Wie Leon sich wünscht, dass es gewesen wäre
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Paula lag erhöht auf drei Kissen, auf ihrer Seite des Doppelbettes und hatte die dicke Winterdecke schon über sich gezogen. Lächeln lauschte sie den leisen Geräuschen die Leon im Bad machte und ließ den zu Ende gehenden Tag Revue passieren: Die Fahrt mit der Fähre auf die Insel, die Entdeckungstour durch das kleine Ferienhaus und der Fußweg ans Meer, an den weiten Strand. Beide hatten sie dicke Jacken angehabt, Handschuhe, Schals. Sie hatten dort gestanden und übers Meer bis zum Horizont geschaut. Es war einer dieser seltenen Momente, wo Leon ihr näher gekommen war, wo er den Arm um ihre Hüfte gelegt und sich an sie geschmiegt hatte.
Paula lag nicht im verführerischen Negligé quer auf dem Bett und würde Leon nicht mit einem wenig zweideutigen dahin gehauchten „Hallo Schatz!“ begrüßen. Sie kannten sich jetzt länger als ein halbes Jahr und es war vollkommen klar gewesen, dass sie ihre Ersparnisse aus unterschiedlichen Studentenjobs nur für eine gemeinsame Urlaubsfahrt auf den Kopf hauen würden. Paula konnte sich es keinen einzigen Moment vorstellen, eine ganze Woche von Leon getrennt zu sein. Sie wollte ihn bei sich haben, sie wollte seine Witze hören und über sein rüpelhaftes Autofahren lästern, sie wollte für ihn kochen und seine Begeisterung für ihr Essen hören. Eigentlich wollte sie ihm aber noch viel viel näher sein. Viel viel näher als ihre Umarmungen zur Begrüßung, ihr Aneinanderkuscheln beim Fernsehen, ihre sorgsam abgewechselten Rückenmassagen. Einmal hatten sie sich geküsst, was Leon aber nachhaltig verschreckt hatte. Sie träumte von etwas anderem, etwas viel weitergehendem, von einem Begriff, der von ihrem Geist immer mehr Besitz ergriff, aber der noch nie gewagt worden war überhaupt in dem Mund genommen zu werden.
Leon war müde – vom Fahren, von der salzigen Meeresluft und von der einsetzenden Erholung. Mit frisch geputzten Zähnen kam er ins Zimmer und machte das Deckenlicht aus. Er stieg unter seine Bettdecke, die fein säuberlich etwa da endete, wo sich der Ritz zwischen den beiden Matratzen befand. Er seufzte erleichtert und ließ sich in sein Kissen fallen. Nachdem er die Augen einen Moment geschlossen hatte nahm er wahr, dass Paulas Nachttischlampe noch leuchtete. Er schaute zu Paula rüber. Sie lag still da und ihr Blick verlor sich im Dunkel der entferntesten Zimmerecke.
„Es war eine tolle Idee, hier ans Meer zu kommen“, lobte er glücklich die gemeinsam gefundene Idee.
„Ja“, sagte sie geistesabwesend. Dann sagten sie beide lange gar nichts.
Schließlich machte sie das Licht aus, sagte gute Nacht und vergrub sich in ihre Decke. Leon befiel das ungute Gefühl, dass irgendwas nicht gut war, dass er irgendwas tun musste.
„Hey, alles okay, Paula?“
Nein, sagte sie, in dem sie auf diese ganz bestimmte Art und Weise „Ja“ sagte.
Vielleicht, dachte Leon, braucht sie einfach nur etwas Schlaf und morgen ist wieder alles in Ordnung. Vielleicht war auch gar nichts. Natürlich: sonst redeten sie eigentlich immer noch miteinander vorm Einschlafen. Außer sie waren sehr müde. Aber heute? Wie sie eben dagelegen hatte – wach und irgendwie als würde sie auf ihn warten.
Leon wusste nicht, was er tun sollte.
Leon ertappte sich dabei, gerade einmal kurz eingenickt gewesen zu sein. Aber es lag eine Bedrohung über der ganzen Situation, eine Bedrohung für diesen Urlaub, eine Bedrohung für ihre Beziehung, für seine Freundschaft mit diesem wunderbaren Menschen. Für seine Liebe zu ihr. So fühlte es sich zumindest an.
Er gab sich einen Ruck: „Schläfst du schon?“
„Nein“, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.
„Ist alles in Ordnung?“
Nein, sagte sie, in dem sie einfach schwieg und das Schweigen klingelte in seinem Ohr.
„Ich… kann ich irgendwas für dich tun?“
Wieder schwieg sie zunächst, aber dann sagte sie: „Nimm mich in den Arm!“
„Hm… okay.“ Mit einem komischen Gefühl fing er an sich langsam in seiner Decke etwas freizustrampeln, ihre Decke etwas anzuheben und dann langsam unter diese zu schlüpfen. Seine Decke zog er dabei ein Stückchen mit rüber, und so wurde zum ersten Mal in dieser Nacht die neutrale Ritz-Zone in Anspruch genommen. Vorsichtig tastete er, wo so etwa Paula lag – mit dem Rücken zu ihm ziemlich an ihrem Rand der Matratze, wie er feststellte.
Er legte sich neben sie, kuschelte sich etwas hilflos wie der größere Löffel an sie heran, versuchte mit dem unteren Arm eine einigermaßen bequeme Position auf ihrem Kissenberg zu finden und suchte ängstlich eine Position für seine zweite Hand. Sie kam irgendwo auf ihrem Oberschenkel zu liegen. Lag da, wie am falschen Fleck und unbeweglich.
Es war alles so wie er es befürchtet hatte. Nähe – aber verkrampft, aber linkisch, nicht natürlich. Nicht entstanden in einem Moment, in dem es sich einfach wie das Richtige anfühlte, sondern weil sie da lag, an dem zweifelte was zwischen ihnen war und ihn deshalb quasi gezwungen hatte. Natürlich – sie hatte es verdient. Sie waren so lange schon… tja, zusammen, ohne es je so genannt zu haben. Sie hatte Nähe verdient. Sex. Sex verdient. Sex, dieses Wort, was ihm immer häufiger durch den Kopf geisterte. Küssen, Kuscheln, Streicheln, Sex. Das waren die nächsten logischen Schritte, das war das Unausweichliche. Das war, was sie verdient hatte. Was er ihr geben musste. Das, worauf eine Beziehung wie ihre hinausläuft.
Das war, was er sich sehnlichst wünschte, mit ihr erleben zu können.
Und nun schien er so lange gewartet zu haben darüber zu sprechen bis sie keine Geduld mehr hatte. Bis sie sich von ihm abwendete – buchstäblich. Bis hier hin, ein Moment, der das Ende ihrer Beziehung sein konnte, mindestens aber das Ende ihres bisherigen Arrangements war.
Sie liebte ihn. Nie war ihr das so klar gewesen wie jetzt gerade in diesem Moment. Wo er neben ihr lag, aber irgendwie nur neben ihr. Wo seine zugleich schweißnasse und kalte Hand irgendwo auf ihrem Oberschenkel lag. Sie spürte seine Verunsicherung, seine Angst, seine Unsicherheit, aber genauso sehr seine Liebe.
Sie konnte sich nicht vorstellen, ohne ihn zu sein. Sie konnte sich nicht einen Moment vorstellen, ohne ihn zu sein. Sie brauchte ihn in ihrem Leben. Sie liebte ihn.
Dafür brauchte es kein Küssen, dafür brauchte es keinen Sex, dafür brauchte es keine Bettdecken, die täglich die neutrale Zone am Matratzenritz verletzten. Aber: sie wollte ihm nah sein. Emotional. Sie wollte ihn verstehen, verstehen wie er sich jetzt fühlte, verstehen, ob er mit dem bisherigen Zustand glücklich war, verstehen, wonach er sich möglicherweise sehnte, verstehen, ob es Möglichkeiten gab, Sexualität in irgendeiner Form auszuleben. Oder im Zweifelsfall warum er alles nicht-platonische nicht wollte, nicht konnte oder sich nicht zutraute.
Es war der Moment, der alles änderte, als sie sich langsam zu ihm umdrehte, und er etwas Platz machte und auf dem Rücken neben ihr zu liegen kam. Aber keinen Millimeter weiter als nötig von ihr abrückte, weil er nie wieder so weit weg von ihr sein wollte wie eben, als er alleine auf der anderen Seite des Matratzenritzes gelegen hatte.
Sie gab ihm unvermittelt einen Kuss auf die Wange und kuschelte sich dann mit dem Kopf auf seine Brust. Irgendwie umschlang er sie mit seinem Arm, wusste aber nun aber erst recht nicht wohin mit seiner Hand. Sanft streichelte sie ihm unter der Decke, unter seinem T-Shirt über den Bauch.
„Warum fällt dir Nähe so schwer?“
Warum fällt dir Nähe so schwer, warum fällt dir Nähe so schwer, warum fällt dir Nähe so schwer… Leon hörte ein scheinbar für immer und ewig anhaltendes Echo und gleichzeitig sein Blut in den Ohren rauschen. Fühlte sein Herz pochen. Als er langsam das Gefühle hatte, dass er nicht mehr direkt unter dem Wasserfall einer Frage stand, die beständig auf ihn niederprasselte setzten die Rechtfertigungssätze in ihm ein. Die Entschuldigungen. Die Erklärungsansätze. Ja, warum fiel es ihm so schwer? Warum konnte er nicht so sein wie normale Menschen? Der Fehler lag bei ihm. Ich bin… bin ich es wert? Das Rauschen in seinem Ohr, das Prasseln des fragenden Wasserfalls, es nahm wieder zu, nahm ihm den Atem und die Möglichkeit zu antworten.
Er wurde wieder etwas ruhiger, als Paula ihn erneut streichelte, einmal im Kreis um seinen Bauchnabel fuhr, ihm zeigte, dass sie noch da war, das sie nicht ungeduldig auf seine Antwort wartete, sondern ihm nahe war. Sie hatte gemerkt, wie dumm ihre Frage war, wie viel unberechtigter Vorwurf darin steckte.
„Möchtest du mehr Nähe zwischen uns?“, fragte sie stattdessen.
„Ja“, sagte er. Wie aus der Pistole geschossen.
„Aber?“
Nach einem Moment des Zögerns: „Weiß nicht.“
„Du hast doch schon mal ein, zwei Beziehungen gehabt, oder?“
„Ja…“
„Aber?“
„Bei der ersten war das etwas anders und bei der zweiten… war es so, dass ich jetzt Angst habe.“
„Warum hast du jetzt Angst? Was war in der ersten Beziehung anders?“ Es sprudelte aus ihr heraus, sie merkte aber, dass sie sich für eine Frage entscheiden musste: „Warum hast du jetzt Angst?“
„Na ja, weil meine zweite Beziehung mir Angst gemacht hat.“
„Du hast mal gesagt, dass die eher kurz war… Deswegen?“
„Na ja, wir waren beide nicht verliebt und suchten nur jemanden… jemanden der da war und mit dem man Nähe haben konnte… sie wollte Sex… ich auch… daraus wurde aber nichts.“
„Warum nicht?“
„Ich wusste nicht richtig wie…“
„Aber… du hattest also keinen in der vorherigen Beziehung gehabt?“
„Nein.“
„Auch keine… Nähe… kein Kuscheln, kein Küssen?“
Er lachte. „Doch, ganz viel Kuscheln.“
„Und in der zweiten Beziehung, habt ihr da auch geküsst?“
„Ja.“
„Aber mit mir fällt es dir schwer?“
Er schwieg lange. „Das ist es nicht.“
„Sondern?“
„Keine Ahnung… bei… meiner letzten Beziehung… war es die Vertreibung aus dem Paradies.“
Sie wartete einfach, dass er weiter redete.
„Es wurde schnell körperlich, schnell haben wir geküsst. Als es dann nicht sofort… dazu… kam, hat sie einfach selber… Aber… sie war nett und sie wollte, dass ich auch… Und ich hatte Angst. Dass ich nicht weiß, wie es geht. Wie man ein Kondom… wirklich sicher benutzt… Was ich machen muss… dass sie glücklich ist… und sie hat immer wieder versucht, dass sie etwas macht… was mir… gefällt… aber ich… mir gefiel nichts… also, ich war nicht… erregt… ich war verkrampft. Ich… Nichts mehr ging. Paula, ich will das nie wieder!“
„Sssht“, machte sie beruhigend und gab ihm noch einen Kuss. „Ich habe dich ganz doll lieb. Erzähl weiter.“
„Was denn? Ich… will keine Nähe, weil ich nicht will, dass es wieder so wird.“
„Aber du willst doch Nähe!“
„Ja…“
„Willst du nur Nähe. Oder willst du auch… mehr?“
„Ich will dir so nah sein wie nur irgendwie möglich.“
„Okay, aber warum wolltest du das nicht… früher schon. Warum wusstest du nicht… diese Dinge. Hattest du in deiner ersten Beziehung… Was habt ihr da gemacht?“
Er lachte auf.
„Es war anders.“
„Was heißt anders?“
„Wir haben andere Sachen gemacht. Sachen, die wir beide mochten.“
„Erotische?“
„Ich glaube, für sie waren sie nicht erotisch. Für mich schon…“
„Das klingt komisch.“
„Ja.“
„Willst du mir davon erzählen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Das wäre mir viel zu peinlich.“
„Als hätte ich dich jemals ausgelacht.“
„Als hätte ich dir jemals schon so etwas erzählt.“
„Ihr hattet also keinen Sex, keine Sexualität, aber Nähe?“
„Ja.“
„Würdest du das, was du mit ihr gemacht hast, gerne auch mit mir machen?“
Er antwortete lange nicht. Nicht weil er die Antwort nicht wusste, sondern weil er nicht wusste, welche er geben sollte.
„Ja…“, sagte er verschämt.
„Aber du würdest auch gerne normal… also Vanilla… also…“
„Na ja, schon… irgendwie… ausprobieren…“
„Aber?“
„Ich weiß nicht, ob… es… es gibt mir nicht so viel. Bislang.“
„Dass heißt: du findest konventionellen Sex nicht so reizend?“
„Na ja…“
„Findest… kannst du… ich meine: ist es einfach langweilig? Oder… eklig… oder… ein schlechtes Gefühl?“
„Es war sicherlich etwas ekliges, als ich jung war. Als meine Beziehung zu… als meine erste Beziehung begann. Da waren wir beide noch froh jemanden zu haben, der nicht…“
„Aber später hat es sich bei dir geändert?“
„Ja. Aber das hat für unsere Beziehung keine Rolle gespielt.“
„Sondern? Was hat euch auseinandergebracht? Würdest du gerne noch mit ihr zusammen sein?“
„Nein. Ja. Nein. Es war eine bewusste Entscheidung. Die mir nicht leicht gefallen ist.“
„Warum?“
„Weil ich sie geliebt habe.“
„Warum hast du trotzdem Schluss gemacht?“
„Weil… weil sie nicht erwachsen werden wollte.“
„Was heißt das?“
„Na ja… eigentlich ist das euphemistisch. Eigentlich wollte sie noch nicht mal ein Kind sein.“
„Sie war aber so alt wie du?“, fragte Paula etwas misstrauisch.
Leon lachte. „Sie war ein halbes Jahr älter als ich. Sie war sehr klug, und zwei Klassenstufen über mir als wir uns kennenlernten. Am Ende haben wir zusammen Abi gemacht…“
„Was bedeutete das: sie wollte nicht erwachsen werden?“
„Sie wollte Windeln tragen und am Schnuller nuckeln.“
„Windeln!?“
„Windeln…“
„Okay…“
„Aber.. das ist nur… die Oberfläche. Sie wollte nicht einfach nur noch manchmal klein sein… sie ist klein geworden. Nur noch. Ausschließlich. Sie wollte nicht studieren, sie hat nichts mehr fürs Abi getan, wollte nicht mehr bei ihrer Mutter ausziehen.“
„Und du?“
„Ich… nicht… mehr…“
„Das heißt: erst hat es dir gefallen?“
„Erst war ich glücklich.“
„Du mochtest, dass sie… nicht erwachsen werden wollte?“
„Ich mochte, dass sie tief in ihrem Herzen ein Kind war. Weil ich auch eins war.“
„Wolltest du auch… Windeln tragen und am Schnuller nuckeln?“
„Ja… Das wollten wir alle, dort wo wir uns kennengelernt haben.“
„In der Krabbelgruppe?“
„Nein, als ich 15 war. In einem Onlineforum.“
„In was für einem Onlineforum?“
„Windeln. Und Ageplay.“
„Ageplay? Windeln?“
„Wir… wir mögen es, Windeln zu tragen. Oder wenn jemand anders sie trägt, und wir… uns um die Person kümmern können. Wenn man seine kleine Seite ausleben kann. Das nennt man dann Ageplay.“
„Ist das denn dann… etwas… erotisches…?“
„Es kann… es kann etwas erotisches sein. Windeln – ein Windelfetisch. So wie Leute, die auf Zahnklammern stehen. Oder Lack und Leder. Oder Schuhe.“
„I did not have three thousand pairs of shoes, I had one thousand and sixty.“
„Genau… Und das mit dem Klein sein… Es kann einfach nur sein, dass man gerne klein ist. Es kann aber auch sein, dass das erotisch ist. So wie es erotisch ist, zu zweit in einer Beziehung zu kuscheln. Oder zu zweit ein anderes Pärchen beim Tennis zu besiegen… Und das Wickeln erotisch ist kannst vielleicht sogar du verstehen…“
„Weil es in einem intimen Bereich ist?“
„Ja…“
Paula überlegte lange, ordnete ein.
„Also… als du jünger warst, fandest du Sex eklig und hast außerdem ein erotisches Gefühl für… Windeln und.. Ageplay… entwickelt. Dadurch hast du nie den Kontakt zu Zärtlichkeiten und richtiger… also Vanilla-Sexualität entwickelt. Deswegen hast du Angst mir näher zu kommen?“
„Zärtlichkeiten kenn ich schon. Ich war meiner ersten Freundin sicher auch körperlich sehr, sehr nah – wir haben uns auch geküsst. Aber ich weiß nicht, was sich wann gehört. Wann ich was machen darf. Wann ich dich berühren darf. Wann ich dich… erotisch berühren darf.“
Sie lachte auf. „DU darfst mich jederzeit überall berühren. Von mir aus brauchst du gar nicht aufhören.“
Sie hatten lange da gelegen. Leons Gefühl war pures Adrenalin, gespeist aus dem unglaublich guten Gefühl mit jemandem, mit ihr, darüber geredet zu haben und der gleichzeitigen Angst vor ihrer Reaktion. Vielleicht mit ein ganz klein wenig Hoffnung darauf, mit ihr etwas mit Windeln machen zu können. In Paulas Kopf war unendliche Verwirrung. Sicher, irgendwie hatte sie so eine ähnliche Geschichte erwartet, aber war dann doch erstaunt und überrascht, was für eine Geschichte genau das war. Und unsicher, wie sie damit umgehen konnte. Es war etwas vollkommen anderes als zu entscheiden, das kein Sex genug war für ihre Beziehung oder darüber nachzudenken, auf welche seiner Phantasien sie Lust hatte sich einzulassen. Andererseits gab die neue Vertrauensbasis zwischen ihnen ihr das Gefühl, dass sie gerade alles mitmachen würde..
„Was habt ihr denn genau gemacht? Würdest du das gerne wieder haben?“
„Ich hatte ja die kleine Einliegerwohnung bei meinen Eltern und wir waren dann meistens unter uns. Nach den Hausaufgaben oder so habe ich ihr dann oft eine Windel angezogen. Manchmal war ich quasi ihr Papa, habe ihr ein Fläschen gemacht, habe mich um sie gekümmert. Manchmal war ich selber klein, hab mir auch eine Windel angezogen. Wir haben dann Lego gespielt. Oder mit unseren Kuscheltieren…“
„Vermisst du das?“
„Willst du eine ehrliche Antwort?“
„Klar!“
„Ehrlich gesagt schon manchmal. Aber nicht so wie es damals war. Da hat es alles bestimmt. Es war unser Lebensinhalt. Sie ist dazu geworden, zu diesem Kind.“
„Sondern?“
„Mehr so… manchmal wenn man Lust dazu hat. Abends… mal… am Wochenende mal. Oder wenn man im Urlaub ist.“ Er lachte auf.
„Und du hättest es gerne, wenn du mich wickeln kannst?“
„Weiß ich gar nicht… bis eben hatte ich niemals vor es dir zu erzählen…“
„Aber jetzt hast du es mir erzählt.“
„Ich hoffe… ich hoffe, das war nicht falsch…“
„Alles in Ordnung, ich habe mich dir noch nie näher gefühlt…“
„Das ist… gut…“
Leon überlegte einen Moment: „Wenn ich dich mal irgendwie mit Windeln in Zusammenhang gebracht habe: meine Vorstellungen gingen nie weiter, als es dir zu zeigen. Es vielleicht zusammen auszuprobieren. Ich habe mir nie vorgestellt, wie daraus ein richtiges Rollenspiel werden könnte. Ich glaube, spontan gesagt, könnte ich mir eher vorstellen, dein Kleiner zu sein und nicht dein… Daddy…“
„Dann wäre ich also die Mama? Und was würde ich dann machen?“
„Keine Ahnung. Mir ne Windel anziehen. Ansonsten eigentlich so wie immer. Wir würden an den Strand gehen. Du würdest für mich kochen. Du würdest schimpfen, wie ich Auto fahre. Vielleicht würdest du mir noch beim Klamotten-Anziehen helfen. Oder mal guckt mal einen tollen Kinderfilm.“
„Und die Windeln würdest du dann auch benutzen? Und ich würde sie dir wechseln?“
„Na ja… im Prinzip schon. Für Pipi zumindest.“
„„Pipi“!“ Paula lachte.
„Aber andererseits ist unsere Beziehung sehr gleichberechtigt. Vielleicht ist meine Vorstellung eher, dass wir Geschwister sind, die zusammen rumalbern und gemeinsam einen Tag verbringen. Noch etwas kindlicher, ausgelassener und alberner als sonst, vielleicht hin und wieder mit einem Schnuller im Mund. Dann würden wir uns die Windeln irgendwie gegenseitig wechseln…“
„Okay… hast du eigentlich noch nie mit jemandem anders darüber gesprochen? Außer deiner Ex natürlich?“
„Du bist der erste Outsider… ich kenne einige Leute aus dem Onlineforum. Mit einigen chatte ich regelmäßig, drei habe ich schon real getroffen. Hendrik, du kennst ja Hendrik… der ist auch einer von dort…“
„Ach, echt?“
„Ja.“
„Passt gar nicht zu ihm…“
„Aber zu mir schon?“
„Jetzt wo du es erzählt hast schon.“
Leon hatte noch ein wenig mehr und mit wachsender Begeisterung von seinen Phantasien erzählt. Es tat gut, ihn aufblühen zu sehen. Trotzdem war ihr auch danach, etwas anderes anzusprechen.
„Aber sag mal, jetzt ganz konkret: Sex. Würdest du wollen oder nicht?“
„Ich glaube, ich brauche dich, um der Sache näher zu kommen… bringst du es mir bei?“
Sie lachte.
„Du meinst, wir sollen gemeinsam auf Entdeckertour gehen? Zum Beispiel… da hin?“ Dieses Mal setzte sie ihr streicheln etwas tiefer an.
„Ja… zum… Beispiel…“
Es war… so anders. Leon hatte jetzt Vertrauen zu ihr. Er hatte ihr alles erzählt und noch immer lag sie hier bei ihm.
„Weißt du, klar finde ich das alles toll… was ich dir da so erzählt habe. Aber ich will wirklich… auch andere Sachen kennenlernen, und um so toller wenn das gerade mit dir ist. Und ich glaube, das bringt einen mindestens genau so einander nah. Ich… ich brauche das mit den Windeln nicht. Hauptsache, du akzeptierst wie ich bin. Ich hoffe, das klingt alles nicht total freakig!“
„Wie fühlst du dich jetzt?“
„Ein bisschen ängstlich auf deine Reaktion und irgendwie sehr froh, dass ich es dir erzählt habe. Und du?“
„Etwas verwirrt noch, aber sehr froh, dass wir drüber gesprochen haben. Können wir uns jetzt küssen, ohne das ich Angst haben muss, dass du morgen wieder so verstört rumläufst?“
„Ich glaube schon.“
Langsam richtete sie sich auf und bewegte sich so unter ihren beiden Bettdecken, dass sie genau über ihm lag und sich seitlich mit ihren Armen abstützte. Erst noch ganz vorsichtig begannen sie sich zu küssen. Irgendwann, als es etwas vertrauter geworden war, schaute sie ihm in das ganz leicht von Mondlicht erleuchtete Gesicht.
„Ich liebe dich, Leon.“
„Ich liebe dich auch!“
Sie verharrten lange genau so.
„Wie wärs wenn du mich jetzt einfach machen lässt – ohne Angst und ohne irgendwelche Erwartungen. Auch an dich selber. Wenn es jetzt nicht so toll wird, dann wird es vielleicht morgen besser. Oder nächste Woche. Wir haben unser ganzes Leben Zeit! Du brauchst dich nicht zu irgendwas gedrängt fühlen. Du brauchst nicht das Gefühl haben, du bist falsch, weil dir etwas nichts gibt, okay?“
„Okay!“
„Und morgen fahren wir irgendwo hin und kaufen Windeln und vielleicht einen Schnuller. Wir sind bestimmt süß mit Schnuller.“
„Okay…“
Autor: Traumtänzer (eingesandt via E-Mail)
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Schön geschrieben, irgendwie als wäre es ein Ausschnitt aus einem Liebesroman.
Sehr schöne Geschichte, bin schon gespannt auf die Fortsetzung! 😀
@Mahlzeit: Danke! 🙂
Ist ja (quasi) eine Liebesgeschichte 😉
@Bonyu: ebenfalls vielen Dank! Eine Fortsetzung gibt es nicht, das ist eine Kurzgeschichte.
Viele Grüße
Traumtänzer
Naja war nicht so der Hit. Man findet einfach keinen Einstieg in diese Story. Sehr schade, trotzdem danke für deine Mühe. 1*
Dankeschön, die Geschichte passte grad richtig gut in meine Situation.