? Davon hast du mir noch gar nichts erzählt. Wo ist das denn bitte?“ fragte ich verwundert.
„Mein zweites Zimmer kann ich gerade nicht nutzen, dein Zimmer war mein zweites Zimmer.“ sagte sie ein klein wenig niedergeschlagen.
„Wie muss ich mir dein zweites Zimmer vorstellen. Rosa und mädchenhaft oder wie?“ fragte ich neugierig.
„So in etwa. Wenn du willst, kann ich dir die Möbel zeigen. Die stehen im Keller.“ antwortete Sarah.
„So langsam wird mir klar warum deine Mutter mir den Keller an meinem ersten Tag nicht gezeigt hat. Da fällt mir noch eine Frage ein. Ich erinnere mich noch daran, dass deine Mutter dich ein paar Mal ins Bett gebracht hat. Hat sie dich da etwa auch…“ ich wusste nicht ob die Frage unangebracht war, deshalb beendete ich sie nicht. Sarah fing an zu kichern.
„Sie hätte mich bestimmt gewickelt, wenn ich sie gefragt hätte, aber das kam mir dann doch ein bisschen seltsam vor. Das erste Mal als das jemand anderes gemacht hat, war als du das gemacht hast. Sie hat mir nur vorgelesen, aber dafür habe ich ja inzwischen auch dich.“ erklärte Sarah. Wenigstens wusste sie genau was ich wissen wollte, aber das kannte ich ja schon von ihr. Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee.
„Und geht’s dir ein bisschen besser als vorhin?“ fragte Sarah plötzlich.
„Hmm…nicht wirklich. Ich hoffe einfach die Feiertage gehen schnell vorbei und ich falle nicht in ein tiefes Loch.“ antwortete ich.
„Notfalls sorge ich einfach für ein bisschen Ablenkung und wenn das nicht hilft, dann lassen wir uns was anderes einfallen.“ entgegnete Sarah sofort.
„Danke. Vielleicht schaffe ich es später ja noch dir von letztem Jahr zu berichten, aber gerade noch nicht.“ sagte ich nach einer kurzen Pause in der ich mir noch einen Schluck von meinem Kaffee nahm.
„Setz dich nicht unter Druck. Das war eigentlich eher ein Vorschlag von mir. Du weißt ja, Reden hilft bei sowas recht gut.“ erwiderte Sarah. Sie hatte durchaus Recht, aber trotzdem ging es gerade nicht.
„Ich glaube ich möchte jetzt erst mal deine Möbel sehen.“ entgegnete ich ihr um wieder zu einem anderen Thema zu kommen.
„Na dann komm mal mit.“ forderte mich Sarah mit einem Grinsen auf.
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Der Keller war größer als ich gedacht hätte. Da ich den Keller bislang noch nicht gesehen hatte, machte Sarah natürlich erst mal einen kleinen Rundgang mit mir. Es waren ein paar Räume im Keller, darunter ein Raum in dem allerhand Lebensmittel gelagert waren, hauptsächlich Konserven. Ein weiterer Raum beinhaltete allerhand Werkzeug und eine Werkbank. Der Raum schien weitestgehend ungenutzt zu sein oder nur selten genutzt zu werden, denn viele Stellen wiesen dicke Staubschichten auf. War das möglicherweise ein Hobbyraum von Sarahs Vater, der noch nicht entsorgt wurden war, weil man die Werkzeuge noch brauchen konnte, aber man hatte sie trotzdem nicht genutzt oder eben nur selten? Ein dritter Raum war mit allen möglichen Kisten voll gestellt, die anscheinend ebenfalls schon Jahre lang nicht mehr bewegt wurden waren, zumindest kam es mir so vor. Ein vierter und letzter Raum war augenscheinlich unser Ziel. Ich merkte, dass Sarah erwartungsvoll vor der Türe stand und mir unbedingt zeigen wollte was sich dahinter befand.
„Das ist der Raum in dem mal der Öltank stand, aber der ist schon ein paar Jahre weg, deshalb konnten wir die Möbel hier unten lagern. Bis kurz vor deinem Einzug hat Mama hier unten Wäsche aufgehangen, jetzt nutzt sie den Trockner. Wir mussten ein bisschen improvisieren, weißt du.“ erklärte sie mir. Ich nickte. Sarah öffnete die Türe und hielt sie auf damit ich den Raum betreten konnte. Hinter mir fiel die Türe laut ins Schloss und ich zuckte kurz zusammen. Ich schaute mich ein wenig um. Wirklich voll gestellt war der Raum nicht. Eigentlich standen nur an der Wand gegenüber einige Holzteile, die wohl Sarahs Möbel sein sollten und an der Wand zur rechten ein paar Kisten.
„Hmmm…sieht nach nicht so viel aus.“ sagte ich ein wenig ernüchternd.
„Das wirkt nur auf den ersten Blick so.“ erklärte mir Sarah und ging zu den Holzteilen. „Die sind recht schnell zusammen und wieder auseinander gebaut und nehmen auseinander genommen recht wenig Platz weg. Das was hier steht sind eigentlich nur ein Gitterbett, ein Wickeltisch und ein echt schicker Schrank. In den Kisten habe ich noch die Einrichtungsgegenstände aus dem Zimmer.“ erklärte sie weiter.
„Einen Wickeltisch?“ fragte ich verwundert und dachte natürlich an einen Wickeltisch in Standardbabygröße und fragte mich wie sie da drauf passen würde.
„Ja. Eine kleine Spezialanfertigung. Natürlich in der passenden Größe. Genauso wie das Gitterbett.“ antwortete Sarah.
„Du hast dich ja echt voll ins Zeug gelegt, wenn du das Zeug so schnell gekauft hast.“ merkte ich an.
„Hmmm…naja eigentlich hatte ich nicht lange was davon. Ich war kaum aus dem Krankenhaus raus und dann bist du eingezogen. Ich hab das alles keine zehn mal benutzt. Eigentlich ist das Zeug sozusagen neu.“ erwiderte sie ein bisschen traurig.
„Hast du mal drüber nachgedacht den Keller umzubauen?“ fragte ich.
„Schon, aber der hat keine Heizung und ich glaube nicht, dass Mama bereit ist eine einzubauen und dann noch alles hier umzubauen.“ antwortete Sarah.
„Ich könnte ja mal mit ihr drüber sprechen.“ warf ich ein.
„Ich glaube zwar nicht, dass du Erfolg haben wirst, aber wenn du meinst.“ entgegnete sie mir. Ich wunderte mich, dass Sarah das noch nicht versucht hatte mit Helen zu besprechen. Eigentlich wäre das doch die Lösung schlechthin. Sie hätte ihr kleines Reich und dann noch ihr normales Zimmer und ich hätte ebenfalls mein Zimmer. Es war vor allem schade um die Möbel, naja oder besser gesagt die hier rumstehenden Holzteile. Dass sie kaum genutzt waren, war schon ärgerlich.
„Hmmm…ich denke wir sollten wieder nach oben, oder was sagst du?“ fragte ich Sarah. Sie nickte nur und ging an mir vorbei zur Türe und öffnete sie. Ich folgte ihr mit meinem Blick und drehte mich schließlich ebenfalls zur Türe und folgte ihr nach oben.
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Ich hatte mir, trotz meiner nun ja bescheidenen Laune, eine kleine Aufmunterung für Sarah überlegt. Auch wenn sie lieber Geschenke ausgepackt hätte, hatte Helen ihr ganz unmissverständlich zu erklären gegeben, dass es erst nach dem Abendessen Bescherung geben würde. Das hieß ich musste mit einer ungeduldigen Vierjährigen und mit einer neugierigen Sechzehnjährigen noch ein paar Stunden überbrücken. Die Vierjährige war mir gerade wirklich lieber, denn sie fragte zumindest nicht nach meinem letzten Weihnachtsfest, auch wenn sich das natürlich schlagartig ändern konnte, wenn Sarah wieder ein mal ihre Rollen wechselte, aber wenn ich ihr kleines Ich eine Weile beschäftigen konnte, war es meiner Meinung nach eher unwahrscheinlich, dass sie mich ausfragen würde. Ich hatte Sarah im Wohnzimmer auf der Couch warten lassen und war in die Küche gegangen um ein Fläschchen mit Tee zu machen. Keine wirkliche Überraschung, naja die Überraschung war etwas anderes, aber das würde Sarah zu gegebener Zeit erfahren. Es dauerte einen Moment bis der Tee fertig war. Ich füllte noch etwas kaltes Wasser in den Tee und probierte ob die Temperatur passend war. Sie passte. Mit dem Tee in der Hand betrat ich das Wohnzimmer.
„So wer will einen Tee?“ fragte ich laute in den Raum.
„ICH.“ rief Sarah laut. „TEE GEBEN!“ forderte sie.
„Nanana. Du kriegst den Tee aber nicht das Fläschchen.“ erwiderte ich.
„Das geht doch ohne Fläschchen nicht.“ sagte Sarah beleidigt. Ich sagte nichts sondern ging zur Couch und setzte mich neben sie. Sie schaute mich mit großen Augen an, die mir traurig zu verstehen gaben, dass sie den Tee haben wollte.
„Pass mal auf. Wir probieren mal was. Leg dich mal auf den Rücken und deinen Kopf legst du auf meinen Schoß.“ forderte ich sie auf. Sie legte den Kopf nach links und rechts und überlegte was ich vorhatte. Sie kam anscheinend nicht drauf und folgte etwas zögerlich meinen Anweisungen. Einen Moment später lag sie mit dem Kopf auf meinem Schoß und schaute mich von unten erwartungsvoll an.
„Bereit?“ fragte ich und erhielt ein Nicken als Antwort. Ich nahm meine Hand mit dem Fläschchen und führte es langsam in Richtung von Sarahs Mund. Schlagartig wurde ihr klar was ich vorhatte und sie schaute nochmals kurz mit strahlenden Augen nach oben. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ich von mir aus auf die Idee gekommen wäre etwas in die Richtung zu machen. Mir selbst nicht klar warum mir genau das eingefallen war, aber irgendwie hielt ich es für passend. Sarah hatte inzwischen angefangen an dem Fläschchen zu nuckeln und genoss es sichtlich, auch wenn sie es normalerweise gewohnt war, dass ihr niemand das Fläschchen hielt und das für eine Vierjährige wohl auch ein wenig ungewohnt war, aber das war ja irgendwo auch egal.
Gut fünfzehn Minuten später war Sarah fertig. Sie hatte sich Zeit gelassen. Das Fläschchen hatte ich beiseite gestellt und Sarah lag immer noch entspannt mit dem Kopf auf meinem Schoß und hatte die Augen geschlossen. Sie schlief nicht, davon konnte ich ausgehen, sondern genoss gerade einfach noch den Moment, von dem sie vermutlich dachte, dass er jäh enden würde, wenn sie die Augen aufmachen würde. Plötzlich merkte ich ein kleines bisschen Anspannung in ihrem Gesicht, die sich aber gleich wieder beruhigte.
„Alles in Ordnung?“ fragte ich leise.
„Ja klar. Es ist gerade so schön…oh fuck!“ sagte sie und sprang wie von einer Tarantel gestochen auf.
Ich wusste nicht was gerade passiert war. Sarah sagte auch nichts mehr. Sie stand wie erstarrt vor mir und schaute auf die Couch. Ich versuchte ihrem Blick zu folgen und dann erkannte ich wo das Problem lag. Die Anspannung in ihrem Gesicht. Sie hatte sich in die Hose gemacht und dann war ihre Windel ausgelaufen. Der große Fleck auf der Couch verriet es mir. Würde sie gleich anfangen zu weinen? Ich wusste es nicht, aber ich wusste, dass eines jetzt sinnvoll war. Ich stand auf, ging zu ihr und nahm sie in den Arm.
„Schhhh. Alles gut. Das trocknet wieder. Sollen wir dich frisch machen gehen?“ fragte ich. Moment hatte ich das gerade wirklich gefragt? Das war doch eigentlich nicht der Plan gewesen. Ich wollte sie eigentlich nur beruhigen. Sarah reagierte immer noch nicht.
„Hallo? Jona an Sarah!“ rief ich ihr entgegen. Ich merkte, dass sie langsam wieder reagierte.
„Ähm…sorry ich war gerade wo anders. Dejavu Erlebnis, eines der ganz üblen Art.“ sagte sie kurz.
„Nur wegen dem Fleck auf der Couch? Deine Mutter wird dich schon nicht umbringen. Selbst wenn dir das schon mal passiert ist.“ entgegnete ich gelassen.
„Ja es ist schon mal passiert wobei nein eigentlich nicht, also nicht wirklich, also das erste Mal.“ versuchte Sarah mir zu erklären.
„Du sprichst in Rätseln.“ merkte ich.
„Entschuldige. Mir ist gerade einfach nur ein Bild aus einem unschönen Kapitel in den Sinn gekommen. Es fühlte sich damals alles so real an.“ brabbelte sie vor sich hin.
„Was fühlte sich real an?“ fragte ich.
„Meine Erlebnisse während des Komas.“ antwortete sie kurz.
Autor: Timo (eingesandt via E-Mail)
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Super Fortsetzung weiter so
Besten Dank.
Die nächsten Kapitel sind schon fertig. Für die Vollendung der Geschichte fehlen mir jetzt „nur“ noch 5 Kapitel, ich denke mal wenn die zeitnah (nächste vier Wochen) fertig werden, dann kann ich auch wieder zwei Kapitel pro Woche hochladen. Aber das wird sich zeigen, gerade ein Kapitel könnte problematisch werden, aber das wird sich auch irgendwie ergeben.
Ich hab diesen Teil mit Spannung verfolgt. Wieder ein schöner Abschitt. Auch das Jona wieder etwas mehr von Sarah erfahren hat, ist ein schöner Abschnitt. Ich bin mal gespannt wie Sie Helen zu dem separaten Zimmer für Sarah überreden werden. Vieleicht kann auch Jona sein Zimmer im Untergeschoss bekommen. Bin gespannt wie es weiter geht.
Super Fortsetzung
Wow, dass Jona nach all der Zeit noch kein einziges Mal den Keller gesehen hat ist schon enorm! Aber ich will mal keine Haare spalten, trotzdem ein sehr schönes Kapitel! Wie immer fünf Sterne. Bin mal gespannt ob Jona es schafft Helen dazu zu überreden, im Keller Sarahs Kinderzimmer wieder aufzubauen?
Was ist eigentlich neuerdings mit der Formatierung dieser Seite los, dass manche Kommentare kilometerlang vertikal gestreckt sind?
Hallo,
An der Formatierung wurde nichts geändert
Sehr schöne Geschichte sehr mit reisend Spannend Traurig eben alles drin,
und was ich sehr interessant finde das alle die hier kommentieren auch mitgerissen sind Spekulationen äußern Toll das erhöht natürlich auch den Druck an den Autor.
grus Thomy
Also ich empfinde nicht wirklich Druck. Liegt vermutlich daran, dass ich auf Vorrat schreibe und die nächsten Kapitel schon fertig sind. Aber die Theorien sind immer wieder interessant zu lesen, vor allem weil ich eigentlich immer kleine Hinweise einbaue, die den weiteren Verlauf ein wenig erahnen lassen. Wenn es dann trotzdem in eine ganz andere Richtung geht finde ich das persönlich ziemlich amüsant