Alles wird besser, vielleicht sogar gut (9)
Windelgeschichten.org präsentiert: Alles wird besser, vielleicht sogar gut (9)
Und weiter geht’s nach einer kurzen Oster-Unterbrechung:
15 Minuten später war es Onkel Phil, dem die Ruhe am Esstisch ganz offensichtlich selbst unheimlich war. Stille beim Essen. Mit Juli und mir am Tisch. Da konnte man sich als Aufsichtsperson schon Mal Sorgen machen. Das konnte ich sehr gut verstehen. Und erklären: Juli bekam wegen der Unmengen von gebratenem Speck, Rührei und Kakao beim besten Willen kein Wort mehr raus und ich schmiedete Pläne. Pläne für unseren ersten echten gemeinsamen Abend. “Willst du Juli nicht in deinen Plan für heute Abend einweihen, Paul?”, durchbrach Onkel Phil die Stille. Das kam jetzt zwar ein bisschen überraschend, passte aber ganz gut zu meinem Timing. Und so erfuhr Juli von meiner Idee, heute Abend Cocktails zu mixen. Alkoholfrei, versteht sich. Aber schön bunt. Schön süß. Und mit jeder Menge Früchten. Inspiriert hatte mich dazu der XXL-Kühlschrank in der Küche, der einem die Herstellung von Eiswürfeln und Crushed Ice einfach abnahm. Ein Knopfdruck, schon kam das kalte Zeug aus dem Spender in der Tür. Auch wenn Juli mit mindestens einer Gehirnhälfte noch bei den Speckstreifen war, dauerte es nicht lange, bis er mit einem begeisterten “Daumen hoch” ins Thema einstieg. “Ich kenne ein paar gute Seiten im Internet, wo man Rezepte herbekommt!”, meinte er, während er mit einem großen Schluck Orangensaft seinen Mund frei für Konversation machte. “Guter Plan!”, kommentierte Onkel Phil, den ihn natürlich vorher um Erlaubnis gefragt hatte. “Allerdings finde ich, dass wir Julis Ankunft ruhig ein bisschen “größer” feiern könnten, was meint ihr?” Ratlose Blicke aus vier Augen. “Ich hatte an eine “Junk-Food-Cocktail-Pyjama-Kino-Party” gedacht”, fuhr Onkel Phil fort. Ihr kümmert euch um die Cocktails und die Deko, ich kümmere mich ums Essen und die Filme. Statt um 18:30 gemeinsam zu Abend zu essen, verlagert sich alles ins Wohnzimmer. Wir machen euch bettfertig und legen dann los. Gegessen, getrunken und gekuckt wird, bis einer von euch einschläft!” Juli fiel vor Schreck die Gabel aus der Hand. Ich verschluckte mich an einer Traube. Das klang… sensationell! Filme gucken bis zum Abwinken. Auf Riesen-Screen im Wohnzimmer. Mit Cocktails. Mama würde ohnmächtig werden, wenn sie davon was wüsste. Und Julis Großeltern würden ihren Enkel postwendend zurück in geordnete Verhältnisse befehlen. Wenn sie denn jemals davon erführen. Würden sie aber nicht. “Ehrensache”, wie Juli mit einem verschwörerischen Augenzwinkern zu Onkel Phil bekräftigte!”
Bevor wir aber in Sachen Cocktail-Rezepte und Deko loslegen konnten, hatte Onkel Phil noch ein paar Aufgaben für uns. Und in diesem Fall fiel mir die Gabel aus der Hand, Juli war mit Verschlucken an der Reihe. “Keine Party ohne intensive Vorbereitung!”, dozierte der Schuft mit einem genüsslichen Grinsen. Wir waren ihm beide auf den Leim gegangen. Wir hätten wissen müssen, dass der durchtriebene Kerl sich die Party mit Nachhilfe-Themen bezahlen lassen würde. Wir mussten also ein Motto finden. Und dann eine Kalkulation für Onkel Phil machen. Dazu mussten wir auflisten, was wir alles für die Getränke und die Deko brauchten. Und was das alles kosten würde. Zum Schluss bekamen wir noch einen DIN-A3-Ausdruck des Wohnzimmers vor die Nase gesetzt, auf dem wir genau einzeichnen sollten, wie wir den Raum umgestalten würden. Dummerweise hatten wir nur 35 Euro für Cocktail-Zutaten, 15 Euro für Dekomaterial und 90 Minuten Zeit. Dann wollte Onkel Phil mit uns los, um einzukaufen. Die Liste mit den ganzen Aufgaben, die wir in 90 Minuten erledigen mussten, war brutal. Ich spürte, wie mir langsam die Tränen kamen. Das konnten wir nicht schaffen! Niemals! “Bleibt mal ruhig, Jungs!”, versuchte Onkel Phil ein bisschen Druck aus dem Thema zu nehmen. “Vom Tisch abräumen seid ihr heute ausnahmsweise befreit! Und dann rate ich euch, die Aufgaben nochmal ganz genau anzuschauen. Macht euch einen Plan und denkt dabei vor allem daran, was jeder von euch besonders gut kann! Nennt sich Teamwork, das Ganze!” Ein letztes Zwinkern, dann erhob sich Onkel Phil vom Tisch und begann, das Frühstücks-Chaos wegzuräumen. Danke auch. Für nix. Ich war immernoch genervt. Ich wollte doch eigentlich nur Cocktails mixen. Jetzt hatten wir zwar eine coole Party vor uns, aber keinen Plan, wie wir das alles organisieren sollten. Das war so ungerecht! Und schon standen mir die Tränen in den Augen.
“Jetzt heul’ hier nicht rum!”, kam es ausgerechnet von Juli, der zwischenzeitlich mit dem A3-Ausdruck neben mir stand und mich von meinem Stuhl zog. “Wir überlegen uns jetzt ein Motte und teilen uns dann auf! Dein Onkel hat gesagt, wir sollen uns auf unsere Stärken konzentrieren. Lass uns das jetzt versuchen!” Mir lagen mindestens zehn gemeine Antworten auf der Zunge, mit denen ich ihm in diesem Moment hätte den Wind aus den Segeln nehmen können. Keine davon kam zum Einsatz. Weil er ja Recht hatte. Und so saßen wir keinen fünf Minuten später in unserem frisch gelüfteten Zimmer und versuchten, uns einen Plan zu basteln. Das Motto dauerte nicht lange: “Winter-Wonderland”. Nicht weil es sonderlich kreativ war, sondern weil uns auf Anhieb ziemlich viele Deko-Ideen eingefallen waren, die sich günstig umsetzen ließen. Weil: 15 Euro für Deko waren nicht viel. Der Rest ging dann eigentlich ganz von alleine. Juli war in Sachen Kreativität nicht zu gebrauchen, ich würde also die Deko-Planung übernehmen und die Skizze anfertigen. Juli wollte sich ans Tablet klemmen und Rezepte und Zutaten-Preise recherchieren. Ich war platt. Statt in Tränen auszubrechen, hatten wir einen Plan. Weil Juli mir geholfen hatte, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Konnte also losgehen. Bzw. gleich. Denn Juli wollte vorher noch schnell zur Toilette. Dabei dachte ich mir nicht viel. Erst als er an der Tür nach Rechts abbog, in Richtung Toilette, fielen mir Onkel Phils Worte wieder ein. Die Windel. Er würde alleine nicht aus der Windel kommen. Mit einem Satz war ich auf den Beinen und rief Juli hinterher, dass er erst zu Onkel Phil müsse, um die Windel loszuwerden. Richtige Idee, falsches Timing. Meine Stimme “erwischte” Juli kurz bevor er das Bad mit der Toilette erreichte. Und die Erkenntnis traf ihn, wie ein Blitz. “Fuck! Oh Mann! So ein Mist!” Als er auf dem Absatz kehrt machte konnte ich ihm ansehen, dass genervt war. Vor allem, von sich selbst.
Zwei Minuten später kam er mit Onkel Phil im Schlepptau wieder zurück. Ganz ohne Hektik. Und ich wusste, was das zu bedeuten hatte. “Ich hhhhhab es nicht mehr geschafft!”, nuschelte er und wusste ganz offensichtlich nicht, wohin mit seiner Scham. Onkel Phil legte ihm ruhig eine Hand auf die Schulter. “Ärger dich nicht, Juli! Beim nächsten Mal weißt du, dass du einfach ein paar Minuten mehr Zeit einplanen musst!” Das war im Augenblick kein großer Trost für Juli, aber da musste er jetzt einfach durch. Schließlich hatte er sich für die Option mit der Windel entschieden. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, machte sich Juli niedergeschlagen auf den Weg zum Wickeltisch, wurde aber von Onkel Phil auf halbem Weg gestoppt. “Ich denke, du kommt mit der Windel noch eine Weile klar, oder Juli?” Die Frage trug nicht gerade dazu bei, Julis Ohrenfarbe zu normalisieren, beruhte aber auf unseren Erfahrungswerten: Die Windeln hielten locker einen Vormittag. Ich lag ja schließlich auch nicht jede Stunde auf dem Wickeltisch. “Was ihr aber bitte unbedingt noch tun solltet: Zähneputzen!” Klar Ansage. Aber ungefähr genauso störend, wie es ein Windelwechsel jetzt gewesen wäre: fünf Minuten Zeitverlust konnten wir gerade wirklich nicht brauchen. Diskussionen waren jetzt aber wenig hilfreich. So gut kannte ich Onkel Phil. Also schnappte ich mir Juli und zog ihn ins Badezimmer. Weil Julis Koffer ja nach wie vor noch auf sich warten ließ, holte ich ihm eine neue Zahnbürste aus einem versteckt vor dem Badezimmer in der Wand untergebrachten Vorratsschrank, in dem alles lagerte, was man im Badezimmer so brauchen konnte: Toilettenpapier, frische Handtücher, Waschlappen, Badetücher, Watte, Pflaster, Nagelscheren, Gel, Deo-Sticks, Bürsten und seit meinem Einzug, auch vier Windelpakete, die im unteren Teil des Schrank verstaut waren. Darüber befanden sich Einmal-Wickelunterlagen, Pflegecremes, Einweg-Handschuhe und zwei Stapel mit Pullups, die für meine Zwecke in Sachen Fassungsvermögen nicht mehr ausreichten, ab Montag aber wahrscheinlich von Juli genutzt wurden.
Schnell Zahnpasta verteilen, den Putz-Timer an der Wand auf 3 Minuten einstellen, dann schrubbten wir los. Beim Blick in den Spiegel, der Juli und mich zeigte fiel mir mal wieder auf, wie unterschiedlich wir beide doch aussahen. Und es auch waren. Links, der riesige Juli, der selbst für einen Zwölfjährigen ziemlich groß und stabil war und rechts eben ich. Paul. Neun Jahre, körperlich aber maximal so weit wie ein Zweitklässler. Normalerweise hätte alleine die Anwesenheit so eines Riesen-Kerls neben mir ausgereicht, meinen Minderwertigkeitskomplex an die Oberfläche zu holen. Nicht aber bei Juli. Der war mein bester Freund. Ein echter Freund, der sich nicht an meinen Schwächen und Fehler störte.
Immerhin hatten wir uns in den letzten Stunden optisch angenähert. Zwei Jungs, zwei Strumpfhosen, zwei Kapuzen-Pullis. Zwei Windel-Pos, die nicht so ganz ins Bild passten. Weil sie nicht zu zwei Jungs in diesem Alter passten. Und weil beide Windeln im Schritt deutlich tiefer hingen, als es noch vor einer Stunde der Fall gewesen war. Also hatte nicht nur Juli inzwischen in die Windel gemacht, sondern ich auch. Allerdings ohne davon etwas mitbekommen zu haben. Und genau das machte mir nach wie vor zu schaffen. Unterhalb des Bauchnabels tendierte mein biologisches Alter gegen Null. Keine Kontrolle. Keine Kontinenz. Gar nichts. Scheiß drauf, gab ich mir einen Ruck. Die OP würde ein Erfolg werden. Und jetzt wollte ich diese Party fertig planen. Ende der Durchsage. Dann war Ruhe in meinem Kopf. Allerdings nur für einen Augenblick. Dann plärrte der Zahnputz-Timer und beendete unseren gemeinsamen Auftritt vor dem Spiegel. Mund ausspülen, abtrocknen, und los. Wir hatten nur noch 60 Minuten.
Als ich ins Kinderzimmer abbog, um dort die Deko zu planen und die Skizze anzufertigen, steuerte Juli Onkel Phils Büro an. Eines der Tablets holen. Als er damit bei mir ankam, hatte er bereits mehrere Tabs mit alkoholfreien Cocktail-Rezepten geöffnet und fuhr gerade die App mit dem Tabellenkalkulationsprogramm hoch. Für die Kalkulation. Erstaunlich, wie fit er im Umgang mit dem Ding war. Keine Frage, ich konnte ebenfalls mit einem Tablet umgehen. Ziemlich gut sogar. Allerdings hatte sich mein Interesse bis jetzt maximal auf das Thema Spiele, Online-Browser und E-Mails beschränkt. Dieser ganze Office-Quatsch war Erwachsenen-Kram. Zumindest hatte ich das bislang gedacht. Jetzt zu sehen, wie Julis dicke Finger über die eingeblendete Tastatur flogen und Zahlen in Felder eintrugen, die sich ein paar Zeilen tiefer wie durch Zauberhand zu einer Gesamtsumme addierten, brachte mich dazu, meine bisherige Überzeugung über Bord zu werfen. Ob mir Juli das auch zeigen könne, die Sache mit der Tabellenkalkulation? Die Frage war direkt. Die Antwort auch: “Klar! Aber nicht jetzt. Ist eigentlich echt total einfach!”. Das reichte mir fürs Erste. Denn ich war ebenfalls nicht untätig gewesen und hatte mit Hilfe von Onke Phils sündhaft teure Zeichenstiften den Ausdruck des Wohnzimmers komplett umgestaltet. Jetzt wer es Juli, der ziemlich beeindruckt aussah, ohne sich dabei allzu große Hoffnungen zu machen, von meinem Wissen profitieren zu können. Zeichnen. Und eine Art fotografisches Gedächtnis. Ein Blick für Proportionen. Das war mein Talent. So viel hatte ich inzwischen begriffen. Juli war der Mann für Ordnung. Struktur und Zahlen. Die perfekte Symbiose. Das ideale Team. Trotz aller Unterschiede.
7 Minuten. Die roten Ziffern auf dem Timer, der auf dem Boden zwischen Juli und mir stand, waren unbestechlich. In 7 Minuten sollten wir unser Konzept bei Onkel Phil abgeben. Theoretisch waren wir auch fertig. Aber eben nur theoretisch. Praktisch fehlten noch ein paar Details. Vor allem in Julis Kalkulation. Das lag aber eigentlich nicht an ihm oder seiner Excel-Datei, sondern daran, dass Lebensmittel in Dänemark grundsätzlich deutlich teurer waren, als bei uns zu Hause. Egal welche Zutaten oder ganze Rezepte wir veränderten, wir schafften es einfach nicht, im geforderten Budget zu bleiben. Juli fluchte, während er verzweifelt versuchte, irgendwo noch ein paar Euro einzusparen. “Das muss doch mit den 50 Euro hinzukriegen sein, zum Teufel!” Dann fiel bei mir der Groschen. 50 Euro? Warum eigentlich? Wir hatten doch 65 Euro. Okay, Onkel Phil hatte uns eine Verteilung zwischen Deko und Cocktail-Zutaten vorgegeben, aber ein bisschen Spielraum hatten wir mit Sicherheit. Hoffte ich. Juli schaute ziemlich skeptisch, aber mit einem Blick auf die Uhr sah auch er ein, dass wir nur eine Chance hatten, wenn wir unser Budget etwas umverteilten. Ich zeigte auf zwei Deko-Elemente, die wir auch selbst basteln konnten, statt fertig einzukaufen und schon wanderten 5 Euro vom Deko-Budget zu den Zutaten. Jetzt passte alles. 64,38 Euro. Wir waren im Budget. 30 Sekunden später plärrte der Timer. Dann war Ruhe. In die ein Sonnenstrahl hereinplatzte, der fast gleichzeitig eine helle Wand aus Licht zwischen Juli und mich legte. Juli stand noch immer der Schweiß auf der Stirn. “Ddddas war knapp, Aaaaalter!” Irgendwie mochte ich das an ihm. Anspannung und Stress waren bei Juli nicht nur sichtbar, sondern immer auch zu hören. Dass er damit allerdings nicht nur unsere Party-Planung gemeint hatte bekam ich erst mit, als er schneller aufstand, als es in dieser Situation eigentlich nötig gewesen wäre. Ich wusste, wie eine Windel aussah, die in den letzten Minuten große Mengen an Flüssigkeit hatte aufnehmen müssen. Genau so nämlich wie das, was da dick und schwer in Julis Strumpfhose hing. “Ging nicht anders!”, murmelte er. “Sonst hätten wir’s nicht fertig bekommen!” Dieser Esel hatte tatsächlich in die Windeln gepinkelt, statt auf die Toilette zu gehen. Um unsere Party zu retten. Mein Hirn wusste in diesem Moment nicht wirklich, wohin mit dieser Information: In die “Juli-der-Held-Ecke” oder doch lieber auf den Stapel mit den “Juli-der-Spinner-Aktionen”? Ich verschob die Entscheidung, weil mit Julis flehender Blick zurück in die Realität holte. Er war nämlich nicht nicht fertig und meinte das genau so, wie er es sagte. “Ich muss noch richtig aufs Klo, Paul! Dringend!” Oha. Onkel Phil war in seinem Büro, der würde es nicht mehr rechtzeitig schaffen, Juli den Weg frei zur Toilette zu machen. Wir brauchten einen Plan B. Schnell. Ich sah, wie Juli die Pobacken zusammenkniff und auf den Zehenspitzen trippelte. 30 Sekunden, schätzte ich. Dann würde er die Kontrolle verlieren. “Paul, bitte!”, war das Letzte, das ich bewusst wahrnahm. Dann übernahm mein Unterbewusstsein.
Mit einem Satz war ich bei Juli, zwang ihn mit einem scharfen “Halt still, verdammt!” für einen Augenblick ruhig stehen zu bleiben und zog mit einem Ruck seine Strumpfhose nach unten. Dann die Slipboxer. Mit dem gleichen Griff, den Onkel Phil auch immer bei mir einsetzte, checkte ich, ob die Luft an Julis Po noch “sauber” war. War sie. Also alles noch kein Problem. Mit zittrigen Fingern half ich Juli, aus der Strumpfhose und der Unterhose zu steigen. Das musste sein, sonst würde er sich beim garantiert gleich folgenden Blitzstart mehr als unelegant auf die Nase legen. Das Gefummel an den Klamotten kostet allerdings wertvolle Sekunden. Ging aber wie gesagt nicht anders. “Paul, ich kann nicht mehr!”, presste Juli zwischen seinen Lippen hervor. Gut, dann jetzt oder nie. Wie ich es unzählige Male bei Onkel Phil gesehen hatte, trat ich hinter Juli, öffnete mit gezielten Griffen von hinten und zwei schnellen Ratschern die oberen Klebebänder seiner Windel, dann die unteren. Gleichzeitig griff ich hinten in den oberen Windelrand an seinem Rücken und zog kräftig, während Juli wie von einem unsichtbaren Gummiband gezogen in Richtung Klo sprintete. Es folgte ein kurzes Türknallen und ein gedämpftes “geschafft!”. Dann stand ich einfach nur da. Mit Julis Windel in der rechten Hand, die zwei Sekunden später mit einem satten Schmatzer auf dem Boden landete. Das Teil war komplett nass. “Das war wirklich knapp, Alter!”, tönte es in meinem Kopf, als plötzlich Onkel Phil in unserem Zimmer auftauchte.
Seinen Blick als irritiert zu bezeichnen, wäre geschmeichelt. Seine Miene schwankte irgendwo zwischen überrascht und ratlos. “Was sollte denn diese Aktion bitte?”, fragte er schließlich, während er an unserem Planungs-Lager vorbeischlenderte, neben mir in die Knie ging und Julis Windel zu seinem kompakte Päckchen zusammenrollte. Und weil ich in der Aufregung die Kurzform nicht wirklich sinnvoll in Worte gefasst bekam, lieferte ich Onkel Phil die Langfassung. Von unseren Problemen mit der Kalkulation bis hin zum Klo-Notfall gerade eben. “Ich hatte Juli ja gesagt, dass das ziemlich anstrengend wird, mit der dicken Windel!” Ich zuckte mit den Schultern. Dazu konnte ich nicht viel sagen. Für mich war das ja nicht anstrengend. “Trotzdem habt ihr das insgesamt ganz hinbekommen, würde ich sagen!” Ich hatte ja mit viel gerechnet, aber ganz sicher nicht mit einem Lob. “Bitte?” Das kam von Juli, der vor wenigen Augenblicken zurück ins Kinderzimmer gekommen war. Seine Gesichtszüge wirkten jetzt wieder sehr entspannt, auch wenn die Farbe seiner Ohren nach wie vor einen gewissen Alarmstatus signalisierte. Verständlich. Immerhin war er unterhalb seines Hoodies doch sehr luftig angezogen. “Klar!”, fuhr Onkel Phil fort. “Es ist immer das Ergebnis, das zählt. Und euer Ergebnis überzeugt auf ganzer Linie. Ihr habt die Planung fristgerecht fertig bekommen und es geschafft, dass Juli es zumindest für sein großes Geschäft auf die Toilette geschafft hat!” Okay, so konnte man es natürlich auch sehen. Dass sich weder bei Juli noch bei mir ein echtes Glücksgefühl einstellen wollte, lag vor allem an Juli, der noch immer ziemlich verloren und halb nackt neben dem zusammengerollten Windelpaket stand, das Onkel Phil in Richtung Wand gerollt hatte. “Bleibst du eigentlich trotzdem bei deiner Entscheidung, die nächsten drei Tage die dicken Windeln nehmen zu wollen, Juli?” Onkel Phils Frage kam nicht überraschend. Julis Antwort aber auch nicht. Der nickte. “Wie du magst. Aber dir muss klar sein, dass ihr nachher beim Einkaufen nicht die Möglichkeit haben werdet, dir mal eben so die Windel auszuziehen!” Wieder ein Nicken. “Gut. Dann packen wir dich gleich mal wieder ein und schauen uns an, was ihr da so alles geplant habt!”
Autor: DerBeobachter (eingesandt via E-Mail)
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