Seifenblasen (2)
Windelgeschichten.org präsentiert: Seifenblasen (2) – 1. Teil
Kapitel 2: Zum Schutzengel verdonnert
„Jasmin Kedi, du weiĂźt hoffentlich warum du hier bist?“,
fragte die alte Runzelstimme aus dem Off und natĂĽrlich wusste ich,
warum ich zum ersten Hexenkonsil dieses Jahres geladen wurde, aber ich fand das so verdammt ungerecht, denn schlieĂźlich hat mich dieser kleine Dummkopf umgeworfen, das hat verdammt weh getan, dafĂĽr musste ich ihn doch bestrafen!
„Ja, das weiĂź ich, aber ich hab das doch nur gemacht weil …“, aber weiter kam ich gar nicht, weil der Alte mich sofort unterbrach.
„Jasmin, einen Fluch auf ein Menschenkind zu legen ist ein schwerwiegendes Vergehen, bist du dir ĂĽber die Konsequenzen im Klaren?“, fragte er etwas erzĂĽrnt.
„Ja, ich weiĂź, ich weiĂź, kurzfristige Suspendierung von der Akademie und Strafarbeit, ist mir schon klar.“, erwiderte ich gelangweilt, das hatte ich alles schon hinter mir, wie oft schon hatte ich den Menschen Streiche gespielt. Mal eine Wolke die den Anzugträger durch die ganze Stadt verfolgt, mal Lachzauber während einer Trauerfeier, alles kein Drama und immer bin ich mit ein bisschen Strafarbeit davon gekommen, schlieĂźlich habe ich ja nie etwas getan, das wirklich schlimm gewesen wäre.
„Nein Jasmin, diesmal ist es etwas anders, denn du hast nicht nur einen Fluch ausgesprochen, was du sowieso, als ZauberschĂĽler nicht hättest tun dĂĽrfen, sondern du hast ein Kind verflucht!“, meinte der Alte zornig.
„Hä? Was ist daran jetzt so viel anders?“, fragte ich ernsthaft verwirrt, ich meine, was sollte denn an Kindern anders sein, als an anderen Erwachsenen, auĂźerdem hatte ich diesmal sogar einen guten Grund gehabt!
„Gesetz zur AusĂĽbung magischer Tätigkeiten gegenĂĽber Minderjährigen, ausgehend von SchĂĽlern einer fĂĽr Magiefachwissenschaften angelegten Lernanstalt: Der SchĂĽler, der einen Minderjährigen nicht Magier in jedweder Art und Weise körperlich, geistig, temporär oder permanent beeinflusst wird, sollte das Konsil es fĂĽr notwendig halten, seiner magischen Kräfte permanent entledigt.“, las der Alte langsam und bedächtig vor. Mir fiel die Kinnlade runter, wegen so einer Lappalie wĂĽrde ich meine Zauberkräfte verlieren?! Das war ein Scherz, oder ein mieser Witz! Ich konnte doch nicht meine magischen Kräfte verlieren! Das ging einfach nicht!
„A-Aber ich, es, es tut mir auch wirklich leid u-und ich will auch nie wieder was…..“, wieder unterbrach mich der Alte.
„FĂĽr deinen speziellen Fall haben wir uns etwas anderes ĂĽberlegt“, Gott sei Dank!
„Da der Fluch vergleichsweise lausig ist und nach einem Jahr schon gelöst werden können sollte, und da es eine Schande wäre, eine so ansonsten hervorragende SchĂĽlerin zu verlieren, werden wir statt dessen deine Zauberkräfte auf ein Minimum reduzieren, zudem wirst du dem Menschenkind Taro, das du verflucht hast, fĂĽr die Dauer des Fluchs als Schutzengel dienen, damit du lernst Empathie den Menschen gegenĂĽber zu lernen!“, referierte der Alte.
Mir klappte wieder die Kinnlade herunter, ich war zwar glücklich darüber, dass ich meine Kräfte behalten würde, aber als Schutzengel zu dienen ist das Schlimmste, was einer Hexe überhaupt passieren kann, naja, bis auf den Verlust der Zauberkräfte, das ist eine verdammt erniedrigende Tätigkeit, denn im Grunde muss man nur den Babysitter für einen Menschen spielen und in meinem Fall sogar einen richtigen Babysitter!
„Hast du das verstanden?“, raunzte er mich an, während ein Packen Papier in meinen Händen erschien, auf dem der in dicken GroĂźbuchstaben Taro stand.
Ich nickte.
„Gut, du hast die nächsten 12 Stunden Zeit deine Angelegenheiten zu regeln und dich mit dem Jungen und seinem Leben zu beschäftigen.“, schloss er das Konsil, das extra fĂĽr mich abgehalten wurde, man, echt unglaublich, manche Zauberer morden und werden weniger hart bestraft als ich, naja, glaube ich zumindest.
Okay, 12 Stunden, nicht gerade viel Zeit, aber ich brauchte ja auch nicht so viel Zeit, welche Angelegenheiten hatten die überhaupt gemeint, bis auf das Abhalten eines ausgiebigen Schönheitsschläfchens musste ich nur meine Sachen zusammen packen, die nur aus einigen modischen Teilen zum Anziehen und meinen Zauberspruchkarten bestanden. Ja, ich weiß, diese Karten sind eigentlich nur was für Grundschüler und nichts für Hexen im letzten Jahr, aber die Basiszaubersprüche verwende ich so selten, dass ich sie einfach nicht auswendig kenne, aber dann werden genau diese Sprüche in Klausuren abgefragt, pfft, das ist sooo armselig! Als ich mein Zeug zusammen gepackt hatte blieb mir also noch genug Zeit den Hosenscheißer im Alltag zu betrachten.
Also, „oculum super Taro“, und schon konnte ich sehen, wie der Kleine im Unterricht saĂź, ich wusste zwar nicht, was diese Menschenkinder lernten, aber es sah ähnlich langweilig aus, wie mein Unterricht, aber im Gegensatz zu ihm, der einfach nur wie ein nasser Sack am Tisch saĂź und aus dem Fenster schaute, passte ich wenigstens immer auf! Mein GlĂĽck war, dass der Unterricht schon nach einigen Minuten zu Ende war, in denen sich Taro so gut wie gar nicht bewegte, als wenn er eine Tonstatue wäre, ziemlich langweilig das Ganze. Ich hoffte ja inständig, dass er wieder seine Seifenblasen heraus holen wĂĽrde, damit ich wenigstens etwas zu lachen bekommen wĂĽrde, aber natĂĽrlich wurde ich enttäuscht, war ja nicht auch so schon beschissen genug, dass ich mir diesen Rotz angucken musste, dann wurde ich auch noch enttäuscht. Ich mein, ich glaube, der Tag eines 12 Jährigen ist das Langweiligste, was man sich ĂĽberhaupt angucken kann, ernsthaft, ich hatte in meinem ganzen Leben noch nichts so Langweiliges gesehen! Und es wurde nicht besser als er bei sich zuhause ankam, erst schrieb er 2 Stunden lang irgendwas auf Papier und dann begab er sich in eine Art KĂĽche, in der ganz offensichtlich der Zauberkessel und die Destillerie fehlten, um diese zu reinigen. Diese Menschen sind echt bescheuert, man könnte das so schnell mit einem Zauber erledigen, aber neeeeeein, die Menschen machen das mit der Hand, als wäre das die einzige Möglichkeit. Aber dann, nach gefĂĽhlten einhundert Jahren und einer gelebten Stunde passierte endlich etwas. Der Junge schaute aus der KĂĽche heraus, als wenn er etwas gehört hätte und lief zur WohnungstĂĽr, durch die gerade eine mittelalte Frau hereintrat, man, der hätte wohl mal ein VerjĂĽngungszauber geholfen, die wohl Taros Mutter war, jedenfalls war es definitiv nicht seine Schwester und fĂĽr eine Oma war sie noch zu ….. obwohl …. nein, sie war zu jung. Die beide laberten eine gefĂĽhlte Ewigkeit, es interessierte mich aber herzlich wenig was sie sagten, schlieĂźlich konnte es sich nur um irgendwelche Lappalien handeln. Interessant wurde es, als die Mutter weg ging, in einen anderen Raum und ihren Sohn einfach so im Flur stehen lieĂź, denn der kleine HosenscheiĂźer schien darĂĽber so ĂĽberhaupt nicht glĂĽcklich zu sein, das habe ich mit meiner ausgeprägten Menschenkenntnis sofort an den kleinen Tränen in Taros Augen erkannt, bu-hu, armer kleiner HosenscheiĂźer, bu-hu. Der Junge blieb noch ein paar Sekunden dort stehen, bevor er schlieĂźlich weinend in einen Raum rannte, der wahrscheinlich sein Zimmer war, zumindest sah er so aus, dort nahm er sich ein Fläschchen mit Seifenblasenseife und begann, während sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete, das Gefäß zu öffnen. Ich freute mich schon tierisch auf seine Reaktion, und da ich nichts verpassen wollte, holte ich mir nun auch den Ton.
“ Auris autem sonantia Taro“, sprach ich so schnell ich konnte, um auch wirklich alles hören zu können, als er in den Plastikring pustete.
Gleich nachdem Taro die ersten Blasen gesehen hatte erklang ein leises Zischen und während der Junge noch den Blasen nachguckte wurde er immer kleiner und kleiner, bis er schließlich nur noch ein sitzender Meter war.
„Was zur Hölle?!“, war das erste, was er mit seiner neuen Piepsstimme sagte, nachdem er die letzten zehn Jahre zurĂĽck gewandert war.
Es war lustig zu sehen, wie er aufstand und sich in seinem Schrankspiegel betrachtete. er war total erschrocken, befühlte seine Wangen, seine Haare, seine Milchzähne und die viel zu große Kleidung, die an seinem Körper herunter hing. Und ich? Ich kringelte mich vor Lachen am Boden, während immer wieder piepsige
„was?, hä, wie, äh, “ Geräusche in meine Ohren drangen, das war einfach zu gut, ich meine, ich wusste ja schon vorher, dass ich toll war, aber dass mein Fluch so perfekt funktionieren wĂĽrde, das hätte selbst ich nicht gedacht.
„Maaaaaaamaaaaaaaaa“, schrie der kleine HosenscheiĂźer verzweifelt, verständlich, ein 3 Jähriger schreit nun einmal nach seiner Mama, wenn er nicht mehr weiter weiĂź, hihi, was er nicht ahnen konnte war, dass mein Fluch nicht nur ihn veränderte, er veränderte, so wie eigentlich jeder ordentliche Zauber, die Realität, das heiĂźt, fĂĽr ihn war es ein totaler Schock, dass er wieder ein Kleinkind war, fĂĽr alle anderen war das allerdings völlig normal, so auch fĂĽr seine Mutter. Und die kam natĂĽrlich prompt in ihres Sohnes Zimmer, um ihn zu trösten.
„Ist ja gut, mein Kleiner, was ist denn passiert?“, tröstete sie ihn, während sie sich zu ihm herunter kniete und ihn umarmte.
„M-Mama, du … ich …. ich bin wieder …. äh, siehst du das denn nicht?!“, schrie er schluchzend, während sich seine Stimme mehrfach ĂĽberschlug.
„Ach mein Schatz, es ist doch alles gut, hm?“, war ihre Antwort.
„Jasmin Nekomajikku, ihr Portal zur Menschenwelt wird in 30 Minuten geöffnet, begeben sie sich umgehend zum Zerrhafen.“, meinte eine neutrale Stimme nĂĽchtern, während alle meine Zauber erloschen und Bild und Ton verschwanden.
Super, gerade wenn es am besten wird! Naja, da kann man eben nichts machen. Der Zerrhafen ist ĂĽbrigens ein zentraler Knotenpunkt zwischen verschiedenen Sub-Welten, wer in die nicht-magische Welt ĂĽbertreten möchte oder muss, der muss entweder zu dieser PortalstraĂźe, deren Portale sich nur ein einziges Mal pro Tag öffnen, oder er erzeugt ein eigenes Portal. Ich muss leider zugeben, dass ich nicht mal ein Portal hätte erzeugen können, wenn ich tatsächlich alle meine Kräfte gehabt hätte, die wurden mir aber vor wenigen Sekunden erst abgenommen, also brauchte ich mir darĂĽber gar keine Gedanken zu machen. WorĂĽber ich mir allerdings sehr wohl Gedanken machte, war, wie ich diese ScheiĂźe ĂĽberstehen sollte, ich wollte nicht ständig auf einen 13 Jährigen aufpassen! Das Problem war ja, dass ich als Schutzengel einigen ziemlich beschissenen Regeln zu folgen hatte, Regeln alla „Du sollst nicht lĂĽgen“ und so, die mich zwingen wĂĽrden IHM zu gehorchen. Ich wurde schon wĂĽtend, als ich nur daran dachte, der einzige Silberstreif am Horizont war die Aussicht, dass er noch mal Seifenblasen blasen wĂĽrde, aber nachdem er diesen Fehler vor nicht allzu kurzer Zeit gemacht hatte, dachte ich nicht daran, dass er das allzu bald noch einmal tun wĂĽrde.
„Jasmin Kedi?“, fragte ein Mann mittleren Alters mich, als ich am Zerrhafen ankam, nun ist der Begriff „Hafen“ vielleicht irreleitend, es ist nicht so, dass man da auf Schiffe steigen wĂĽrde oder so, es handelt sich beim Zerrhafen eigentlich nur um einen recht breiten, langen Gang, an dessen Ende ich bis heute noch nicht gewesen bin, das sollte ich mal nachholen, von dem aus einzelne Zweige zu groĂźen, schweren TĂĽren fĂĽhrten, diese TĂĽren sind die Portale.
„Ja?“, antwortete ich und zeigte ihm im gleichen Atemzug das Zeichen an meinem rechten Arm.
Der Mann nickte übertrieben bedeutungsschwanger und führte mich zu einem der Portale. Ich will ja nicht sagen, dass sich da ein gewisser Zauberer etwas zu sehr aufgespielt hat, aber wer es in meiner Welt nur zum Portalwart bringt, sollte sich nicht so aufführen wie die wichtigste Person auf Erden. Aber immerhin beherrschte er seinen Beruf, denn ohne irgendwelche Probleme zu verursachen führte er mich durch die Masse an Zauberern, die in eine andere Sub-Welt übertreten wollten, zu meinem Portal, während mich die anderen Reisenden ziemlich übelgelaunt anschauten, wahrscheinlich weil ich mich nicht anzustellen brauchte. Sie wussten ja auch nicht, dass ich gar nicht in die Menschenwelt wollte, sondern musste. Als mein Führer und ich das Portal erreichten, war es schon im Begriff sich zu öffnen. Die große Eichenholztür, die mit allerlei Reliefs verziert war, knarzte ohrenbetäubend, während sich die Flügel Zentimeter für Zentimeter weiter in Richtung der Wände bewegten und sich ein bläulich grünes Wasser offenbarte, dass orthogonal zum Boden stand.
„Der Ăśbertritt dauert bei dieser Anzahl an Reisenden zwischen 5 und 9 Stunden, das heiĂźt, dass du ungefähr um 6:00 Uhr am Morgen, des 07.07.2017, nach menschlicher Zeitrechnung, an deinem Reiseziel ankommen wirst. Es wird verlangt, dass du an jedem Tag, möglichst bei Nacht, beziehungsweise dann, während dein SchĂĽtzling deiner Tätigkeiten nicht bedarf, zu einer ĂśberprĂĽfung eben dieser, zur Schulleitung der 2. Hexenakademie erscheinst.“, referierte der Typ. Man, der hat sicher kein Problem damit sich die BasiszaubersprĂĽche zu merken. Eine Fähigkeit, die ihm aber wohl nichts als diesen armseligen Beruf hat einbringen können.
Ich bejahte mit einem Nicken, dass ich seinem Referat folgen konnte und stieg gleich darauf in das farbige Wasser während ich an Taro dachte. Es ist jetzt nicht so, dass ich an ihn denken wollte, aber da ich zu ihm gelangen musste, dachte ich an ihn, sonst wäre ich irgendwo auf der Welt angekommen, nur nicht bei ihm, und darauf hatte ich nun wirklich keine Lust. Langsam begannen meine Sinne zu verschwimmen und meine Augen sich zu schließen, ein Zeichen dafür, dass mein Geist langsam in die Menschenwelt übertrat und sich in meiner menschlichen Hülle manifestierte. Zum Glück konnte ich die längste Zeit dieses Vorganges verschlafen und schon Sekunden später verflossen meine Gedanken und ich wurde bewusstlos.
Autor: BabyIsi (eingesandt via E-Mail)
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Super. Die Geschichte ist wahnsinnig toll… 🙂
Viel Humor und eine lockere Schreibweise, echt gut gelungen
Beide Teile sind einfach klasse, endlich mal was anderes
Schreib bitte weiter. Bin gespannt.
Es hat schon was von Ironie, dass ich zum ersten mal dieses Forum besichtige und in der erste Geschichte die ich Lese, das Heutige Datum steht.
(07.07.2017)
Muss ich mir nun sorgen machen xD
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