Die Geheimnisse der Kerkwald Geschwister (18)
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Was bisher geschah:
Es ist Herbst geworden in Kleinfeldern, einem kleinen Dorf irgendwo in der Provinz das wirkt, als wäre es zur Erläuterung des Adjektives „verschlafen“ erfunden worden. Umgeben von dichten, hohen Nadelbäumen zwischen denen, wenn es nach Jakob und seiner Bande geht, ein Geheimnis schlummert. Durch unterschiedliche Art und Weise haben sich die drei Kinder der Familie Kerkwald in ihre jeweils eigenen Geheimnisse verstrickt:
Jakob, das Nesthäkchen in der Familie, wird bald Elf. Das ist kein Geheimnis. Was er hingegen vor den meisten anderen Menschen verborgen hält, sind seine Windeln. Ja, Windeln. Pampers. Schon immer hatte Jakob Probleme damit, rechtzeitig auf Toilette zu gehen, selbst noch als Zehnjähriger. Fand er eigentlich immer ganz ganz schlimm, wenn seine Sicherheits-Pullups nasswurden, weil er erst zu spät gemerkt hat, dass er aufs Klo musste. Doch seit ein paar Wochen stört ihn das gar nicht mehr: Im Gegenteil: Plötzlich hat er herausgefunden, dass er seine Pampis eigentlich total toll findet. Nur seine Mutter kann sich nicht damit abfinden, dass sich der Junge wieder so oft in die Hose macht und versucht nun, an Jakobs Stolz zu appelieren: Ausgerechnet, indem sie ihm die Pullups wegnimmt und ihn dazu verdonnert, Pampers zu tragen …
Die fünfzehnjährige Robin, sonst das Musterkind ihrer Familie, deckt plötzlich ihre beste Freundin, die nichts Geringeres als eine Art Rachefeldzug gegenüber dem Bürgermeister durchführt. Blöderweise kommt ihr dabei ausgerechnet ihr geliebter kleiner Bruder Jakob in die Quere. Denn der hat genau das herausgefunden, was er nicht hätte Entdecken sollen: Dass seine große Schwester ihn belogen und getäuscht hat.
Der größte der dreien, David, hat hingegen ein Geheimnis, das so ungeheuer ist, dass er es sogar vor sich selbst verschlossen hält: Er steht auf Jungs! Genauer gesagt auf den neuen im Dorf, den mysteriösen Nick, der über allen Dingen zu schweben scheint.
Kapitel 17
Von Täuschung und Verrat
„Ich bin ganz brav!“, lächelte Dave bemüht ironisch die Antwort auf Franzis Bitte, der Sechzehnjährige möge sich doch dieses Mal bitte mit Nick vertragen und nicht wieder einen Streit anzetteln, da zupfte grade wieder der kleine Jakob an Franzis Jacke. Er drückte beide Hände zwischen seine Beine und zappelte nervös umher: „Fraaaanzii, kann ich mal bei euch aufs Klooo?“
Franzi schaffte es nicht ganz, ihr Kichern zu unterdrücken, während Robin sich eingestehen musste, dass sie es eigentlich gar nicht so toll fand, dass Jakob jetzt plötzlich doch aufs Klo wollte. Er konnte doch einfach weiter süß in die Pampi pullern!
Sie unterdrückte den Impuls, ihren kleinen Bruder vom Toilettengang abzulenken.
„Äh klar“, antwortete die Bauerstochter: „Einfach durch die große Tür rein und zweimal links!“, erklärte sie: „Den Schlüssel hast du ja bereits!“
Jakob nickte. Den Schlüssel hatte er bereits.
Doch obwohl er, das war für alle Anwesenden offensichtlich, dringend zu müssen schien, rannte er nicht sofort los, sondern drehte sich stattdessen zu seiner Schwester um.
„Knuuuuuddeln!“, quiekte er und umarmte die überraschte Fünfzehnjährige.
„Jakob, was ist denn mit dir …“, wunderte die sich und streichelte instinktiv Jakobs Rücken.
Doch genauso schnell, wie er sie begommen hatte, löste Jakob die Umarmung auch wieder auf: „Ups, is doch so dringend jetzt! Sorry!“, erklärte er sich und flitzte schnurstracks aus dem Laden hinaus in den Innenhof.
„Ey unser kleiner Bruder ist echt nen fucking Retard“, ätzte David: „Wie so’n Kleinkind …“
Klar, das David wieder rumnerven musste, dachte Jakob sich, bevor er die grün-rostige Stahltüre von außen zuschlagen hörte.
Doch das war ihm egal.
Mit dem überlegenen Grinsen eines erfolgreichen Geheimagenten lies er ein silber-schwarzes Nokia-Handy aus seinem rechten Jackenärmel rutschen.
Er hatte die Jugendlichen alle an der Nase herumgeführt!
Während er seine Schwester umarmt hatte, hatte Jakob ihr das kleine Mobiltelefon aus der linken Gesäßtasche geklaut. Jakob war sich sicher: Es war wohl besser, Robin in dieser Angelegenheit erstmal nicht um Hilfe zu bitten. Immerhin war Franzi ihre beste Freundin. Bevor er sie, einen Erwachsenen oder sogar die Polizei einweihen konnte, brauchte er erstmal Beweise. Und Beweise würde er wohl nirgends besser finden können als im Zimmer der Täterin. Doch trotzdem sein erster Instinkt, nachdem die Schlüssel in seiner Hand gelandet waren, war gewesen, Verstärkung zu rufen, entsprechend hatte er sich kurzerhand das Handy besorgt.
Die Farbbomben. Die Schilder, von denen sein Vater erzählt hatte. Der Brand! Möglicherweise war das alles Franzi gewesen!
Flink und geübt löste der Zehnjährige die Tastensperre und tippte eine Nummer in das Gerät ein: 05801 – 666
Die Nummer war, sofern man die Großfeldener Vorwahl kannte, äußerst leicht zu merken.
Das Freizeichen ertönte.
Mit klopfendem Herzen hielt sich Jakob das kalte Mobiltelefon an sein Ohr und steckte den rostigen, gusseisernen Schlüssel, zu dem er eine halbe Woche lang verbissen versucht hatte, das passende Schloss zu finden, in die Türe ein. Die verloren geglaubten Schlüssel. Niemals hätte Jakob erwartet, auf diese Art und Weise wieder ihren Besitz zu erlangen.
Der Piepton des Telefons erklang zum dritten Mal.
Der zehnjährige Meisterdetektiv klemmte sich das Mobiltelefon zwischen Ohr und Schulter, während er beide Hände nutzen musste um die schwere Tür aufzuschieben.
Niemand hob ab.
„Hallooo?“, fragte Jakob zögerlich in den Flur hinein. Das Licht war aus und es augenscheinlich war grade niemand im Haus, doch er wollte sich noch einmal vergewissern.
Während er immer noch darauf wartete, dass Jemand am anderen Ende der Leitung abhob, machte Jakob an der Garderobe halt und entledigte sich seiner matschbraunen Klettverschlusschuhe. Bloß keine Spuren hinterlassen. Außerdem konnte er ohne Schuhe leiser schleichen.
Endlich klackte es in der Leitung
„Guten Tag“, klang eine tiefe, ruhige und deutliche Männerstimme aus dem Hörer.
Jakob seufzte stumm.
„Sie haben den Anrufbeantworter der Familie Knopp in Kleinfeldern erreicht. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton. Ich rufe schnellstens zurück.“
666. Ereilte einen in Kleinfeldern ein Notfall, alarmierte man entweder die Polizei, unter der 110, die Feuerwehr, unter der 112 oder eben den Bürgermeister – 666. Im Dorf erzählte man sich, dass die Knopps damals zu Reichspostzeiten einen der ersten Telefonapperate im gesamten Vorwahlbezirk installieren ließen und durch gute Beziehungen diese einschlägige Nummer erhielten und über das Jahrhundert stets weiterverwendeten.
Doch bei dem, was Jakob vorhatte, konnte ihm der Bürgermeister nicht helfen. Jedenfalls noch nicht: „Hallo Max, hier ist Jakob. Ich weiß jetzt, wer der Attentäter ist, besser gesagt die Attentäterin: Franzi!“, Jakob schnappte kurz nach Luft, während er überlegte, was für Anweisungen er Max erteilen sollte. Verdammt, er brauchte doch Unterstützung! „Äh … wenn du das hörst … komm einfach zum Sellershof und …“, er stockte. Macht es Sinn, sich hier zu treffen? Er korrigierte sich: „ … äh ne, lass uns bei mir treffen erstmal! Wir brauchen Ausrüstung!“
Der Zehnjährige lies das Handy sinken und beendete resigniert den Anruf resigniert. Mit klopfendem Herzen schlich er durch den breiten Flur während er mit seinen Fingern durch das Adressbuch des Handys scrollte.
Bestimmt hatte seine Schwester ihn als Kontakt!
Musste sie einfach.
Verdammt, warum hatte er noch kein eigenes Handy? Er hätte sich wirklich eines zum Geburtstag wünschen sollen.
Da!
Jakob hielt sich das Mobiltelefon erneut ans Ohr.
„Hey Rob, was gibts?“, tönte endlich eine menschliche Stimme aus dem Handylautsprecher.
„Ähm … hier äh ist nicht Robin sondern … Jakob …“, erklärte er aufgeregt: „Äh Nick kannst du mir mal Fenix geben? Ist wirklich wichtig! Ein Notfall“
Am anderen Ende der Leitung lachte Nick, überrascht, plötzlich von dem Kind auf seinem Handy angerufen zu werden. Doch Jakob kannte die Festnetznummer von Fenix Familie eben längst noch nicht auswendig. Sie kannten sich ja erst ein paar Tage. Zum Glück waren er und seine Schwester befreundet.
Jakob hörte, wie Nick mit seinem Mobiltelefon in der Hand in einen anderen Raum lief und schließlich rief: „Vermittlungsstelle! Ein Anruf für den kleinen Fenix!“
Fenix lachte laut genug, dass es sogar durchs Telefon hörbar war und selbst Jakob musste trotz seiner Anspannung kurz schmunzeln.
„Hallo?“, fragte sein Freund gut gelaunt.
Doch Jakob klang ein wenig panisch, als er seinem Freund erklärte, was Sache war: „Fenix! Ich weiß jetzt, wer der Farbbombenattentäter ist! Besser gesagt die Farbbombenattäterin!“
„Die Attentäterin? Woher weißt du, dass es eine …?“, wunderte sich Fenix, doch wurde von Jakob unterbrochen: „Und ich bin grade bei ihr Zuhause! Franzi ist es!
Fenix brauchte eine Sekunde um das, was Jakob gesagt hatte, zu verarbeiten: „Franzi ??“, staunte er ungläubig.
„Kannst du so schnell es geht zu mir nach Hause kommen?“, bat Jakob seinen Freund: „Bring den Rucksack mit und deine Kamera. Die Funkgeräte auch! Und Beeil dich!“, instruierte er während er gleichzeitig schon die Treppe in den ersten Stock hochstieg und den Anruf, kaum war er im oberen Flur angekommen, abrupt beendete. Es war alles wichtige gesagt. Im Wohnbereich der Sellers waren die Decken nicht mehr so hoch wie im Erdgeschoss, stattdessen waren sie mit dunkelbraunen Holzdielen verkleidet und nach links hin leicht abgeschrägt. In der Flurmitte befand sich der Aufgang auf den Dachboden, doch Jakob bog zielstrebig in Franziskas Zimmer ein. Dort herrschte ein regelrechtes Chaos: Lauter Klamotten lagen auf dem Boden verteilt herum, das Bett war unordentlich, ihr Laptop war noch an und stand aufgeklappt in der Mitte des großen Bettes. Ein paar Pappkartons lagen querverteilt herum. Jakob wusste gar nicht, was er als erstes untersuchen sollte.
Zuerst öffnete er den Kleiderschrank, schob die Kleider zur Seite, in der Hoffnung, eine Geheimversteck zu finden, eine doppelte Rückwand oder so. Ohne Erfolg.
Wo war der verdammte Rucksack?
Jakob gab sich Mühe, alles, was er durchsuchte, zumindest wieder so ordentlich zu hinterlassen, dass Franzi nicht sofort bemerken würde, dass er ihr auf die Schliche gekommen war. Auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob das überhaupt nötig war. Einer der großen braunen Kartons war noch etwa zu einem Viertel mit auffälligen, Gelb-schwarzen Plakaten gefüllt, auf denen in dicken schwarzen Lettern „Kleinfeldern für den Windpark“ draufstand. Das waren die Schilder, von denen sein Vater ihm heute Morgen erzählt hatte. Jakob hatte sie bereits eben auf dem Weg zum Hofladen gesehen und Robin gezeigt, die das Ganze ziemlich lustig gefunden hatte. Das war dann wohl auch Franzi gewesen!
Jakob kniete sich vor den Karton, nahm behutsam eines der Plakate heraus und faltete es in mehreren Durchgängen klein genug, dass es in seine Jackentasche passte. Beweismaterial. Er wollte grade wieder aufstehen, sich umschauen, da fiel sein Blick auf das dunkelgrüne Stoffknäuel unter Franzis Bett.
Der Rucksack!
Ruckartig griff Jakob nach dem alten, aus widerstandsfähigem, grob gewebtem Stoff geschneiderten Rucksack und löste den Lederriemen, an welchem der braune Deckel festgeschnallt war.
Viele Gedanken zugleich gingen ihm durch den Kopf. Wie hatte Franzi es geschafft, nicht nur die Schlüssel von ihm zu klauen, sondern auch den Rucksack aus Fenix Zimmer? Warum hatten sie da gestern überhaupt nicht weitergesucht? Warum …
Da schreckte ihn plötzlich ein Geräusch auf.
Augenblicklich erstarrte der Zehnjährige, blickte zum immer noch offenstehenden Kleiderschrank. Das war easy das sicherste Versteck hier. Er bereitete sich darauf vor, sich sofort, beim kleinsten weiteren Anzeichen einer anderen Person im Haus, darin zu verstecken.
Da war es wieder!
Bo-Bupp.
Erleichtert atmete Jakob aus. Es war nur Franzis Laptop, der die Geräusche machte. Vermutlich bekam sie irgendwelche Nachrichten.
Bo-Bupp.
Jakob lugte auf den Bildschirm, des silbernen, aufgeklappt auf dem Bett liegenden Gerätes.
Orange markierte Nachrichten sammelten sich im Chatfenster und wurden von Sekunde zu Sekunde mehr.
,Gal ALARMSTUFE ROT!!‘
Der Account, der in hohem Tempo mehrere Nachrichten hintereinander an Franzi schrieb, hieß: Nick.
‚Robins kleiner Bruder hat herausgefunden dass du die Farbbomben geworfen hats‘
‚Er hat Fenix davon erzählt, die Treffen sich gleich bei Rob‘
‚Soll ich Rob bescheid sagen ???‘
‚?????‘
‚Scheiße Franzi antworte sonst ruf ich an‘
Jakobs Herz überschlug sich fast. Mit zitternden Händen griff er an die Tastatur des Laptops.
Schnell suchte er die richtigen Tasten: ,moment‘, schrieb er um etwas Zeit zu verschaffen.
Nick und Franzi waren offenbar unter einer Decke! Und Nick hatte grade bestimmt das Telefonat zwischen Fenix und ihm mitgehört und wusste nun Bescheid!
Verdammt!
Mehrfach drückte Jakob auf den nach-oben-Pfeil und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen über die Nachrichten, die Franzi und Nick in der Vergangenheit miteinander geschrieben hatten.
Jetzt war auch klar, wie sie den Rucksack von Fenix geklaut hatten.
Fenix großer Bruder hatte ihm den einfach weggenommen! Wie gemein war das denn?
Bo-Bupp.
Die Ansicht scrollte automatisch wieder nach unten und präsentierte die neueste Nachricht von Nick: ,ja lass dir ruhig Zeit … Ich ruf Rob an, ja?‘, schrieb der Sechzehnjährige ungeduldig.
,warum Robin?‘, schrieb Jakob in das Textfeld und schickte die Nachricht ab.
,Sie kann das ihrem kleinen Bruder am besten erklären! Mit den Schlüsseln lief doch auch super.“
Als der Zehnjährige die Antwort von Nick las, schlug er vor Wut, aber vor allem vor Enttäuschung, mit der flachen Hand auf die Handballenablage des Laptops. Robin hatte ihm also die Schlüssel geklaut, er hatte sie nie verloren!
Warum hatte seine große Schwester ihm das angetan?
Ihn beklaut???
Jakob biss sich auf die Unterlippe und Tränen stiegen in seine Augen.
Robin war gar nicht auf seiner Seite, sie war unter einer Decke mit Franziska!
Überfordert von der Situation rang der Zehnjährige mit sich selbst. Aus den spannenden, doch spielerischen Untersuchungen, die Max, Fenix und er angestellt hatten, war mit einem Mal bitterster Ernst geworden. Jakob hatte das Geheimnis des Farbbombenattentäters bravourös gelüftet, doch es war so gar nicht das gewesen, was er erwartet hätte. Den Anschlag verübt hatten nicht irgendwelche in schwarz gekleideten Bösewichte sondern seine liebe große Schwester und ihre Freunde! Und selbst Fenix großer Bruder.
Die Verbrecherjagt hatte Jakob sich so vorgestellt, dass sie zuerst herausfinden würden, wer der Täter war und anschließend nur noch sein Versteck suchten, bevor sie der Polizei Bescheid sagten und damit zu Helden wurden.
Doch die Täter hatten gar kein richtiges Versteck. Sie wohnten in normalen Häusern in Kleinfeldern. Und schliefen unter ein und dem selben Dach wie Fenix und er. Die Täter waren … die Guten!? Jedenfalls hätte Jakob Franzi und Robin, auch Nick, nie bei den Bösen einsortiert, hätte ihn jemand gefragt.
Bo-Bupp.
,Franzi!! Wir verlieren Zeit!‘
Jakob wandte sich eine Sekunde lang vom Laptop ab, damit er zumindest für einen kleinen Moment nicht sehen musste, was Franziska und Nick dort schrieben. Was sie getan hatten. Er schloss die Augen, atmete tief aus und dachte an seine große Schwester. Sollte sie wirklich etwas mit dem Farbbombenattentat zu tun haben? Mit der Brandstiftung am Windpark?
Noch bevor Nick erneut ungeduldig werden konnte, schrieb Jakob im Namen von Franzi einige Nachrichten in das kleine hellblaue Chatfenster hinein:
‚Chill. Hab mit Robin geschrieben. Sie klärt das mit Jakob und Fenix. Aber wir müssen uns dringend treffen für nen plan wies weiter geht.‘
‚in 30 Minuten bei mir hinterm Hof am Wald, beim alten Bahnübergang. Bring alles mit, was du noch hast!‘
‚Ach und ganz wichtig, schreib mir bis dahin nicht mehr. Die Kinder sind hier.‘
Am unteren Rand des Bildschirmes wurde kurzzeitig eine Textzeile eingeblendet: ,Nick tippt grade …‘ stand dort. Doch dann verschwand die Zeile, ohne dass eine neue Nachricht aufkam. Jakob war erleichtert: Sein Plan schien zu funktionieren!
Eine nach dem anderen markierte er alle Nachrichten, die Nick nach seinem Telefonat mit Fenix an Franzis Laptop geschickt hatte und wählte „Löschen“ aus. Sicher ist sicher.
Jetzt musste er nur noch dafür Sorgen, dass Franzi und Robin ebenfalls am vereinbarten Treffpunkt erscheinen würden.
Jakob fuhr mit seinem Zeigefinger auf dem kleinen Touchpad des Laptops herum und klickte auf ein anderes Chatfenster, die Unterhaltung zwischen Franzi und: Robin.
Dort war die letzte Nachricht noch von gestern Nachmittag, Franzi und Robin chatteten nicht so viel miteinander und schrieben stattdessen eher SMS.
,Bin weg für heute. Muss mich um Jaki kümmern, meine Mum ist grade wieder so asi -.-`, stand ganz unten als letzte Nachricht im Chat. Die Nachricht musste sie geschrieben haben, als seine Mutter wegen seiner Windeln so ausgerastet war. Robin hatte ihn mehr oder weniger gerettet gestern Abend. Bevor seine Mama ihm dann doch die Drynites weggenommen hatte. Kurz wurde Jakob ganz warm ums Herz.
Mit klopfendem Herzen schrieb er eine Nachricht an seine große Schwester, in der er sich als deren beste Freundin ausgab: ,Gal ALARMSTUFE ROT!!!‘, schrieb er gedanklich aus Nicks Nachricht vorhin ab: ,Nick will auspacken! Wir müssen mit ihm reden! Treffen uns in 30 Minuten am alten Bahnübergang!‘, tippte er eilig und machte sich keine Mühe, auf eine Antwort zu warten. Robin war ja grade ganz sicher nicht am Computer.
Gewissenhaft löschte er auch diese Nachricht aus Franzis Chatverlauf und sah sich noch kurz in dem unordentlichen Zimmer um und erlaubte sich noch einen letzten Blick auf den halb unter Franzis Bett liegenden, dunkelgrünen Rucksack, bevor er das Zimmer wieder verließ. Der Zehnjährige, der mit einem Mal gedanklich in den Abenteuermodus gesprungen war schlich nun die geschwungene, dunkle Holztreppe wieder herab und begann, eine SMS in das Handy, was er vorhin seiner Schwester gestohlen hatte, zu tippen:
,hey wir muessen uns sofort treffen in 30 minuten an den Gleisen hinterm hof nick hat mir geschrieben. Der will auspacken! Keine nachricht an niemanden.‘
Doch Jakob schickte die Nachricht nicht ab, sondern steckte das Handy eingeschaltet in seine Jackentasche, schlüpfte wieder in seine Schuhe und lief eilig wieder aus dem Haupthaus hinaus. Gedankenversunken trottete er über den Kiesplatz, während ihm der eisige Novemberwind die Haare zerzauste.
„Bärchen, du hast aber lang gebraucht!“, begrüßte ihn eine gut gelaunte, lachende Robin, als er den Hofladen wenige Sekunden später wieder betrat.
Einsilbig zuckte Jakob mit den Schultern: „Echt?“
„Klar, der hat sich halt auch wieder in die Hosen gepisst …“, murmelte David voller spöttisch zur Schau getragenem Desinteresse. Jakob funkelte seinen großen Bruder böse an. Wenn der wüsste! Sogar Franzi kicherte, erkannte er missmutig. War ja klar, dass die das lustig fand!
Jakob verschränkte seine Arme und merkte nicht, dass er einen Schritt von den Jugendlichen zurückging.
„Booooaah David, ehrlich!“, regte sich Robin auf und fast hätte Jakob für einen kurzen Moment vergessen, warum er so sauer auf seine große Schwester war.
„Gehen wir jetzt wieder?“, quengelte Jakob seine Schwester an: „Es ist kaaalt … Wir haben doch jetzt alles …“
„Ja no shit ich muss auch langsam weiterarbeiten …“, stimmte Franzi mit ein: „Und David-Bimbo muss sich echt auch noch nen bisschen reinhängen heute, finde ich!“
Jetzt lachte David nicht mehr. Doch auch Jakob war alles andere als zum Lachen zu mute und hätten die Jugendlichen in diesem Moment ein bisschen mehr auf den Zehnjährigen, der etwas abseits von ihnen stand, geachtet, hätten sie vermutlich schon jetzt bemerkt, dass da etwas nicht stimmte.
„Na komm, Jaki. Hilfst du mir tragen?“, schlug Robin vor, da verließen sie grade den Hofladen. Sie hielt ihrem Schützling die eine Seite des Korbes.
„Mhm“, nickte Jakob und griff nach dem Henkel. Schweigend lief er neben seiner Schwester her und schien, von außen betrachtet, völlig abwesend. Seine freie Hand in der Jackentasche vergraben, drückte er auf den Senden-Knopf des Mobiltelefons. Jetzt, wo sie nicht mehr im Hofladen waren, würde es für Franzi nicht merkwürdig erscheinen, von Robin eine SMS zu bekommen. Immerhin stand sie ja nicht mehr neben ihr.
Soweit, so einfach. Alle drei Mitglieder der Attentats-Bande würden in 30 Minuten am Bahnübergang sein. Selbst seine große Schwester. Als sie grade die Hauptstraße überquerten, lies Jakob das Handy wieder unauffällig in den Einkaufskorb fallen und hakte diesen Teil seines eilig zusammenüberlegten Planes gedanklich ab.
„Alles okay, Bärchen?“, fragte Robin angesichts der Stille, die auf dem Nachhauseweg zwischen ihrem kleinen Bruder und ihr vorherrschte, verwundert. Jakob hätte seine Schwester am liebsten angeschrien, doch rang sich ein knappes, neutrales „Jap“, ab, bevor er wenige Momente später Zuhause ankam, wo Fenix zum Glück bereits auf ihn wartete. Nur Max schien seinen Anrufbeantworter noch nicht abgehört zu haben.
Mit verschränkten Armen saß der Zehnjährige mit den kurzgeschorenen blonden Haaren quer auf seinem weißen Fahrrad und blickte Jakob und seine große Schwester entgegen. Unauffällig, im Blickschatten seiner Schwester befindlich, legte Jakob den Zeigefinger auf seinen Mund.
„Hey Fenix“, freute Robin sich: „Habt ihr euch verabredet?“
Fenix nickte wortlos.
„Ohh, was spielt ihr denn heute?“, interessierte sich die Fünfzehnjährige, während sie die Haustüre aufschloss.
Keiner der beiden Jungen antwortete.
„Wieder geheime Ermittlungen, hm?“, wuschelte sie ihrem kleinen Bruder durch die dichten schwarzen Haare und legte eine Hand um den zierlichen Zehnjährigen.
Ertappt und erschrocken sah Jakob zu seiner großen Schwester hoch: „Äh … ja. Wir … wir suchen nochmal da, wo wir den Rucksack und die Schlüssel gefunden haben!“, log er.
Für einen Sekundenbruchteil stocke Robin, wechselte kaum merklich ihre Tonlage: „Achja … die sind auch nicht wieder aufgetaucht, hm?“
Jakob sah auf den Boden. Gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen und schüttelte mit dem Kopf.
„Nö“, rief Fenix nach zwei Sekunden Stille plötzlich etwas zu laut hinter ihnen: „Aber vielleicht finden wir ja noch was! Jakob, kommst du?“, beendete er seinen Satz ungeduldig.
Doch in diesem Moment tätschelte Robin noch prüfend den Pamperspo ihres kleinen Bruders. Deutlich spürte sie das schwere, vollgesogene Windelflies, welches seinen Hintern dick umkleidete. Sollte sie Jakob nochmal schnell zum Wickeln mit hoch nehmen?
Ach, das war schon okay so, entschied sie.
Doch Jakob wartete ohnehin nicht darauf, ob seine Schwester ihm noch etwas sagen wollte. Eigenständig löste er sich aus der einseitigen Umarmung und rannte zur Tür heraus ohne sich vorher von seiner Schwester zu verabschieden.
„Psssst“, zischte Jakob, während er ermahnend zu Fenix herübersah.
„Was passiert denn?“, flüsterte Fenix unverändert neugierig.
Jakob seufzte genervt, während er weiter hochkonzentriert durch das Fernglas sah, während alles, was Fenix übrig blieb, die flackernde, grüne LED des großen schwarzen Funkgerätes in seiner Hand, war.
„Kommt jemand?“, fragte er.
Versteckt kauerten die beiden Jungen hinter dichtem, Anfang November bereits kahlem Gestrüpp. Das Laub unter ihnen war noch nass vom letzten Regenschauer, sodass ihre Hosenbeine nach und nach feucht geworden waren. Es war kalt, sie hatten ihre Jacken bis oben hinzugezogen und Fenix hatte seine freie Hand in der wärmenden Jackentasche vergraben. Jakobs Finger frohren am eiskalten Metall des Fernglases.
Vor ihnen verlief in einiger Entfernung, es mussten beinahe hundert Meter sein, die Kreisstraße, an welcher sie vor ein paar Tagen auch den dunkelgrünen Wanderrucksack mitsamt Schlüsselbund und Farbbomben gefunden hatten. Die Straße, die sie an Halloween mit dem Traktor entlanggefahren waren, bevor sie Franzi und Robin mitten auf der Fahrbahn beinahe angefahren hatten. Die Schranken an dem alten Bahnübergang standen bereits seit zwanzig Jahren offen, denn die Nebenstrecke, die sich durch das gottverlassene Tal schlängelte um schließlich in Großfeldern zu enden, hatte ihre Bedeutung längst verloren. Die hölzernen Schwellen waren morsch, an einigen Stellen wucherten Sträucher und kleine Bäume aus dem Gleisbett. Ein paar Meter hinter den Schranken befand sich ein kleiner, auf einer Seite offener Unterstand, welcher einem grauen Schaltkasten und ein paar großen Kabeltrommeln Schutz vor Witterung bot und Jakob wusste, dass seine Schwester diesen Ort früher einmal als geheimen Treffpunkt genutzt hatte – Nun hoffte er , dass die Wahl dieses Ortes keine Verwunderung bei den Dreien erzeugt hatte.
„Da!“, flüsterte Jakob plötzlich. Aus Richtung Wald schritt eine in eine dunkelgrüne Regenjacke gekleidete Person auf den Bahndamm. Sie stieg auf eine der beiden rostigen Schienen und sah erst nach links, dann nach rechts. Direkt ins Fernglas hinein.
„Franzi!“, erkannte Jakob.
Jetzt mussten sie nur noch hoffen, dass ihre Überwachungstechnik funktionierte: Über dem Schaltkasten hatten sie Fenix Digitalkamera positioniert, getarnt in einem Haufen aufgesammelter Blätter. Bevor sie sich in ihr Versteck verkrochen hatten, starteten sie eine Videoaufnahme auf dem kleinen silbernen Gerät. 30 Minuten verbleibend, hatte ihnen die Kamera angezeigt, was nun laut Fenix Armbanduhr etwa eine Viertelstunde her war.
„Was wenn Robin nicht kommt?“, flüsterte Fenix angespannt.
„Ja … Scheiße …“, flüsterte Jakob. Dass Nick auftauchen würde, war beinahe sicher, immerhin wusste Jakob, dass alle Nachrichten bei ihm angekommen waren und ihre Wirkung nicht verfehlt hatten. Und die SMS, die er von Robins Handy an Franzi geschickt hatte, war offensichtlich auch erfolgreich gewesen.
Aber ob Robin ihren Laptop hochgefahren hatte, sodass die Nachrichten sie überhaupt erst erreichen konnten? Das war mehr als unsicher. Jakob verfluchte sich. Er war eben noch zu Hause gewesen, er hätte seine Schwester noch darum bitten können, für ihn etwas im Internet nachzuschauen oder so, ihr einen Grund geben, ihr Notebook hochzufahren.
„Ist das dein Ernst????“, hörten die Jungen Franzi durchs Funkgerät rufen. Die Gegenstelle lag, ebenfalls mit Laubblättern bedeckt, direkt an den Gleisen vor dem Unterstand und sollte sicherstellen, dass die beiden Detektive den Gesprächen der drei Jugendlichen live folgen konnten.
Doch Franzi hatte laut genug gerufen, dass Jakob und Fenix sie selbst ohne Funkgerät bestens verstanden hätten.
Wütend schritt sie auf Nick zu.
„Was ist dein Problem??“, brüllte sie hinterher.
Nick hob abwehrend die Hände, doch Franzi legte hinterher: „Wegen der Farbsache oder was???“
Voller Rage schritt Franzi auf den einen Kopf größeren Sechzehnjährigen mit Bartpflaum zu.
„Hey, ist das jetzt meine Schuld, oder was?“, wehrte Nick vorsichtig ab und wich einen Schritt vor der Fünfzehnjährigen zurück. Er sprach kaum halb so laut wie Franziska.
Mit jedem Schritt, den der großgewachsene junge Mann zurückwich, ging Franzi näher auf ihn zu. „Alter!“, schrie sie wütend und schubste mit beiden Händen nach ihrem Freund. Nick taumelte und für einen Moment glaubten die Jungen, er würde zwischen den Gleisen stolpern und hinfallen. Fenix spannte sich an, ging in die Hocke und wirkte, als wäre er drauf und dran, seinem großen Bruder zu Hilfe zu Eilen.
Der biss sich auf den Unterkiefer, doch wehrte sich nicht: „Hey …“, sagte er langsam und vorsichtig und senkte erneut beschwichtigend seine Hände, aber hatte sichtlich Mühe, ruhig zu bleiben. Franzi schien wie wild geworden und Nick konnte sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen, was in sie gefahren war. Er wollte einen Arm auf Franzis Schulter legen um seine Freundin irgendwie zu beruhigen. Doch sofort schlug Franzi seine Hand weg.
Ein schriller Pfiff brachte Franzi überraschend dazu, stehen zu bleiben. Und Nick obendrein auch. Wie aus dem nichts rannte eine schlanke Gestalt mit kurzen dunkelbraunen Locken, dunkelroter Jacke und farblich gut passenden aber für den Waldboden denkbar ungeeigneten Chucks auf die Gleise. Robin hatte die Nachricht also doch bekommen!
Jakobs große Schwester machte sich nicht die Mühe, beschwichtigend auf Franzi zuzugehen, Sie packte ihre beste Freundin kurzerhand mit beiden Armen: „Chill. Lass dich nicht provozieren!“, hörten sie ihr kleiner Bruder und dessen Detektivkumpane sagen: „Das hat dich schon so oft in die Scheiße geritten!“, reüssierte sie in deutlichem Tonfall.
Jakobs Plan funktionierte. Eigentlich hervorragend! In seiner Vorstellung hätte er jetzt die Hand Siegreich zur Faust geballt, oder mit Fenix eingeschlagen. Sie hatten quasi ein Geständnis! Den Beweis!
Doch es war nichts wie in Jakobs Vorstellung. Das hier war echt. Fenix hatte Angst um seinen großen Bruder. Jakob war wütend auf seine Schwester. Franzi war wütend auf Nick, weil sie dachte, dass er sie verpfeifen würde. Die drei Jugendlichen stritten sich und hinter den Kulissen der von Jakob konstruierten Situation haderten zwei Kinder mit der Rolle ihrer älteren Geschwister in dem Ganzen.
Im Hörspiel war in diesen Momenten die Geschichte in der Regel fast zu Ende. Die gelbe, manchmal schwarze Kassette längst umgedreht und der rechte Bandring von Seite 2 fast leergelaufen. Es gab die Auflösung, die Täter gestanden und wurden anschließend von der Polizei abgeführt.
Aber jetzt? Natürlich hatten weder Jakob noch Fenix irgendeinen Kommissar in der Familie oder im Bekanntenkreis, den sie gleich lapidar informieren könnten, dass sie die drei Verbrecher der ,Kleinfeldener Attentate‘ gefasst hatten. Und selbst wenn, würden sie ihre Geschwister verraten?
Das Ganze war einfach scheiße!
Auf den Schienen ging die Aufregung derweil langsam zurück. Franzi hatte ihren Kampf gegen die Tränen verloren: „Mann Nick … warum …“, schluchzte sie nun.
Doch Nick war verständlicherweise nicht mehr gut auf seine tempramentvolle Freundin zu sprechen: „Was kann ich dafür …“, murmelte er, seufzte, doch brach seinen Satz lustlos ab, ohne dass ihm jemand das Wort abgeschnitten hätte.
Robin, die ihre beste Freundin mittlerweile nicht mehr nur festhielt, sondern stattdessen umarmte, warf einen Blick zu dem Sechzehnjährigen herüber.
Schuldbewusst sah Nick nicht aus. Eher verwundert. Schien sich im Recht zu sehen.
„Warum?“, fragte Robin ihn leise. Fast Flüsternd, über Franzis Kopf hinwegredend.
Nick runzelte die Stirn: „Warum was?“
Robin grunzte genervt: „Warum … was heißt überhaupt auspacken? Seit wann bist du überhaupt mit dabei? Hast du von den Farbbomben gewusst? Warum …“
„Ich … ja … man fuck“, warf Nick Fragen und antworten in seinem Kopf zusammen: „Ja, war ich. Franz hat mich quasi direkt am zweiten Tag im Hofladen begrüßt, nachdem wir hergezogen waren. Hab damals gedacht, sie ist die einzig coole hier im Dorf. Wir fanden diese Stimmung gegen den Windpark scheiße. Nicht nur, weil mein Vater das Projekt bei der Enercon leitet. Auch nicht nur, weil Franzis Familie die Bauflächen verpachtet. Das ist total egal. Es ging uns um diese scheiß kleingeistige Stimmung im Dorf … you know?“
Robin nickte und atmete gleichzeitig tief ein.
„Wir haben halt ein bisschen überlegt, was man für coole Sachen machen kann. Den ganzen alten Idioten hier zeigen, dass sie alte Idioten sind. In Hamburg hätten wir Demos gemacht deswegen. Aber hier?“
Nick trat mit einem Fuß ziellos im Laubhaufen zwischen den Schienen herum: „Dann kam Franzi mit den Farbsäcken um die Ecke. Ein paar Kumpels von mir haben früher getaggt und ich fand das auch geil, aber bei der Farbe … Ganz ehrlich, ich hab gleich gesagt, dass nützt doch nur dem Gegner. So ne Kosovo-Joschka-Fischer-Situation Alter, ganz ehrlich. Ich hab noch am Abend versucht, dich umzustimmen Franzi, das weißt du!“
Franzi biss sich auf die Lippe. Nick hatte recht: „Ja … Fuck man. Aber warum willst du mich jetzt deswegen … was heißt aussteigen überhaupt? Sind wir ne Terrorzelle oder was? Bin ich das in deinen Augen?“
„Wäh … was ??“, Nick schüttelte ungläubig mit dem Kopf: „Was redest … ich bin hier doch nicht das Problem, sondern …“
„Ich? Ja man, ich habe einen Fehler gemacht!“, brauste Franzi plötzlich wieder auf.
„Ja hast du! Aber man darum geht es doch jetzt nicht!“, konnte sich auch Nick nicht mehr ganz zurückhalten: „Wir können das jetzt nicht mehr ändern. Schwamm drüber. Wir sind da jetzt gemeinsam drin. Können wir also bitte aufhören, uns gegenseitig …“
Nicks Worte klangen wie Hohn in Franziskas Ohren: „Ach, gemeinsam? Auf einmal?“
Auch Robin sah den Jungen, der auf sie eben noch gewirkt hatte, als könne er ihr die ganze Welt erklären, verwirrt an: „Was sollen wir denn Gemeinsam durchstehen, wenn du auspackst, isso?“
Nick wich nun auch vor Robin einen Schritt zurück und blickte verständnislos in ihre tiefen braunen Augen.
„Ja Scheiße Mann, genau. Und warum erfahre ich davon von Robin und nicht …“, rotzte Franzi hinterher.
„Von mir ???“, war auch Robin nun verdattert
„Ja du hast mir doch geschrieben, ich soll …“, rekapiutlierte Franziska
Nick griff nach seinem Handy und wechselte wieder in einen ruhigeren Tonfall: „Franzi. Wir beide haben doch geschrieben und gesagt, dass wir uns hier treffen, nachdem Robin mit …“
Franzi schnitt Nick das Wort ab: „Alter, von dir hab ich heute noch gar nichts bekommen. Hätte mir Robin nicht die SMS geschickt, wüsste ich ja nicht mal was davon, dass du …“, sie formte mit ihren Händen Anführungszeichen: „ … ,aussteigen‘ willst!“
Robin schloss die Augen. Atmete tief durch und packte sich mit einer Hand an die Stirn. Gottverdammt. Wieso war ihr das nicht früher aufgefallen?
So laut wie sie konnte schrie sie in den Wald hinein. Ziellos, doch sie war sich sicher, dass ihre Worte den richtigen Empfänger erreichen würden. Sie schrie nicht wütend. Erschrocken, ungläubig und verzweifelt, so klang sie: „Jakob !!!!“
Ihr wünscht euch etwas für das nächste Kapitel? Habt eine Vermutung, wie es weitergehen könnte? Wollt Feedback abgeben? Ihr kennt das: Wenn euch die Geschichte gefallen hat, hinterlasst doch bitte einen Kommentar, um das zu zeigen! Und wenn es euch nicht gefallen hat, dann bitte erst Recht! Feedback ist das, was am meisten motiviert!
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Langsam wird mir Robin von Kapitel zu Kapitel unsympathischer. Sie wirkt total egoistisch anstatt wie die große Liebe Schwester.
Trotzdem ein spannendes Kapitel! Bin gespannt wie sie Jakob die Sache jetzt erklären möchte.
Lg
Also, mir ist in diesem Kapitel eher Jakob unsympathisch geworden, auch wenn er das Recht auf seiner Seite hat. Da hat er ja ganz schön intrigiert. Robin hingegen hat hier fast gar nichts gemacht.
Ich nehme aber mal an, dass, was jetzt im Wald passiert, nicht mehr von allergrößter Bedeutung ist. Der Anruf, den Jakob auf dem Anrufbeantworter beim Bürgermeister hinterlassen hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Max abgehört werden.
Spannenste Diskussionen hier, es ist mir eine wahre Freude! 😀
Ich muss das wirklich einmal durchziehen, zeitnaher auf Kommentare zu antworten. Hupsi. 😀
Ja, wer ist schuld? Jakob, oder Robin? Oder am Ende Franzi? Nick und sein kleiner Bruder Fenix haben ja im Prinzip dasselbe „Problem“ vor sich stehen als Jakob und Robin: Dass die Vertrauensperson den Schützling angelogen hat. Die beiden Jungen werden unterschiedlich gut damit klarkommen. :/
Jakob und Fenix hatten verdammt viel Spaß beim Detektivspielen, aber ob es wirklich Sinn macht, die eigenen großen Geschwister „auszuliefern“? Bestimmt nicht. Wobei der Verdacht nicht nur auf Farbbombenwerfen, sondern auch auf Brandstiftung liegt – das sollten wir nicht vergessen. Das ist dann nicht mehr so ein jugendlicher Kavaliersdelikt. 😀
Winger, du bist schon der Zweite, dem die Plotstruktur, die Jakob mit seinem Anruf auf dem Anrufbeantworter von Max Familie ins Rollen bringt, auffällt. Damit hast du natürlich völlig Recht: Damit hat Jakob einiges in Gang gesetzt und das hat mindestens so viel Bedeutung wie die Geschehnisse, die grade im Wald vor sich gehen. Die werden auch nicht völlig unwichtig bleiben, immerhin müssen sich hier ein paar Geschwister wieder vernünftig vertragen. 😀
Mir sind im Übrigen beide Figuren noch immer sehr sypmatisch. Klar, man kann Jakobs Verhalten als Gemein auslegen, sich als andere Person ausgeben, Streit entfachen, der Schwester das Handy klauen. Aber er ist eben, in seinen Augen, etwas ungeheuerem auf der Spur! Und ehrlich, haben wir uns nicht alle schon einmal in etwas hineingesteigert? 😀
Robin auf der anderen Seite, hat natürlich dieses blöde Geheimnis vor ihrem kleinen Bruder und diesen beklaut und belogen. Mies. Aber sie hat eben auch Freunde, um die sie sich kümmern muss und es ist ja auch nicht so, dass sie sich ansonsten nicht auch gut um Jakob kümmern würde … 😀
Jaja, du hast ja recht. Ich drücke es anders aus: In diesem Kapitel tut mir Robin fast ein bisschen leid, weil sie in eine Falle tappt, die ihr Bruder ausgelegt hat.
Aber durch das erste Kapitel wissen wir ja, dass die beiden sich nicht bis auf alle Ewigkeit zerstreiten werden. 😉
Sehr schöner Teil, freue mich schon auf die Fortsetzung, kann es kaum abwarten.
Ich werde weiterhin versuchen, mich zu beeilen. Versprochen! 😀 Aber diese Art an spannenden Kapiteln, in denen verschiedene Plots so zusammengreifen und auch eine Menge menschlicher Dramatik aufzulösen ist, braucht mehr Planungs- und Schreibzeit bei mir, sorry. 😀 Du glaubst gar nicht, wie oft ich hier Absätze umstrukturiert habe und Jakobs Handyklau und Anruf-Aktion umgeschrieben hatte, bis ich auf die Variante mit Max‘ Anrufbeantworter gekommen bin. Braucht Zeit. 😀
Wie immer sehr gut gelungen. Das schöne an deinen Geschichten ist das die Story einen verschlingt und man erst aufhören kann zu lesen wenn nix mehr übrig ist! Hoffe aber dass, das nächste Kapitel nicht soooo lange braucht! Die Zeit vergeht immer soooo langsam!
Alle Charaktere machen eine Entwicklung durch und ich finde das man die Entscheidungen gut nachempfinden kann. Also weiter so! Freu mich auf die nächsten Kapitel 😀
Vielen Dank für dein Lob! Ich versuche weiterhin, nicht zu lange zu brauchen, aber das letzte Kapitel und auch das aktuelle ist wirklich schwerer zu schreiben als die meisten Kapitel. Viel Vorplanung, viel „was muss jetzt passieren, damit nachher XY passieren kann“ und so weiter – ich plane oft nur „auf Sicht“, muss mir jetzt aber in die längerfristige Zukunft Gedanken machen. Immerhin ist die Geschichte schon bei Kapitel 18 und grade ist wieder ein Spannungsbogen in seinen Höhepunkt, aber eigentlich will ich das es mit den Charakteren und ihrem Dorf noch laaaaange weitergeht irgendwie … 😀
Boah wie spannend. Ich möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht.
Kommt, versprochen! Immerhin weiß ich schonmal, wie es kurzfristig weitergehen soll, das heißt, es kann nicht mehr so lange dauern wie das letzte Kapitel. Jetzt ist es nur noch eine Frage vom richtigen Storytelling – ich muss im nächsten Kapitel die „Actionszenen“ mit der Aussprache zwischen Jakob und Robin beziehungsweise Nick und Fenix clever mischen. Das erfordert noch etwas Politur. Und dann muss vielleicht auch noch ein bisschen mehr „Windelcontent“ in das nächste Kapitel rein als in dieses, nur so vom Gefühl her … 😀
Mann, ich kam ursprünglich für schönes süßes Zusammenspiel von Charakteren, wie ich es von dir kenne.
Und jetzt finde ich mich wieder in etwas, was meiner persönlichen Lieblingsgeschichte in Gaming ähnlich ist – Deus Ex Mankind Divided.
Ein Character mit sehr guter taktischer Fähigkeit in Detektivfällen entdeckt komplexe moralische Grauzonen und muss wie die anderen Charaktere, die mit der Situation zu tun haben, lernen sich gut dort zu orientieren und navigieren um dem ganzen ein möglichst gutes Ende zu bereiten…
Du hast es hinbekommen, dass Jakob -ein kleiner Junge in Windeln- mich an Adam Jensen -einen Cyborg-Badass- erinnert!
Aber auch abgesehen davon: Die Charaktere sind alle wunderbar geschrieben, das Setting ist Detailreich, und die Kritik, aus dem der größere Konflikt jetzt erstand, ist sehr erfrischend.
Schreist du professionell? Denn falls du Fiktionsbücher veröffentlicht hast, würde ich gerne eins mal probieren.
Wenn ich etwas kritisieren müsste, wäre es, dass Davids Teil der Geschichte für mich nicht ganz so interessant ist wie die von Jakob oder Robin. Es hilft nicht wirklich, dass man weiß, dass er am Schluss mit jemand anderen zusammenkommen wird, außer es wird so sehr auf diese Beziehung fokussiert, dass es einen tragischen Anstrich bekommt. Oder vielleicht hast du ja noch etwas anderes geplant, was ich hoffe, denn ich weiß nicht ob ich bereit bin in windelgeschichten.org eine Runde zu heulen.
Sonst habe ich nur etwas generellere Sorgen und nicht wirklich Kritik. Die Themen sind so moralisch grau, dass ich mir nicht wirklich ein nicht kontroverses Ende vorstellen kann, wenn du diesen Themen halbwegs gerecht werden willst. Man sieht auch schon in den Kommentaren, wie sie den einen oder anderen Charakter unsympathischer finden als am Anfang. Ich kenne gegen diesen Effekt die Lösung ein bis zwei Alfred (The Dark Knight) ähnliche Figuren für die Charaktere hineinzubringen, mit der die Hauptcharaktere moralisch diskutieren und reflektieren können, es gibt aber sicherlich noch viele andere Lösungen, von denen du eine vielleicht schon im Sinn hast.
Ich danke dir für die Geschichte bis jetzt und freue mich sehr auf den nächsten Teil. Das war bis jetzt genial!
Mensch … Leser? Vorbeisehi? Wie kürzt man deinen Namen am besten ab? Vobesele? xD
Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Irgendwie sind die Kommentare, die erst ein paar Wochen nach Veröffentlichung kommen meistens die besten. Und I mean I get it – das sind die, bei denen sich der Verfasser am meisten Zeit zum Nachdenken gelassen hat. 😀
Jakob würde sich bestimmt freuen, dass du ihn mit einem megakrassen Cyborg-Badass vergleichst. Und ja, das hat er wirklich gut gemacht. Auch wenn er damit eine gehörige Portion neues Chaos angerichtet hat … 😀
Ein bisschen schmerzt mich schon, dass süßes Charaktere-Zusammenspiel in dieser Geschichte etwas zu kurz kommt. Dabei bieten Robin und Jaki eigentlich echt Potential. Und David und Nick auch.
Tja, da sind wir auch schon beim Problem: Ich hätte die Geschichte wirklich besser Planen müssen. Nachdem die Geschichte rund um Finns Verwandlung so gefluppt ist, war ich ein wenig übermütig und wollte größer, anspruchsvoller, besser: Wer will nur einen Hauptcharakter haben, wenn er auch drei Hauptcharaktere haben kann? Die Kerkwalds als Familie und auch Kleinfeldern vielen mir schnell ein. Jakobs Storyline auf, dann die von David und die von Robin erst zum Schluss (da war der Grundgedanke nur „irgendwas mit Jugendlicher Rebellion“).
Jenachdem wer kommentiert, findet er mal die Story rund um Robin, Franzi und ihren „Farbbombenterrorismus“ nicht so toll oder eben Nicks und Davids Dorfromanze.
Für mich ist das zwischen Nick und David wider erwarten auch schwieriger zu schreiben und ich stelle fest, dass es mich manchmal sogar nervt. Hätte ich nicht gedacht, aber mir fällt es wirklich schwer, mich in die Gefühlswelt der beiden zu versetzen. Das Problem habe ich sonst selten. 😀
Eine Geschichte ohne viel Detailplanung zu beginnen hat den Vorteil, dass das schreiben sehr entdeckungsreich und spannend ist: Man malt kein Ausmalbild aus, sondern entdeckt selbst erst auf der Hälfte, wohin der Weg eigentlich führt. Manchmal entdeckt man aber, das man sich unterwegs ein bisschen verzettelt hat.
Wie ich die Situation zwischen Robin und Jakob auflöse, das weiß ich schon. Um ehrlich zu sein habe ich die entsprechende Szene im entsprechenden Kapitel sogar schon geschrieben. Ich habe auch schon Ideen wie es mit Nick und David weitergehen könnte, auch wenn ich eigentlich grade lieber mit Jakobs Teil weiter machen würde.
Und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich grade auch schon wieder begonnen, mir Gedanken über meine nächste Geschichte zu machen und ein dreiseitiges „Entwurfskapitel“ geschrieben. Schon merkwürdig, dass ich immer circa 18 Kapitel einer Geschichte schreibe, bis ich pötzlich eine neue Idee habe, die auf einmal spannender wirkt … 😀
Hi, ich melde mich auch mal. Ich finde die Geschichte immernoch super! Rechtschreibung und Grammatik sind top. Ich fände es schön, wenn sich das Verhältnis zwischen David und Jakob etwas bessern könnte.
Danke für dein Lob! Mal schauen, was aus den beiden wird. Da bemüht sich ja aktuell niemand um Besserung 😀
Sag mal Giaci wann werden wir uns den über den nächsten Teil freuen dürfen? Kann es schon kaum abwarten.
Lg