Die Verwandlung (13)

25/11/2020 12 comments Article Gemischt

Windelgeschichten.org präsentiert: Die Verwandlung (13)

 

Day Fifteen – Mathe bei Frau Zang

 

 

Was bisher geschah:

 

 

Wir schreiben den Sommer des Jahres 2019. Sonnencreme, Freibad und Hitze. So konnte man den Beginn der Sommerferien des zwölfjährigen Finns wohl prägnant zusammenfassen. Aber das war nicht das, was während dieser Ferien alles im Leben des sonst so coolen und selbstständigen Noch-Sechstklässlers verändern würde. Finn, der sein ganzes Leben schon eine Zuneigung zu Windeln besaß, hatte es geschafft, wieder in den Genuss der weißen Knisterdinger zu kommen: Angefangen hatte es wie in einer klischeehaften Windelgeschichte – Finn hatte nachts wieder angefangen ins Bett zu machen. Seine Eltern hatten im irgendwann Pullup-Bettnässerhöschen besorgt und Finn wähnte sich schon am Ziel seiner Träume. Seit einer Woche machte er nun auch Tagsüber öfters in die Hose, hatte zuletzt auf vorsichtiges bitten seiner Mutter sogar bei einem Tagesausflug einen seiner Pullups als sogenanntes Notfallhöschen angezogen. Als wäre all das nicht schon Umstellung genug, findet Finn inmitten der besonders ereignislosen Sommerferien des Jahres 2019 noch zwei neue Freunde: Das fünfjährige Windelkind Paul, welches auf seine Art irgendwie genau das ist, was Finn eigentlich schon immer sein wollte. Und den zehnjährigen Yannik, mit dem er eigentlich schon seit zwei Jahren in dieselbe Klasse gehen, den dort alle nur „Spielkind“ nennen und von dem er jetzt erst bemerkt, wie viel Spaß das Spielen mit ihm macht!

Wäre Finns Leben eine Bühne, dann schlossen sich im Sommer 2019 wohl grade die Vorhänge, um das Ende des ersten Aktes, seiner Kindheit, zu besiegeln. Der zweite Part stand in den Startlöchern, alle machten sich bereit: Finns Teenager-Zeit. Doch der Hauptdarsteller des ersten Aktes hatte es sich anders überlegt: Hier war noch gar nichts vorbei!

 

 

 

Das Garagentor stand noch offen, als Antonia ihren Wagen in die Einfahrt des Einfamilienhauses lenkte. Die Xenonscheinwerfer des kleinen SUVs hüllten die Garage in gleißend helles Licht aber offenbarten dabei doch nur diverse Gartengeräte, Finns Fahrrad und die Mülltonnen. Karls Audi, dem die Garage normalerweise vorbehalten war, schien ausgeflogen und mit ihm vermutlich dessen Besitzer. Elisabeth spürte ein leicht mulmiges Gefühl in der Magengegend und zückte, noch bevor sie ausstieg, ihr Handy und schickte eine eilige Nachricht an ihren Ehemann. Finn bekam nichts von alledem mit, nichteinmal, dass die Garage noch offen gestanden hatte, sondern sprang vom Beifahrersitz herunter, öffnete mit karacho die Heckklappe des Fahrzeuges und zog voller Vorfreude die Pamperspackung aus dem Kofferraum. Bemüht gleichgültig sagte er: „Ich glaub ich zieh mir schonmal den Schlafanzug an, ist echt kalt heute Abend!“. Seine Mutter nickte nur und lächelte ihren Sohn durch den Rückspiegel an, während sie direkt wieder auf den Chatverlauf blickte.

 

Mit der Gewissheit, dass seine Mutter noch in der Garage war, flitzte Finn sogleich die Treppe nach oben in sein Zimmer, legte die Windelpackung behutsam auf den Boden und öffnete sie ganz langsam anhand der perforierten Naht an der schmalen Seite. Den Moment auskostend zog er die erste Pampers aus der Packung. Die war echt groß! Bereits im zusammengefalteten Zustand erkannte Finn, dass die Windel noch einmal deutlich größer war als die Größe-7-Babydry, die sich grade feuchtwarm an seinen Schritt schmiegte. So richtig Zeit zum Windelwechsel war es eigentlich noch nicht, auch wenn Finn das bei der Pampers, die er anhatte im Gegensatz zu seinen Pullups  eigentlich noch gar nicht so richtig einschätzen konnte. Die Hochziehwindeln hatte er ja immer getragen, bis sie morgens ausgelaufen waren und so nass, wie die sich am Morgen angefühlt hatten, war die Pampers definitiv noch nicht! Trotzdem haderte Finn keine Sekunde, sah sich nicht einmal kurz an, wie die Pampers zwischen seinen Beinen aufgequollen war und sich dezent gelb verfärbt hatte, sondern zog sie sich sofort aus, mitten in seinem Kinderzimmer. Wie bereits einige Stunden zuvor positionierte er sich die Windel auf dem Boden zurecht, setzte sich drauf, legte sich hin und klappte das Vorderteil nach vorne. Wow, die Dinger waren ja riesig!

Finn positionierte sich ein wenig um, doch selbst wenn die Windel hinten bis zu seinem Rücken reichte, berührten die Bündchen an der Oberseite noch seinen Bauchnabel! Der Zwölfjährige zog aufgeregt an den Seitenflügelchen und positionierte den Klettstreifen der Windel auf der Vorderseite. Nicht am Rand wie er es vorhin im Wickelraum des Erlebniswaldes hatte machen müssen, sondern richtig auf der Mitte der Windel, wo auch die beiden Hilfsmarkierungen aufgedruckt waren. Woah! Diese Windel sagte einem förmlich, dass nichts mehr passieren konnte. Das man sich keine Gedanken mehr machen musste übers pullern oder sogar Stinker machen.  Finns Nachthöschen hatten dem Jungen immer den Eindruck zu vermitteln versucht, das beste aus zwei Welten zu sein. Eine Unterhose, die nächtliche Malheure auffing. Für große Jungs, denen eben ab und zu noch was daneben ging. Nicht unbedingt auffällig, zumindest wenn nicht im Übermaß beansprucht. Die Pullups fühlten sich dabei aber auch immer ein wenig locker an. Nicht so, dass man ihnen wirklich völlig vertraute, sorglos reinpullern zu können, man musste sich immer ein bisschen überwinden. Die Pampers hingegen, nahm Finn überwältigt zur Kenntnis, war noch einmal etwas ganz anderes. Unauffällig? Fehlanzeige! Die Windel raschelte hörbar, war bereits im trockenen Zustand dicker als die Pyjamahöschen nach ein oder zweimal reinpullern und Finn wusste, wie es ausschauen würde, wenn die Bündchen der Pampers über seiner Jeans herausschauten. Kannte er ja von Paul. Diese Windel war dafür gedacht, dass das Kind, was sie trug, nie zur Toilette ging, sondern einfach alles in die Hose machte, immer. Wie Paul.

 

Selig lächelnd richtete Finn seinen Oberkörper wieder auf und saß eine noch Weile lang einfach so auf dem Boden seines Kinderzimmers, strich über die Windelvorderseite und stellte sich vor, wie sich das Ding wohl morgen früh anfühlen würde. Malte sich Situationen, in denen er diese Windel unter der Hose hätte aus.
Schließlich sprang er ruckartig auf, rutschte auf seinen Socken zum Kleiderschrank, zog sich wieder die kurze, zum Verbergen einer Windel denkbar ungeeignete, dunkelblaue Hose seines Spiderman-Schlafanzuges an und schlich über die Holzstufen hinunter zum Kühlschrank. Erdbeereistee! Der Zwölfjährige hielt die Flasche mit dem verführerisch leckeren Zuckergetränk mit zwei Händen fest und trank sie ohne abzusetzen postwendend halb leer. Klar, durstig war er nach dem langen Tag gewesen, aber getrunken hatte er vor allem um diese Nacht genügend Munition für den Kampf gegen das noch trockene Polster seiner Pampers zu haben! Schon den ganzen Tag hatte Finn die klitschnassen, aufgequollenen Windeln welche sich immerzu unter Pauls Jeans abgezeichneten, bewundert. Nun wollte er wissen, wie sich das anfühlte! Seine Mutter hatte ihn zuletzt Abends oft daran erinnert, nicht mehr so viel zu trinken, aber die war ja zum Glück grade nicht hier!

 

 

 

Der nächste Morgen war, als hätte ihn jemand gemalt. Finns Kinderzimmerfenster stand auf Kipp, sodass das aufgeregte Zwitschern der Vögel hineindrang, durch die Öffnungen der Rolladen schienen gedämpfte Sonnenstrahlen und der Heugeruch zeugte davon, dass draußen auf den Feldern, welche das Neubaugebiet der Grundhausener Vorstadt umgaben, bereits wieder intensiv gearbeitet wurde. Der Sechstklässler war grade im Begriff aufzuwachen, drehte sich in seinem Bett umher und seufzte genüsslich. Alles war trocken im Bett! Es war schon einige Nächte her gewesen, dass Finn ohne ausgelaufenes Nacht-Notfallhöschen aufgewacht war, doch die Pampers, die er diese Nacht trug, hatte scheinbar mühelos dichtgehalten und das, obwohl Finn in der Nacht mehrfach von wahrlich drängendem Harndrang aufgeweckt worden war und anschließend im Halbschlaf mit vollem Strahl in die Windel gepieselt hatte. Vorne fühlte sie sich etwas feucht an, ansonsten war eigentlich gar nichts zu spüren.

Als wäre er an keinem Zeitpunkt in den zwölf Jahren, die er bereits auf dieser Erde unterwegs war, zufriedener gewesen, rollte Finn sich an die Kante seines Bettes, streckte die Arme und drückte anschließend seine Beine zusammen. Oha! Nässe war zwar fast keine zu spüren, dafür war die Pampers aber enorm aufgequollen, stellte der Zwölfjährige begeistert fest. Finn quetschte mit einer Hand die Vorderseite seiner reichlich benutzten Nachtwindel und konnte prompt spüren, wo all die Nässe hingewandert war. Neugierig drückte er seinen Unterkörper mit dem rechten Arm von der Matratze weg, fühlte, wie die Windel schwer an ihm herunterhing und betastete mit der freien linken Hand die Windel an seinem Po. Rund fühlte sie sich an, und unglaublich weich. Etwas glibberig, wie ein vollgesogener Schwamm, wenn man fester zudrückte. Finn lies sich wieder auf seinen außerordentlich gut gepolsterten Windelpo fallen, rückte zur Bettkante, strampelte die Bettdecke beiseite und blickte herab auf die dicke Windelbeule zwischen seinen Beinen. Fasziniert zog er die Vorderseite des Schlafanzuges nach unten und blickte auf die aufgequollene, leicht gelbliche Vorderseite seiner Windel. Seiner Pampers!

 

Wenige Minuten später tapste Finn langsam den Flur hinunter und genoss bei jedem Schritt das Gefühl der aufgequollenen Windel vor Vorfreude auf den kommenden Vormittag fast platzte! Mit Yannik war er ja erst für heute Nachmittag verabredet sodass an diesem Montagvormittag genug Zeit blieb, seine neuen Pampers auf Herz und Nieren zu testen. Der Bald-Siebtklässler überlegte gedanklich schon, ob er heute Morgen wieder SpongeBob oder Feuerwehrdokus schauen wollte, während er auf der untersten Treppenstufe stehenblieb, seine Beine leicht auseinander drückte und sich dem spontan aufkommenden Harndrang erleichterte und dabei die Augen schloss.

 

„Morgen Finni“, hörte er plötzlich seinen Vater müde murmeln. Erschrocken riss Finn die Augen wieder auf, hielt sein Pipi schlagartig ein und sah sich verwirrt um. In einigen Metern entfernt saß sein Vater am Esstisch und blickte zu ihm herüber. Mit der linken Hand umklammerte er eine Milchtasse und statt eines der blauen, vom Wäscheservice seines Arbeitgebers immer sorgfältigst gebügelten Hemden trug er ein ausgewaschenes Bruce-Springsteen-Tshirt und hatte die Rasur heute Morgen offenbar übersprungen.

 

Finn löste sich aus seiner Starre, ging Richtung Esstisch und antwortete seinem Vater verwundert: „Hi Dad! Bist du nicht diese Woche in Frankfurt?“ Den Arbeitsrythmus seines Vaters kannte Finn mittlerweile eigentlich auswendig. In der einen Woche war er Montags bis Mittwochs in der Firmenzentrale in Frankfurt und Donnerstags und Freitags in der lokalen Zweigstelle und in der anderen Woche Dienstags bis Donnerstag beim Kunden vor Ort in Stuttgart – Das kannte Finn in und auswendig denn davon hatte in den letzten vier Jahren immer abgehangen, ob sein Vater eben erst Donnerstags oder schon Mittwochs wieder zuhause gewesen war.

 

„Ach“, murmelte Karl abwiegelnd: „Neee.“ Er stockte kurz, überlegte was er sagen sollte und sagte dann nur „Diese Woche nicht.“

 

Finn, der grade noch damit beschäftigt gewesen war, sich innerlich über den nun geplatzten Spongebob-Windel-Vormittag zu ärgern, sah seinen Vater nun mit einer Mischung aus Verwunderung und Besorgnis an: „Papa, warum bist du nicht bei der Arbeit? bist du krank?“, fragte er.

 

„Nicht direkt“, antwortete Karl, während er Finn die Milchtüte hinüberschob: „Worauf hast du dich als erstes gefreut, als du heute Morgen aufgewacht bist?“

 

Auf die Pampers!, wäre Finns ehrliche Antwort gewesen. Stattdessen antwortete er: „Nachher mit Yannik zu spielen! Den kennst du gar nicht, aber der ist voll cool! Wir haben angefangen, so einen riesen Schaufelradbagger zu bauen und müssen nur noch ein paar Teile zusammenbauen, dann ist er fertig!“ schwärmte Finn und auch seinem Vater huschte ein Lächeln übers Gesicht.

 

„Und kennst du auch die Tage, wo du als erstes, wenn du aufwachst, an etwas nicht so tolles denkst? Zum Beispiel an den Matheunterricht mit Frau Zang?“, fragte ihn sein Vater

 

„Ach, die Zang hab ich doch schon seit einem Jahr nicht mehr! Und Herr Sauer ist echt voll ok!“, befand Finn sichtlich gut aufgelegt während er Milch über seine Cornflakes goss.

 

„Ach, wusst‘ ich garnicht, wie läufts denn dann in Mathe?“, schwiff Karl ab.

 

„Aufm Zeugnis hab ich ne zwei!“, befand Finn stolz. Wusste das Papa etwa noch nicht? Für ihn war das ein Rieseding gewesen, richtig stolz war er darauf gewesen, sich bei seinem neuen Mathematiklehrer um zwei Noten verbessert gehabt zu haben.

 

„Das ist ja wirklich toll! Wusst‘ ich garnicht!“, befand sein Vater, erneut hellte sich seine Miene kurzzeitig auf.

 

„Und jetzt stell dir vor, dass du einen ganzen Tag lang nur Mathe bei Frau Zang hast, sogar an mehreren Tagen in der Woche. Du würdest dich vielleicht irgendwann fragen, ob du nicht lieber auf eine andere Schule hättest gehen sollen, vielleicht aufs Scholl-Gymnasium? Aber stattdessen bleibst du und denkst, bald ändert sich das vielleicht und eigentlich hast du gar nicht die Zeit dir Gedanken zu machen ob du das willst, oder was du überhaupt wirklich willst“, Karl stockte und blickte nach unten auf die Milchtasse zwischen seinen Händen.

 

Finn blickte besorgt zu seinem Vater herüber. So kannte er ihn gar nicht. Es war ohnehin selten, dass sie über persönliche Dinge sprachen und selbst dann blieb Karl eigentlich immer sehr vage. Und sprach eigentlich nie über sich selbst.

 

„Und ehe du dich versiehst, hast du dein halbes Leben bei Mathe mit Frau Zang verbracht …“, konsternierte Karl und schwenkte die Milch in der halbleeren Tasse umher. Der Endvierziger schloss seine Augen, um nicht vor seinem Sohn zu weinen. Herrgott, warum breitete er seine Sorgen vor dem Jungen aus? Er musste doch stark sein für Finn. Und für Elisabeth! Stark und verlässlich!

 

Finn streichelte die um die Milchtasse gelegte, rechte Hand seines Vaters: „Und Mathe mit Frau Zang ist deine Arbeit, oder?“, fragte er leise.

 

Sein Vater nickte stumm.

 

„Macht es keinen Spaß … administrativer Projektkoordinator … zu sein?“, fragte Finn während er mit seinem Po nervös vor bis zur Stuhlkante rutschte und dabei wieder an die dicke Pampers zwischen seinen Beinen erinnert wurde. Er musste kurz überlegen, wie der Beruf seines Vaters hieß. Hatte er ihn ein paar Mal fragen müssen, bis er es sich hatte merken können. Er wusste es noch genau, das war im Herbst nach seinem achten Geburtstag gewesen, da war sein Vater Donnerstags freudestrahlend nach Hause gekommen und hatte seiner Mutter verkündet, dass er nun Projektkoordinator sei, administrativer Projektkoordinator. Bald darauf hatte er den schwarzen Audi als Firmenwagen bekommen, dessen Nachfolgermodell nun in der Garage des Einfamilienhauses stand. Und statt das Elisabeth ihm Sonntag Abends immer die Hemden bügelte, ließ er das fortan den Wäscheservice erledigen. Auf Finn hatte es immer gewirkt, als würde sein Vater irgendetwas sehr wichtiges tun, auch wenn er eigentlich gar nicht wusste, was das war.

 

Yanniks Vater war Tischler, da wusste er genau, was er tat. Tische herstellen, in seiner Werkstatt.

Der Vater von Luca hingegen verwaltete irgendetwas in der Stadtverwaltung und Tobis Vater gehörte eine Spedition. Und obwohl das alles ziemlich verschiedene Dinge waren, saßen die eigentlich immer nur im Büro und machten dort irgendwelche Sachen. Telefonierten, schrieben Emails und so weiter.

 

„Papa, was machst du denn eigentlich als administrativer Projektkoordinator?“, fragte der Zwölfjährige sichtlich verwirrt. Er hatte gar nicht gewusst, dass sein Vater dessen Arbeit so wenig mochte.

 

„Naja, alles was wir bei uns in der Firma machen, ist quasi ein Projekt. Also zum Beispiel das Kopernikus-Projekt, in dem ich seit letztem Jahr drin bin. Da möchten wir ein Computerprogramm für uns einsetzen, was automatisch erkennt, wenn jemand unsere Versicherung versucht zu betrügen. Also wenn zum Beispiel jemand sein Fahrrad absichtlich kaputt macht um von der Versicherung ein neues zu bekommen. Und da arbeiten viele Leute dran, die alle ihre eigene Aufgabe haben. Manche kennen sich gut mit Computern aus, manche gut mit Versicherungsbetrug, andere gut damit, wie der Konzern eben funktioniert. Und die alle koordiniert die Projektleitung, sagt ihnen, was der andere Teil des Teams grade macht, klärt intern ab, ob man das so machen darf, ob es dafür Zeit gibt und so weiter. Und in der administrativen Projektleitung kümmere ich mich darum, dass diese Projektleitung funktioniert und das alles, was das Projektleitungsteam so macht, in sich abgeschlossen und wasserdicht ist.“

 

Finns Gesicht war ein einziges Fragezeichen: „Äh, aha?“, antwortete er: „und das macht keinen Spaß?“, fragte der Zwölfjährige. Wenn er ehrlich war, klang es auch nicht grade so, als würde es sonderlich viel Freude bereiten. Was sein Vater jetzt wirklich tat im Büro, wusste er immer noch nicht.

 

Karl presste die Lippen aufeinander: „Es ist ein sicherer Arbeitsplatz mit ausgezeichneter Vergütung und geregelten Arbeitszeiten.“

 

„Öh okay“, antwortete Finn, während er noch über die Beschreibung des Arbeitsalltags seines Vaters nachdachte.

 

Eine Weile lang schwiegen die beiden, Finn mampfte seine mittlerweile bereits reichlich matschig gewordenen Fruit-Loops-Cornflakes und Karl nippte an seiner kalten Milch. Finns Vater hatte nicht das Gefühl, alles gesagt zu haben, bei weitem nicht. Er überlegte noch, was er seinem Sohn noch erzählen sollte oder ob es falsch war, ihn damit zu belasten.

 

Zum Beispiel, das sein schönster Arbeitstag seit langem in der zweiten Woche nach dem Einzug in das neue Hochhaus gewesen war. Als ein Handwerker des Subunternehmens, welches für den Konzern die Medienausstattung in allen Büroräumen installierte, mitten im Daily-HeadsUp-Meeting in sein Büro hineingeplatzt war und sich mit dem Bohrer an der Flurtrennwand zu schaffen gemacht hatte. Alle Büros im neuen Gebäude hatten statt schnöden Lichtschalter große Touchscreens, mit denen man das Licht der Tageszeit entsprechend einstellen konnte, die Klimaanlage bediente, Musik abspielen konnte und welcher einem die Uhrzeit anzeigte. Eigentlich ein Gimmick, dessen Abwesenheit Karl in der vergangenen Woche allerdings schmerzlich vermisst hatte, immerhin war die einzige nutzbare Lichtquelle in seinem Büro in der vergangenen Woche seine Schreibtischlampe gewesen, die er aus Gewohnheit vom alten Büro mit rüber genommen hatte. Das Beschaffungsmanagment hatte die Geräte nicht rechtzeitig liefern können und so hatten er und viele weitere Angestellte ihre Büros im neuen Gebäude ohne bedienbares Licht bezogen. Eigentlich ein Treppenwitz.

 

Statt sich nun über die Ankunft des lang erwarteten Monteurs zu freuen, hatte Karl ihn harsch angefahren. Hatte eilig sein Wireless-Headset stummgeschaltet und ihn gefragt, was das denn solle, ungefragt, ohne zu klopfen, verspätet und überhaupt. Dummerweise hatte der Monteur an diesem Morgen noch weniger Frustrationstoleranz besessen als Herr Samsa und hatte, nach kurzem Streit, das Büro einfach verlassen und seine große Plastikkarre mit dem Touchscreen, allerlei Sortimo-Kisten und Montageplatten einfach dort stehengelassen. Der Endvierziger war kurz überrumpelt gewesen, riss seine Bürotüre auf und sah sich hektisch um. Der brüskierte Monteur war wie verschwunden. Während auf Karls rechtem Ohr der SME weiter über den Fortschritt bei der Kennlinienimportierung referierte, blickte Karl ratlos in den nun herrenlos dastehenden Montagewagen. Ohne sich groß Gedanken zu machen, griff er nach dem lose herumliegenden Akkuschrauber, hielt ihn wie eine Pistole und feuerte ein paar Mal auf die Hohlwanddose in der Wand, aus der das Anschlusskabel für das Beidenpanel einsam herausragte.

 

Kaum eine Sekunde später durchzuckte ihn die Einsicht, dass das grade wohl definitiv zu kindisch gewesen war. Wenn das einer der Kollegen gesehen hätte! Schließlich konnte man die Flurtrennscheibe d eben noch nicht verdunkeln, sodass jeder sehen konnte, was Karl in seinem Büro trieb. Er konnte nur von Glück reden, dass ihn in niemand so gesehen hatte. Herr Samsa legte den Akkuschrauber beschämt wieder zurück und ging zurück zu seinem Schreibtisch. Und drehte nach zwei Schritten doch wieder um und griff in die Kiste. Beäugte die Aufschriften auf den Werkzeugkisten.

Die nächsten drei Stunden verbrachte Karl nicht an seinem Schreibtisch, sondern sägte mit der Stichsäge eine passgenaue Aussparung für das Tablet in die Holzverkleidung. Fertigte aus dem überzähligen Schnittholz noch eine  Einrahmung für das Gerät an und betrachtete kurz vor der Mittagspause stolz sein Werk. Im Gegensatz zu allen anderen Räumen, in denen die Geräte gleichförmig lieblos auf die Wand gesetzt waren, war der Touchscreen in seinem Raum hübsch in die Wand integriert! Karl wählte auf dem Gerät zufrieden den Verdunklungsmodus für die Flurtrennscheibe aus, tauschte sein von Holzspänen übersätes Hemd gegen das frische Exemplar, welches er stehts in seinem Sideboard für den Falle eines Kaffefleck-Unfalles bereitstand und verschwand mit dem Rest der Abteilung zum Mittagessen.

 

Als Karl am nächsten Tag turnusgemäß den Abteilungsleiter in seinem Büro empfing, antwortete er auf dessen verwunderte Frage nach der detailverliebten Montageart des Screens scherzend und lachend: „Ja ich hab mich auch gewundert! Waren gestern während der Mittagspause hier. Meine Güte, da scheint sich ja einer echt ausgetobt zu haben, das muss ja Stunden gedauert haben! Da sollten man mal mit der Effeiziensoptimierung anfangen, nicht bei uns!“

 

 

„Ach …“, seufzte sein Vater, während Finn auch nicht so recht wusste, was er sagen sollte. Er hatte seinen Vater eigentlich selten unglücklich erlebt, wenn auch nicht unbedingt oft wirklich fröhlich. Aber in diesem Moment hatte er das Gefühl, seinem Vater noch nie so nahe gewesen zu sein. Er behandelte ihn nicht wie ein kleines Kind, wiegelte ab, sprach lapidare Beruhigungen. Er war ehrlich.

 

„Würdest du gerne lieber einen anderen Beruf haben?“, fragte er schließlich, die Milch vom Cornflakeslöffel schlürfend.

 

„Ach …“, setzte Karl wieder an: „Hattest du schonmal einen Wunsch, Finn, den du wirklich gerne erfüllt haben wölltest, aber von dem du weißt, dass das nicht zu der Person, die andere in dir sehen, passen würde?“, Finns Vater gestikulierte unsicher, nach Worten suchend, mit seinen Händen: „Wolltest du zum Beispiel mal etwas machen, du nicht durftest? Vielleicht was, das nicht deinem Alter entspricht? Vielleicht warst du mal zu klein, um etwas zu dürfen? Stell dir vor …“

 

Zu klein für etwas? Zu groß für etwas, für einen Wunsch, zu alt für einen Wunsch, das hatte Finn gekannt. Die Windeln. Der Zwölfjährige nickte aufgeregt.

 

„Trotzdem machen!“, bekannte Finn ungefragt und impulsiv-entschlossenm, unterbrach seinen Vater gar mitten im Satz: „Wenn man jahrelang nur überlegt, was sein könnte, wie es sich wohl anfühlen würde, wie das Leben wohl wäre wenn man das macht was man immer wollte aber sich nie getraut hat, ist das voll unnötig. Wenn man es dann irgendwann macht, fragt man sich, wieso man das nicht schon vor Jahren gemacht hat!“

 

Finns Vater erstarrte für einen Moment und sah seinen Sohn erstaunt an.

 

 

 

„Ninja, lauf doch nicht weg!“, bat Finn vergebens die verschmuste Katze, welche sich vor einem Moment noch zufrieden von dem Jungen hatte streicheln lassen: „Manno“, seufzte Finn gespielt-theatralisch und blickte wehmütig der Katze, die soeben über den Innenhof des kleinen Bauernhofes davonlief, hinterher.

 

Finn stand wieder aus der Hocke auf und drehte sich überschwänglich zu Yannik herum, der grade scheinbar beim anziehen seiner Schuhe erstarrt war. Yanniks hellgrüne Klettverschlusschuhe mitsamt der gelb-blau gestreiften Socken: Was Finn vor ein paar Wochen in der Sportumkleide noch als megapeinlich eingestuft hätte, erinnerte ihn nun so deutlich an vergangene Grundschultage, dass er seine Garderobe am liebsten augenblicklich mit Yannik getauscht hätte: „Was is‘ denn?“, fragte Finn verduzt, woraufhin der Zehnjährige mit dem Kopf schüttelte, als würde er einen Gedanken wegwischen: „Nix“, antwortete er fix und sprang ebenfalls auf.

Es hatte nach dem gemeinsamen Frühstück von Finn und seinem Vater gar nicht so lange gedauert, bis Yannik angerufen hatte. Vater und Sohn hatten sich zusammen auf die Couch gesetzt und semiunterhaltendes Frühstücksfernsehen geschaut, als sie plötzlich das Festnetztelefon aus ihrer Situation erlöst hatte. Das war ungewöhnlich. Auf dem Festnetz riefen bei den Samsas eigentlich nur wenige Leute an. Die Kollegen seiner Eltern riefen direkt auf deren Handys an und Finns Freude schrieben ihm eh Messages, anstatt das sie anriefen. „Wer ist das denn nun?“, hatte Karl verwundert gefragt und war zur Anrichte neben dem Esstisch gegangen. „Yannik fragt, ob du gleich schon spielen kommen willst?“. Fragte er seinen Sohn wenig später. Finn drehte sich überrascht von der Couch um. Heute war ja Montag! Sie hatten sich ja verabredet!

 

„Soll ich dich fahren?“, hatte sein Vater gefragt, noch bevor Finn auf die erste Frage hatte antworten können. Der Zwölfjährige nickte überaus freudig, sprang voller Elan über die Rückenlehne des großen schwarzen Sofas und machte sich auf den Weg in sein Zimmer, bis Karl ihm noch etwas hinterher lief:

 

„Achja, und ääh Finn, du sollst dir eines der Notfallhöschen anziehen“, berichtete er.

 

„Jip!“, antwortete Finn bemüht neutral und doch merklich freudig während er mit einer Hand verlegen in die aufgequollene Pampers zwischen seinen Beinen drückte. Eigentlich hatte er die noch anbehalten wollen, bis sie so Paul-style-mäßig völlig durchnässt gewesen wäre, bis oben hin vollgepinkelt und zwischen seinen Beinen hängend: Das war eigentlich der Plan für den heutigen Morgen gewesen. Mit Spongebob oder einer anderen Kinderserie, auf dem Wohnzimmerteppich. Aber jetzt zu Yannik zu gehen war eine wirklich willkommene Auflockerung an diesem Morgen! Finn tapste die Treppe nach oben und lief gegen den durchaus bereits spürbaren Widerstand der an seinem Po sachte hin-und-herwackelnden Pampers in sein Zimmer. Routiniert wie er mittlerweile war, öffnete der Zwölfjährige seine Windelschublade und wurde plötzlich von einer Überraschung durchzuckt. Neben den zwei Stapeln Pyjamahöschen lagen in seiner auserkorenen Windelschublade eine blaue Tube, welche sich bei genauerem betrachten als Niveacreme herausstellte und eine Packung Feuchttücher!

 

Finn brauchte selbstverständlich keine Sekunde, um herauszufinden, wofür das Zeug gedacht war. Wickelausstattung, für ihn! Muss seine Mutter wohl gestern Morgen, bevor sie zu Antonia gefahren waren, noch reingelegt haben. Oder danach? Nee, da hatten sie und Papa ja im Wohnzimmer gestritten. Finn ballte die linke Hand zur Faust, als hätte er grade einen bedeutsamen Sieg errungen und nahm beide Plastikverpackungen sowie einen frischen Pullup aus der Schublade.

 

Mit allen notwendigen Utensilien ausgestattet huschte Finn ins gegenüberliegende Badezimmer, legte sich auf den flauschig-weichen Badezimmerteppich, zog wehmütig seine ebenso flauschig-weiche Windel aus und machte ausgiebig von den Feuchttüchern gebrauch. Das fühlte sich echt gut an, musste er sich eingestehen! Immerhin war er seit mehr oder weniger vorgestern Abend ununterbrochen in meist nassen Windeln gewesen und entsprechend juckte seine Haut nun doch ein wenig. Als noch wesentlich angenehmer entpuppte sich kurz darauf aber die Windelcreme, wobei Finn nicht ganz sicher zu sagen vermochte, ob die überaus beruhigende Wirkung der Creme dadurch zustande kam, dass es eben eine sehr angenehme Hautcreme handelte, oder ob der Grund vielmehr im Gedanken begründet lag, dass zu einem waschechten Windelwechsel die Windelcreme eben dazugehörte. Finn zog den Pullup hoch, warf seine leidergottes nur halbvolle Nachtpampers in  seinen Windelmülleimer und flitzte zurück in sein Zimmer, schob die Windelschublade wieder zu und öffnete stattdessen die restlichen Fächer seines Kleiderschranks. Zwar hing auf seinem Schreibtischstuhl noch Yanniks rotes Kwak-Enten-Shirt und die flickenübersähte Spielhose, die er bereits gestern beim Ausflug in den Erlebniswald getragen hatte und die einfach perfekt zu einem Tag als Grundschulkind mit Pipi-Problem passten, aber die sollte er Yannik eben heute wieder zurückbringen. In seinem eigenen Part vom Kleiderschrank wurde er nicht so wirklich fündig, irgendwie war die Klamottenauswahl aktuell ohnehin ein wenig begrenzt. Einige Kleidungsstücke waren seit Finns letztem Wachstumsschub, der ihn immerhin nahe an die Ein-Meter-vierzig-Grenze gebracht hatte, zu klein und andere hatte er vor kurzem aus peinlichkeitsgründen aussortiert. Die Hosenauswahl war schnell erledigt, in Ermangelung aller Alternativen eine hellblaue stretch-Jeansshorts die zwar zweifelsohne bequem war, aber vom Schnitt her nur bedingt dazu geeignet war, einen Pullup zu verbergen. Finn ärgerte sich über sich selbst. Eigentlich fand er den Gedanken toll, dass andere sehen könnten, dass er ne Windel anhat, so als wäre das für ihn ganz normal und nichts, was man verstecken müsste. So war das ja auch gestern im Erlebniswald gesehen, seinen vollgepinkelten Pullup hatten die anderen Kinder ja bestimmt auch unter seiner Hose bemerken können, aber das war ihm eben egal gewesen. Aber heute vor Yannik? Klar, er hatte sich schon mehrere Male, teils absichtlich doch auch teils völlig aus Versehen vor seinem zehnjährigen Klassenkameraden eingepullert, aber irgendwie hatte er Bammel vor dem Gedanken, dass der blonde Strubbelkopf herausfinden könnte, dass Finn Windeln trägt. Und dass, obwohl er gestern vor Paul noch stolz verkündet hatte, dass er jetzt auch wieder Pampers tragen musste. Hätte er die Wahl gehabt, wäre Finn heute vermutlich ohne Pullup unter der Hose zu Yannik gegangen und das obwohl er das weiße Zauberpolster zwischen seinen Oberschenkeln weiterhin vergötterte. Nun forderten ihn plötzlich seine Eltern auf, zur Sicherheit einen Pullup zu tragen und Finn war klar, dass er sich das selbst eingebrockt hatte. Es gefiel ihm.

 

Etwa eine Stunde später liefen die beiden Jungen schließlich im Lichte der ausnahmsweise angenehm warmen und nicht brütend-heißen Mittagssonne über den kleinen Innenhof des umfunktionierten Bauernhofes, Yannik öffnete das große knarzende Tor der Werkstatt seines Vaters und die beiden Jungen traten herein in die schummrig-gemütlich beleuchtete ehemalige Scheune. Es roch leicht Ölig, übertönt nur vom Geruch des Holzes selbst und überall standen Balken und Platten, selbst einzelne Baustammsegmente und allerlei Werkzeug herum. Die Baustrahler, welcher die Fachwerkdeckenkonstruktion anstrahlten tauchten die ganze Halle in ein gemütliches, oranges Licht, welches nur von den grellen Arbeitsleuchten, die an dünnen Seilen in der Mitte des Raumes herunterhingen, unterbrochen wurde. An der Werkbank standen zwei Männer, der eine legte grade die noch ausdrehende Schleifmaschine beiseite und der andere schrubbte akribisch mit einem Lappen über eine große, mächtig aussehende Holztafel.

 

„Huch, Papa?“, fragte nicht Yannik, sondern Finn, der auch allen Grund dazu hatte, überrascht zu sein, seinen Vater in dieser Holzwerkstatt anzutreffen.

 

Karl und Ludwig, die bis eben noch mit dem Rücken zum großen Tor gestanden hatten, drehten sich um und Yanniks Vater beantwortete die Frage an Karls stelle: „Hi Finn! Dein Papa und ich basteln grade an ner Schreibtischkombination rum, schau mal!“, erklärte er und trat, während er sprach, langsam bei Seite und breitete theatralisch die Arme aus um die dahinterstehende Schreibtischkonstruktion gebührend zu präsentieren: „Zwei Meter, süddeutsche Eiche, Vollholz!“, fügte er rasch hinzu, als wären es Daten auf einem Autoquartett.

 

„Die Platte war echt in miserablem Zustand, aber es ist immer wieder ein wunder, was ordentliches abschleifen, Hartöl und Baumwolltücher alles verrichten können!“, diese Erklärung kam nun allerdings zur Verwunderung beider Kinder nicht mehr von Yanniks Vater, sondern von Karl. Dessen Bruce-Springsteen-Tshirt war nun mit allerlei Sägespänen übersäht und über seiner Schulter lag besagter Baumwolllappen.

 

„Papa, weißt du, wo der WM-Ball ist?“, fragte Yannik unbeirrt. Immerhin war die Suche nach einem vernünftigen Fußball der eigentliche Grund gewesen, warum sie in die Scheune gegangen waren!

 

„Ja du, da wo du ihn zuletzt hingetan hast!“, zwinkerte Ludwig seinem Sohn zu, löste das Rätsel aber nach einer kurzen Kunstpause auf: „Der lag auf dem Rasenmäher drauf, hab ihn jetzt draußen neben die Regentonne gelegt.

 

„Yeah, danke, Papi!“, rief Yannik und machte bereits Anstalten, die Halle durch das kleine Tore auf der Rückseite in Richtung Garten zu verlassen.

 

„Finni, musst du vielleicht nochmal …?“, fragte sein Vater plötzlich. Völlig unerwartet, unnötig und ohne jeden Anlass. Bestimmt hatten er und Yanniks Vater schon darüber geredet, dass er sich beim letzten Mal als er hier zu Besuch gewesen war, in die Hose gemacht hatte. Wie peinlich war das denn bitte? Finn warf einen hektischen Blick zu Yannik herüber, welcher genau in diesem Moment interessiert auf Finns Hose blickte, so als würde sich dort grade wieder einmal ein nasser Fleck bilden. War natürlich Quatsch, wie Finn feststellte als er unsicher eine Hand zwischen seine Beine drückte. Alles trocken, innen wie außen. Zugegeben, er musste definitiv mal wieder pullern, aber dafür hatte er ja Pullups an. Der Zwölfjährige grummelte ein für seinen Geschmack viel zu sehr nach bockigem Kind klingendes „Nöö“, als Antwort und lief Yannik hinterher in Richtung Gartentüre während er noch versuchte, herauszufinden, warum ihm diese Situation grade so ein Kribbeln im Bauch beschert hatte.

 

Kaum war die krumme Türe der Scheune wieder ins Schloss gefallen und die beiden Jungen somit im weitläufigen aber dafür umso friedlicherem, ruhigen Garten angelangt, fragte Yannik plötzlich wie aus der Pistole geschossen: „Sicher, dass du nich strullern musst? Geh doch einfach nochmal schnell bevor wir loslegen! Du merkst das nich so, oder?“

 

„Was? Ähm nee, äh ich meine ja, was?“, antwortete Finn ein wenig überrumpelt angesichts der Fragenflut und blickte auf seine dunkelroten Sneaker herab.

 

„Ich mein ja nur, du hast dir jetzt schon ein paar Mal in die Hose gestrullert, eigentlich immer, wenn wir zusammen gespielt haben! Ist ja nich schlimm oder so, aber ich mein ja nur, vielleicht passiert dir das weniger wenn ich dich ab und zu mal erinner, ist ja nix dabei!“, antwortete Yannik, so unbekümmert wie aufgeregt.

 

Finn blickte immer noch zu Boden und fragte sich gedanklich, ob er sich wirklich jedes Mal, wenn er mit Yannik gespielt hatte in die Hose gemacht hatte. Als ob! Sein Freund übertrieb doch, oder?

 

„Aber andererseits“, setzte Yannik erneut an, nachdem er verstanden hatte, dass von Finn keine Antwort kommen würde. Sein Tonfall hatte sich geändert, er sprach nun wieder ein einem normalen, fast langsamen Sprechtempo und vom Tonfall her ein bisschen so, als würde er gleich etwas sagen, das Finn verblüffen würde. Wie ein Plottwist in einer Serie, wie der Monolog eines Juniordetektives am Ende der Hörspielkassette, wenn plötzlich der Knoten, der alle Fäden zusammenhält, entdeckt und das Geheimnis gelüftet wird: „Aber andererseits, heute kann ja auch nix passieren.“

 

„Heh?“, Fragte Finn verwirrt und blickte auf. Yannik stand vor ihm und wackelte aufgeregt mit den Armen umher, was so gar nicht zu dem Tonfall, den er grade eingeschlagen hatte, passte. Yannik pustete sich eine seiner blonden Locken zur Seite und sagte nun wie ein kleines Kind, was stolz war, etwas zu wissen was es eigentlich nicht wissen dürfte: „Du hast ne Windel an, ich habs genau gesehen! Eben, als du dir die Schuhe angezogen hast! Deshalb ists ja eh nich so schlimm wenn du dir einstrullerst heute!“

 

„Heeey“, antwortete Finn abwehrend: „Das sind keine Windeln, das, das … das sind Notfallhöschen!“

 

Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden.

Post Views: 2.191
5 2 Abstimmungen
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
12 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
W.E.T

Ne echt tolle story und richtig gut geschrieben! Ich hab aber mal ne Frage: Macht Finn auch mal groß in seine Windel, oder ist das für die Story nicht vorgesehen?

Antworten
giaci9

Soll ichs wirklich verraten? … 😀

Antworten
Mahlzeit

Ich frag mich ehrlich gesagt, warum können nicht alle so geil schreiben wie du? Jedes Mal, wenn ein Teil zu Ende ist, denke ich mir, wie schön es wohl wäre, wenn dieser Teil ein wenig länger gewesen wäre, oder wenn der nächste Teil gleich hinterher kommt.

Ich muss wirklich sagen, wenn ein Teil von dir rauskommt, also ein Teil der Geschichte, dann ist es für mich auf jeden Fall etwas, was es sich lohnt zu lesen!

Es gibt leider nur wenig, wirklich ziemlich wenig, Leute, die so genial schreiben, wie du zum Beispiel. Es ist nicht nur die Wortwahl, oder das beschreiben, was du wirklich richtig, richtig gut drauf hast, es ist die Verbindung zwischen den Charakteren, es ist die story, die von vorne bis hinten einen Sinn ergibt, die nicht völlig unglaubwürdig ist oder wirkt, und nicht wieder eine 0815 story, die jeder schon mal gelesen hat und die es zu genüge gibt!

Hut ab, wirklich gut gelungen! Auch wenn ich sagen muss, dass ich mich jedes Mal freue, wenn du was neues von dir rauskommt, habe ich trotzdem das Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wieder eine Story rauskommt, die absolut nicht lesbar sein wird….

Antworten
giaci9

Mensch Mahlzeit, vielen Dank mal wieder für dein Lob! Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen – aber es gibt ja zum Glück auch manchmal andere gute Geschichten, ansonsten hätte ich ja garnix zum lesen xD

Antworten
DiaperO_germany

Mal wieder ein Super cooler Teil der besten Geschichte hier.
Ich freu mich auf den nächsten Teil!

Antworten
Lukas

Hallo Giaci ??
Endlich finde ich Zeit dir zu schreiben. Gelesen habe ich den neuen Teil natürlich sofort ?.
Wieder eine schöne Fortsetzung ??.
Allerdings habe ich tatsächlich mal etwas anzumerken… ?
Bisher hast du es immer geschafft Wärme und Entspanntheit in die Story zu schreiben. Man konnte sich alle Sets gut vorstellen und sich in Ruhe auf sie einlassen! Man fühlte sich „in der Geschichte“ und bei den Protagonisten. Das vermisse ich dieses mal ein wenig. Ich hatte beim Lesen den Eindruck durch die Story rennen zu müssen. Auch sind mir, für dich sehr ungewöhnlich, vergleichsweise viele Fehler im Text aufgefallen (Satzbau und auch mal ein Satz der so keinen Sinn ergibt).

Insgesamt nichts dramatisches. Aber es fällt halt auf.
Bitte sei mir nicht böse. Ist definitiv nicht so gemeint !
Aber ich habe den Eindruck das du dich beim Schreiben hast hetzen lassen. Vielleicht weil du dachtest es muss jetzt endlich mal ein neues Kapitel kommen?!

Mach dir keinen Stress. Bleib dir treu und schreib bitte weiter so toll weiter wie bisher! ???

Ich freue mich und bin sehr gespannt wie es Finn weiter ergeht!

LG und schöne Feiertage ? in dieser Zeit!

Gruß,
Lukas ?

P.S.
Jetzt kann jeder meine Fehler zählen ?

Antworten
giaci9

Hi,

Danke für dein Kommentar! Ist wichtig, auch mal sowas zu hören. In der Tat hatte ich die letzten Monate relativ viel zu tun und war stellenweise vielleicht auch beim schreiben der Geschichte etwas gestresst – und ich hatte das letzte Kapitel auch abgeschickt, bevor ich es am Ende Korrektur-Vorgelesen habe. So ist mir auch die Vertauschung von Antonia und Elisabeth direkt am Anfang passiert. Hab beim nächsten Kapitel (Gestern Abgeschickt! :D) Winterferien-bedingt wieder mehr Zeit und Ruhe beim schreiben. Sag mir gerne, obs diesmal wieder besser geworden ist 😀

Antworten
Lukasw

Hey ?? ?

Bin sehr gespannt.
Cool das du Antwortest!
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr ??

Antworten
Eric

Deine Geschichten sind so toll. Freue mich schon auf die Fortsetzung. Wird sein Freund auch Windeln probieren? Es bleibt spannend 🙂

Antworten
giaci9

Vielen Dank für dein Lob! Hab das nächste Kapitel abgesendet, sollte bald hier auftauchen 😀

Antworten
giaci9

Ich habe Gay-Jünger? Mensch, das ist aber cool! 😀

Zu deinem ganzen gestänkere möchte ich eigentlich gar nicht viel sagen – don’t feed the Troll.
Ich hatte mich schon gewundert, wieso du meine Geschichten bisher ausgelassen hast: Hast du meine Geschichten überhaupt richtig gelesen? Mir scheint nicht so.

Frohes Neues 😉

Antworten