Florians Schatten
Windelgeschichten.org präsentiert: Florians Schatten
Ich habe einige Schwächen in der Rechtschreibung und habe deshalb eine KI zur Korrektur benutzt, die jedoch ausdrücklich nur Rechtschreibung und Grammatik verbessert hat. Der Inhalt stammt vollständig von mir.
Ein paar Worte vorweg: Die Geschichte rund um Benjamins Abenteuer wird auf jeden Fall weitergehen und von mir in Ruhe zu Ende geführt. Der nächste Teil ist bereits in Arbeit. Allerdings hatte ich zwischendurch das Bedürfnis, eine andere Geschichte zu schreiben, die ich einfach festhalten musste. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, dass es noch ein paar Tage dauern wird, bis es mit Benjamin weitergeht. Diese neue Geschichte wird zumindest kein Thriller, so viel sei schon verraten. Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen und freue mich auch hier über Feedback!
An diesem kalten Januar Morgen wachte Florian früh auf. Das erste, was er spürte, war die unangenehme Nässe unter ihm. Ein vertrautes Gefühl der Scham überkam ihn. Durch die dünnen Vorhänge fiel ein schwacher Lichtschein in sein kleines Zimmer und zeichnete blasse Muster auf die kahlen Wände. Sein „Bett“ bestand aus einer abgenutzten Matratze, die direkt auf dem blanken Holzboden lag. Ein richtiges Bett hatte er nicht. Mama hatte gesagt, dass er erst eines bekommen würde, wenn er es schaffte, nachts nicht mehr einzunässen.
Er setzte sich langsam auf und zog die klamme Decke zur Seite. Sein Atem bildete kleine Wölkchen in der kühlen Luft des Zimmers. Ein alter Wäscheständer stand in einer Ecke, behängt mit Kleidung, die schon seit Tagen darauf wartete, zusammengelegt zu werden. Florian ging hinüber und suchte nach etwas Trockenem zum Anziehen, fand aber nur ein paar Socken und ein verwaschenes T-Shirt.
Mit einem Seufzen begann er, das nasse Bettlaken von der Matratze zu ziehen. Auch seine Unterhose und das T-Shirt waren durchweicht. Er knüllte die feuchten Stoffe zusammen und hielt sie vorsichtig vor sich, um den Boden nicht noch mehr zu beschmutzen. Leise öffnete er die Tür und schlich auf Zehenspitzen den Flur entlang zum Badezimmer, bemüht, seine Eltern nicht zu wecken.
Im Badezimmer warf er die nassen Sachen in die Waschmaschine. Einen Moment lang starrte er auf die Knöpfe und Schalter. „Anmachen darf ich sie nicht, sonst bekomme ich Ärger“, dachte er und zog die Hand zurück, die schon beinahe den Start knopf berührt hatte.
Die Wohnung lag still da, nur das leise Ticken der Küchenuhr war zu hören. Mama und Papa schliefen noch tief und fest. Florian entschied sich für eine schnelle Dusche, um die Kälte und das unangenehme Gefühl auf seiner Haut loszuwerden. Das warme Wasser prickelte auf seiner Haut, und für einen kurzen Moment fühlte er sich geborgen. Auf Zähneputzen hatte er keine Lust; es war ohnehin niemand da, der ihn daran erinnerte oder es bemerkte.
Zurück in seinem Zimmer suchte er nach frischer Kleidung. Der Wäscheständer nahm einen großen Teil des Raumes ein, sodass kaum Platz zum Bewegen blieb. Er zog ein paar Kleidungsstücke von den Leinen – eine Hose, die ihm etwas zu kurz war, und einen Pullover mit leicht aus gefransten Ärmeln. Schnell schlüpfte er hinein und rieb sich die Arme, um sich aufzuwärmen.
Sein Blick fiel auf den leeren Platz, wo ein richtiges Bett stehen könnte. „Vielleicht bekomme ich ja bald eins“, flüsterte er hoffnungsvoll, doch tief im Inneren wusste er, dass es unwahrscheinlich war.
In der Küche öffnete Florian den Kühlschrank. Die kalte Luft strömte ihm entgegen, doch das Innere bot wenig Überraschungen. Ein paar Bierflaschen klapperten leise, als er die Tür bewegte. Kein Brot, keine Milch, nichts, was er mitnehmen könnte. Sein Magen knurrte leise, aber er versuchte, das Gefühl zu ignorieren.
Er schnappte sich seinen abgenutzten Schulranzen, der neben der Küchentür stand. Bevor er die Wohnung verließ, warf er einen kurzen Blick zurück. Alles war still. Keine Abschiedsworte, keine liebevollen Gesten. Florian zog seine viel zu große Jacke an, deren Ärmel über seine Hände ragten, und schlüpfte in seine abgetragenen Schuhe.
Die kalte Morgenluft traf ihn wie ein Schlag, als er das Treppenhaus verließ. Kleine Wolken bildeten sich vor seinem Mund, als er aus atmete. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke bis zum Kinn hoch und vergrub die Hände in den Taschen. Der Weg zur Schule war ihm vertraut, und die wenigen vorbei fahrenden Autos beachtete er kaum.
Während er die Straßen entlang ging, dachte er an das warme Essen, das ihn in der Schule erwartete. „Zumindest muss ich heute nicht den ganzen Tag hungrig sein“, dachte er und beschleunigte seine Schritte ein wenig. Frau Siegel hatte sich darum gekümmert, dass er am Mittagessen teilnehmen konnte, und dafür war er ihr unendlich dankbar, auch wenn er es ihr nie direkt gesagt hatte.
Die Stadt erwachte langsam zum Leben, doch Florian fühlte sich wie ein unsichtbarer Beobachter, der durch die Welt schlich, ohne wirklich dazuzugehören. Er seufzte leise und setzte seinen Weg fort, fest entschlossen, den Tag irgendwie zu überstehen.
Auf dem Schulhof herrschte bereits reges Treiben. Kinder liefen lachend umher, manche wurden von ihren Eltern zu Fuß gebracht, andere stiegen aus Autos aus und winkten zum Abschied. Florian stand etwas abseits und beobachtete das bunte Treiben. Sein Blick fiel auf Paul, seinen einzigen Freund – oder zumindest den einzigen, der sich nicht über ihn lustig machte. Paul wurde gerade von seiner Mutter umarmt, bevor sie ihm liebevoll über den Kopf strich und sich verabschiedete.
Florian spürte einen Stich des Neids. Er beneidete Paul ein wenig um seine tollen Eltern. Paul hatte manchmal kleine Missgeschicke in der Schule, aber seine Mama oder sein Papa schimpften nie mit ihm, wenn sie ihn abholten und er in seinen Wechselsachen herumlief, die er immer dabei hatte. Sie umarmten ihn trotzdem und munterten ihn auf.
„Er stört sich nicht daran, dass ich so bin, wie ich bin“, dachte Florian. Paul akzeptierte ihn einfach, ohne Vorbehalte oder Spott. Florian wünschte sich insgeheim, dass seine eigenen Eltern so verständnisvoll wären. Wenn er morgens in einem nassen Bett aufwachte – was fast immer der Fall war – bekam er im besten Fall zu hören, dass er sich schämen sollte, mit mittlerweile sieben Jahren noch ins Bett zu machen.
Er seufzte leise und zog seine Jacke etwas enger um sich. „Vielleicht haben sie ja Recht“, dachte er. Er schämte sich tatsächlich dafür und glaubte fest daran, dass sie ihn viel mehr liebhaben würden, wenn er doch ein besserer Sohn wäre – wenn er nicht mehr ins Bett machen würde, wenn er besser in der Schule wäre.
Die Schulglocke läutete, und die Kinder begannen, sich in Richtung Klassenzimmer zu bewegen. Florian sah, wie Paul ihm zuwinkte. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, und er hob die Hand zum Gruß. Auch wenn vieles in seinem Leben schwierig war, gab es doch Momente wie diesen, die ihm ein wenig Trost spendeten.
Er machte sich auf den Weg ins Schulgebäude, den Rucksack fest auf den Schultern. Während er den Geräuschen der fröhlichen Gespräche um sich herum lauschte, versuchte er, die trüben Gedanken beiseite zu schieben. „Vielleicht wird der Tag ja gar nicht so schlimm“, hoffte er und trat durch die große Eingangstür, bereit für einen neuen Schultag.
Im Klassenzimmer der 2b setzte ich mich wie gewohnt vorne neben Paul. Paul legte sorgfältig seine Federmappe und sein Hausaufgabenheft ordentlich vor sich auf den Tisch. Ich tat es ihm gleich, auch wenn meine Federmappe nicht so schön aussah wie seine. In meiner befand sich nur ein ab genutzter Bleistift, bei dem ständig die Spitze abbrach, und einige wenige Buntstifte, während seine Federmappe vollständig gefüllt war und alle Stifte ordentlich angespitzt waren.
Ich beobachtete, wie Paul seine Sachen zurecht legte, und versuchte, es ihm nachzumachen. Er lächelte mich an. „Frohes neues Jahr, Florian!“, flüsterte er.
„Dir auch“, murmelte ich zurück und versuchte, das Gefühl der Unsicherheit zu unterdrücken, das in mir aufstieg. Neben Paul fühlte ich mich immer ein wenig wohler. Er störte sich nicht daran, dass ich nicht so war wie die anderen.
Kurz darauf kam unsere Klassenlehrerin Frau Siegel ins Zimmer. Die lauten Gespräche verstummten, und die ganze Klasse sagte im Chor: „Guten Morgen, Frau Siegel!“
Sie erwiderte freundlich: „Guten Morgen, alle zusammen. Ich hoffe, ihr hattet schöne Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.“ Ihr Lächeln war warm und aufrichtig, und für einen Moment fühlte ich mich etwas besser.
Frau Siegel fuhr fort: „Wir starten heute mit einer Morgen runde, und jeder, der mag, kann erzählen, was er so erlebt hat.“
Mein Herz sank. Ich hatte nichts zu erzählen. Weihnachten war bei uns nicht besonders gewesen. Kein Baum, keine Geschenke, keine Lichter. Es war ein Tag wie jeder andere. Ich senkte den Blick auf meinen Tisch und spielte nervös mit meinem Bleistift, dessen Spitze schon wieder abgebrochen war.
Die anderen Kinder meldeten sich eifrig. Lisa erzählte von ihrem neuen Fahrrad, das sie zu Weihnachten bekommen hatte. Max berichtete begeistert von seinem Skiurlaub in den Alpen. Paul erzählte von den lustigen Spielen mit seiner Familie und den Besuchen bei Verwandten.
Während die anderen sprachen, zog ich mich immer mehr in mich zurück. Ich hoffte inständig, dass Frau Siegel mich nicht drannehmen würde. Was sollte ich auch sagen? Dass ich die Feiertage allein verbracht hatte, während meine Eltern die meiste Zeit schliefen oder unterwegs waren?
Doch dann hörte ich, wie Frau Siegel meinen Namen rief. „Florian, möchtest du uns auch erzählen, wie du die Feiertage verbracht hast?“
Alle Augen waren auf mich gerichtet. Mein Gesicht wurde heiß, und ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. „Ähm… ich habe nicht viel gemacht“, stammelte ich leise.
Frau Siegel blickte mich mitfühlend an. „Gab es denn etwas Besonderes, was dir Freude bereitet hat?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich“, flüsterte ich.
Ein leises Murmeln ging durch die Klasse, und ich hörte, wie jemand kicherte. Ich wünschte mir, unsichtbar zu sein.
Frau Siegel schien die Situation zu erkennen und lächelte aufmunternd. „Das ist in Ordnung, Florian. Manchmal ist es auch schön, einfach zu entspannen. Danke, dass du es mit uns geteilt hast.“ Sie wandte sich wieder an die gesamte Klasse. „Möchte noch jemand etwas erzählen?“
Die Aufmerksamkeit der anderen ließ von mir ab, und ich atmete erleichtert aus. Paul stupste mich sanft mit dem Ellbogen an. „Alles okay?“, flüsterte er.
Ich nickte knapp, ohne ihn anzusehen. Die restliche Stunde verbrachte ich damit, auf mein Heft zu starren und versuchte, den Kloß in meinem Hals loszuwerden.
Als es zur Pause klingelte, packte ich langsam meine Sachen ein. Paul wartete auf mich. „Kommst du mit raus?“, fragte er fröhlich.
„Vielleicht später“, antwortete ich zögernd.
Er musterte mich kurz und zog dann etwas aus seiner Tasche. „Hier, meine Mama hat mir heute zwei Äpfel mitgegeben. Magst du einen?“
Mein Magen knurrte bei dem Anblick des saftigen Apfels. „Danke“, sagte ich leise und nahm das Angebot dankbar an.
Gemeinsam gingen wir hinaus auf den Schulhof. Die kalte Luft war frisch, und ich biss hungrig in den Apfel. „Wie waren deine Ferien wirklich?“, fragte Paul vorsichtig.
Ich zuckte mit den Schultern. „War nichts Besonderes“, murmelte ich.
Paul nickte verständnisvoll. „Wenn du magst, kannst du nächstes Mal zu uns kommen. Meine Eltern würden sich freuen.“
Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. „Vielleicht“, antwortete ich und lächelte leicht. Die Vorstellung, Teil einer Familie zu sein, die sich um einen kümmert, war schön, aber gleichzeitig erschien sie mir unerreichbar.
Die restliche Pause verbrachten wir damit, über Pauls neues Spielzeug zu reden. Für einen Moment vergaß ich meine Sorgen und genoss einfach die Gesellschaft meines Freundes.
Als wir zurück ins Klassenzimmer gingen, fühlte ich mich ein kleines bisschen besser. Vielleicht würde der Tag doch nicht so schlecht werden.
Als wir zurück ins Schulgebäude gingen, fragte ich Paul leise: „Musst du nicht noch mal auf die Toilette?“
Er sah mich ein wenig verlegen an und flüsterte verschwörerisch: „Ich habe jetzt für die Schule auch wieder meine Schlafhöschen an.“ Dabei zog er seinen Hosenbund leicht nach unten, und ich konnte eine Pull-up-Windel erkennen.
„Damit bin ich sicher“, fügte er hinzu und lächelte erleichtert.
Ich nickte verständnisvoll. „Cool, dann musst du dir keine Sorgen mehr machen und dich nicht mehr so oft umziehen.“
Er strahlte mich freudig an. „Ja, genau! Aber erzähl es bitte niemandem.“
„Ehrenwort“, sagte ich ernst. „Ich würde es nie jemandem erzählen.“
Ich freute mich für ihn, auch wenn ich insgeheim wünschte, dass sich auch jemand so um mich kümmern würde. Paul musste sich wirklich keine Sorgen machen, dass ich sein Geheimnis verrate. Erstens ist er der einzige Freund, den ich habe, und zweitens wüsste ich nicht einmal, wem ich es überhaupt erzählen könnte.
Während wir den Flur entlanggingen, bemerkte ich, wie viel glücklicher Paul wirkte. „Weißt du“, sagte er plötzlich, „meine Mama sagt, dass es nicht schlimm ist und dass ich mir keine Gedanken machen soll.“
Ich sah ihn an und lächelte schwach. „Deine Mama ist wirklich nett.“
Er nickte eifrig. „Ja, sie versteht mich immer. Sie hat gesagt, dass ich die Schlafhöschen tragen kann, solange ich sie brauche.“
„Das ist gut“, antwortete ich und spürte einen kleinen Stich der Sehnsucht in mir. Wie schön wäre es, jemanden zu haben, der sich so um einen kümmert.
„Vielleicht kannst du mal nach der Schule zu uns kommen“, schlug Paul vor. „Meine Mama macht die besten Pfannkuchen.“
Meine Augen weiteten sich überrascht. „Meinst du wirklich?“
„Klar! Ich hab sie schon gefragt, und sie meinte, du bist jederzeit willkommen.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Vorstellung, in einem warmen Zuhause zu sein und Pfannkuchen zu essen, klang wie ein Traum. „Ich… ich werde sehen“, stammelte ich.
„Cool! Überleg es dir einfach“, sagte er fröhlich.
Wir betraten das Klassenzimmer, und ich fühlte mich zum ersten Mal seit Langem etwas hoffnungsvoller. Vielleicht habe ich ja wirklich einen Freund. Während ich mich auf meinen Platz setzte, warf ich einen Blick zu Paul, der bereits seine Bücher herausnahm. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht.
Der Unterricht begann, aber meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Ich stellte mir vor, wie es wäre, Teil einer Familie wie Pauls zu sein. Eine Familie, die sich kümmerte, die da war. Ein leises Seufzen entwich mir, doch gleichzeitig spürte ich auch Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass es Menschen wie Paul gab, die mich akzeptierten, so wie ich war.
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Annette saß am Frühstücks Tisch und rührte gedankenverloren in ihrer Kaffeetasse. Die schwache Januar Morgensonne schien durch das Fenster und warf einen sanften Glanz auf die Tassen und Teller vor ihnen. Sie schaute immer wieder nervös auf die große Wanduhr in der Küche. Noch eine Stunde, bis Frau Peters vom Jugendamt kommen würde. „In einer Stunde ist es soweit,“ sagte sie aufgeregt und biss sich leicht auf die Lippe.
Markus, der entspannt seine Zeitung gelesen hatte, legte sie zur Seite und sah seine Frau mit einem beruhigenden Lächeln an. „Das wird schon, Annette,“ sagte er sanft. „Wir haben uns alle Fragen aufgeschrieben, und wir wissen genau, was wir wollen. Es ist ja auch nicht so, dass wir das nur spontan entschieden haben.“
Annette atmete tief durch und nickte. „Ich weiß, ich weiß… aber jetzt, wo es wirklich greifbar wird, bekomme ich doch ein bisschen Angst. Was, wenn sie uns für ungeeignet halten oder… wenn wir etwas Falsches sagen?“
Markus nahm ihre Hand und drückte sie leicht. „Annette, wir sind ein gutes Team. Und ich weiß, dass du das Herz am richtigen Fleck hast. Frau Peters wird das spüren. Außerdem, selbst wenn wir uns heute endgültig dafür entscheiden, kann es schnell gehen oder auch etwas dauern, bis uns tatsächlich ein Kind anvertraut wird.“
„Ja, ich weiß,“ erwiderte sie und versuchte zu lächeln. „Aber der Gedanke, dass vielleicht schon bald ein kleines Leben hier bei uns ein Zuhause findet… das ist so überwältigend.“ Sie ließ den Blick schweifen und stellte sich vor, wie der Tisch bald mit einem weiteren Frühstücksplatz gedeckt sein könnte.
Markus sah sie liebevoll an. „Und das wird es auch sein, Annette. Wir haben uns beide bewusst dafür entschieden, einem Kind eine zweite Chance zu geben – eine Chance, die ich damals nicht hatte. Wir wissen beide, wie wichtig das ist.“
Annette lächelte jetzt etwas entspannter und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Vielleicht hast du recht. Ich kann das alles einfach kaum erwarten. Wir haben so viel vorbereitet, und ich… ich hoffe einfach, dass wir wirklich das Richtige tun.“
Markus nickte. „Wir tun das Richtige. Das weiß ich. Egal, wie lange es dauern mag, ob es schnell geht oder noch Zeit braucht, wir werden alles dafür tun, dass sich ein Kind hier geborgen fühlt.“
Die Minuten verstrichen, während sie gemeinsam über die letzten Details sprachen und Annette immer wieder nervös auf die Uhr blickte, bis es schließlich fast Zeit für den Besuch war.
Es klingelte an der Tür, und Annette spürte, wie ihr Herz einen kleinen Sprung machte. „Sie ist da“, sagte sie zu Markus, der gerade die letzten Papiere auf dem Wohnzimmertisch ordnete. „Alles wird gut“, antwortete er beruhigend und legte seine Hand auf ihre Schulter. „Wir sind gut vorbereitet.“
Annette ging zur Tür und öffnete sie mit einem freundlichen Lächeln. „Guten Morgen, Frau Peters! Schön, dass Sie da sind.“
„Guten Morgen, Frau Wagner“, erwiderte Frau Peters und reichte ihr die Hand. „Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen.“
„Kommen Sie doch herein“, sagte Annette und führte sie ins geräumige Wohnzimmer. Die warmen Holzmöbel und die hellen Vorhänge verliehen dem Raum eine gemütliche Atmosphäre. Markus stand auf und begrüßte die Besucherin ebenfalls herzlich. „Guten Morgen, Frau Peters. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“
„Sehr gern, danke“, antwortete sie und nahm auf dem Sofa Platz. Während Markus in die Küche ging, setzte sich Annette auf den Sessel gegenüber. Ein Stapel Unterlagen und ein Notizblock lagen ordentlich auf dem Tisch bereit.
„Wie geht es Ihnen beiden?“, begann Frau Peters das Gespräch. „Die letzten Wochen waren sicherlich intensiv.“
Annette lächelte leicht nervös. „Ja, das kann man so sagen. Wir haben einige Kurse für Pflegeeltern besucht und viel dazugelernt.“
Frau Peters nickte anerkennend. „Das freut mich zu hören. Die Schulungen sind sehr wichtig, um auf die Herausforderungen vorbereitet zu sein.“
In diesem Moment kam Markus mit drei Tassen dampfendem Kaffee zurück. „Hier bitte“, sagte er und stellte die Tassen vor ihnen ab. „Mit Milch und Zucker, wie Sie es mögen.“
„Vielen Dank“, sagte Frau Peters und nahm einen vorsichtigen Schluck. „Also, erzählen Sie mir doch nochmal, wie Sie zu der Entscheidung gekommen sind, ein Pflegekind aufzunehmen.“
Markus warf Annette einen kurzen Blick zu, bevor er antwortete. „Nun, nachdem unser Sohn Sebastian sein Abitur gemacht hat und zum Studium nach München gezogen ist, ist es ziemlich ruhig bei uns geworden. Er besucht uns zwar alle 14 Tage, aber das Haus fühlt sich leer an.“
Annette ergänzte: „Wir haben darüber nachgedacht, wie wir den freien Platz und unsere Zeit sinnvoll nutzen können. Markus hat ja selbst seine Kindheit und Jugend im Kinderheim verbracht, und es war schon lange sein Wunsch, einem Kind die Chance auf ein liebevolles Zuhause zu geben.“
Frau Peters lächelte verständnisvoll. „Das ist sehr ehrenwert. Nicht viele Menschen sind bereit, diese Verantwortung zu übernehmen.“
„Natürlich wissen wir, dass es nicht immer einfach sein wird“, fuhr Annette fort. „Aber wir fühlen uns bereit und möchten einem Kind ein stabiles Umfeld bieten.“
„Wie sieht es mit Ihrem Alltag aus?“, fragte Frau Peters und blickte zwischen den beiden hin und her. „Sie führen einen Bauernhof, richtig?“
Markus nickte. „Ja, genau. Es ist zwar viel Arbeit, aber wir haben flexible Arbeitszeiten. Außerdem haben wir zwei Angestellte, die uns unterstützen. So können wir sicherstellen, dass immer jemand für das Kind da ist.“
„Das klingt gut“, sagte Frau Peters und machte sich einige Notizen. „Haben Sie bestimmte Vorstellungen oder Wünsche bezüglich des Kindes?“
Annette überlegte kurz. „Wir sind da offen. Wichtig ist uns, dass wir dem Kind helfen können und es zu uns passt. Altersmäßig dachten wir an ein Kind im Grundschulalter.“
Frau Peters schaute auf ihre Unterlagen. „Es gibt tatsächlich einige Kinder, für die das passen könnte. Natürlich müssen wir schauen, welches Kind am besten zu Ihnen und Ihrem Lebensstil passt.“
Markus lehnte sich vor. „Wir möchten einfach, dass das Kind sich bei uns wohlfühlt und eine Chance auf eine unbeschwerte Kindheit hat.“
Frau Peters lächelte warm. „Ihre Motivation ist wirklich bewundernswert. Ich werde die Informationen weiterleiten und mich bald mit Vorschlägen bei Ihnen melden.“
Annette atmete erleichtert aus. „Das wäre wunderbar. Wir sind schon ganz gespannt.“
Das Gespräch dauerte noch eine Weile an, in der sie weitere Details besprachen und offene Fragen klärten. Als Frau Peters sich schließlich verabschiedete, begleiteten Annette und Markus sie zur Tür.
„Vielen Dank für Ihre Zeit“, sagte Frau Peters zum Abschied. „Ich melde mich so schnell wie möglich bei Ihnen.“
„Wir danken Ihnen“, erwiderte Markus. „Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.“
Als die Tür sich schloss, sah Annette zu Markus auf. „Das lief doch gut, oder?“
Er lächelte und zog sie in eine Umarmung. „Ja, das tat es. Jetzt heißt es abwarten.“
„Ich bin so aufgeregt“, gestand sie. „Ich hoffe, es dauert nicht zu lange.“
„Geduld war noch nie deine Stärke“, neckte er sie liebevoll. „Aber egal, wie lange es dauert, wir machen das gemeinsam.“
Sie nickte und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Gemeinsam schaffen wir alles.“
Gemeinsam gingen sie zurück ins Wohnzimmer, um die Tassen ab zu räumen und die Unterlagen zu ordnen. Beide fühlten sich hoffnungsvoll und gespannt auf das, was die Zukunft bringen würde.
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Nach der Pause ging es mit Mathematik weiter. Mathe war neben Sport das einzige Fach, mit dem ich einigermaßen zurechtkam. Auch wenn das Einmaleins nicht gerade meine Stärke war, fühlte ich mich hier wohler als in Deutsch oder Musik. Kunst lag mir auch nicht besonders; meine Zeichnungen sahen immer irgendwie krakelig aus.
Ich setzte mich wieder auf meinen Platz neben Paul. Er grinste mich an. „Bereit für Mathe?“, fragte er.
Ich zuckte mit den Schultern. „So bereit, wie man sein kann“, antwortete ich leise.
Herr Richter betrat das Klassenzimmer und schrieb die heutigen Aufgaben an die Tafel. „Heute üben wir das kleine Einmaleins“, verkündete er. Ein leises Raunen ging durch die Klasse.
Paul beugte sich zu mir herüber. „Keine Sorge, wenn du Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid“, flüsterte er.
Ich nickte dankbar. Paul konnte das ganze kleine Einmaleins auswendig. Es war beeindruckend. Während der Stunde merkte ich, wie ich bei einigen Aufgaben ins Stocken geriet. Die Zahlen verschwammen vor meinen Augen, und ich fühlte mich überfordert.
„Florian?“, hörte ich plötzlich Herr Richters Stimme. Ich blickte auf und bemerkte, dass er direkt vor meinem Tisch stand. „Kannst du mir sagen, was 7 mal 8 ist?“
Mein Herz klopfte heftig. „Ähm…“, stammelte ich und versuchte krampfhaft, die richtige Antwort zu finden.
Paul schob unauffällig seinen Zettel zu mir herüber, auf dem er die Lösung notiert hatte. „56“, flüsterte er kaum hörbar.
„56“, wiederholte ich schnell.
Herr Richter sah mich einen Moment lang an und nickte dann. „Richtig. Setz dich bitte etwas mehr mit den Aufgaben auseinander, Florian.“
Ich nickte und senkte den Blick. Die restliche Stunde versuchte ich, mich zu konzentrieren, aber meine Gedanken schweiften immer wieder ab.
Die Doppelstunde ging dennoch recht schnell vorbei. Als es zur Pause klingelte, packte ich meine Sachen zusammen. Mein Magen knurrte leise, und ich freute mich auf das Mittagessen. Dank Frau Siegel bekam ich jeden Tag eine warme Mahlzeit in der Schule. Es war oft das Einzige, was ich am Tag aß.
Paul stand auf und klopfte mir auf die Schulter. „Komm, lass uns schnell runtergehen, bevor die Schlange zu lang wird.“
Ich lächelte schwach. „Gute Idee.“
Gemeinsam gingen wir in die Mensa. Der Duft von warmem Essen erfüllte die Luft, und mein Magen zog sich vor Hunger zusammen. Wir stellten uns in die Reihe und warteten geduldig.
„Heute gibt es Spaghetti Bolognese“, sagte Paul begeistert. „Magst du das?“
„Ja, sehr“, antwortete ich. Es war eines meiner Lieblingsgerichte.
Als wir unser Essen bekommen hatten, suchten wir uns einen Platz am Fenster. Die warmen Sonnenstrahlen fielen herein und tauchten den Raum in ein angenehmes Licht.
Während wir aßen, erzählte Paul von seinem neuen Computerspiel. Ich hörte ihm zu und nickte an den richtigen Stellen. Obwohl ich selbst keinen Computer hatte, fand ich es interessant, ihm zuzuhören.
„Vielleicht kannst du mal zu mir kommen und wir spielen zusammen“, schlug er vor.
Ich zuckte mit den Schultern. „Vielleicht“, sagte ich leise.
Er sah mich an. „Frag doch einfach deine Eltern. Meine Mama würde sich freuen.“
Ich nickte, sagte aber nichts weiter. Innerlich wusste ich, dass es unwahrscheinlich war, dass meine Eltern es erlauben würden – oder dass sie überhaupt Notiz davon nehmen würden.
Nach dem Essen fühlte ich mich etwas besser. Mein Magen war gefüllt, und ich hatte für einen Moment das Gefühl von Normalität. Wir gingen zurück in den Klassenraum für die letzten Stunden des Tages.
Der Nachmittag verging schleppend. In Deutsch fiel es mir schwer, den Texten zu folgen, und meine Gedanken drifteten immer wieder ab. Ich hoffte, dass der Tag bald vorüber sein würde.
Als die letzte Glocke des Tages läutete, packte ich erleichtert meine Sachen zusammen. „Willst du noch mit auf den Schulhof kommen?“, fragte Paul.
„Ich muss direkt nach Hause“, log ich. In Wahrheit wollte ich einfach nur allein sein.
„Okay“, sagte er verständnisvoll. „Bis morgen dann.“
„Bis morgen“, antwortete ich und machte mich auf den Weg.
Der Heimweg fühlte sich länger an als sonst. Die Kälte kroch durch meine Jacke, und ich zog sie enger um mich. Vor der Haustür zögerte ich einen Moment, bevor ich den Schlüssel ins Schloss steckte.
Die Wohnung war still und kühl. Keine Anzeichen davon, dass jemand zu Hause war. Ich legte meinen Rucksack ab und ging in die Küche. Der Kühlschrank war leer wie am Morgen.
Ich seufzte und ging in mein Zimmer. Der Wäscheständer stand noch immer in der Ecke, die Kleidungsstücke von heute Morgen hingen noch daran. Ich setzte mich auf die Matratze und zog die Knie an die Brust.
Ein Gefühl der Einsamkeit überkam mich. Ich dachte an Paul und seine Einladung. Vielleicht sollte ich es wirklich versuchen.
Mit diesem Gedanken legte ich mich hin und schloss die Augen, in der Hoffnung, dass der nächste Tag besser werden würde.
Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ich erwachte erst, als die Wohnungstür laut ins Schloss fiel. Meine Hose war nass geworden; ich hätte wohl doch noch einmal auf die Toilette gehen sollen, bevor ich in mein Zimmer gegangen bin. Aus dem Wohnzimmer drangen laute Stimmen – meine Eltern stritten sich wieder einmal. Worum es genau ging, konnte ich nicht verstehen, aber mein Vater brüllte meine Mutter an.
Ich hoffte inständig, dass niemand in mein Zimmer kommen würde. Wenn sie so im Streit waren, wollte ich am liebsten unsichtbar sein. Außerdem würde ich bestimmt Ärger wegen der nassen Sachen bekommen. Ich beschloss, zu warten, bis sich der Lärm legte, um alles zu beseitigen, sobald sie schliefen.
Nachdem die Stimmen leiser geworden waren, schlich ich leise in das Badezimmer. Gerade als ich mir die nasse Hose ausziehen wollte, öffnete sich plötzlich die Tür, und mein Vater stand vor mir. Mein Herz rutschte mir in die Hose; ich wusste, dass das nicht gut enden würde. Er roch stark nach Rauch und Bier.
„Ist das dein Ernst, Florian?“, brüllte er mich an. „Es reicht dir nicht, dass du jede Nacht ins Bett pisst wie ein Zweijähriger? Jetzt auch noch am Tag!“
Die Tränen stiegen mir in die Augen. Er packte mich fest an den Armen, so dass es schmerzte. „Und jetzt heulst du wieder rum? Begreif doch endlich, dass dich das im Leben nicht weiterbringt. Du musst… ach, was soll’s. Aus dir wird am Ende eh nichts. Mach einfach weiter so wie bisher. Und sieh zu, dass du mir aus den Augen gehst!“
Ohne ein weiteres Wort ließ er mich los. Ich stand zitternd da, meine Arme schmerzten, aber ich war fast erleichtert – es hätte schlimmer kommen können. Ich wagte es nicht, etwas zu sagen, und kehrte mit gesenktem Kopf in mein Zimmer zurück.
Dort zog ich mich hastig um, schlüpfte in eine trockene Unterhose und ein sauberes T-Shirt. Meine Matratze war noch nicht getrocknet. Ich legte mich dennoch hin und zog die dünne Decke über mich. Das Einzige, was mir ein wenig Trost spendete, war mein Daumen, den ich zum Einschlafen in den Mund nahm. Auch dafür hatte ich schon oft Ärger bekommen, aber ich konnte es einfach nicht lassen. Ich schämte mich dafür, doch es gab mir ein Gefühl von Sicherheit in dieser kalten und trostlosen Nacht.
Während ich versuchte einzuschlafen, hörte ich noch gedämpfte Stimmen aus dem Wohnzimmer. Ich wünschte mir, weit weg zu sein, an einem Ort, an dem ich mich geborgen fühlen konnte. Mit jedem Atemzug versuchte ich, die Sorgen und den Schmerz zu vergessen, bis der Schlaf mich schließlich übermannte.
Am nächsten Morgen war alles wie am Tag zuvor. Ich wachte früh auf und spürte sofort die unangenehme Nässe unter mir. Mein Bett war wieder nass geworden. Ein Gefühl von Scham und Frustration überkam mich. Warum konnte ich nicht einfach trocken bleiben? Vorsichtig stand ich auf und betrachtete die feuchten Flecken auf der Matratze. Meine Decke und das Laken waren durchnässt.
Ein leiser Seufzer entwich mir. Ich musste das Bettzeug irgendwie reinigen, bevor meine Eltern es bemerkten. Wenn sie herausfanden, dass ich wieder eingenässt hatte, würde es sicherlich Ärger geben.
Als ich ins Badezimmer ging, fiel mein Blick auf den Spiegel. Dort sah ich die großen Blutergüsse an meinen Armen, die sich seit gestern gebildet hatten. Jede Bewegung schmerzte, besonders als ich meine Arme hob, um das Hemd auszuziehen. Die warme Dusche half ein wenig, den Schmerz zu lindern, aber die Erinnerung an den Vorfall mit meinem Vater blieb präsent.
„Ausgerechnet heute haben wir in den ersten zwei Stunden Sport“, dachte ich besorgt. Wie sollte ich die blauen Flecken vor meinen Mitschülern verbergen? Ich zog mich vorsichtig an, wählte ein langärmeliges Shirt, obwohl es in der Sporthalle warm sein würde. Hauptsache, niemand stellte Fragen.
In der Küche öffnete ich den Kühlschrank, obwohl ich bereits wusste, dass er leer sein würde. Mein Magen knurrte, doch es gab nichts zu essen. Mit einem resignierten Schulterzucken schloss ich die Tür wieder und griff nach meinem Schulranzen.
Auf dem Weg zur Schule drückte die Kälte meine Stimmung noch weiter nach unten. Manchmal fragte ich mich, ob es nicht einfacher wäre, wenn ich einfach nicht mehr da wäre. Würde es überhaupt jemand bemerken? Würden meine Eltern traurig sein, wenn ich verschwände? Doch dann dachte ich an Paul. Er war immer freundlich zu mir, teilte sein Essen und seine Zeit. Vielleicht gab es doch jemanden, dem ich nicht egal war.
Auf dem Schulhof herrschte reges Treiben. Kinder lachten, Eltern verabschiedeten sich von ihren Kindern mit Umarmungen und liebevollen Worten. Ich beobachtete, wie Paul von seiner Mutter einen Kuss auf die Stirn bekam, bevor sie sich winkend verabschiedete. Als er mich entdeckte, winkte er mir freudig zu.
„Hey Florian!“, rief er und lief auf mich zu. „Alles okay bei dir?“
Ich versuchte zu lächeln. „Ja, alles gut.“
„Freust du dich auf Sport?“, fragte er und hüpfte vor Aufregung beinahe auf und ab. „Wir spielen heute Basketball!“
Ich zögerte. „Eigentlich nicht so sehr. Meine Arme tun ein bisschen weh.“
Er schaute mich besorgt an. „Hast du dich verletzt?“
„Ein bisschen, aber es ist nicht so schlimm“, antwortete ich ausweichend.
„Wenn du möchtest, kannst du ja beim Spielen zuschauen“, schlug er vor. „Ich kann dir später ein paar Tricks zeigen.“
„Danke“, sagte ich leise. Seine Fürsorge wärmte mein Herz ein wenig.
In der Umkleidekabine zog ich mich möglichst unauffällig um und behielt das langärmelige Shirt an. Zum Glück fragte niemand danach. Während der Sportstunde saß ich am Rand der Halle und beobachtete die anderen. Paul war richtig gut im Basketball und winkte mir zwischendurch zu. Ich versuchte, zurück zulächeln, doch meine Gedanken waren woanders.
Nach der Stunde kam Frau Siegel zu mir. „Florian, alles in Ordnung? Du hast heute nicht mitgemacht.“
„Mir geht es nicht so gut“, murmelte ich und vermied ihren Blick.
Sie kniete sich neben mich. „Möchtest du darüber reden?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“
Sie legte eine Hand auf meine Schulter. „Wenn du es dir anders überlegst, ich bin immer für dich da.“
„Okay“, flüsterte ich.
In der Frühstücks Pause setzte ich mich wie gewohnt neben Paul. Er packte sein Pausenbrot aus und reichte mir die Hälfte. „Hier, ich hab extra mehr mitgebracht.“
Mein Magen knurrte verräterisch. „Danke“, sagte ich dankbar und biss hungrig hinein.
„Meine Mama hat gesagt, dass du jederzeit zum Essen vorbeikommen kannst“, erzählte er mit vollem Mund. „Sie mag dich wirklich.“
Ich schluckte und spürte einen Kloß im Hals. „Das ist nett von ihr.“
„Vielleicht kannst du heute nach der Schule mitkommen?“, schlug er vor. „Wir könnten zusammen spielen.“
Die Vorstellung klang verlockend, aber gleichzeitig hatte ich Angst. „Ich weiß nicht, ob das geht.“
„Frag doch einfach deine Eltern“, ermutigte er mich.
„Ich werde sehen“, antwortete ich ausweichend.
Der restliche Schultag verging schleppend. In Deutsch konnte ich mich kaum konzentrieren, die Buchstaben verschwammen vor meinen Augen. Als es endlich klingelte, packte ich erleichtert meine Sachen zusammen.
„Also, bis morgen?“, fragte Paul hoffnungsvoll.
„Ja, bis morgen“, bestätigte ich und versuchte zu lächeln.
Auf dem Heimweg zog sich der Himmel zu, und ein kalter Wind kam auf. Als ich die Wohnungstür öffnete, war alles still. Keine Anzeichen davon, dass meine Eltern zu Hause waren. Ich legte meinen Rucksack ab und ging in mein Zimmer.
Das nasse Bettzeug lag noch immer in der Ecke. Ich müsste es später waschen, bevor jemand es bemerkte. Die Blutergüsse an meinen Armen schmerzten, und ich fühlte mich unendlich müde.
Ich setzte mich ans Fenster und blickte hinaus auf die Straße. Die Menschen eilten aneinander vorbei, jeder in seine eigene Welt vertieft. Ich fragte mich, ob irgendwo dort draußen ein Platz für mich war, an dem ich mich sicher und geborgen fühlen könnte.
Vielleicht würde irgendwann alles besser werden. Vielleicht gab es doch Hoffnung. Mit diesem Gedanken lehnte ich meinen Kopf gegen das kühle Fensterglas und schloss die Augen, lauschte dem entfernten Rauschen der Stadt und ließ meine Gedanken treiben.
Bevor meine Eltern nach Hause kamen, packte ich mein nasses Bettzeug und die feuchte Kleidung von gestern in die Waschmaschine. Ich hoffte, dass sie es nicht bemerken würden. Danach drehte ich meine immer noch feuchte Matratze um und legte mich darauf, um zu schlafen.
Ich wurde aus dem Schlaf gerissen, als meine Mutter mich abrupt hochzog. „Kannst du mir verraten, wann ich unsere Sachen waschen soll, wenn du immer mit deinen voll gepinkelten Sachen die Waschmaschine blockierst?“ schimpfte sie. Ich antwortete nicht, sondern senkte nur den Kopf. „Ich habe dich etwas gefragt, Florian!“ Ihre Stimme wurde lauter, und ich spürte, wie mir vor Angst heiß wurde.
Vor lauter Aufregung lief es mir plötzlich warm die Beine hinunter. Das brachte das Fass bei meiner Mutter zum Überlaufen. Was dann geschah, möchte ich lieber nicht beschreiben. Ich wusste nur, dass das Sitzen in den nächsten Tagen schmerzhaft sein würde.
Später weinte ich mich in den Schlaf. Die Kraft, meine nassen Sachen zu wechseln, fehlte mir einfach. Ich fühlte mich erschöpft und allein.
Der nächste Morgen war bis auf die zusätzlichen Schmerzen nicht anders als sonst. Meine Matratze war wieder nass, und mir war bitterkalt. Die nassen Sachen von gestern Abend lagen immer noch ungewaschen vor der Waschmaschine. Die Dusche tat gut und half mir, zumindest für einen Moment die Kälte zu vertreiben. Den Blick in den Kühlschrank sparte ich mir; ich wusste bereits, dass er leer sein würde.
Ich zog mich an, nahm meinen Schulranzen und machte mich erneut auf den Weg zur Schule. Während ich die vertrauten Straßen entlang ging, fragte ich mich, ob sich jemals etwas ändern würde.
An diesem Morgen hatten wir Deutsch mit Frau Siegel. Sie betrat das Klassenzimmer mit einem freundlichen Lächeln und begrüßte uns: „Guten Morgen, liebe Klasse. Ich hoffe, ihr hattet einen guten Start in den Tag.“
Wir sollten unsere Hausaufgaben vom Vortag vorlegen. Paul bemerkte, dass ich nervös in meinem Heft blätterte, und schob unauffällig seine Schreibübungen etwas näher zu mir herüber. Die Aufgabe bestand darin, zwanzig Wörter alphabetisch zu sortieren.
Während ich hastig die ersten zwei Wörter abschrieb, stand plötzlich Frau Siegel neben meinem Tisch. „Florian,“ sagte sie sanft, „das solltest du doch zu Hause erledigen. Hattest du gestern wieder keine Zeit?“ Ihre Stimme klang verständnisvoll, aber auch besorgt.
Bei der Erinnerung an den gestrigen Abend stiegen mir Tränen in die Augen. Die ganze Anspannung und der Schmerz brachen plötzlich aus mir heraus, und ich konnte sie nicht mehr zurückhalten. Die Tränen liefen über meine Wangen, und ich versuchte verzweifelt, sie wegzuwischen.
Frau Siegel bemerkte meine Reaktion und kniete sich neben mich. „Florian, ist alles in Ordnung?“ fragte sie leise. Sie legte behutsam ihre Hand auf meinen Arm, um mich zu trösten. Doch als ihre Hand meinen Arm berührte, zuckte ich vor Schmerz zusammen.
Überrascht zog sie ihre Hand zurück. „Tut es dort weh?“ fragte sie besorgt.
Ich nickte kaum merklich, während die Tränen weiter flossen. Ihre Augen wanderten zu meinem Ärmel, der ein wenig hochgerutscht war, und entdeckten einen deutlichen blauen Fleck auf meinem Unterarm.
„Florian, was ist denn hier passiert?“ fragte sie mit sanfter Stimme.
Ich senkte den Blick und schwieg. Die Angst, etwas zu sagen, war zu groß.
„Florian, komm bitte kurz mit nach draußen,“ bat sie und stand auf. Sie wandte sich an die Klasse: „Ihr könnt schon einmal mit der nächsten Aufgabe beginnen. Ich bin gleich wieder da.“
Draußen auf dem Flur hockte sie sich auf Augenhöhe zu mir herunter. „Kannst du mir erzählen, wie du dich verletzt hast?“ fragte sie vorsichtig.
Ich murmelte kaum hörbar: „Ich bin gestolpert.“
Sie schaute mich einen Moment lang an, ihre Augen voller Sorge. „Florian, ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Ich denke, es wäre gut, wenn wir gemeinsam mit Herrn Müller sprechen. Ist das in Ordnung für dich?“
Widerwillig zuckte ich mit den Schultern, unfähig, ihr in die Augen zu sehen. Sie führte mich behutsam zum Büro des Schulsozialarbeiters.
Im Büro von Herrn Müller setzte ich mich auf den Stuhl gegenüber von ihm. Frau Siegel blieb an meiner Seite. Beide schauten mich einfühlsam an.
„Florian, Frau Siegel hat mir erzählt, dass du Schmerzen hast. Möchtest du darüber sprechen?“ begann Herr Müller behutsam.
Ich starrte auf meine Hände, die nervös in meinem Schoß lagen. Die Worte wollten einfach nicht kommen. Die Angst hielt mich fest umklammert.
„Es ist völlig in Ordnung, wenn du noch nicht reden möchtest,“ sagte Frau Siegel leise. „Wir sind hier, um dir zu helfen.“
Sie legte vorsichtig eine Hand auf meine andere Schulter, um mich zu trösten. Doch als ihre Hand meinen anderen Arm berührte, zuckte ich erneut schmerzhaft zusammen.
Erschrocken zog sie ihre Hand zurück. „Florian, tut es dort auch weh?“ fragte sie besorgt.
Langsam hob sie meinen Ärmel ein Stück an und entdeckte weitere blaue Flecken. Ihre Augen füllten sich mit noch größerer Sorge.
Herr Müller tauschte einen ernsten Blick mit ihr aus. „Florian, wir sehen, dass du verletzt bist. Es ist sehr wichtig, dass wir wissen, wie das passiert ist, damit wir dir helfen können.“
Die Tränen begannen erneut zu fließen. Ich fühlte mich gefangen zwischen meiner Angst und dem Wunsch nach Hilfe, doch die Worte blieben mir im Hals stecken.
Frau Siegel kniete sich erneut neben mich. „Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird dir hier wehtun. Wir möchten nur sicherstellen, dass es dir gut geht.“
Ich schluchzte leise, unfähig, etwas zu sagen. Herr Müller stand auf. „Es ist in Ordnung, Florian. Du musst jetzt nichts sagen. Aber wir werden dafür sorgen, dass du die Unterstützung bekommst, die du brauchst.“
Frau Siegel legte behutsam eine Hand auf die Rückenlehne meines Stuhls, ohne mich zu berühren. „Wir lassen dich nicht allein. Wir sind hier, um dir zu helfen.“
Ich saß stumm im Büro von Herrn Müller, die Tränen liefen unaufhörlich über meine Wangen. Mein Herz klopfte heftig, und in meinem Kopf kreisten die Gedanken. Was passiert jetzt? Wenn meine Eltern herausfinden, dass ich in der Schule meine Verletzungen gezeigt habe, werde ich großen Ärger bekommen. Sie haben mir immer gedroht, mich ins Kinderheim zu stecken, wenn ich Probleme mache.
Die Angst schnürte mir die Kehle zu. Frau Siegel und Herr Müller schauten mich besorgt an, aber ich konnte nichts sagen. Die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich darf nichts verraten, sagte ich mir. Sonst wird alles nur noch schlimmer.
Herr Müller lehnte sich vor und sprach mit sanfter Stimme: „Florian, ich verstehe, dass du Angst hast. Aber wir sind hier, um dir zu helfen. Niemand wird dir etwas Böses tun.“
Ich senkte den Blick und flüsterte kaum hörbar: „Bitte… sagen Sie es nicht meinen Eltern. Sie werden wütend sein.“
Frau Siegel kniete sich neben mich und legte behutsam eine Hand auf die Rückenlehne meines Stuhls, ohne mich zu berühren. „Florian, wir wollen nur sicherstellen, dass es dir gut geht. Du musst keine Angst haben. Niemand wird dir wehtun.“
Ich schluckte schwer. Aber was ist, wenn sie es doch herausfinden? Wenn sie mich ins Kinderheim stecken? Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass ich dorthin komme, wenn ich Probleme mache. Die Vorstellung, von zu Hause weggenommen zu werden, machte mir ebenso viel Angst wie die Wut meiner Eltern.
Herr Müller bemerkte meine innere Zerrissenheit. „Florian, alles, was du hier sagst, bleibt erst einmal unter uns. Wir möchten nur verstehen, wie wir dir helfen können. Gibt es jemanden, dem du vertraust? Einen Verwandten oder einen Freund?“
Ich dachte an Paul. Er war mein einziger Freund, aber ich konnte ihm das nicht zumuten. Ich darf niemanden mit hineinziehen.
„Ich… ich weiß nicht“, murmelte ich.
Frau Siegel schaute mich mitfühlend an. „Wir möchten dir nur helfen, Florian. Wenn du nicht darüber sprechen möchtest, ist das in Ordnung. Aber bitte weiß, dass wir für dich da sind.“
Die Tränen flossen weiterhin über mein Gesicht. Ich fühlte mich hilflos und gefangen. Was soll ich nur tun? Die Angst vor dem Unbekannten und die Furcht vor den Konsequenzen zu Hause überwältigten mich.
Herr Müller stand auf. „Vielleicht hilft es, wenn wir eine kurze Pause machen. Möchtest du etwas Wasser trinken oder frische Luft schnappen?“
Ich nickte schwach. „Wasser wäre gut“, flüsterte ich.
Er ging zur kleinen Küche im Nebenraum, während Frau Siegel bei mir blieb. „Florian, du bist nicht allein. Es gibt Menschen, die dir helfen möchten“, sagte sie leise.
Ich schaute zu ihr auf. In ihren Augen lag Wärme und Sorge. Für einen Moment spürte ich einen Funken von Vertrauen. „Ich habe Angst“, gestand ich.
Sie nickte verständnisvoll. „Das kann ich gut verstehen. Aber manchmal ist es wichtig, über seine Ängste zu sprechen, damit sie kleiner werden.“
Herr Müller kehrte mit einem Glas Wasser zurück und reichte es mir. „Hier, trink einen Schluck.“
Ich nahm das Glas und trank langsam. Das Wasser beruhigte meinen trockenen Hals ein wenig.
„Florian“, begann Herr Müller erneut, „es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es dir gut geht. Wir können gemeinsam überlegen, was der beste Weg ist.“
Ich atmete tief durch. Die Gedanken an die Drohungen meiner Eltern lasteten schwer auf mir. „Meine Eltern sagen, dass ich ins Kinderheim komme, wenn ich Probleme mache“, sagte ich schließlich leise.
Frau Siegel schüttelte den Kopf. „Niemand wird dich einfach so ins Kinderheim schicken. Es geht darum, dass du in Sicherheit bist und dich wohlfühlst.“
Herr Müller fügte hinzu: „Wenn zu Hause Dinge passieren, die nicht in Ordnung sind, gibt es Möglichkeiten, dir zu helfen. Aber nichts wird ohne dein Einverständnis geschehen.“
Ich spürte, wie ein kleiner Teil der Angst von mir abfiel. „Versprochen?“, fragte ich zögernd.
„Versprochen“, antworteten beide gleichzeitig.
Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. Frau Siegel öffnete sie einen Spalt, und Pauls Gesicht erschien im Türrahmen. „Entschuldigung, aber ich wollte nur nach Florian sehen“, sagte er schüchtern.
Herr Müller lächelte. „Es ist in Ordnung. Vielleicht tut es Florian gut, einen Freund bei sich zu haben.“
Ich blickte überrascht auf. „Paul…“
Er trat ein und setzte sich neben mich. „Alles okay?“, fragte er leise.
Ich nickte leicht. „Es geht schon.“
Die Anwesenheit von Paul gab mir ein wenig mehr Mut. Vielleicht würde doch alles irgendwie gut werden.
Frau Siegel und Herr Müller tauschten einen Blick. „Wir lassen euch einen Moment allein“, sagte Frau Siegel. „Wenn ihr etwas braucht, sind wir gleich nebenan.“
Nachdem sie den Raum verlassen hatten, sah mich Paul aufmerksam an. „Du kannst mit mir reden, wenn du magst“, bot er an.
Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. „Danke, Paul. Du bist ein guter Freund.“
Er lächelte. „Egal, was ist, ich bin für dich da.“
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich nicht völlig allein war. Vielleicht gab es doch Hoffnung, dass sich die Dinge zum Besseren wenden würden.
Ich saß neben Paul im Büro von Herrn Müller. Die Anwesenheit meines Freundes gab mir ein wenig Mut. Er schaute mich mitfühlend an und fragte leise: „Möchtest du mir erzählen, was los ist?“
Ich atmete tief durch und blickte auf meine Hände. „Weißt du, ich habe nachts dasselbe Problem wie du“, begann ich zögernd. „Ich mache auch noch ins Bett.“
Paul nickte verständnisvoll. „Das ist doch gar nicht so schlimm. Meine Eltern sagen immer, dass das vielen Kindern passiert.“
Ich senkte den Blick. „Aber meine Eltern sind nicht so verständnisvoll wie deine“, flüsterte ich. „Sie werden wütend auf mich und drohen mir an, mich ins Kinderheim zu schicken, wenn ich es nicht schaffe, trocken zu bleiben.“
Paul schaute mich überrascht an. „Das ist aber gemein“, sagte er mitfühlend. „Meine Eltern würden so etwas nie sagen.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe Angst davor. Sie sagen, dass ich dort hinkomme, wenn ich weiter Probleme mache.“
Paul legte eine Hand auf meine Schulter. „Weißt du, mein Onkel und meine Tante haben auch ein Kind aus einem Kinderheim aufgenommen. Er ist zwar älter als wir, aber er hat nie schlecht über das Kinderheim gesprochen. Er meinte, dass es dort Leute gibt, die sich um einen kümmern.“
Ich hob vorsichtig den Blick. „Wirklich?“
„Ja“, bestätigte Paul. „Er hat erzählt, dass es dort andere Kinder gibt, mit denen man spielen kann, und Erwachsene, die einem helfen. Vielleicht wäre es gar nicht so schlimm.“
Ich dachte einen Moment darüber nach. Die Vorstellung, an einem Ort zu sein, an dem sich jemand um mich kümmerte, klang fast zu schön, um wahr zu sein. „Aber trotzdem habe ich Angst“, gestand ich. „Was ist, wenn es dort doch nicht gut ist?“
Paul lächelte ermutigend. „Du bist nicht allein. Wenn du möchtest, kann ich mit meiner Mama darüber sprechen. Sie kennt sich bestimmt aus und kann dir helfen.“
Ich fühlte eine Mischung aus Hoffnung und Unsicherheit. „Ich weiß nicht… Ich will keine Umstände machen.“
„Du machst keine Umstände“, widersprach Paul entschieden. „Du bist mein Freund, und ich will, dass es dir gut geht.“
In diesem Moment klopfte es leise an der Tür, und Frau Siegel und Herr Müller traten wieder ein. Sie sahen uns an, und Herr Müller fragte: „Wie geht es euch beiden?“
Paul antwortete für uns: „Wir haben ein bisschen geredet. Florian hat mir erzählt, dass er sich Sorgen macht.“
Herr Müller nickte. „Das ist gut, dass ihr miteinander sprecht. Florian, wir möchten dir gerne helfen. Es gibt Möglichkeiten, wie wir dafür sorgen können, dass du dich sicher und wohl fühlst.“
Ich schaute zu ihm auf. „Was passiert denn jetzt?“
Frau Siegel setzte sich neben mich. „Wir würden gerne mit jemandem sprechen, der dir helfen kann. Es gibt nette Menschen beim Jugendamt, die sich um solche Situationen kümmern und dafür sorgen, dass es Kindern gut geht.“
Die Angst kehrte zurück. „Aber meine Eltern werden wütend sein, wenn sie das erfahren.“
Herr Müller legte beruhigend eine Hand auf den Tisch. „Unsere erste Priorität ist, dass es dir gut geht. Wir werden alles tun, um dich zu schützen. Und du bist nicht allein – wir sind an deiner Seite.“
Paul nickte zustimmend. „Ich bin auch für dich da.“
Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht. „Danke“, flüsterte ich. „Das bedeutet mir viel.“
Frau Siegel stand auf. „Ich werde jetzt einen Anruf tätigen und alles Weitere in die Wege leiten. In der Zwischenzeit könnt ihr beiden hierbleiben.“
Nachdem sie den Raum verlassen hatte, fragte ich leise: „Paul, glaubst du wirklich, dass alles gut wird?“
Er lächelte zuversichtlich. „Ja, das glaube ich. Und egal, was passiert, wir bleiben Freunde.“
Die Wärme seiner Worte gab mir neue Hoffnung. Vielleicht würde sich jetzt endlich etwas ändern. Vielleicht würde ich an einen Ort kommen, an dem ich mich sicher fühlen konnte.
Herr Müller erhob sich ebenfalls. „Ich lasse euch kurz allein. Wenn ihr etwas braucht, ich bin gleich nebenan.“
Als wir allein waren, schlug Paul vor: „Wie wäre es, wenn wir nach der Schule zusammen spielen? Vielleicht darfst du ja heute mit zu mir kommen.“
Ich überlegte kurz. „Ich weiß nicht, ob das geht…“
„Wir können ja Frau Siegel oder Herrn Müller fragen“, meinte er. „Vielleicht können sie es ermöglichen.“
Die Vorstellung, einen Nachmittag ohne Angst und Sorgen zu verbringen, klang verlockend. „Das wäre schön“, gab ich zu.
In diesem Moment kehrte Frau Siegel zurück. „Florian, ich habe gute Nachrichten. Es wird jemand vom Jugendamt kommen, um mit dir zu sprechen. Sie sind sehr nett und möchten dir helfen.“
Ich nickte langsam. „Okay.“
Paul grinste mich an. „Siehst du? Alles wird gut.“
Ich atmete tief durch und spürte, wie eine Last von meinen Schultern fiel. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich Hoffnung—Hoffnung auf eine bessere Zukunft, in der ich nicht ständig Angst haben musste. Doch gleichzeitig mischte sich eine andere Angst in meine Gedanken: die Furcht, meine Eltern zu verlieren. Auch wenn sie mich nicht so liebten, wie ich es mir wünschte, waren sie doch die einzige Familie, die ich hatte. Der Gedanke, ohne sie zu sein, machte mich unsicher und traurig. Ich wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, und die Vorstellung, alles Vertraute hinter mir zu lassen, erfüllte mich mit Sorge.
„Vielen Dank, dass du für mich da bist“, sagte ich zu Paul.
Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. „Dafür sind Freunde doch da.“
Gemeinsam warteten wir auf das, was nun kommen würde. Und obwohl die Zukunft ungewiss war, fühlte ich mich nicht mehr allein.
Fortsetzung folgt….
Wenn euch der Einstieg gefallen hat Last es mich wissen, und wenn nicht dann natürlich auch.
Autor: michaneo (eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden
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Der Einstieg hat mir auch sehr gefallen ich hoffe dass das auch so eine schöne Geschichte wird wie die andere vielen Dank und weiter so
Solchen Eltern gehört sofort das Sorgerecht entzogen, hoffentlich hat der kleine Florian Glück und bekommt Pflegeeltern wie er sich das wünscht. Die Geschichte wird hoffentlich noch einige Überraschungen parat halten.
Heutzu Tage ja
Zu meine Zeit Nein
Vielen Dank für die tolle Geschichte,du hat echt Talent,freue mich schon auf weitere Teil auch von dieser .
Soviel Emotionen klasse Geschichte. Freue mich auf die Fortsetzung
Die Geschichte ist echt gut geschrieben und super spannend. Ich freu mich schon auf die Fortsetzung!
Das ist ein wirklich toller Einstieg in eine neue Geschichte ( genauso wie bei Benjamin) und ich bin auch Mega gespannt drauf, wie es weiter geht.
Weiter so.
Das ist sehr einfühlsam geschrieben.
Hätte mir in der Kindheit und Jugendzeit auch Menschen gewünscht die Fürsorglich sind. Leider gab es nur wenige.
Kindheit war leider oft grausam. Jugendamt konntest größtenteils vergessen, standen viel zu spät zur Seite und heute ist niemand zuständig.
Es zeigt welche Schwierigkeiten Kinder bewältigen müssen…
Du hast meine jungend beschrieben
Nur das mir kein Jugendamt geholfen hat
Bis ich mit 12 jahren von zu Haus weg gelaufen bin.
Echt Krass. Die Geschichte beschreibt bisschen mein Leben…