Florians Schatten (18)
Dieser Eintrag ist Teil 18 von 18 der Serie Florians-Schatten
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Ich schreckte hoch. Mein Herz klopfte, und ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren. Es war ruhig im Haus, beinahe unheimlich still. Draußen war es noch dämmerig, ein schwaches, bläuliches Licht fiel durch das Fenster. Ich fühlte mich müde, aber trotzdem konnte ich nicht mehr einschlafen. Ein komisches Gefühl.
Vorsichtig tastete ich nach meinem Nachtlicht und knipste es an. Der sanfte Schein ließ die Schatten an den Wänden zurückweichen. Mit Pandi fest im Arm rutschte ich aus dem Bett und lief langsam zur Tür, die nur angelehnt war. Ich hielt inne und spähte hinaus. Der Flur lag in völliger Dunkelheit, tief und schwarz wie ein großer, leerer Raum. Ich schluckte. Mein Mut reichte nicht aus, um hinauszugehen.
Ich spürte meine Windel, die schwer zwischen meinen Beinen hing. Ein unangenehmes Gefühl. Mein Blick wanderte zu meinem Lego, das in einer Ecke auf dem Teppich stand. Auch meine Traktoren standen ordentlich aufgereiht auf dem Regal. Doch obwohl ich sie sonst gerne ansah, hatte ich jetzt keine Lust zu spielen. Ich fühlte mich noch zu müde, zu träge.
Stattdessen zog es mich zum Fenster. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um besser hinaus zu sehen. Draußen lag eine dicke Schneeschicht auf den Dächern und in dem Hof. Das Mondlicht tauchte alles in ein sanftes weiß. Obwohl es noch nacht war, wirkte es draußen fast schon hell. Ich konnte meine eigene Atmung hören, leise und gleichmäßig.
Plötzlich erklang eine sanfte, verschlafene Stimme hinter mir:
„Was bist du denn schon wach, mein Schatz?“
Ich zuckte so heftig zusammen, dass mir fast der Atem stockte. Schnell drehte ich mich um. In der Tür stand Annette, noch im Schlafanzug, mit zerzausten Haaren und einem müden Lächeln. Sie sah mich mit warmen Augen an. Ohne nachzudenken, lief ich auf sie zu und fiel ihr dankbar in die Arme.
Sie hob mich hoch, drückte mich sanft an sich und strich mir über den Rücken. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Annette roch so vertraut – nach Wärme, nach Geborgenheit.
„Ich wollte gerade auf die Toilette und habe Licht aus deinem Zimmer scheinen sehen. Ist alles in Ordnung bei dir?“
Ich versuchte zu antworten, doch durch den Nukkel in meinem Mund kamen nur unverständliche Laute. Annette setzte mich sanft auf mein Bett und nahm mir den Nukkel aus dem Mund.
„Jetzt noch mal, mein Schatz.“
Ich schluckte und murmelte leise: „Ich konnte nicht mehr einschlafen.“
„Bist du noch müde?“
Ich nickte langsam.
„Möchtest du dich noch ein bisschen zu uns kuscheln?“
Mein Nicken wurde etwas eifriger. Annette lächelte sanft.
Dann nahm sie mich wieder hoch, und mit Pandi fest an mich gedrückt, trug sie mich leise durch den dunklen Flur. Ich schloss die Augen. Ihr Herzschlag war nah, gleichmäßig.
Im Schlafzimmer legte sie mich in ihr Bett und deckte mich mit ihrer weichen Decke zu. Sie roch so gut nach ihr – warm und beruhigend. Ich kuschelte mich tiefer hinein. Markus lag ruhig auf der anderen Seite, sein Atem gleichmäßig und tief.
„Ich bin gleich wieder da,“ flüsterte Annette und strich mir sanft über die Stirn, bevor sie leise hinausging. Ich hörte die Toilettenspülung und wenig später ihre Schritte, dann kam sie zurück und kroch mit in das Bett.
Ich rutschte näher zu ihr, schmiegte mich an ihre Seite. Sie legte einen Arm um mich, und ich fühlte mich geborgen. Nicht allein. Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. Meine Augen wurden schwerer, der Schlaf zog mich langsam zurück in seine Arme.
Alles war gut.
Sebastian:
Als ich die Augen öffnete, war es noch dämmrig. Die kalte Winterluft drückte gegen das Fenster, und neben mir hörte ich Pierres ruhigen Atem. Er schlief noch tief und fest, eingekuschelt unter der warmen Decke. Ich schmunzelte. Er war schon immer ein Langschläfer gewesen. Leise, um ihn nicht zu wecken, schob ich die Bettdecke beiseite und setzte die Füße auf den kühlen Holzboden. Ich zog mir meine Laufsachen an – Joggen am Morgen war eine Angewohnheit geworden, die ich aus München mitgebracht hatte. Dort hatte ich die Bewegung vermisst, die mir das Leben auf dem Hof früher ganz automatisch gegeben hatte. Seitdem konnte ich einfach nicht mehr damit aufhören.
Draußen war die Luft eisig, aber das störte mich nicht. Der Himmel verfärbte sich langsam in ein zartes Rosa, während die Sonne über den Horizont kletterte. Der Wald hinter dem Hof war tief verschneit, also lief ich lieber durchs Dorf, wo die Wege größtenteils geräumt waren. Die Kälte biss in meine Haut, doch mit jedem Schritt wurde mir wärmer. Ich genoss das gleichmäßige Geräusch meiner Schritte auf dem festen Schnee und das sanfte Knistern, wenn meine Füße neue Spuren hinterließen.
Als ich am alten Spielplatz vorbeikam, hielt ich kurz inne. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie ich hier als kleiner Junge mit meinen Freunden gespielt hatte – stundenlang waren wir durch das hohe Gras gerannt, hatten uns im Sandkasten Burgen gebaut und uns lachend gegenseitig auf der Schaukel angeschubst. An heißen Sommertagen hatten wir barfuß gespielt, unsere Füße vom warmen Boden kitzeln lassen und zwischendurch Wasser aus der alten Pumpe getrunken, die neben dem Klettergerüst stand. Wenn ein Sommergewitter aufzog, hatten wir versucht, so lange wie möglich draußen zu bleiben, bis uns der Regen schließlich durchnässte und wir johlend nach Hause rannten.
Jetzt lag der Spielplatz still in der Morgendämmerung, der Schnee leuchtete in einem kalten weiß, und ich fragte mich, ob Florian hier bald genauso unbeschwert spielen würde. Ob er Freunde im Dorf finden konnte? Es würde bestimmt nicht leicht für ihn werden. Ich war hier aufgewachsen, hatte meine Freunde schon im Kindergarten kennengelernt, und später waren wir zusammen in die Schule gegangen. All das fehlte Florian. Er musste ganz von vorne anfangen. Ich hoffte, dass es ihm nicht allzu schwer fallen würde, sich hier einzuleben.
Mit diesen Gedanken setzte ich meinen Lauf fort. Zurück zu Hause ging es direkt unter die heiße Dusche. Das Wasser wusch die Kälte und den letzten Rest Müdigkeit von mir, und das Gefühl, in einen guten Tag zu starten, setzte sich in mir fest.
Als ich in die Küche kam, war Papa schon wach. Der Duft von frischem Kaffee und warmen Brötchen lag in der Luft – ein Geruch, der für mich zum Inbegriff von Zuhause geworden war. Papa stand am Herd und goss gerade Kaffee in eine Tasse.
„Guten Morgen, Papa.“
Er drehte sich zu mir um und lächelte. „Morgen, Sebastian. Wie war deine Runde?“
Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich an den Tisch. „Kalt, aber gut. Wird heute bestimmt ein sonniger Tag.“
Mama kam gerade in die Küche, bereits startklar für den Tag. Ihre Haare waren ordentlich zusammengebunden, und sie trug eine leichte Bluse mit Jeans – sie war eindeutig schon länger wach. „Guten Morgen, Großer,“ begrüßte sie mich mit einem warmen Lächeln, während sie sich ebenfalls eine Tasse Kaffee einschenkte.
„Morgen, Mama.“ Ich grinste. „Habt ihr Florian das frühe Aufstehen auch schon angewöhnt?“
Mama lachte leise. „Nein, er schläft noch – beziehungsweise wieder. Er war heute morgen gegen 3 schon wach, also hab ich ihn mit zu uns ins Bett genommen, und jetzt schläft er tief und fest.“
Ich hob eine Augenbraue. „Habt ihr mich früher auch so lange schlafen lassen?“
Mama schüttelte den Kopf. „Nein, das mussten wir gar nicht. Du warst meistens vor uns wach. Du hattest wirklich nur eine kurze Phase, in der du bis Mittag geschlafen hast. Ich glaube, das war in der Zeit, als Pierre fast bei dir eingezogen ist.“
Ich grinste und nickte. „Ja, ich erinnere mich.“
Papa nahm einen Schluck von seinem Kaffee und sah mich fragend an. „Schläft der eigentlich immer noch?“
Ich lachte. „Ja, der ist immer noch Langschläfer.“
Mama schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Manche Dinge ändern sich eben nie.“
Mama fragte fast beiläufig: „Wie läuft es bei euch? Alles in Ordnung?“
Sie war nah dran, mich ihre gespielte Beiläufigkeit glauben zu lassen – aber eben nur fast. Ich spürte genau, dass hinter ihrer Frage mehr steckte, dass sie etwas bemerkt hatte. Während ich an meinem Kaffee nippte, den Papa mir gerade hingestellt hatte, warf ich ihr einen kurzen Blick zu.
„Wieso fragst du?“, erwiderte ich und versuchte, neutral zu klingen.
Mama zuckte mit den Schultern, aber ihr Blick verriet, dass sie sich bereits ihre Gedanken gemacht hatte. „Ich weiß nicht… ist nur so ein Gefühl. Ihr seid nicht so wie sonst miteinander, und Pierre macht einen nachdenklichen Eindruck.“
Ich seufzte leise und lehnte mich zurück. Ich wusste, dass es jetzt an mir lag, eine Antwort zu finden, die sowohl ehrlich als auch nicht zu beunruhigend war. Denn ja – es war im Moment alles ziemlich schwierig. Aber wenn ich nicht mit meinen Eltern darüber reden konnte, mit wem dann?
„Also…“, begann ich langsam und suchte nach den richtigen Worten. „Wir haben im Moment nicht so viel Zeit füreinander. Ich bin wirklich viel mit dem Lernen beschäftigt, und ich habe schon ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Aber wenn ich schon bei den Grundlagen keine vernünftige Basis schaffe, wird es im späteren Verlauf schwierig.“
Ich rieb mir kurz die Stirn und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. Das schlechte Gewissen nagte wirklich an mir, aber es war nun mal nicht anders machbar. „Pierre nutzt die Zeit, um zu spielen oder fern zu sehen… Und dann ist da noch sein Chef. Der ist ziemlich schräg.“
Papa legte sein Messer beiseite und sah mich aufmerksam an. „Was ist mit seinem Chef?“
Ich zuckte leicht mit den Schultern. „Er scheint sehr sprunghaft zu sein. Anfang letzten Monats kam Pierre mit 3000 Euro nach Hause. Er sagte, er habe es bar auf die Hand bekommen – für gute Arbeit.“
Papa hob eine Augenbraue. „Okay… ist zwar für einen Lehrling eine ganze Menge Geld, gerade im ersten Lehrjahr, aber bei Handwerkern nicht ganz unüblich. Unter der Hand Geld am Finanzamt vorbei gibt es immer mal. Er sollte es nur nicht an die große Glocke hängen.“
Mama nickte und wirkte eher erleichtert als besorgt. „Na, das ist doch super. Am besten legt ihr euch ein bisschen Geld zurück. Ein kleines Polster für den Notfall ist immer gut.“
Ich atmete langsam aus. „Ja, Mama, das weiß ich doch… aber das meine ich nicht. Ich war ja auch noch nicht fertig.“ Ich ließ einen kurzen Moment verstreichen, bevor ich weiter sprach. „Er hat bis heute kein Gehalt für den Dezember bekommen. Und Pierre hat das Geld natürlich nicht zurückgelegt. Also musste ich ihm jetzt schon ein paar Mal aushelfen.“
Mama runzelte die Stirn, während Papa leise grummelte.
„Dann muss er teilweise am Wochenende arbeiten, manchmal für ein paar Stunden, manchmal bis spät abends. Ich meine, klar, Handwerker sind gefragt, und der Kunde ist nun mal König… Aber ich finde trotzdem, dass sein Chef merkwürdig ist.“
Papa nahm einen Schluck von seinem Kaffee und dachte nach. „Aber er hat doch gestern gesagt, dass es ihm Spaß macht, oder?“
Ich nickte langsam. „Ja, ich weiß. Es gibt Tage, da kommt er mit super Laune nach Hause, und dann gibt es Tage, da ist er dermaßen schlecht drauf, dass ich mich frage, was die bei ihm im Betrieb machen.“
Mama sah mich prüfend an. „Und hast du mit ihm gesprochen, was da schief läuft?“
Ich schüttelte den Kopf. „Er sagt dann nur ‚war ein scheiß Tag‘ und möchte nicht drüber sprechen.“
Papa lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Vielleicht ein cholerischer Chef? Das hatte ich in meiner Ausbildung auch. Ich war so froh, die Möglichkeit zu bekommen, mein eigener Chef zu sein.“
Mama nickte zustimmend. „Nach seiner Ausbildung kann er ja den Arbeitgeber wechseln. Oder vielleicht sogar schon währenddessen – ich denke, Maler und Lackierer werden überall gebraucht.“
Ich seufzte leise und fuhr mir durch die Haare. „Ja, aber das will er im Moment nicht. Sagt er zumindest. Vielleicht gibt sich das auch wieder… Die ersten Monate war ja alles okay. Das geht jetzt seit drei Monaten so. Vielleicht liegt es einfach am Winter… oder am Herbst.“
Ich wusste nicht, ob ich mir das selbst schönreden wollte oder ob ich wirklich glaubte, dass es sich wieder einrenken würde. Aber eins war klar – irgendetwas stimmte nicht.
„Vielleicht machen wir in den Semesterferien Urlaub, vorausgesetzt, Pierre bekommt frei.“
Während ich das sagte, spielte ich eigentlich mit einem ganz anderen Gedanken. Ein Teil von mir überlegte ernsthaft, ob ich nicht lieber in den Semesterferien hier auf den Hof kommen sollte. Florian hatte es schon schwer genug, sich in sein neues Zuhause einzufinden – und auch wenn Mama und Papa ihr Bestes gaben, konnte es sicher nicht schaden, wenn noch jemand für ihn da war. Jemand, der ihm ein bisschen Normalität vermittelte, ein großer Bruder eben.
Mama nickte. „Ja, das ist sicherlich eine gute Idee.“ Dann sah sie mich nachdenklich an. „Hast du sonst Kontakt zu Kommilitonen? Lernt ihr teilweise zusammen?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Naja, es gibt den einen oder anderen, den ich bei den Vorlesungen wieder treffe. Aber so richtig habe ich noch keinen gefunden, mit dem ich auf einer Wellenlänge bin.“
In diesem Moment hörte ich das leise Knarzen der Treppe. Ich drehte mich zum Türrahmen und sah Florian in die Küche spazieren. Er hielt seinen Panda fest im Arm, als wäre es das Wertvollste, was er besaß. Sein Schlafanzug mit den bunten Traktoren ließ ihn noch kleiner wirken, als er ohnehin schon war. Und dann war da noch die Windel, die sich deutlich unter dem Stoff abzeichnete – auf den ersten Blick hätte niemand vermutet, dass er eigentlich ein Grundschulkind war.
Mama lächelte ihm sanft entgegen. „Hallo, mein Schatz. Hast du ausgeschlafen?“
Florian nickte nur, sagte aber nichts. Sein Blick huschte kurz zu mir – und ich konnte nicht anders, als das leichte Zögern in seinen Augen zu bemerken. Verunsicherte ich ihn? Dabei hatte ich gestern eigentlich das Gefühl, dass wir uns gut verstanden hatten.
Papa begrüßte ihn warm: „Guten Morgen, kleiner Mann. Hat dein Panda heute auch Hunger?“
Florian sah verlegen zu seinem Kuscheltier und schien es noch ein kleines Stück fester an sich zu drücken.
Ich versuchte, einen lockeren Ton anzuschlagen. „Hat dein Panda eigentlich einen Namen?“
Florian hob den Blick zu mir und nickte ganz leicht – aber er sagte nichts. Ich merkte, dass er Zeit brauchte, um aufzutauen. Vielleicht war es einfach noch zu früh am Morgen für ihn, oder er musste sich erst wieder an mich gewöhnen.
Mama schien das genauso zu sehen. „Komm, setz dich zu uns.“
Florian lief vorsichtig an mir vorbei und setzte sich direkt neben Mama. Er suchte ihre Nähe, als wäre sie sein sicherer Hafen, sein Anker in einer Welt, die ihm noch fremd war. Und als Mama ihm sanft über den Kopf strich, konnte ich förmlich sehen, wie die Spannung aus seinem kleinen Körper wich. Erleichterung machte sich in seiner Haltung breit.
Gestern Abend war es, als hätte ein anderes Kind mit uns am Tisch gesessen. Florian hatte mit uns zu Abend gegessen, als wäre es das Normalste auf der Welt. Er wirkte gelöst, fast ein wenig sorglos, als hätte er sich einfach in den Moment fallen lassen. Aber heute? Heute sitzt er am Tisch, als wäre er zum ersten Mal hier. Zurückhaltend, fast schüchtern, als ob er sich nicht sicher wäre, ob er hier wirklich dazu gehört.
Mama und Papa scheint das nicht zu überraschen. Vielleicht haben sie das schon erwartet. Sie kennen ihn ja besser als ich. Ob Florian jetzt gerade über seine Situation nachdenkt? Gestern war er so abgelenkt von den ganzen Eindrücken, dass er sich einfach mitziehen ließ. Vielleicht ist ihm gerade erst klar geworden, dass hier alles anders ist als in seinem bisherigen Leben.
Papa stellte die nächste Frage. „Was möchtest du heute essen? Cornflakes oder lieber ein Brötchen?“
Florian sah erst Papa an, dann zum Tisch, dann zum Küchenschrank. Ich konnte fast hören, wie es in seinem Kopf arbeitete. Es war nur eine einfache Frage – und doch schien sie eine ganze Kette von Überlegungen in Gang zu setzen.
Mama bemerkte das sofort. „Ich mache dir heute einfach mal zur Abwechslung ein Brötchen. Wir haben ein ganz leckeres Pflaumenmus. Und dazu am besten einen Kakao, ja?“
Florian sah zu ihr auf und nickte erleichtert.
Ich lehnte mich leicht zurück und beobachtete die Szene. Mama hatte wirklich einen Draht zu ihm. Sie wusste genau, wann er eine Entscheidung treffen konnte – und wann es besser war, ihm eine sanfte Richtung vor zu geben. Ich war mir sicher, dass Florian sich dessen nicht einmal bewusst war. Aber es half ihm.
Und während ich ihn ansah, wie er sich langsam entspannte, wurde mir klar: Er brauchte Zeit. Er brauchte Sicherheit. Und vielleicht… brauchte er auch einfach einen großen Bruder.
Auch ich begann, mir ein Brötchen zu schmieren, während ich aus dem Augenwinkel Florian beobachtete. Er aß sehr vorsichtig, fast bedächtig, als wäre er sich nicht sicher, ob er das überhaupt durfte. Sein Blick war gesenkt, und ich hatte das Gefühl, dass seine Gedanken ganz woanders waren.
Mama ließ ihn in Ruhe essen, und Papa stellte ihm wortlos seinen Kakao hin. Es war spannend zu beobachten, wie die beiden auf ihn eingingen – nicht drängend, nicht fordernd, sondern einfach unterstützend. Sie gaben ihm Sicherheit, ohne ihn zu überfordern.
Normalerweise wäre Papa jetzt längst aufgestanden und hätte mit seiner morgendlichen Runde begonnen. Doch stattdessen setzte er sich wieder hin, nahm sich eine weitere Tasse Kaffee und blieb einfach da. Ich erkannte, dass das kein Zufall war. Er wollte Florian Zeit geben.
Nach einer Weile, in der wir alle schweigend aßen, räusperte sich Papa. „Was hältst du davon, wenn wir nachher mit dem Traktor den neuen Schnee räumen?“ Dabei sah er Florian direkt an.
Florian hob den Kopf und sah Papa an, als hätte ihn die Frage aus seinen Gedanken gerissen. Seine Augen wirkten unschlüssig, fast suchend – und dann wanderte sein Blick zu Mama, als wollte er, dass sie für ihn antwortete.
Sie schien das sofort zu verstehen und streichelte ihm wieder sanft über den Kopf. „Das wäre doch bestimmt toll. Bist du schon mal mit einem Traktor mitgefahren?“
Florian schüttelte langsam den Kopf.
Mama lächelte aufmunternd. „Und würde dir das gefallen?“
Florian sah wieder zu Papa, dann nickte er langsam.
Meine Gedanken schweiften zurück zu meinem eigenen ersten Mal, als ich den Traktor selbst lenken durfte. Schon als Kind war ich oft mitgefahren, aber das erste Mal selbst das Steuer in den Händen zu halten – das war etwas Besonderes. Ich wusste nicht mehr genau, wie alt ich damals war, aber vermutlich nicht viel älter als Florian jetzt. Ich saß auf Papas Schoß, hielt das Lenkrad, während er das Gaspedal bediente. Es war ein unglaubliches Gefühl. Plötzlich fühlte ich mich groß, wichtig, als hätte ich für diesen Moment die Kontrolle über etwas Mächtiges.
Aber es war nicht nur das Lenken selbst gewesen – es war die Zeit mit Papa, die es besonders gemacht hatte. Die Zeit mit ihm war kostbar. Er hatte immer so viel zu tun, dass jede gemeinsame Aktivität etwas Besonderes war.
Ich hoffte, dass Florian den gleichen Draht zu Papa finden würde, wie er ihn offenbar zu Mama schon gefunden hatte. Papa war anders – weniger einfühlsam als Mama, aber zuverlässig, beständig. Florian brauchte beides. Er brauchte Menschen, die ihm Sicherheit gaben, aber auch Menschen, die ihm halfen, stärker zu werden.
Vielleicht würde der Traktor heute ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein.
Florian saß mir gegenüber und nippte an seinem Kakao. Ich beobachtete, wie er die Tasse vorsichtig abstellte und dann etwas unschlüssig da saß. Seine Hände ruhten auf seinem Schoß, und er schien sich nicht sicher zu sein, was er als Nächstes tun sollte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er am liebsten aufstehen würde, aber er traute sich wohl nicht so recht. Vielleicht war er unsicher, ob es in Ordnung war, einfach vom Tisch aufzustehen. Nach allem, was ich über seine Vergangenheit wusste – was nicht viel war, aber genug, um zu ahnen, dass sein früheres Zuhause nicht gerade herzlich gewesen war –, konnte ich mir denken, dass er es gewohnt war, sich vorsichtig zu verhalten. Bloß nichts falsch machen.
Mama nahm den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse und wandte sich dann an ihn. „Wenn du fertig bist, geh ruhig schon mal hoch und putz dir die Zähne. Ich komme gleich nach und helfe dir bei deiner Windel, mein Schatz.“
Florian hob den Kopf, seine Gesichtszüge entspannten sich ein wenig, und er nickte fast erleichtert. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum. Ich fragte mich, ob er froh darüber war, eine klare Anweisung bekommen zu haben – oder ob es die liebevolle Art war, in der Mama mit ihm sprach. Wahrscheinlich beides.
Ich lehnte mich zurück und ließ meinen Blick über den Tisch schweifen. „Was steht heute sonst noch auf dem Plan?“ fragte ich in die Runde.
Papa kratzte sich am Kinn und antwortete: „Wie gesagt, ich würde mit Florian, sobald er angezogen ist, den Schnee räumen. Danach muss ich mich um den Hühnerstall kümmern.“
Mama nickte. „Wir müssen heute auch nach den Automaten sehen. Die Milchkübel und die Nachfüllkisten stehen schon im Kühlhaus bereit.“
„Das könnte ich ja übernehmen“, schlug ich vor.
„Das wäre super“, sagte Papa und fügte hinzu: „Dann könntest du auch gleich den Bus tanken.“
„Geht klar.“ Ich rieb mir die Hände. „Und was macht Florian danach?“
Mama lehnte sich leicht zurück und stützte die Hände auf die Tischkante. „Ich werde mich jetzt um ihn kümmern, ihm beim Anziehen helfen und dann ums Mittagessen kümmern. Heute Nachmittag möchte ich mit ihm noch etwas lesen – das hat er als Hausaufgabe übers Wochenende bekommen.“
Ich runzelte die Stirn. „Wie ist er so in der Schule?“
Mama atmete tief durch, als hätte sie auf diese Frage gewartet. „Das ist eine Baustelle für sich.“ Sie griff nach ihrer Tasse, drehte sie nachdenklich in den Händen und fuhr dann fort: „Ich würde sagen, er ist clever, aber ihm hat bisher keiner bei den Hausaufgaben geholfen. Und auch sonst hatte in seiner bisherigen Familie wohl niemand Interesse an seiner schulischen Entwicklung.“ Sie schüttelte den Kopf. „Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hat er Probleme mit mindestens einem Mitschüler. Und dann ist da noch seine Kunstlehrerin… die hat ihn anscheinend auf dem Kieker.“
Ich schnaubte leise. „Super. Genau das braucht er jetzt.“
Mama seufzte. „Beim Lesen hat er ziemliche Schwierigkeiten. Aber ich werde mir die Zeit nehmen, die nötig ist, damit er seine Defizite aufholen kann.“
Ich stand auf und streckte mich. „Wenn ich helfen kann, sag Bescheid.“
Mama sah mich an und lächelte sanft. „Das mache ich. Aber im Moment will ich ihn nicht überfordern. Er hat so viel zu verarbeiten. Wenn ich es schaffe, ihm das Lesen schmackhaft zu machen und ihn bei den Hausaufgaben zu unterstützen, haben wir schon viel erreicht.“ Sie schob den Stuhl zurück und erhob sich ebenfalls. „Wenn du dich mit ihm beschäftigst und ihm beim Spielen Gesellschaft leistest, ist das, glaube ich, schon ganz toll.“
Ich nickte. Klar, das konnte ich machen. Florian war zwar schüchtern, aber wenn er sich erst mal wohl fühlte, taute er auf – das hatte ich ja gestern schon gesehen. Es war fast so, als hätte er eine unsichtbare Mauer um sich herum aufgebaut, die mit der richtigen Mischung aus Geduld und Freundlichkeit langsam bröckelte. Vielleicht fand ich ja raus, was ihm außer Lego noch Spaß machte.
Aber zuerst wollte ich mich um die Automaten kümmern. Pierre würde sicher noch ein paar Stunden schlafen, also nutzte ich die Gelegenheit, um die Milchkübel und die restlichen Kisten ins Auto zu laden, damit ich die Automaten befüllen konnte. Dann machte ich mich auf den Weg.
Florian:
Ich war erleichtert, endlich alleine im Badezimmer zu sein. Am Frühstückstisch war es mir einfach zu viel geworden. Klar, ich lebte jetzt schon ein paar Tage hier mit Annette und Markus, aber heute Morgen fühlte es sich plötzlich ungewohnt an. Vielleicht lag es daran, dass Sebastian nun auch dabei war. Gestern war er wirklich nett zu mir gewesen, aber was, wenn er jetzt langsam merkt, dass ich gar nicht so toll bin? Dass ich komisch bin und nicht hierher gehöre? Und dann noch Pierre… Er könnte ja jederzeit dazu kommen. Der Gedanke daran ließ mich frösteln.
Ich nahm meine Zahnbürste und begann mechanisch meine Zähne zu putzen, während meine Gedanken weiter kreisten. Doch plötzlich spürte ich, wie es wieder warm in meiner Windel wurde. Ich schluckte. Es fühlte sich komisch an, und dann, zu meinem Entsetzen, spürte ich, wie etwas an meinem Bein hinunterlief. Mein Herz setzte kurz aus. Schnell blickte ich nach unten – meine Windel war ausgelaufen. Oder besser gesagt, übergelaufen. Ich wollte am liebsten im Boden versinken.
Aber was sollte ich tun? Ich putzte einfach weiter meine Zähne, als wäre nichts gewesen. Erst fertig werden, dann nachdenken. Mechanisch spülte ich die Zahnbürste ab und stellte sie auf die Ladestation – meine Hände zitterten leicht.
Erst jetzt bemerkte ich, wie unangenehm kalt es an meinen Beinen war. Genau wie gestern Abend im Wohnzimmer. Die Erinnerung daran ließ mich noch unsicherer werden. Und dann… plötzlich schossen Bilder von Zuhause durch meinen Kopf.
All die Morgen, an denen ich in einem nassen Bett aufgewacht war. Damals hatte mich das nicht gestört. Ich hoffte nur immer, dass Mama oder Papa es nicht sofort bemerkten – damit es keinen Ärger gab. Aber die Kälte? Die war mir egal gewesen.
Warum also störte sie mich jetzt so sehr?
Plötzlich hörte ich Schritte auf der Treppe. Ich hielt den Atem an. Bitte lass es Annette sein. Bitte nicht Markus oder Sebastian. Dann ein Klopfen.
„Florian? Ich komme jetzt rein, ja?“
Ich sagte nichts. Konnte nichts sagen. Die Tür öffnete sich, und Annette trat ins Badezimmer. Ihr Blick fiel sofort auf meine dunkle, verfärbte Schlafanzughose. Dann sah sie mir ins Gesicht, und ihr Blick wurde weich, mitfühlend. Ich konnte es kaum ertragen.
„Das war bestimmt zu viel für die Windel, sonst stehst du ja immer eher auf“, sagte sie ruhig. „Aber das ist nicht schlimm. Zieh die Schlafanzughose einfach aus und wirf sie in den Wäschekorb. Und die Windel machst du dir auch gleich ab. Ich hole dir schnell eine neue Hose aus deinem Zimmer.“
Sie sprach, als wäre es nichts Besonderes. Keine Vorwürfe. Kein genervtes Seufzen. Kein „Schon wieder, Florian?“. Trotzdem fühlte ich mich schlecht. Ich wollte das doch nicht. Ich wollte nicht so sein.
Als Annette das Badezimmer verließ, schälte ich mich langsam aus der durchnässten Hose und riss mir die volle Windel ab. Sie war wirklich bis zum letzten Stück vollgesogen. Ich versuchte, sie zusammenzurollen, aber irgendwie klappte es nicht so gut. Egal. Ich warf sie in den Windeleimer und meine Schlafanzughose in den Wäschekorb. Es war so peinlich.
Kurz darauf kehrte Annette zurück und lächelte mich sanft an. „Komm, wir machen dich schnell ein bisschen sauber“, sagte sie mit ruhiger Stimme. Sie kniete sich vor mich und begann vorsichtig, meinen unteren Bereich mit einem warmen, feuchten Waschlappen zu reinigen. Ihre Berührungen waren sanft, aber bestimmt, und sie achtete darauf, so behutsam wie möglich zu sein. Dann nahm sie meinen Bademantel und hielt ihn mir auf, damit ich hinein schlüpfen konnte. Während der gesamten Prozedur schwieg ich, ließ es einfach über mich ergehen, während sich in mir ein seltsames Gefühl aus Scham und Erleichterung mischte.
„Hast du deine Zähne schon geputzt?“
Ich nickte. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier öfter meine Zähne putzte als jemals zuvor. Früher hatte ich das immer so lange hinausgezögert wie ich konnte. Hier traute ich mich das nicht. Ich hatte Angst, dass Annette sonst enttäuscht wäre.
„Komm, wir gehen in dein Zimmer und machen dich fertig für den Tag, mein Schatz.“
Ich folgte ihr still und ließ es geschehen, als sie mich behutsam auf das Bett hob. Mit geübten, ruhigen Bewegungen öffnete sie meinen Bademantel und legte ihn beiseite, als wäre es das Normalste der Welt. Ohne ein Wort nahm sie eine frische Windel, entfaltete sie mit einem leisen Rascheln und half mir sanft, sie anzulegen. Ihre Berührungen waren ruhig und sicher, ohne Hast, ohne Zögern. Danach zog sie mir geduldig ein weiches Unterhemd über den Kopf, strich es glatt und ließ mich in warme Strümpfe schlüpfen. Der Pullover folgte, und mit sanftem Griff schob sie mir die Ärmel zurecht, bevor sie mir schließlich eine gemütliche Jogginghose über die Beine zog.
Ich fühlte mich so klein. So hilflos. Eigentlich könnte ich das alles allein, doch jeder Handgriff, den sie mir abnahm, fühlte sich seltsam tröstlich an. Es war, als wäre es in Ordnung, die Verantwortung einfach abzugeben, als dürfte ich für einen Moment loslassen. Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle, doch ich sagte nichts. Dann, endlich, hob sie mich sanft vom Bett und ließ mich wieder auf den Boden stehen. Ich atmete tief ein. Der vertraute Duft von frisch gewaschener Kleidung lag in der Luft, warm und sauber. Für einen Moment war es, als wäre alles wieder gut – als hätte diese kleine Routine die Welt ein Stück weit zurechtgerückt..
Annette reichte mir eine Schneehose.
„Zieh die auch gleich an und nimm unten die hohen Schuhe und die Jacke von gestern Abend. Dann kannst du raus zu Markus, der wartet bestimmt schon auf dich mit dem Traktor.“
Ich sah sie an. Mein Magen zog sich zusammen. Ich wusste nicht, ob ich das wirklich wollte. Traktor fahren klang gut. Aber mit Markus? Ganz allein? Ich hatte immer noch Angst vor ihm, auch wenn er mich nie böse angeschaut oder etwas Gemeines gesagt hatte.
„Kann ich doch lieber hier mit dem Lego spielen?“ fragte ich leise.
Annette schaute mich sanft an. „Das kannst du nachher bestimmt auch noch. Aber mit dem Traktor Schnee räumen kannst du nur jetzt.“
Ich senkte den Blick. Mein Bauch fühlte sich komisch an.
„Ich möchte lieber mit dem Lego spielen.“
Annette schien kurz nachzudenken. Dann fragte sie leise: „Traust du dich nicht wegen Markus?“
Ich zögerte, dann nickte ich vorsichtig.
Annette sah mich mit einem warmen Lächeln an. „Was hältst du davon, wenn ich mit rauskomme und euch ein wenig zuschaue, während ihr mit dem Traktor fahrt?“ fragte sie sanft.
Ich nickte wieder vorsichtig, auch wenn ich nicht wusste, ob das die richtige Entscheidung war. Es war nicht so, dass Markus mir jemals etwas getan hätte. Eigentlich war er immer freundlich zu mir. Aber trotzdem… ich konnte es nicht ändern. Männer machten mir einfach Angst. Schon immer.
Annette lächelte mich aufmunternd an und strich mir sanft über die Schulter. „Es wird bestimmt lustig, Florian. Markus freut sich, wenn du ihm hilfst.“
Lustig? Ich war mir nicht sicher. Schneeräumen mit dem Traktor klang eigentlich spannend – irgendwie. Aber die Vorstellung, mit Markus allein draußen zu sein, ließ mich nervös werden. Mein Bauch fühlte sich komisch an, so als wäre er voller Knoten.
Ich drückte meine Hände fest aneinander und starrte auf meine Füße. „Okay…“, murmelte ich schließlich, kaum hörbar.
Annette lächelte weiter, als wäre alles in Ordnung, doch ich spürte, dass sie wusste, wie schwer mir das fiel. „Ich komme mit raus und schaue euch ein wenig zu, okay?“
Erleichterung machte sich in mir breit, aber ich wagte es nicht, zu zeigen, wie froh ich über diese Worte war. Stattdessen nickte ich nur schnell und folgte ihr zögernd nach draußen.
Markus stand schon beim Traktor und überprüfte irgendetwas am Räumschild. Als er mich bemerkte, winkte er mir fröhlich zu. „Na, bist du bereit?“ Seine Stimme war freundlich, aber trotzdem schlich sich die Angst in meine Gedanken zurück. Ich biss mir auf die Lippe. Warum konnte ich nicht einfach normal sein? Warum hatte ich Angst vor jemandem, der mir nichts getan hatte?
Ich wünschte, ich wäre größer. Große Jungen haben keine Angst. Große Jungen sind mutig. Ich wollte auch mutig sein.
Aber als Markus mir eine Hand hinhielt, um mir auf den Traktor zu helfen, zuckte ich unwillkürlich zurück. Ich wollte nicht, dass er mich anfasst. Mein Herz klopfte viel zu schnell, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
„Alles gut, Florian“, sagte er ruhig und zog die Hand wieder zurück. „Du kannst auch alleine hochklettern, wenn du willst.“
Er wartete geduldig, ohne mich zu drängen. Ich wagte einen kurzen Blick zu Annette. Sie nickte mir ermutigend zu.
Also atmete ich tief ein, schob meine Angst beiseite – oder versuchte es zumindest – und kletterte vorsichtig auf den Traktor. Mein Herz pochte immer noch heftig, aber irgendwie… fühlte es sich auch ein bisschen aufregend an.
Markus folgte mir direkt in die Kabine, und kaum hatte er die Tür hinter uns geschlossen, spürte ich die angenehme Wärme. Draußen war es kalt gewesen, aber hier drinnen war es gemütlich – fast wie in einem Wohnzimmer auf Rädern.
Die Kabine war riesig! Überall waren Knöpfe, Hebel und Bildschirme. Die Sitze waren weich und bequem, und es gab so viel Platz, dass ich fast meine Füße ausstrecken konnte. Markus zeigte auf einen Sitz neben dem Fahrersitz. „Setz dich da hin, Florian.“
Vorsichtig kletterte ich auf den Sitz und ließ mich langsam darauf nieder. Ich fühlte mich ein bisschen klein in dieser großen Maschine. Markus setzte sich auf den Fahrersitz, legte eine Hand an den Schlüssel und startete den Motor.
Ein tiefes, brummendes Geräusch erfüllte die Kabine, und der ganze Traktor vibrierte leicht. Draußen konnte ich Annette sehen, wie sie uns zuwinkte. Ich hob zaghaft die Hand und winkte zurück.
Markus drehte sich zu mir. „Kann es losgehen?“
Ich sah ihn an und nickte vorsichtig. Eigentlich war ich schon ein bisschen aufgeregt, aber ich wollte mir nichts anmerken lassen.
Markus deutete auf eine der vielen Tasten an dem seltsamen Hebel mit all den Knöpfen neben sich. „Mit dieser Taste senken wir den Schneeschieber. Versuch es mal“, sagte er aufmunternd.
Ich sah auf die Knöpfe und schluckte. Es gab so viele! Zögernd hob ich die Hand und drückte vorsichtig auf die Taste, auf die Markus gezeigt hatte. Mit einem leisen Zischen bewegte sich der große Schneeschieber nach unten.
„Gut gemacht!“, lobte Markus, dann legte er den Gang ein. „Und jetzt geht’s los!“
Der Traktor setzte sich schwerfällig in Bewegung. Ich spürte, wie die mächtigen Reifen über den Schnee rollten, während Markus das Lenkrad mit ruhiger Hand hielt. Vor uns türmte sich eine dicke Schneeschicht auf, doch kaum berührte der Schneeschieber den Boden, wurde sie kraftvoll zur Seite geschoben. Große Schneemassen flogen nach rechts, sammelte sich in einem dichten Haufen am Rand der Einfahrt.
Ich beobachtete fasziniert, wie sich der Weg vor uns langsam freiräumte. Es war fast so, als würde der Traktor einen Tunnel durch den Schnee graben. Markus steuerte konzentriert, passte auf, dass er den Schnee nicht dorthin schob, wo er im Weg sein könnte.
Nach ein paar Minuten sah er mich an. „Willst du mal lenken?“
Mein Herz machte einen Sprung. Einerseits wollte ich es unbedingt ausprobieren – es sah so cool aus! Aber was, wenn ich es falsch machte? Was, wenn ich den Traktor irgendwo dagegen steuerte? Und was, wenn Markus dann sauer wurde?
Ich zögerte, unsicher, ob ich es wirklich wagen sollte.
Markus merkte es anscheinend und begann ruhig zu erklären. „Schau, hier ist das Gaspedal, aber wir fahren langsam, also musst du das gar nicht benutzen. Der Schneeschieber schiebt den Schnee zur Seite, und ich lenke so, dass die Straße frei wird. Wenn ich zurücksetzen muss, lege ich den Rückwärtsgang ein, hier.“ Er zeigte auf einen Hebel und zog ihn kurz.
Ich hörte aufmerksam zu, speicherte jedes Wort in meinem Kopf ab. Irgendwie half es, meine Nervosität ein bisschen zu beruhigen.
Dann sagte Markus beiläufig: „Der Traktor lenkt sich ganz leicht. Probier’s einfach mal.“
Ich schluckte, schob die Angst ein wenig zur Seite und stand vorsichtig auf. Mit zitternden Fingern griff ich nach dem Lenkrad und versuchte, es leicht zu drehen. Zu meiner Überraschung ging es wirklich einfach! Ich musste kaum Kraft aufwenden, um die Richtung zu ändern.
Plötzlich spürte ich, wie Markus mich vorsichtig auf seinen Schoß hob. Ich erschrak für einen Moment, mein Körper spannte sich an, und dann… dann wurde es warm in meiner Windel.
Mein Herz pochte wild, und für einen Moment hatte ich Angst, dass Markus es gemerkt hatte. Aber er sagte nichts. Er ließ mich einfach sitzen und lenken. Ich hätte mich vielleicht weiter Sorgen gemacht, doch dann wurde ich so von dem Gefühl, den riesigen Traktor zu steuern, abgelenkt, dass es mir egal wurde.
„Lenk dorthin, wo der Schnee noch liegt“, erklärte Markus ruhig. Manchmal griff er mit einer Hand leicht ein, um mich zu korrigieren, aber meistens ließ er mich machen.
Mit jeder Minute fühlte ich mich sicherer. Es machte Spaß! Ich lenkte den Traktor vorsichtig nach rechts, dann wieder ein bisschen nach links, während Markus darauf achtete, dass der Schnee ordentlich zur Seite geschoben wurde.
Langsam traute ich mich sogar, mich ein wenig zu entspannen. Vielleicht war es doch nicht so schlimm, mit Markus Zeit zu verbringen.
Markus war ganz still, außer wenn er mir sagte, wo ich hinlenken sollte. Das fand ich gut. So konnte ich mich besser konzentrieren. Ich wollte es richtig machen, keine Fehler machen. Das Gefühl, den großen Traktor zu steuern, war unglaublich. Es war, als wäre ich plötzlich jemand, der etwas Wichtiges tat, jemand, der gebraucht wurde.
Als der Hof schließlich komplett von Schnee befreit war, war ich fast ein bisschen traurig, dass es schon vorbei war. Es hatte riesigen Spaß gemacht. Ich hatte vorher nicht gedacht, dass ich mich so für so etwas begeistern könnte, aber jetzt? Jetzt freute ich mich schon darauf, irgendwann wieder fahren zu dürfen.
Wenn ich das am Montag Paul erzähle, macht der bestimmt Augen.
Ich stellte mir vor, wie er mich mit offenem Mund anstarrte. „Echt jetzt? Du bist Traktor gefahren?!“ Ja, das würde er bestimmt sagen. Ich konnte mir sein Gesicht genau vorstellen. Vielleicht würde er sogar ein bisschen neidisch sein.
Markus stoppte den Traktor, stellte den Motor ab und öffnete die Tür. „Na, dann wollen wir mal wieder raus.“
Ich kletterte vorsichtig aus der Kabine, meine Beine fühlten sich irgendwie wackelig an. Draußen war es immer noch kalt, aber ich spürte kaum etwas davon. Meine Gedanken waren noch ganz bei dem riesigen Traktor und dem Gefühl, ihn selbst gelenkt zu haben.
Markus klopfte mir sanft auf die Schulter und lächelte. „Weißt du was? Wenn ich das nächste Mal Schnee räume oder den Mist aus dem Kuhstall hole, kannst du gerne wieder mithelfen – wenn du möchtest.“ Seine Stimme klang aufrichtig und freundlich, als ob er es wirklich ernst meinte.
Ich sah ihn überrascht an, dann nickte ich eifrig. Und wie ich das wollte! Es war ein tolles Gefühl gewesen, den riesigen Traktor zu steuern, und die Vorstellung, es bald wieder tun zu können, ließ mich aufgeregt werden.
„Und solange kannst du ja mit dem Trettraktor üben“, fügte Markus mit einem Schmunzeln hinzu.
Ich zog eine Grimasse. „Aber der ist doch noch kaputt…“, murmelte ich leise.
Markus winkte ab. „Keine Sorge. Entweder schaffen wir das noch heute Nachmittag oder spätestens morgen. Das machen wir zusammen, damit du weißt, wie man sowas repariert.“
Ich sah ihn zögernd an. Zusammen?
Ich wusste nicht, ob ich das konnte. Ich hatte noch nie etwas repariert. Und wenn ich etwas falsch machte? Wenn ich alles nur noch schlimmer machte? Oder wenn Markus irgendwann die Geduld verlor, weil ich nicht schnell genug lernte?
Trotzdem nickte ich vorsichtig. Ich wollte es zumindest versuchen.
Ich glaube, Markus ist ganz okay.
Er war groß und kräftig, und das machte mir immer noch ein bisschen Angst, aber er war ruhig, nicht so laut wie andere Männer, und er war nicht böse auf mich, selbst als ich zuerst nicht hatte lenken wollen.
Ich hoffte nur, dass ich ihn nicht enttäuschen würde. Dass er nicht irgendwann doch wütend auf mich wurde.
„Geh am besten rein, ich kümmere mich jetzt um den Hühnerstall.“ Markus klopfte mir leicht auf die Schulter, bevor er sich abwandte.
Normalerweise zuckte ich zusammen, wenn jemand mich einfach so berührte, aber diesmal… diesmal machte es mir nichts aus. Vielleicht, weil ich noch immer voller Aufregung wegen der Traktorfahrt war. Vielleicht, weil Markus es ruhig und beiläufig getan hatte, ohne dass es sich unangenehm anfühlte.
Ich sah mich um und bemerkte plötzlich, dass Annette gar nicht mehr da stand. Wann war sie reingegangen? Ich hatte es nicht mal bemerkt. Ich war so sehr auf den Traktor konzentriert gewesen, dass ich alles andere um mich herum vergessen hatte.
Also machte ich mich auf den Weg ins Haus. Kaum öffnete ich die Tür, schlug mir eine Welle von Wärme entgegen. Draußen war es klirrend kalt gewesen, aber hier drinnen war es gemütlich. Der Unterschied war so groß, dass ich mich einen Moment lang einfach nur wohlfühlte.
Aus der Küche kamen leise Geräusche. Neugierig ging ich direkt dorthin, um zu sehen, was Annette machte.
Als sie mich bemerkte, drehte sie sich mit einem Lächeln zu mir um – doch dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Er wurde strenger.
„Florian, du sollst doch die Schuhe ausziehen, wenn du von draußen ins Haus kommst.“
Mein Herz rutschte mir in die Hose. Erschrocken sah ich an mir herunter – und dann auf den Boden. Spuren. Schnee und Dreck zogen sich hinter mir durch den Flur.
Oh nein.
Wie konnte ich das nur vergessen? Warum war ich so blöd und befolgte nicht einmal die einfachsten Regeln? Ich wusste es doch besser! Wieso musste ich immer alles falsch machen?
Ich wagte nicht, Annette anzusehen. Stattdessen drehte ich mich hastig um und lief zur Garderobe. Mit zitternden Fingern zog ich meine Schuhe aus, stellte sie ordentlich an ihren Platz, dann meine Jacke.
Tränen brannten in meinen Augen. Ich wollte nicht weinen, aber es passierte einfach. Warum kann ich nicht einfach normal sein?
Plötzlich spürte ich eine sanfte Hand auf meinem Kopf. Jemand streichelte mir behutsam über die Haare. Ich zuckte leicht zusammen und drehte mich langsam um.
Annette stand hinter mir und sah mich mitfühlend an. Ihre Augen waren weich, nicht wütend.
„Es ist alles gut, Florian. So schlimm ist es auch wieder nicht. Du musst in Zukunft nur daran denken. Sonst wird es im Flur ganz schnell schmutzig, und dann haben wir es irgendwann in allen Zimmern.“
Ich schluckte und nickte schnell. „Entschuldigung… ich habe es vergessen“, murmelte ich leise.
Annette lächelte und hockte sich auf meine Augenhöhe. Dann zog sie mich in eine warme Umarmung.
„Es ist alles gut, Florian. Ich weiß, dass du das nicht mit Absicht gemacht hast.“
Ich ließ mich in die Umarmung fallen, spürte ihre Wärme, ihren Trost. Langsam beruhigte sich mein Herz wieder. Vielleicht war es wirklich nicht so schlimm. Vielleicht musste ich nicht bei jedem Fehler Angst haben, dass jemand richtig böse auf mich wurde.
„Wie war das Traktor fahren mit Markus?“
Annette sah mich neugierig an, und sofort sprudelte es aus mir heraus. Ich erzählte aufgeregt, wie toll es gewesen war, dass ich selbst lenken durfte, wie riesig der Traktor war und wie der ganze Hof jetzt von Schnee befreit war. Und das Beste: Ich durfte später wieder mitfahren!
Annette lächelte breit. „Na siehst du, so gefällst du mir auch viel besser.“
Ich wurde ein bisschen rot, aber es fühlte sich gut an, dass sie sich mit mir freute.
„Willst du mir in der Küche helfen?“
Ich nickte sofort. Beim letzten Mal hatte das richtig Spaß gemacht, und ich mochte es, wenn ich etwas machen durfte. Also folgte ich ihr in die Küche.
Dort zog sie gerade einen großen Topf auf den Herd und rührte darin um. Es roch richtig gut – warm und würzig, ein bisschen nach Fleisch und Gewürzen.
„Wasch dir schnell die Hände“, erinnerte sie mich, „dann kannst du mir hier helfen.“
Ich flitzte in das kleine Badezimmer neben dem Eingang, drehte hastig den Wasserhahn auf und schrubbte meine Hände, bis sie ganz nass und seifig waren. Das kalte Wasser kitzelte ein bisschen an meinen Fingern, aber ich beeilte mich, damit ich schnell zurück konnte.
Als ich wieder in die Küche kam, sah ich, dass sie eine kleine Fußbank vor die Arbeitsfläche gestellt hatte. Neugierig kletterte ich darauf und spähte über den Rand des Holztisches. Von hier oben konnte ich endlich besser sehen, was sie machte. Ich schaute zu ihr hoch und wartete gespannt darauf, was ich tun durfte.
„Traust du dir zu, die alten Brötchen und das Brot in Würfel zu schneiden? Wir machen Semmelknödel. Das Gulasch ist schon fast fertig.“
Ich nickte eifrig und stellte mich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. Annette legte zwei Scheiben Brot übereinander und zeigte mir, in welche Größe ich die Würfel schneiden sollte.
„Pass aber bitte auf, das Messer ist scharf.“
Vorsichtig begann ich zu schneiden. Es war schwieriger, als es bei Annette aussah. Manchmal waren meine Würfel zu groß, manchmal zu klein, aber ich versuchte, es so gut wie möglich zu machen.
Konzentriert schnitt ich weiter die Brotwürfel, aber irgendwie war Annette viel schneller als ich. Während ich noch damit beschäftigt war, das erste Brot vorsichtig in Würfel zu schneiden, hatte sie schon mehrere Brotscheiben und sogar ein Brötchen in gleichmäßige Würfel geteilt. Ihre Hände bewegten sich flink, das Messer glitt mühelos durch das Brot, und ich konnte kaum hinterherkommen.
Dann nahm sie eine Zwiebel, schälte sie blitzschnell und hackte sie mit geübten Bewegungen in winzige Stücke. Ich versuchte, ihr Tempo zu halten, aber meine Würfel waren längst nicht so ordentlich und gleichmäßig wie ihre.
Plötzlich holte sie eine große Pfanne hervor und stellte sie auf den Herd. Ich beobachtete gespannt, wie sie ein großes Stück Butter hinein legte. Langsam begann es in der warmen Pfanne zu schmelzen, und der Duft von frischer Butter breitete sich in der Küche aus. Fasziniert sah ich zu, wie sie mit einem Holzlöffel die goldgelbe Flüssigkeit hin und her bewegte. Es knisterte leise, und ich fragte mich, was als Nächstes passieren würde.
„Wenn die Butter schäumt, kommen die Zwiebeln rein“, erklärte sie mir.
Ich beobachtete fasziniert, wie die Butter langsam zerfloss und anfing zu brutzeln. Als Annette die Zwiebeln hinein gab, zog sofort ein leckerer Duft durch die Küche. Es duftete warm und ein bisschen süßlich.
„Die müssen jetzt glasig werden“, sagte sie und rührte mit einem Holzlöffel um.
Während sie das machte, nahm sie eine kleine Dose und streute schwarzen Pfeffer in die Schüssel mit den Brotwürfeln.
„Pfeffer gibt den Knödeln mehr Geschmack“, meinte sie.
Ich nickte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich das mochte. Aber sie wusste bestimmt, was sie tat.
Nachdem die Zwiebeln weich waren, goss sie sie zu den Brotwürfeln und rührte alles einmal vorsichtig um.
„So, jetzt kommt noch Salz und Muskat dazu. Dann brauchen wir Eier – die darfst du aufschlagen.“
Meine Augen wurden groß. „Echt jetzt?“
Annette nickte und sah mich mit einem warmen Lächeln an. „Hast du das schon mal gemacht?“ fragte sie und hielt ein Ei in der Hand.
Ich blickte zu ihr auf, dann auf das Ei und schüttelte langsam den Kopf. „Nein“, antwortete ich leise.
„Na, dann zeig ich dir, wie’s geht!“ sagte sie fröhlich. Sie nahm das Ei vorsichtig in die Hand und hielt es mir hin. „Schau mal, du klopfst es ganz leicht auf die Kante von der Schüssel – nicht zu doll, sonst gibt’s eine Sauerei.“ Sie tippte das Ei sanft gegen den Rand, bis die Schale einen kleinen Riss bekam.
„Jetzt mit beiden Daumen vorsichtig auseinanderziehen.“ Sie hielt das Ei über die Schüssel und zog die Schale langsam auseinander. Das glibberige Innere glitt in die Schüssel, während die leere Schale in ihrer Hand zurückblieb.
Ich nahm das Ei vorsichtig in die Hand und spürte, wie glatt und kühl die Schale war. Annette hatte es so einfach aussehen lassen, also versuchte ich es genauso. Ich hob das Ei an und klopfte es gegen den Rand der Schüssel – doch nichts passierte. Kein Riss, gar nichts.
„Etwas fester“, ermutigte Annette mich.
Also versuchte ich es nochmal, diesmal mit mehr Schwung. Knack! Das Ei platzte… aber nicht so, wie ich es wollte. Statt eines schönen Risses hatte ich eine Delle gemacht, aus der ein bisschen Eiweiß herauslief. Ich sah Annette unsicher an, doch sie lachte nur. „Noch ein Versuch! Du schaffst das.“
Beim dritten Mal gelang es endlich! Ich klopfte das Ei an der Schüssel an und zog die Schale vorsichtig auseinander. Doch gerade als das Eigelb in die Schüssel plumpste, rutschte mir ein kleines Stück Schale mit hinein.
„Ups…“ murmelte ich und wollte es schon mit den Fingern herausfischen, aber Annette hielt mich sanft zurück. „Kein Problem, das passiert jedem mal.“ Mit schnellen Fingern griff sie nach dem kleinen Stück Schale und fischte es aus der Schüssel. „So, jetzt nochmal. Probier’s gleich mit dem nächsten Ei, du hast den Dreh raus!“
Diesmal ging ich etwas sicherer an die Sache heran. Ich klopfte das Ei auf den Rand der Schüssel, spürte den Riss unter meinen Fingern und zog die Schale vorsichtig auseinander. Platsch! Das Ei glitt perfekt in die Schüssel, ohne dass ein Stück Schale hinterher viel. Ich grinste stolz.
„Siehst du? Geht doch!“ lobte Annette. Ich nickte zufrieden – vielleicht war ich ja doch gar nicht so ungeschickt.
Dann reichte sie mir einen Messbecher mit warmer Milch. „Gieß das vorsichtig dazu“, sagte sie mit einem Lächeln.
Behutsam kippte ich die Milch in die Schüssel und beobachtete, wie sie sich mit den anderen Zutaten vermischte. Als der letzte Tropfen hineingeflossen war, blickte ich gespannt zu Annette. „Und was kommt jetzt?“
Annette grinste. „Jetzt kommt das Beste: Wir müssen alles mischen.“
„Wie denn?“
Sie lachte. „Mit den Händen. Wasch dir nochmal die Hände.“
Ich tat, was sie sagte, und zurück an der Schüssel krempelte sie mir die Ärmel hoch. Dann durfte ich endlich loslegen.
Kaum tauchten meine Finger in die Masse, zuckte ich kurz zusammen. Es fühlte sich… komisch an. Warm und klebrig, aber auch weich. Trotzdem machte es irgendwie Spaß. Ich knetete vorsichtig, drückte und vermischte alles. An manchen Stellen war die Masse noch ganz trocken, da musste ich besser mischen.
„Jetzt fehlen noch Semmelbrösel“, meinte Annette und streute eine große Handvoll in die Schüssel.
Ich rührte weiter, und langsam wurde der Teig fester und nicht mehr so klebrig. Annette machte dasselbe neben mir und lachte, als ich eine Handvoll Teig vorsichtig zerdrückte.
„Na, lustig, oder?“
Ich grinste vorsichtig und nickte.
Nachdem alles gut vermischt war, stellte Annette eine kleine Schüssel mit Wasser neben mich.
„So, jetzt machen wir kleine Knödel daraus. Pass auf.“
Sie machte ihre Hände nass und formte geschickt eine runde Kugel aus der Masse.
Ich versuchte es auch, aber es war gar nicht so einfach! Meine Knödel waren erst eher unförmige Klumpen. Aber nach ein paar Versuchen wurde es besser.
Auch wenn meine Knödel nicht so schön rund waren wie ihre – es machte richtig Spaß!
Annette ließ die Klöße vorsichtig in einen großen Topf mit heißem Wasser gleiten. Ich beobachtete gespannt, wie sie langsam nach unten sanken. Eine Weile passierte nichts, doch dann begannen sie sich zu drehen und stiegen plötzlich wieder nach oben.
„Wenn sie oben schwimmen, sind sie fertig“, erklärte Annette.
Mit einer großen Kelle, die ganz viele Löcher hatte, fischte sie die Knödel nacheinander aus dem Topf und legte sie auf einen großen Teller. Der Dampf stieg auf und der Geruch von den Semmelknödeln vermischte sich mit dem würzigen Duft des Gulaschs.
„Na, was sagst du? Die sehen doch gut aus.“
Ich nickte zögerlich. Sie sahen tatsächlich ganz anders aus als die, die ich aus der Schule kannte.
„Magst du Semmelknödel?“ fragte Annette.
Ich zuckte mit den Schultern. „In der Schule schmecken sie meistens nicht so gut… und von Zuhause kannte ich sowas gar nicht.“
Annette sagte nichts dazu, sondern lächelte nur sanft. „Na, dann bin ich gespannt, was du zu diesen hier sagst.“
Ich war mir selbst nicht sicher, aber zumindest roch es gut. Vielleicht schmeckten sie ja doch besser als die aus der Schulkantine.
Vor zwei Wochen hätte ich mich einfach nur gefreut, überhaupt etwas zu essen zu bekommen. Da war es egal gewesen, ob es trockenes Brot oder kalte Nudeln waren – Hauptsache, mein Magen hörte auf zu knurren. Aber jetzt stand ich hier in einer warmen Küche, durfte helfen und etwas Frisches zubereiten.
„So, jetzt sind wir mit dem Essen auch fertig. Du hast mir toll geholfen!“, lobte mich Annette und strich sich die Hände an einem Küchentuch ab. „Wenn du möchtest, können wir jetzt in dein Zimmer gehen, und du kannst mir zeigen, wie weit du mit deiner Lego-Eisenbahn bist.“
Ich schaute zu ihr auf, überrascht und aufgeregt zugleich. Au ja! Bisher hatte sich noch nie ein Erwachsener wirklich dafür interessiert, womit ich spielte. Meistens spielte ich allein, weil niemand fragte oder es einfach nicht wichtig fand. Aber Annette wollte es wirklich sehen!
Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer vor Freude, und ich konnte es kaum abwarten. Schnell rannte ich die Treppe hinauf in mein Zimmer, kramte die Anleitung hervor und breitete sie auf dem Boden aus. Gestern war ich mit Sebastian richtig weit gekommen – er hatte mir geholfen, die schwierigeren Teile zusammenzubauen, und es hatte so viel Spaß gemacht.
Kurz darauf kam Annette in mein Zimmer und hielt mir eine Trinkflasche hin. „Damit du auch genug trinkst“, sagte sie sanft.
Ich nahm sie entgegen, drehte den Deckel auf und nahm einen großen Schluck. Es war Früchtetee – warm und süß. Ich mochte den Geschmack. Dann wischte ich mir mit dem Ärmel über den Mund und zeigte ihr stolz, was ich schon alles gebaut hatte.
„Die Lok läuft mit Batterien, und sie kann von alleine fahren!“, erklärte ich und schob sie vorsichtig ein Stück über die Schienen. „Und hier ist der Eisenbahnwaggon mit dem Kran. Schau mal!“ Ich griff nach der kleinen Kurbel an der Seite und drehte sie langsam. Das Seil bewegte sich hoch und runter, genau wie in der Anleitung beschrieben.
Annette beugte sich interessiert vor und nickte anerkennend. „Das sieht richtig toll aus! Und was fehlt noch?“
„Wir müssen noch den Geldtransporter bauen“, sagte ich und zeigte auf die Anleitung. „Und den Abschleppwagen, den mir Sebastian gestern geschenkt hat.“
Annette hörte mir aufmerksam zu und nickte. „Das klingt nach einem spannenden Bauprojekt! Wie kann ich dir helfen?“
Mein Herz klopfte ein bisschen schneller. Sonst erklärten mir immer die anderen, wie etwas funktionierte – aber jetzt durfte ich mal erklären! Ein wenig stolz sagte ich: „Ich kann dir zeigen, wie man die Anleitung liest. Da steht genau drin, welche Teile man braucht.“
Annette lächelte. „Super, dann sag mir, was du brauchst, und ich reiche dir die Teile.“
Sie setzte sich zu mir auf den Boden, und es fühlte sich genauso an wie gestern mit Sebastian. Während ich konzentriert baute, suchte Annette die richtigen Bausteine heraus und legte sie mir zurecht. Immer wieder erinnerte sie mich daran, zwischendurch etwas zu trinken, und ich nahm brav kleine Schlucke aus meiner Flasche.
Während wir bauten, spürte ich immer wieder, dass ich in die Windel pullerte, aber es störte mich überhaupt nicht. Ich musste nicht aufstehen, ich musste mich nicht beeilen, es wurde einfach sofort aufgesogen. Und das Wichtigste war: Ich konnte mich ganz auf mein Lego konzentrieren.
Nach einer Weile war die Eisenbahn endlich komplett fertig. Ich schaute stolz auf das fertige Modell. Aber dann fiel mir auf, dass noch ein paar Teile übrig waren. Stirnrunzelnd blätterte ich durch die Anleitung, aber ich war mir ziemlich sicher, dass wir nichts vergessen hatten.
Annette betrachtete die übrig gebliebenen Steine und sagte: „Wir können später ja mal Sebastian fragen. Vielleicht findet er heraus, wo die hingehören.“
Ich nickte. Das war eine gute Idee. Sebastian wusste immer so viel, vielleicht fiel ihm ja etwas auf.
Gerade wollte ich die Schachtel mit dem Abschleppwagen aufmachen, als Annette sanft sagte: „Das kannst du später mit Sebastian aufbauen. Er freut sich bestimmt, wenn er nochmal mit dir bauen darf.“
Ich hielt inne und überlegte kurz. Dann lächelte ich. Ja, das stimmte. Es war schön, mit jemandem zusammen zu bauen. Und wenn ich wartete, konnten wir das gemeinsam machen – so wie gestern. Ich klappte die Schachtel wieder zu und freute mich schon auf später.
„So, jetzt gehen wir uns die Hände waschen und dann decken wir den Tisch, ja?“ sagte Annette mit einem freundlichen Lächeln.
Ich hätte eigentlich lieber noch ein bisschen weiter mit ihr Lego gebaut. Es war so schön gewesen, dass sie sich für meine Eisenbahn interessiert hatte, und ich wollte am liebsten einfach weitermachen. Aber ich nickte brav und stand auf.
Gerade als ich zur Tür gehen wollte, hielt Annette mich sanft zurück. „Ich glaube, deine Windel müssen wir vorher schnell frisch machen,“ meinte sie leise. „Die zeichnet sich schon ziemlich stark unter deiner Hose ab. Ich glaube, die hält nicht mehr viel aus.“
Überrascht drehte ich mich zu ihr um und schaute an mir herunter. Jetzt, wo sie es sagte, fiel es mir auch auf. Während des Bauens hatte es mich gar nicht gestört – ich hatte einfach weitergespielt und gar nicht darüber nachgedacht. Aber jetzt, wo sie mich direkt darauf hinwies, wurde mir plötzlich mulmig. Ich spürte, wie meine Wangen warm wurden, und ich wollte mich am liebsten wegdrehen.
Annette bemerkte sofort meine Unsicherheit. „Florian, das ist nichts Schlimmes,“ sagte sie beruhigend. „Wir wissen alle, dass du nichts dafür kannst. Und ich bin da, um dir zu helfen.“
Langsam lief ich mit gesenktem Kopf zurück zu ihr. Ich fühlte mich immer noch unwohl, aber gleichzeitig wusste ich, dass Annette mich nicht auslachte oder böse war. Sie hob mich sanft auf mein Bett und legte mir kurz eine Hand auf die Schulter.
Dann zog sie mich in eine warme Umarmung. „Du bist toll, so wie du bist, Florian,“ sagte sie leise. „Du musst dich wirklich nicht schämen.“
Ich drückte mein Gesicht kurz gegen ihre Schulter. Es war schön, das zu hören. Auch wenn es mir trotzdem noch ein bisschen unangenehm war, fühlte ich mich bei ihr sicher.
Behutsam half sie mir, die Hose herunterzuziehen, und machte mich sauber. Als die alte Windel aufging, sah ich, wie voll sie wirklich war. Kein Wunder, dass sie nicht mehr viel ausgehalten hätte.
Nachdem ich eine frische Windel anhatte und wieder angezogen war, fühlte ich mich gleich viel besser. Es war angenehm trocken, aber ich bemerkte, dass sich die Windel, wenn sie nass war, irgendwie weicher anfühlte. Es war ein seltsames Gefühl… aber irgendwie mochte ich es.
Annette rollte die volle Windel zusammen und reichte sie mir. „Bring sie bitte in den Windeleimer im Badezimmer, ja?“
Ich nickte und machte mich sofort auf den Weg. Es war inzwischen ganz normal für mich geworden, und es störte mich nicht, es selbst wegzubringen. Annette folgte mir, wusch sich die Hände und wartete, bis ich das ebenfalls tat.
Dann gingen wir zusammen nach unten. Mein Bauch fing an zu knurren – ich freute mich jetzt doch ein bisschen auf das Essen.
Wir gingen direkt in die Küche, und Annette nahm die Teller aus dem Schrank. Sie reichte sie mir mit einem Lächeln, und ich nahm sie vorsichtig in beide Hände. Konzentriert trug ich sie ins Esszimmer und stellte sie auf den Tisch. Ich wollte bloß nichts fallen lassen!
Dann kam ich zurück in die Küche, und Annette gab mir das Besteck. Ich balancierte die Messer, Gabeln und Löffel in meinen Händen und versuchte, sie nicht durcheinanderzubringen, während ich sie ebenfalls ins Esszimmer brachte. Danach waren die Gläser dran – die transportierte ich lieber in zwei Runden, weil sie mir sonst zu wackelig waren.
Als ich mit allem fertig war, stand Annette am Herd und rührte im Topf. Der Duft des Essens zog durch die Küche, und mein Magen knurrte leise.
„Du kannst ja draußen nach Markus schauen und ihn zum Essen holen,“ sagte sie, ohne sich umzudrehen. „Und wenn Sebastian zurück ist, bringst du ihn auch gleich mit.“
Ich nickte eifrig. Draußen jemanden holen – das konnte ich!
Aber dann fügte sie noch hinzu: „Zieh dir bitte deine Winterschuhe an, eine Jacke und eine Mütze. Und wenn du wieder reinkommst, vergiss bitte nicht, alles wieder auszuziehen, ja?“
Ich nickte erneut. „Ja, ich denke dran!“ So etwas würde mir bestimmt nicht noch einmal passieren.
Nachdem ich mich angezogen hatte, lief ich nach draußen. Ich freute mich schon auf das Essen.
Draußen entdeckte ich Sebastians Auto. Er stand gerade an der Beifahrertür. Ich wollte ihm Bescheid geben, dass es Essen gibt, und rannte los.
Doch als ich näher kam, blieb ich abrupt stehen. Mein Herz setzte für einen Moment aus. Das war nicht Sebastian. Es war Pierre.
Er hatte sein Handy am Ohr und sprach mit jemandem. Instinktiv wollte ich mich umdrehen, zurück ins Haus laufen. Aber er sollte doch bestimmt auch zum Essen kommen … Dann hörte ich, was er sagte.
„Ja, ich habe das Zeug geholt … Aber ich brauche die Kohle, wenn ich es vorbeibringe! Die machen mir sonst die Hölle heiß! … Nein, verdammt … Der weiß von nichts, er glaubt, dass ich bei meiner Mutter war … Ja, ich liebe dich auch …“
In diesem Moment drehte er sich um. Unsere Blicke trafen sich.
Ein leises „Fuck“ entfuhr ihm. Hastig steckte er sein Handy weg. Seine Augen huschten nervös umher, als würde er nach jemandem suchen.
„Bist du allein?“ fragte er mit einem merkwürdigen Blick.
Mein Körper erstarrte. Ich wollte wegrennen – einfach umdrehen und verschwinden. Doch meine Beine gehorchten mir nicht. Mein Atem ging schneller. Angst breitete sich in mir aus. Große Angst. Pierre machte mir Angst.
Er schaute sich erneut um, dann sah er mich wieder an.
„Was hast du gehört?“ Seine Stimme war ruhig, doch in seinem Blick lag etwas Kaltes.
Ich konnte nichts sagen. Ich wagte nicht einmal zu schlucken.
Pierre trat einen Schritt näher, senkte die Stimme, wurde eindringlicher. „Florian, es ist wichtig, dass du mir jetzt sagst, was du gehört hast. Verstehst du?“
Langsam schüttelte ich den Kopf. Mein Verstand schrie nach Flucht, aber mein Körper blieb wie angewurzelt stehen. Ich setzte vorsichtig einen Fuß rückwärts.
„Stopp!“ fuhr er mich an. „Du bleibst hier, oder ich sorge dafür, dass du zurück zu deinen Eltern kommst! Und dann kannst du die Prügel deines Lebens erwarten. Willst du das?“
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Mein Magen zog sich zusammen. Ich spürte, wie Tränen in meine Augen stiegen. „Nein …“ flüsterte ich. Mein Schluchzen erstickte fast meine Stimme. „Bitte nicht …“
„Dann sag mir jetzt, was du gehört hast.“
„Nichts!“ schluchzte ich leise.
Pierre kniff die Augen zusammen. „Das glaube ich dir nicht.“ Er schüttelte den Kopf, murmelte mehr zu sich selbst als zu mir: „Was mache ich jetzt mit dir?“
Warum war das so wichtig? Warum durfte ich nichts wissen?
Dann drehte er sich plötzlich zum Auto um, öffnete die Tür und griff nach einem Rucksack. Er wühlte darin, zog eine kleine Flasche heraus. Danach nahm er eine Dose aus der Beifahrertür.
Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. Mein Magen zog sich zusammen.
Pierre öffnete die Dose, ließ vorsichtig ein paar Tropfen aus der Flasche hineinfallen. Dann schwenkte er die Dose leicht, als würde er den Inhalt vermischen. Schließlich hielt er sie mir hin.
„Du musst das jetzt trinken. Dann wird alles gut.“
Mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich schüttelte panisch den Kopf. Tränen liefen mir über die Wangen.
„Wenn du das nicht trinkst,“ sagte Pierre mit kalter Stimme, „wird Markus richtig böse auf dich. Und dann musst du heute noch zu deinen Eltern zurück.“
Mein ganzer Körper bebte. Ich konnte nicht zurück. Niemals.
Meine Finger zitterten, als sie nach der Dose griffen. Ich hob sie langsam an die Lippen. Ein kleiner Schluck.
Süß. Viel zu süß. Kalte Kohlensäure brannte auf meiner Zunge. Der Geschmack war fremd, künstlich – fruchtig, aber auch chemisch. Es war nicht wie Saft. Nicht wie Limo. Anders.
Nach wenigen Schlucken spürte ich es. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Erst nur ein wenig. Dann stärker. Meine Hände zitterten. Es kribbelte in mir, als würde ich plötzlich wacher.
Aber dann … etwas anderes.
Mein Kopf fühlte sich leicht an, mein Körper schwer. Mein Magen zog sich unangenehm zusammen. Mir wurde schwindelig.
Pierre beobachtete mich genau. „Trink es aus.“
Ich schüttelte den Kopf. Mir war plötzlich schlecht. Meine Finger fühlten sich taub an. Irgendetwas stimmte nicht. Mein Körper schwankte. Meine Knie wurden weich. Mein Herz raste.
Dann – im Augenwinkel – sah ich Annettes Auto auf den Hof fahren.
Ich wollte rufen. Aber mein Mund fühlte sich komisch an. Meine Zunge gehorchte mir nicht mehr.
Alles verschwamm. Mein Atem ging schneller. Mein Körper fühlte sich schwer und leicht zugleich an.
Ich wollte schreien.
Aber dann wurde alles schwarz.
Fortsetzung folgt….
Autor: michaneo | Eingesandt via Mail
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden.
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Wow, mit dieser Wendung hätte ich nicht gerechnet. Jetzt wird das Warten auf den nächsten Teil auf jeden Fall seeehr lange….. 🙂
Auch dieses Kapitel ist sehr sehr gut!!!!
Es freut mich, dass ich dich mit der Wendung überraschen konnte! Der nächste Teil ist inzwischen fertig und wurde heute zum Korrekturlesen geschickt. Es kann allerdings noch etwas dauern, da er diesmal wieder ziemlich lang geworden ist.
Ich hoffe das alles in guten endet für florian
Das hoffe ich auch – sonst könnte ich die Geschichte ja gar nicht weiterschreiben.
😉
Mich macht dieses Kapitel zum Ende hin etwas sprachlos und lässt meinen Kopf rauchen! Gerne würde ich wissen, was mit Pierre auf einmal los ist und warum er jetzt den Florian so erpresst und ihn dazu zwingt, eine Droge zu trinken?
Ich glaube das Pierre sein böses Spiel schon länger betreibt und Florian ausschalten will um nicht aufzufliegen. Ich drücke ihm ganz fest die Daumen das es für ihn gut ausgeht und er in der Familie bleiben darf.
Ich würde sagen, du bist auf der richtigen Spur… Und natürlich hoffe ich auch, dass es für Florian gut ausgeht.
Wie so oft im echten Leben – man kann seinem Gegenüber immer nur bis vor die Stirn schauen. Natürlich habe ich mir auch Gedanken über Pierres Denkweise und seine Beweggründe gemacht. Da er aber nicht zu den Hauptfiguren gehört, ist es schwierig, seine Gedanken direkt zu schildern. Dennoch wird er im Laufe der Geschichte nicht darum herumkommen, seine Motive offenzulegen.
Oh mein Gott das darf nicht war sein es lief grade so gut für ihn das hat er nicht verdient Ich hoffe das alles gut wird
Ein bisschen Spannung gehört zu jeder guten Geschichte – sonst wird sie mit der Zeit doch etwas eintönig, finde ich. Auch im echten Leben kann sich alles von einem Moment auf den nächsten ändern: Eben war noch alles in Ordnung, und plötzlich gerät die ganze Welt aus den Fugen. Wichtig ist, dass am Ende alles gut wird. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es eben noch nicht das Ende.
Danke
Aber der letzte Rest mit piere war nicht mehr schön
Las den einfach weg bitte
Es gehört einfach zur Geschichte dazu. Für Florian und seine neue Familie ist es zwar eine schwierige Situation, aber sie trägt auch etwas Gutes in sich – selbst wenn das nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.
Gerade jetzt wo Florian anfängt etwas Vertrauen zu haben, bekommt er wieder ein Problem. Ich hoffe doch das Sebastian oder sogar Markus ihn vor großem Schaden bewahren können damit er endlich glücklich sein kann, und es genießen kann ein Kind zu sein.
Ja, schade, dass es diesen Rückschlag gibt. Aber wenn alles zu glatt läuft, wird es mit der Zeit auch ein wenig langweilig. Zwei Schritte vor, einer zurück – so fühlt es sich manchmal an. Aber immerhin: Es geht voran!
Ich hoffe Pierre bekommt seine Strafe und Florian geht es gut.
Florian ist schließlich unser Hauptprotagonist – ohne ihn gäbe es die Geschichte gar nicht. Auch wenn ich parallel noch eine andere Geschichte fertigstellen müsste, die ich schon eine ganze Weile vor mir hergeschoben habe, und noch einige Ideen für neue Projekte im Kopf herumschwirren, geht es in Florians Welt auf jeden Fall noch ein Stück weiter. Und Pierre… tja, da kann ich leider nichts verraten, ohne zu spoilern.
Diesemal kann ich leider keine Sterne vergeben.
Die Geschichte hätte zwar 5 verdient aber am Ende der Geschichte gäbe es von mir „-10☆“ Es sei denn Pierre wird von der Polizei als Drogenbandenführer abgeführt und Florian bekommt einen Orden.
Ich sagte ja schon, dass ich gerne wissen würde, was mit Pierre auf einmal los ist, weil nach dieser Szene mein Kopf ebenfalls anfing zu rattern. Ich hoffe auch zu erfahren, warum Pierre überhaupt so ein böses Spiel begann, was Florian definitiv nicht verdient hat! Ich konnte genau wie du keine Sterne für dieses Kapitel geben!
So ging es auch
Auch wenn dieser Abschnitt offenbar die Gemüter spaltet, würde ich ihn jederzeit wieder so schreiben – einfach, weil es sich für mich stimmig und richtig anfühlt. Selbst mein Korrekturleser meinte, dass ihm zumindest das Ende nicht ganz zugesagt hat – ihr seid also nicht allein mit eurer Meinung. Ich hoffe trotzdem, dass euch die kommenden Teile wieder mehr zusagen und euch die Geschichte weiterhin fesselt.“l
Wie schon oben erwähnt: Zu Pierres Beweggründen kann ich leider nichts sagen, ohne zu viel vorwegzunehmen. Und was die Sterne angeht – sie sind ja dazu da, dass jeder nach seinem persönlichen Empfinden bewerten kann. Natürlich freue ich mich über volle fünf Sterne, aber ich weiß auch, dass man es nie allen recht machen kann. Eine Geschichte zu schreiben, die jedem Geschmack entspricht, ist schlicht unmöglich. In diesem Sinne: Konstruktive Kritik ist mir genauso wichtig wie Lob – vielen Dank dafür!
Also ich seh das total anders. Nur weil die Geschichte eine heftige Wendung genommen hat, verdient sie trotzdem eine gute Bewertung. Gerade deshalb eigentlich, sie wird ja noch spannender jetzt.
Edit: Da vertipp ich mich doch glatt beim eigenen Namen und merk es nicht mal
Es ist ja nicht das Ende der Geschichte – sie geht auf jeden Fall weiter. Was Pierres Konsequenzen angeht, kann ich allerdings nichts verraten, ohne zu spoilern. Und was die Sterne betrifft: Du bist da nicht der Einzige, dem es so geht – aber damit muss ich wohl leben. Konstruktive Kritik ist natürlich immer willkommen! Ich finde es wichtig, eine gewisse Spannung in der Geschichte zu bewahren. Wenn für Florian alles nur perfekt laufen würde, würde die Geschichte irgendwann ihren Reiz verlieren.