Die neue Mitschülerin (7)
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Kapitel 7: Referatsarbeit und eine Runde Mario Kart
In der Schule sprachen Chris und Anna sich dahingehend ab, sich um 15 Uhr an der Bushaltestelle zu treffen. Chris war als erster dort und stellte fest, dass die Arena mal wieder nicht von seinem Team besetzt wurde; er entschloss sich, dies zu ändern. Noch während er dabei war, sah er Anna näher kommen. „Hi. Arena?“, begrüßte sie ihn knapp. „Ja. Magst du mir helfen?“, fragte er, was aber gar nicht nötig gewesen wäre, da Anna bereits ihr Handy zückte.
Kurze Zeit später kamen sie bei Chris zu Hause an. „Komm rein“, sagte dieser, nachdem er die Haustür aufschloss. „Also, hier unten wohnen meine Großeltern, die Eltern meiner Mutter. Meine Eltern, mein Bruder und ich wohnen in den oberen beiden Etagen. Meine Eltern sind aber gerade noch arbeiten. Meine Mutter arbeitet nachmittags immer im Jugendzentrum in Haffgen, dann kann sie vormittags den Haushalt machen und uns mittags in Empfang nehmen.“
„Praktisch“, kommentierte Anna, „muss deine Mutter denn vormittags nicht arbeiten? Verwaltung oder sowas.“
„Klar, da gibt’s was zu tun. Aber darum kümmern sich andere, meine Mutter hat entsprechend eine Halbtagsstelle.“
Chris fand seinen Bruder im Wohnzimmer vor dem Fernseher. „Hi, Robert, sind da.“, begrüßte er ihn. „Hi“, antwortete dieser kurz, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden. Anna wollte gerade das Wohnzimmer betreten, als sie von Chris zurückgehalten wurde. „Stören wir ihn lieber nicht, machen wir uns an die Arbeit.“, schlug er vor, bevor er noch fragte, ob er seinem Gast etwas zu trinken anbieten könne, was Anna bejahte. Chris holte also aus der Küche schnell zwei Gläser und eine Flasche Wasser und so machten sich die beiden auf den Weg in Chris‘ Zimmer. Den Rechner hatte er schon hochgefahren und auch einen zweiten Stuhl am Schreibtisch bereitgestellt. Anna schaute sich im Zimmer um. „Nett eingerichtet.“, befand sie, während Chris ihr seine Mails öffnete, um die Informationen von Frau Rotjohann zu suchen. Er fand sie schnell und öffnete die Mail.
„Also, sie hat uns da irgendeinen Link geschickt.“, leitete er die Arbeit ein und öffnete den Link.
„Okay, dann lass mal lesen.“, wandte nun auch Anna ihre Konzentration auf die zu bewältigende Schulaufgabe. Der Murmelrechner erwies sich als Modellrechner, den man mit einfachen Befehlen programmieren konnte. Als „Basics der Programmierung“ bezeichnete ihre Lehrerin dies in der Mail. Mit dem Vorwissen aus ihren Wahlkursen in Informatik gelang es den beiden gut, sich in die Thematik einzuarbeiten, auch wenn dies einige Zeit in Anspruch nahm. „Eine Sache verstehe ich noch nicht ganz.“, sagte Anna, als die beiden sich einig waren, das allermeiste dann doch verstanden zu haben, „Wir können hier ja Murmeln in diese Zellen legen und auch wieder wegnehmen. Aber wo kommen die Murmeln her? Also gibt’s da irgendeine Begrenzung, wie viele man haben kann?“
„Hm…“, antwortete Chris, „ich glaube, die Murmeln symbolisieren Zahlen. Und da kannst du aus einer Null ja auch einfach eine Eins machen und so weiter. Wahrscheinlich kann man sich das so vorstellen, dass man irgendwo einen Sack mit unendlich vielen Murmeln hat und da immer welche rausnehmen kann, wenn man will. Die legt man dann in die Zellen.“
Anna grübelte kurz, bevor sie befand, dass diese Erklärung durchaus logisch klang.
„Wollen wir noch Geschichte machen?“, fragte Chris, als sie beschlossen, dass es mit der Arbeit am Referat für heute gut sein sollte.
„Gerne“, antwortete Anna, „aber ich brauche erstmal eine Pause.“
„Gute Idee“, gab Chris zurück, „was hältst du von einer Runde Mario Kart?“
„Oh ja“, sagte Anna, die bemerkte, dass sie bei ihrer Erkundung von Chris‘ Zimmer nicht ganz gründlich gewesen ist. Erst jetzt bemerkte sie die Switch am Fernseher. „Aber erstmal müsste ich auf Toilette.“, sagte sie und stellte damit eine Frage, ohne eine Frage zu stellen.
„Achso, klar, sorry. Du findest eine Toilette gleich links, wenn du aus meinem Zimmer rausgehst.“, sorgte Chris dafür, dass ihr eine ähnliche Notlage wie gestern Abend sicherlich nicht passieren würde, auch wenn Anna in diesem Moment mit einem innerlichen Lächeln daran zurückdachte.
Kurze Zeit später hörte Chris jemanden die Treppe hochkommen, den Schritten nach zu urteilen sein Vater. Währenddessen nahm er auch wahr, wie die Tür der kleinen Toilette wieder aufgeschlossen wurde. „Ähm…hallo?“, begrüßte Jürgen Wagenhoff das unbekannte Mädchen. „Ähm…hallo?“, wiederholte diese die gleichen Worte mit der gleichen Verwirrung, ehe sie sich fasste. „Entschuldigung, ich bin Anna, eine Schulfreundin von Chris, wir haben gerade an einem Referat gearbeitet.“
„Aaaah“, beruhigte sich Jürgen, der sich anschließend vorstellte: „Jürgen Wagenhoff, aber du kannst mich ruhig Jürgen nennen.“ In diesem Moment machte Chris die Tür auf.
„Wie ich höre, brauche ich euch nicht mehr einander vorzustellen?“, schlussfolgerte er richtig.
„Hi Chris“, erwiderte sein Vater, „da liegst du offensichtlich richtig. Wollte auch nur kurz Hallo sagen und Bescheid geben, dass ich zu Hause bin.“
„Alles klar, ich komme dann nachher runter, wenn Anna weg ist“, gab Chris zurück. Jürgen nickte, Anna und Chris gingen wieder in sein Zimmer und schlossen die Tür.
Chris schaltete die Switch ein, steckte die geladenen Controller in die Lenkräder und gab eines an Anna weiter. Sie wählte Yoshi, Chris wählte Mario. „Idee!“, sagte dieser plötzlich, woraufhin Anna frech „Du ganze Sätze?“ erwiderte, woraufhin Chris demonstrativ die Augen rollte und mit ironischem Ton fragte: „Kannst du nicht woanders doof sein?“
„Nein, nicht vor vier.“, erwiderte das Mädchen, woraufhin beide lachen mussten.
„Du kennst SpongeBob also auch?“, brauchte Chris eigentlich gar nicht mehr nachzufragen.
„Klar, in- und auswendig. Also zumindest die ersten Staffeln.“
„Das sind ja auch klar die besseren Episoden.“
„Finde ich auch. Also, was war deine Idee?“
„Was? Oh, ach ja. Wie wäre es, wenn wir Fahrzeug, Reifen und Flieger zufällig auswählen? Also wir gucken nicht hin, scrollen durch die Teile, bis der andere Stopp sagt?“, schlug Chris vor.
„Habe ich noch nie gemacht. Hört sich witzig an.“, erklärte Anna sich einverstanden. Das Ergebnis waren zwei ungewöhnliche Fahrzeugkombinationen, die aber beide etwa gleich stark sein würden.
„Acht Rennen, zufällige Strecken?“, fragte Chris. Anna erklärte sich auch damit einverstanden. Sie erwies sich als talentierte Fahrerin, sodass das Duell der beiden sehr spannend war. Es kam, wie es kommen musste, und am Ende waren beide punktgleich. Beide konnten je vier erste und vier zweite Plätze verbuchen.
„Dann muss wohl ein Entscheidungsrennen her.“, forderte Anna angriffslustig.
„Aber sowas von!“, nahm Chris die Herausforderung sofort und ohne Zögern an, bereute es aber sofort, als er sah, dass das System den Regenbogen-Boulevard für diesen Showdown auswählte. „War ja klar“, stellte er fest und sah aus dem Augenwinkel, dass auch Anna nicht allzu begeistert war, dies aber zu verstecken schien. Beide gaben alles und waren auch in der Mitte der letzten Runde Kopf an Kopf, Anna konnte sich aber durchsetzen, als Chris bei einem Drift leicht die Wand berührte und somit an Geschwindigkeit verlor. Sie wähnte sich schon als sichere Siegerin, hatte die Rechnung aber ohne den blauen Panzer gemacht, der auf der Minimap angekündigt wurde und sie als Führende treffen würde. Sie sah dies rechtzeitig und fasste einen spontanen Entschluss. Sie ging vom Gas, woraufhin Chris mit lautem Jubel an ihr vorbeifuhr und sich schon als Erster im Ziel sah, ehe er beim Einbiegen auf die Ziellinie das Unheil kommen sah. „Was!?“, stellte er entsetzt fest, „Nein Nein Nein! Komm schon, gib Gas!“, brüllte er fast, doch es half nichts: Kurz vor der Ziellinie wurde er getroffen und musste hilflos mit ansehen, wie Yoshi in vollem Tempo der Explosion des blauen Panzers auswich und knapp vor dem beschleunigenden Mario ins Ziel fuhr. „Jaaa!“, jubelte Anna, während Chris sich leicht frustriert in die Rückenlehne des Sofas zurückfallen ließ. „Das war fies“, befand er, was ihm aber nur ein Schulterzucken einbrachte.
„Nirgendwo steht, dass das nicht erlaubt ist.“, verteidigte sich Anna. Da konnte Chris schlecht gegenargumentieren. „Du bist verdammt gut. Und verdammt raffiniert“, machte er seiner Mitschülerin ein Kompliment, das diese dankend annahm. „Du bist aber auch ein harter Gegner“, gab sie dieses zurück, „die Runde hat echt Spaß gemacht. Früher habe ich häufiger mit meinem Bruder gespielt, aber der war nicht so gut. Und hatte auch zunehmend weniger Lust, immer gegen ein Mädchen zu verlieren, der Doofi. Im Ernst: Das müssen wir wiederholen.“
„Finde ich auch. Und nächstes Mal geht es andersrum aus!“, kündigte Chris an.
„Das werden wir ja sehen.“, grinste Anna schelmisch, „Glaub mir, ich hab noch weitere Tricks auf Lager.“
Da beide mit großem Einsatz gespielt hatten, verlängerten sie die Pause und setzten sich danach nur noch halbherzig an die Hausaufgaben. Gerade kamen sie überein, es mit den Ergebnissen gut sein lassen zu können, als Anna sagte, dass sie langsam nach Hause müsse. „Möchtest du mich begleiten?“, fragte sie, was Chris bejahte. Er meldete sich bei seinem Vater ab und die beiden gingen in Richtung der Neubausiedlung, natürlich nicht, ohne noch ein paar Pokémon unterwegs zu fangen.
„Die Siedlung hier ist ja echt mies. Gibt ja nicht mal einen Pokestop hier.“, sagte Chris enttäuscht, als sie Annas Zuhause immer näher kamen.
„Ja, ich muss schnell leveln. Auf Level 39 kann man Vorschläge einreichen. Zwei Straßen weiter, dieses Grüne da auf der Karte, ist ein großer Spielplatz, da kann man sicher was machen. Und ein paar bemalte Stromkästen habe ich auch schon gesehen, davon gibt es in Neuss auch einige als Stop.“
„Na dann sieh mal zu. Ich brauche bis zu dem Level noch ein bisschen.“, forderte Chris sie auf.
„Also, hier wohne ich“, sagte sie kurze Zeit später, als die beiden vor einer ansehnlichen Villa stehenblieben.
„Wow, nicht schlecht.“, staunte Chris, der spürte, dass weder er noch Anna wussten, welche Art der Verabschiedung jetzt angebracht war. Sie schauten sich kurz an und mussten dann beide peinlich berührt lachen. Chris musste in diesem unpassenden Moment an seinen Traum von vorletzter Nacht denken, was seiner Selbstsicherheit alles tat, aber nicht half.
„Ich…ich fand den Nachmittag echt schön.“, brachte er leicht stotternd hervor und hatte das Gefühl, sein Körper hätte seine Temperatur mal eben verdoppelt und sein Herz hätte obendrein noch sämtliches Blut in sein Gesicht gepumpt. Eine Tomate musste blass aussehen im Vergleich zu ihm.
„Kein Grund, rot zu werden.“, lächelte Anna und gab Chris damit Sicherheit zurück.
„Ich fand den Tag auch sehr schön.“, fügte sie hinzu, „aber dieser Teil geht jetzt leider zu Ende.“ Die umarmte Chris, der dies erwiderte. „Wir sehen uns Montag. Spätestens.“, sagte Anna, während sie sich löste. Chris verabschiedete sich und machte sich auf den Heimweg. Anna schloss die Haustür auf, hörte wie üblich Nalas Bellen und merkte, wie ihre Stimmung sich wandelte. „Es könnte alles so einfach sein.“, war sie sauer auf sich selbst, hatte aber keine Zeit, sich in Selbstmitleid zu verlieren. Denn in diesem Moment öffnete sich die Flurtür auf der anderen Seite und Jan kam auf seine Schwester zugestürmt, mit Nala im Schlepptau. Die Geschwister umarmten sich herzlich und lange, während die Hündin versuchte, dazwischen zu kommen und ihrerseits Annas Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Autor: Theseus (eingesandt via E-Mail)
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Liest sich wirklich toll. Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht.
Gut geschrieben wird langsam aber echr mal zeit das windeln ins spiel kommen
Ein paar Kapitel wird es noch dauern, bis dahin bleibt es bei Vorausdeutungen. Aber lange dauert es nicht mehr 😉
Wieder mal richtig schön geschrieben, ich mag sehr, wie du die Geschichte langsam und sehr realitätsnah aufbaust. Dazu ein sehr schöner Erzählstil und einwandfreies Deutsch – so freut man sich auf jeden neuen Teil.
Irgendwie fehlt da ein Teil was war denn mit Anna am Vorabend passiert ? bin da jetzt echt neugierig denn ich glaube überlesen habe ich denke ich nichts
Argh…den Halbsatz habe ich wohl beim Review überlesen. Das bezieht sich auf den Teil, den ich kurzfristig aus Kapitel 6 gestrichen hatte. Du hast also nichts überlesen, da ist mir leider ein Logikfehler passiert.
In einer Rückblende wird das zu einem späteren Zeitpunkt allerdings dann aufgeklärt.