Der Winterurlaub (32)
Windelgeschichten.org präsentiert: Der Winterurlaub
Kapitel 32
Als wir wieder oben im Zimmer auftauchten, hatte auch Jakob gerade seine dringend nötige Duscherei beendet und saß, angetan mit Jeans und T—Shirt, aber wohl ohne Windel, in einem Sessel. Jorin lief gleich rüber zu seinem großen Bruder.
„Wie geht’s dir jetzt Jake? Wieder besser?“
„Ja danke, scheint alles raus zu sein.“
Da wäre ich mir an seiner Stelle nicht so sicher. So was ist normalerweise nicht so schnell überstanden. Jorin schien die gleichen Gedanken zu haben.
„Ich weiß nicht. Willst du nicht doch lieber noch ne Pampers drunter anziehen?“
Jakob schien es momentan tatsächlich besser zu gehen, denn er streckte meinem Schatz die Zunge raus.
„Nee, ich bleibe jetzt eh erstmal hier und da hab ich ja notfalls das Klo immer in der Nähe.“
„Das klappt aber nur, wenn du dich nicht wieder auf den Boden knallst und dabei jegliche Kontrolle verlierst.“
Mein großer „Schwager“ stöhnte auf.
„Erinnere mich bloß nicht da dran. Als ob das alles nicht schon peinlich genug wäre.“
In diesem Moment klopfte es an der Zimmertür und Tom rief „Herein!“. Die Tür ging auf und Frau Scholl trat ein.
„Hallo Jungs. Seid ihr alle gut angekommen? Jakob, wie geht es dir?“
„Ich… äh…“
Liebenswürdigerweise half Jan seinem großen Bruder, welcher nur herumstammelte. Der kleine Wanst krähte los.
„Jakob hat sich eingeschissen!“
Wenn er aber gedacht hatte, dass nun alle mit ihm loslachen würden, dann hatte er sich geschnitten. Ganz im Gegenteil, er erntete lauter böse Blicke. Frau Scholl brachte es auf den Punkt.
„Das ist aber gar nicht nett, wie du über deinen großen Bruder redest. Jakob ist krank und darüber macht man sich nicht lustig.“
Jan sank in seinem Sessel in sich zusammen und schaute mit einem um Entschuldigung bettelnden Blick zu Jakob.
„Tut mir leid Jake…“
„Das sollte es auch! Denk mal dran wie du dich gefühlt hast, als du vorigen Sommer in der Geisterbahn alles voll gekotzt hast, weil du dich davor mit Pommes und Zuckerwatte überfressen hattest!“
Hehe, das war wirklich kein schöner Anblick gewesen und die Geisterbahnbetreiber waren alles andere als glücklich darüber gewesen. Der Kleine zog nun einen Schmollmund, verkniff sich aber jegliche weiterführende Bemerkung. Dafür wandte sich Toms Pflegemutter wieder an Jakob.
„Wie geht es dir jetzt? Sollen wir unseren Hausarzt rufen?“
Der Angesprochene schüttelte den Kopf.
„Danke nicht nötig, mir geht’s schon viel besser. Aber ich denke es wäre gut, wenn der Hausmeister noch mal was gegen das Glatteis vorm Haupteingang unternehmen würde.“
„Oh, ist es noch so schlimm?“
„Schlimm genug, dass ich mich dort hingelegt habe. Mir ist nichts weiter passiert, aber wenn sich dort einer die Knochen bricht ist das Geschrei groß, das könnte gewaltigen Ärger geben.“
„Du ärmster, erst machst du dir in die Hose, pardon: in die Windel, und dann legst du dich auch noch aufs Eis.“
Jakob konnte schon wieder etwas lachen.
„Nee, andersrum wird ein Schuh draus. Ich bin ausgerutscht und hingeknallt und dabei ist es dann passiert, ich konnte es nicht mehr halten.“
Katrin Scholl lachte mit.
„Naja, auch nicht viel besser. Ich sage Herrn Völker Bescheid, dass er sich noch mal darum kümmern möchte. Du hast recht, das könnte sonst gewaltigen Ärger geben. So, ich lass euch wieder alleine. Ach ja, wie ist es, wollt ihr runter kommen zum Abendbrot oder soll ich euch was hochschicken?“
Wir blickten alle zu Jakob. Dem war es anscheinend lieber, sich vorerst nicht allzu weit von der nächstgelegenen Toilette zu entfernen.
„Wenn das geht wäre es wohl besser, heute mal hier oben zu essen.“
„Gut, ich schicke euch dann Thorsten hoch, der hat eh gleich Feierabend. Thomas, wenn er euch das Essen gebracht hat sag ihm bitte, dass er für heute Schluss machen kann.“
„Mach ich Mutti.“
Nachdem das geklärt war, ließ die Gasthofbesitzerin uns alleine. Für den Moment hatte keiner von uns Lust, irgendetwas zu unternehmen. Wir saßen gemütlich in den Polstermöbeln und erholten uns von diesem doch recht anstrengenden Tag.
„Übrigens…“
Wir schauten gespannt zu Jakob hinüber, der mit leicht rotem Kopf in seinem Sessel saß.
„Ich wollte mich noch bei euch bedanken.“
Ah, jetzt kommt’s! Jetzt wird er uns sagen wie glücklich er darüber ist, dass wir ihn vor ein paar Stunden gewaltsam in die Windel gepackt hatten!
„Besonders bei euch, Luke und Jo. Es war wirklich toll von euch, wie ihr euch vorhin um mich gekümmert habt. War sicher nicht die angenehmste Arbeit, mir in meinem stinkenden, vollgeschissenen Zustand zu helfen.“
Es kam sehr selten vor, aber diesmal gelang es meinem Freund tatsächlich mal ernst zu bleiben. Wenigstens einigermaßen.
„Keine Ursache, Jake. Dazu ist doch die Familie da, oder nicht? Du hast uns auch schon oft genug aus der Scheiße geholfen. Okay, nicht ganz so wortwörtlich, aber du weißt was ich meine.“
Ein kleines Lächeln umspielte Jakobs Lippen. Es ging ihm wohl langsam nicht nur körperlich sondern auch seelisch wieder etwas besser.
„DAS ist wiederum mein Job als großer Bruder, denke ich mal. Aber wie gesagt, ganz ernsthaft, vielen Dank Jungs. Mir ging es vorhin wirklich dreckig und das ganze war mir extrem peinlich.“
Wir sonnten uns ein wenig in Jakobs Lob, dann war es jedoch an Martin, noch mal einen anderen Aspekt ins Gespräch zu bringen.
„Und ich dachte schon, du willst dich dafür bedanken, dass wir dich in Pampers gesteckt haben. Stell dir mal vor wir hätten das nicht getan und alles wäre in deine Klamotten gegangen. Na DAS wäre doch erst recht peinlich gewesen, oder?“
Überraschenderweise nahm Jakob ihm das nicht übel. Im Gegenteil, er lachte sogar darüber!
„Jaja, du hast ja recht. Es fällt mir zwar schwer das zuzugeben, aber ich war vorhin doch verdammt froh, dass ich die Windel drunter hatte.“
Triumphierend schaute Martin in die Runde.
„Hah, das will ich doch meinen!“
Jetzt aber ging Jakob in die Offensive.
„Sagt mal, kann es sein, dass ihr mir irgendwas ins Essen oder in den Glühwein gemischt habt? Rizinus oder so was in der Art? Ich meine, ich habe doch eigentlich nur das gegessen was ihr auch gegessen habt. Warum also hat es nur mich erwischt?“
Eine sehr gute Frage. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass irgendwer von uns über die Boshaftigkeit und die Mittel verfügte, ihm so etwas anzutun. Das ging ja nun wirklich über einen normalen Scherz deutlich hinaus. Thomas brachte es auf den Punkt.
„Nein, ehrlich, damit haben wir nichts zu tun. So weit würden wir nie gehen. Es war zwar extrem lustig wie wir dich gewaltsam verpackt haben, aber das war’s dann auch von unserer Seite gewesen, das musst du uns glauben. Wer weiß, vielleicht hast du irgendeine Kombination von Dingen nicht vertragen.“
Jakob schien ihm das zu glauben, jedenfalls war das Thema damit erledigt. Die nächste halbe Stunde verbrachten wir mit Fernsehen, der heftige Schnee—Einbruch war weiterhin ein Thema in den Nachrichten. Im Umkreis von bestimmt 100km hatte es große Teile der Infrastruktur lahm gelegt und insgesamt hatte unsere Gegend noch Glück gehabt. Immerhin hatten wir wieder Strom und zumindest eine der aus dem Ort führenden Straßen war bereits wieder passierbar. Allerdings sollte die schneereiche Wetterlage noch einige Tage anhalten — schöne Aussichten. Wäre ja eigentlich ganz nett, wenn wir für ein Weilchen von der Außenwelt abgeschnitten wären und nicht zurück, sprich: in die Schule, konnten, bzw. mussten. Es musste ja nicht allzu lange sein, nur bis Ende Februar, Anfang März. Ich war ja gar nicht so anspruchsvoll!
Autor: Mark (eingesandt via Nachricht)
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