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Eine Mama für zwei Wochen (10)

30/07/2025 4 comments Article Jungs Lucas2242

Dieser Eintrag ist Teil 10 von 11 der Serie Eine Mama für zwei Wochen
Windelgeschichten.org präsentiert: Eine Mama für zwei Wochen (10)

Am nächsten Morgen öffnete Louis müde die Augen. Sein Kopf fühlte sich schwer an. Wirklich gut geschlafen hatte er nach dem gestrigen Abend nicht. Außerdem war es warm. Zu warm… Seine Decke hatte er irgendwann im Schlaf nahezu komplett zur Seite gestrampelt. Sein Arm lag ruhig auf seinem Kuscheltier. Wie jeden Morgen spürte er bereits kurz nach dem Aufwachen, dass er auf die Toilette musste. Nicht dringend, aber zu unangenehm, um es zu ignorieren. Im Moment lag er auf dem Bauch. Keine angenehme Position zum Pullern… Also drehte er sich auf den Rücken. Dabei bemerkte er seinen Schnulli, der ihm wohl wieder über Nacht aus dem Mund gefallen war. Sofort griff er danach und begann wieder daran zu saugen. Dann gab er seiner Blase nach. Wenn er die Windel schon anhatte, konnte er sie auch benutzen. Die war sowieso nicht mehr trocken. Schließlich hatte er vor dem Schlafen noch etwas getrunken, was bei ihm ja zwangsläufig immer dazu führte, dass er nachts pullern musste. Es war eine gute Entscheidung gewesen, sich gestern doch von Lena wickeln zu lassen. Eigentlich hatte es sich sogar besonders gut angefühlt, wie liebevoll sie sich um ihn gekümmert hatte. Gerade weil er so aufgelöst gewesen war. Es war so beruhigend gewesen…

Langsam breitete sich die Wärme zwischen seinen Beinen aus. So warm, wie es in seinem Zimmer war, fühlte sich das gerade gar nicht mal so gut an, wie sonst. Und obwohl der Schnulli gute Arbeit leistete, war da trotzdem dieses leise schlechte Gewissen.

War sein Bruder wirklich enttäuscht von ihm? War es falsch, dass ihm das gefiel? Aber wieso hätte Lena ihm das dann überhaupt angeboten? Die beiden hatten sich deshalb gestern sogar gestritten… Und auch wenn Lena sagte, dass das nicht seine Schuld war, fühlte es sich für den Neunjährigen ein bisschen so an. Louis mochte es generell nicht, wenn Leute stritten. Schon gar nicht, wenn er etwas damit zu tun hatte. Aber wenn er das wiedergutmachen wollte, dann musste er das mit seinem großen Bruder klären. Irgendwie…

Das Einfachste wäre natürlich, einfach wieder mit allem aufzuhören. Schließlich war das ohnehin alles Babykram. Aber vielleicht wäre Lena dann traurig. Und so wirklich wollte er das ja auch nicht… Ständig versuchte er alles richtig zu machen, damit Jack nicht enttäuscht war. Zog Klamotten an, die er eigentlich gar nicht wirklich mochte und so weiter… Aber am Ende konnte er es ihm sowieso nicht recht machen. Wann immer ihm etwas gefiel, reagierte sein Bruder meistens alles andere als begeistert. Das war doch voll unfair! Nein, es gab nur eine Option. Jack musste das verstehen! Wie auch immer er das anstellen sollte…

Dann bemerkte der Neunjährige, wie hungrig er eigentlich war. Noch ein wenig verschlafen stand er auf. Seinen Schnulli legte er dabei heute nicht ab. Selbst sein

 

Kuscheltier behielt er mit beiden Armen fest umklammert bei sich. Ihm war gerade überhaupt nicht danach, etwas davon abzulegen. Es war ein bisschen wie eine heile Welt, die er gerade nicht loslassen wollte.

Müde ging er die Treppe nach unten und begab sich in die Küche, nur um abrupt im Türrahmen stehen zu bleiben. Auf einmal war er hellwach!

„Morgen, kleiner Mann“, begrüßte ihn sein großer Bruder. Klang nicht direkt feindselig, aber es war ungewohnt, dass er ihn so nannte. Normalerweise sagte er eher das Gegenteil zu ihm. Wieso war er überhaupt schon wach!?

Tatsächlich war Jack heute ein wenig früher aufgestanden. Schließlich hatte er gestern tagsüber schon eine ganze Weile geschlafen, nachdem er von der Nachtschicht heimgekommen war. Aber das konnte Louis ja nicht wissen. Oder zumindest hatte er nicht soweit gedacht.

Fast schon hektisch nahm er seinen Schnuller aus dem Mund und versteckte ihn dann peinlich berührt hinter seinem Rücken. Als würde es irgendetwas an der Situation ändern und als hätte sein Bruder das nicht längst gesehen.

„Morgen…“, murmelte er kleinlaut zurück. Jetzt war das schlechte Gewissen plötzlich deutlich stärker, als hätte er wirklich etwas falsch gemacht.

„Steck das Ding wieder rein. Wenn dir das gefällt, dann steh zumindest dazu…“, entgegnete sein Bruder unbeteiligt. Begeistert schien er nicht zu sein, aber das war neu… Und außerdem war es so plötzlich, dass Louis sich nicht sicher war, ob er der Aufforderung nachkommen sollte.

Eigentlich hatte er ja sogar auch von Jack inzwischen die Erlaubnis, den kleinen Beruhigungssauger bis zum Ende der Ferien zu benutzen. Zumindest nachdem Lena ihm gestern erklärt hatte, dass sein kleiner Bruder schwimmen gelernt hatte. Dann hatte sie fordernd die Hand aufgehalten und gemeint, dass er sich das ja wohl verdient hatte. Und ja, das hatte er wohl. Auch wenn es eine echt schräge Belohnung war… Wieso konnte er sich nicht einfach ein Videospiel oder so wünschen, wie ein normales Kind?

„Hast du Hunger?“, vernahm der Neunjährige als nächstes, während Jack ihm bereits eine Schüssel reichte und im nächsten Moment nach den Cornflakes griff.

„Ja…“, antwortete Louis leise und nahm die Schüssel perplex entgegen. Hä…? Seine Verwirrung stieg weiter an. Sollte er sich nicht selbst sein Essen zusammensuchen?

„Ist das, weil ich neulich eine Schüssel kaputt gemacht hab…?“, fragte er schließlich schuldbewusst. Die Schachtel mit den Cornflakes konnte er gerade nicht nehmen. Mehr konnte er nicht tragen. Sein Plüschhund klemmte schon unter seinem Arm. Als Jack das bemerkte, ging er einfach an ihm vorbei und stellte sie auf den Tisch.

 

„Ne, mach dir darüber keinen Kopf. Das kann jedem mal passieren…“

Zögerlich setzte sich Louis an seinen Platz und legte sowohl sein Kuscheltier als auch den Schnulli ab. Dann griff er nach dem bunten Karton, während sein großer Bruder ihm noch Milch und einen Löffel brachte. Vielleicht wollte er wirklich nur nett zu ihm sein. Vielleicht hatte Lena ihm ja gestern noch erzählt, wie sehr er geweint hatte und er wollte ihn aufheitern. Aber irgendetwas fühlte sich an der ganzen Situation nicht richtig an…

„Will Baby-Louis noch etwas trinken, oder braucht er vorher noch einen Windelwechsel?“, meinte Jack dann plötzlich. Sein Tonfall war trocken, beinahe zynisch und er konnte genau sehen, wie sich der Mund des Jungen dabei langsam öffnete und er ihn fassungslos anblickte. Ja, er wollte Louis damit konfrontieren. Er wollte wissen, wie viel da wirklich dahintersteckte. Und er erhielt genau die Reaktion, die er erwartet hatte. Der Neunjährige sprang empört auf.

„Ich bin kein Baby!“, rief er wütend.

„Aber du verhältst dich wie eins…“, entgegnete Jack unbeeindruckt. „Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel gesehen?“

Naja, nicht wirklich. Aber wie ein großer Junge sah er mit der Pampers und dem Schnulli sicher nicht aus… Da half protestieren wohl auch nicht. Louis blickte auf den Boden und spürte, wie ihm wieder Tränen in die Augen stiegen. Wie sollte er ihm das jemals erklären? Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sein Bruder würde es ohnehin nie verstehen. Er verstand es ja nicht einmal selbst wirklich… Leise, ganz automatisch, begann er einfach auszusprechen, was er dachte.

„Es… Es geht doch nicht um die Windeln. Die sind mir gar nicht so wichtig… Es fühlt sich einfach gut an, wie Lena mich behandelt. Ich wollte dich nicht enttäuschen…“

Eine einzelne Träne rollte ihm langsam die Wange hinunter. Gleich würde sein Bruder ihm sicher wieder sagen, dass er sich zusammenreißen sollte. Aber das war ihm gerade egal.

„Ich weiß, du erwartest immer, dass ich groß und selbstständig bin. Aber so fühl ich mich nicht… Und ich will das alles auf keinen Fall wieder verlieren…“

Vorsichtig riskierte er einen kurzen Blick nach oben. Jacks Miene blieb unverändert und er sah ihn weiterhin ernst an. Kein Lächeln. Nur ein kühler Gesichtsausdruck, als würde es ihn gar nicht interessieren…

„Louis, ich erwarte nur von dir, dass du dich entsprechend deines Alters verhältst. Du merkst doch selbst, wie sich die anderen Kinder in der Schule über dich lustig machen.“ Der Neunjährige sah erneut auf und blickte seinem großen Bruder fragend in die Augen.

„Wieso dürfen andere mich denn nicht so mögen, wie ich bin? Ist es denn nicht gut, wie ich bin? Hast du mich deshalb nicht mehr so lieb…?“

 

Diesmal veränderte sich etwas im Gesicht des jungen Mannes.

„Was…?“, entgegnete Jack einen Moment irritiert.

„Ich meine ja nur, weil-“

„Louis, du redest Blödsinn“, wurde er von seinem Bruder unterbrochen. Sofort schwieg er und sah wieder auf den Boden. Jetzt wusste er wirklich nicht mehr, was er sagen sollte.

Doch dann, plötzlich viel ruhiger, bemerkte er, wie Jack sich vor ihm hinkniete und sanft die Hände auf seine Schultern legte.

„Natürlich bist du gut, wie du bist. Ich weiß, ich bin manchmal etwas streng mit dir. Aber ich wollte nie, dass du das Gefühl hast, ich hätte dich nicht lieb.“

Ein wenig ungläubig und eingeschüchtert sah der Junge ihm wieder in die Augen. Dabei war Jack gerade tatsächlich fast schon ein bisschen beeindruckt. Vielleicht war sein kleiner Bruder doch reifer als er dachte. Ja, er mochte das ganze Babyzeug. Aber war das so schlimm? Solange er das nicht jedem erzählte, war es doch eigentlich gar nicht so wichtig… Louis wollte so gemocht werden, wie er war. Und eigentlich war er doch ein verdammt lieber Junge. Wenn Jack ganz ehrlich zu sich war, dann tat es schon ein bisschen weh, was er da gerade gesagt hatte. Aber schlimmer war, dass Louis recht hatte. Er sollte ihn so lieb haben, wie er war, statt zu versuchen, ihn zu verändern. Er war so darauf fixiert gewesen, die Kontrolle über alles zu behalten, dass er gar nicht gemerkt hatte, was in seinem kleinen Bruder vorging.

„Louis, du bedeutest mir mehr als alles andere auf der Welt. Auch wenn ich das vielleicht nicht oft sage. Ich mach mir doch bloß Sorgen um dich…“

Nach diesen Worten umarmte er ihn. Für den Neunjährigen kam das nun doch ein wenig unerwartet und er brauchte einen Moment, um es zu realisieren. Jack hatte ihn schon ewig nicht mehr so richtig umarmt. Es war fester, als er es von Lena gewohnt war. Doch es fühlte sich gut an und selbstverständlich erwiderte er sie. Für einen Moment schloss Louis die Augen und legte seinen Kopf auf der Schulter seines großen Bruders ab. Und plötzlich fühlte es sich an, als wäre für einen Moment alles in Ordnung.

„Tut mir leid, wie ich mich verhalten hab und was ich gestern Abend gesagt hab“, flüsterte der junge Mann und Louis drückte ihn noch ein wenig fester. Damit war klar, dass er die Entschuldigung annahm. Auch wenn es echt wehgetan hatte…

Dafür, dass Jack so sehr auf die ganze Verantwortung fokussiert gewesen war, hatte er in der Hinsicht wohl ganz schön versagt, wie ihm in diesem Moment bewusst wurde. Seinem kleinen Bruder das Gefühl zu geben, er wäre nicht gut genug oder man hätte ihn nicht lieb, war zumindest kaum eine Leistung, auf die man stolz sein konnte.

Lena hatte ihm mal gesagt, dass er zwar für Louis verantwortlich sei, aber in erster Linie

 

immer noch sein Bruder war. Vielleicht sollte er sich das doch ein wenig mehr zu Herzen nehmen und damit anfangen, ein wenig offener zu ihm zu sein und mehr mit ihm zu teilen. Aber vor allem wollte er sich wieder mehr Zeit für ihn nehmen. Schließlich störte es Jack durchaus, dass er kaum noch etwas mitbekam und in letzter Zeit immer wieder bemerkte, dass er Louis vielleicht gar nicht mehr so gut kannte.

Schließlich löste der junge Mann die Umarmung wieder: „Ich muss zugeben, dass ich das mit den Windeln und so noch nicht ganz verstehe. Aber wenn dir das so viel bedeutet, dann will ich dir da nicht im Weg stehen.“

Sichtlich überrascht blickte Louis ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Bedeutete das, dass Lena und er auch nach den Ferien offiziell damit weitermachen durften? Ein schwaches, aber glückliches Lächeln bildete sich in seinem Gesicht.

„Danke… Und ich hab dich auch lieb“, entgegnete er leise. Dann klingelte plötzlich das Telefon und unterbrach ihren geschwisterlichen Moment. Jack ging ran, während der Neunjährige noch verarbeiten musste, was gerade passiert war.

„Ja, warte kurz. Ich geb‘ ihn dir…“, vernahm er kurz darauf, da kam sein großer Bruder auch schon wieder zurück. „Dein Freund ist dran“, meinte er knapp.

Louis nahm den Hörer entgegen: „Ja?“

„Hi! Meine Oma will wissen, was du heute Abend essen willst?“, fragte Felix wie immer gut gelaunt. Eigentlich wirkte er sogar noch aufgedrehter als sonst. Vermutlich freute er sich einfach schon sehr auf die Übernachtung. Louis dagegen war noch ein wenig nervös, wenn er daran dachte, aber gleichzeitig freute auch er sich irgendwie darauf.

„Äääh…“, brachte der Neunjährige gerade mal hervor und begann zu überlegen, da redete sein Freund bereits weiter: „Willst du Bolognese?“

Definitiv ein Vorschlag, der daher kam, dass Felix selbst Bolognese essen wollte. Aber eigentlich keine schlechte Idee. Das mochte Louis zumindest. Außerdem war das besser, als sich selbst etwas überlegen zu müssen. Er wollte schließlich keine Umstände machen. Also willigte er ein.

„Okay, dann gehen wir jetzt einkaufen. Bis später!“, verabschiedete sich Felix und legte auf. Der war so aufgedreht, dass er nicht mal darauf gewartet hatte, das Louis noch etwas antworten konnte. Jack als Außenstehender hinterfragte dieses Gespräch, von dem er gerade mal drei Wörter mitbekommen hatte, nicht weiter. In der Hinsicht ergänzten sich die beiden Jungs wohl perfekt. Felix redete gern und Louis hörte lieber zu…

Einige Stunden später parkte Lena ihren kleinen Wagen bei der Adresse, die ihr von der alten Dame gegeben wurde. Im Rückspiegel sah sie bereits, wie Louis das Haus musterte. Ein Reihenhaus mit weißer Fassade und ziemlich grün bepflanztem, zugewachsenen

 

Vorgarten. Hier und da standen kleinere Steinfiguren zwischen den Pflanzen. Der Eingangsbereich war mit einem schwarzen Torbogen versehen und an einem Teil der Hauswand kroch Efeu an einem dunklen Holzgitter hinauf bis in den ersten Stock.

Dem Jungen war anzusehen, dass er innerlich immer noch aufgeregt war. Aber er wusste ja, dass sie für ihn da war und ihn jederzeit abholen würde. Auch mitten in der Nacht, wenn nötig. Tatsächlich hatte sie ihn im Laufe des Tages noch einmal darauf angesprochen, was er gestern Abend zu ihr gesagt hatte, bevor sie gegangen war. Louis konnte sich an nichts erinnern. Er war eben doch vollkommen im Halbschlaf gewesen. Sie hatte ihm daher auch nicht erzählt, was er da gesagt hatte. Nicht, dass ihm das dann unangenehm war. Aber sie wusste nun, was wohl tief in ihm drin vorgehen musste.

Die beiden stiegen aus und der Neunjährige schnappte sich seinen Rucksack, in den sie alles reingequetscht hatten, was er brauchte. Den meisten Platz nahm dabei wohl sein Kuscheltier ein. Dann klingelte er.

Wenige Meter neben sich sah er ein Gartentor. Dadurch konnte man wohl über einen schattigen Weg um das Haus herumlaufen, da es sich am äußeren Rand befand. Ganz leise plätscherte ein kleiner Brunnen dahinter. Kurz darauf wurde die Tür schlagartig von einem viel zu energiegeladenen Jungen aufgerissen.

„Hey! Komm rein!“, begrüße Felix ihn aufgeregt. Für ihn war es tatsächlich das erste mal, dass er Besuch zu seiner Oma eingeladen hatte. Und für Louis war es das erste mal seit Beginn der Grundschule, dass er bei einem Freund zu Besuch war, wie ihm in dem Moment bewusst wurde.

Gerade als er zögerlich eintreten wollte, umarmte Lena ihn zum Abschied noch einmal:

„Na dann, viel Spaß! Du weißt, du kannst jederzeit anrufen, wenn etwas ist.“

„Ja!“, antwortete Louis und nickte lächelnd. Dann drehte sie sich um und lief zurück zum Auto. Es war ein komisches Gefühl, plötzlich ohne sie unterwegs zu sein. Ganz leicht stieg seine Nervosität wieder an, wenn er daran dachte, dass er jetzt bis morgen allein hier war. Dabei war er ja eigentlich gar nicht allein. Felix war ja da und wartete schon ungeduldig auf ihn.

„Äh… Stell deine Schuhe einfach irgendwo ab“, wies er ihn an, während Louis seine Turnschuhe deutlich behutsamer auszog, als er es normalerweise bei sich zuhause tat.

„Am besten an die Wand. Aber mitten im Gang wär‘ auch lustig, wenn du willst, dass einer von uns aufs Maul fliegt.“

In dem Moment kam auch dessen Oma um die Ecke.

„Hallo, Louis!“, begrüßte sie ihn freundlich.

„Hallo“, entgegnete der Neunjährige leise und merklich schüchterner als gewöhnlich. Ohne

 

Lena fühlte er sich doch deutlich unsicherer. Eigentlich wäre er gerne höflicher gewesen und hätte ihren Namen dazu gesagt. Aber wie hieß die Oma von Felix eigentlich? Die sprach ja selbst immer nur von sich als Oma. Entsprechend musste er wohl irgendwann danach fragen, oder einfach immer Oma von Felix zu ihr sagen…

Auch die Rentnerin bemerkte schnell, dass die junge Babysitterin wohl schon wieder weg war und sofort ergriff ihr Enkel wieder das Wort: „Also, was willst du machen? Wir haben richtig viele Spiele hier! Meine Oma hat auch voll viel Playmobil, mit dem wir spielen können! Oder wir könnten auch einfach rausgehen…“ Die Ideen sprudelten nur so aus ihm heraus, während er sich mit einem Arm am Türrahmen abstützte und unruhig hin und her wippte.

„Mensch, Felix!“, unterbrach ihn die alte Dame ermahnend und entfernte seine Hand von dem weißen Holz, „Du hast doch ganz schmutzige Hände. Sieh mal, was du da für einen Dreck machst…“ Der Junge blickte auf den dunklen Handabdruck, den er hinterlassen hatte und begann unweigerlich zu kichern.

„Ups, sorry…“, entschuldigte er sich. Er meinte es so, auch wenn es nicht unbedingt so wirkte. Louis bemerkte, dass sein Freund tatsächlich ein bisschen dreckig war. Die Erde befand sich sogar in seinem Gesicht. Zunächst war ihm das gar nicht aufgefallen bei seiner Kleidung. Er trug ein beiges Shirt mit braunen Streifen und eine gleichfarbige helle Cargoshorts. Auch die braune Kappe hatte er nicht abgenommen, als er zur Tür gelaufen war. Bis gerade eben hatte er seiner Oma im Garten dabei geholfen, einige Pflanzen umzutopfen.

„Jetzt lass doch den Louis vielleicht erstmal ankommen“, schlug sie nun seelenruhig vor und versuchte ihn in seiner Euphorie ein wenig zu bremsen. Dann wandte sie sich ihrem Gast zu: „Ich hab vorher einen Obstsalat gemacht. Wollt ihr vielleicht erstmal was essen?“

„Japp!“, antwortete Felix gut gelaunt für die beiden und lief direkt in Richtung Küche, obwohl sie ja eigentlich eher Louis gefragt hatte, der immer noch ein wenig überfordert im Flur stand.

„Halt! Erst Hände waschen!“, rief die alte Dame ihm sofort nach, ehe sie ihm folgte. Louis ging einfach vorsichtig hinterher. Eigentlich war ihm gerade nicht wirklich danach, etwas zu essen… Aber was hatte er erwartet? So wie er die Oma von Felix kannte, war das eigentlich nicht überraschend, dass sie da etwas für die beiden vorbereitet hatte.

„Jaja!“, kam von dem überdrehten Neunjährigen zurück, der bereits auf die beiden wartete und die Aufforderung gekonnt überhörte.

„Ne, Felix, wirklich! Und dein Gesicht am besten auch gleich. Sonst gibt’s keinen Obstsalat!“, beharrte sie. Sie klang dabei nicht wirklich streng, sondern wirkte ruhig und

 

geduldig. Genau genommen wirkte sie sogar richtig freundlich, aber es klang auch konsequent. Sie wusste genau, wie sie mit ihrem Enkel umgehen musste.

„Moaah, jaa!“, entgegnete Felix spielerisch genervt und lief an ihnen vorbei in Richtung Badezimmer. Währenddessen begann die Großmutter zwei Schüsseln mit ihrem Obstsalat zu füllen und Louis sah sich schweigend im Haus um. Die Möbel wirkten schon ein wenig älter, waren aber trotzdem in gutem Zustand. Überall standen kleinere Figuren und andere Dekorationen herum. Auf den Fensterbänken waren einige Pflanzen, aber auch Lücken dazwischen. Der Rest stand noch im Garten. An den Wänden und in den Schränken befanden sich überwiegend Bilder von Menschen, die vermutlich zur Familie gehörten. Darunter auch einige, die einen deutlich jüngeren Felix zeigten. Irgendwie wollte Louis sich die bei Gelegenheit noch genauer ansehen. Die weckten tatsächlich seine Neugier.

Die Rentnerin stellte die Schüsseln mit kleinen Gabeln an den Esstisch, als auch sein Freund mit sauberen Händen zurückkam und sich setzte. Ein wenig zögerlich setzte sich Louis ihm gegenüber. Er fühlte sich doch ein bisschen zu angespannt, um etwas zu essen. Vorsichtig spießte er ein Stück Birne auf. Birne sollte gehen…

„Magst du was trinken?“, lautete die nächste Frage der fürsorglichen alten Dame.

„Äh, nein, danke…“, antwortete der schüchterne Neunjährige mehr instinktiv als überlegt. In erster Linie, um weniger Arbeit zu machen. Gleichzeitig realisierte er aber auch, dass die Antwort eigentlich dämlich war, da er ja doch eine Weile hier sein würde. Jetzt musste er entweder irgendwann danach fragen oder warten, bis sie ihn erneut fragte…

Aber offenbar wurde seine Antwort sowieso ignoriert, da die Oma von Felix ihm im gleichen Moment direkt ein Glas hinstellte und eine Flasche Apfelschorle hervorholte.

„Ich stell dir einfach mal was für später hin. Felix hat sich daran erinnert, dass du gerne Apfelschorle trinkst, also haben wir heute morgen extra noch welche gekauft.“

„Oh, äh…“, brachte Louis nur hervor. Extra für ihn? Obwohl er ja gar nichts dafür konnte, bemerkte er doch ein ganz leichtes schlechtes Gewissen in sich. Und besonders begeistert schien sein Blick wohl auch nicht zu wirken…

„Du magst doch Apfelschorle, oder?“, fragte sie noch einmal verunsichert nach.

„Äh… Ja“, entgegnete er und nickte.

„Danke, Felix! Voll cool, dass du daran gedacht hast!“, meinte sein Freund plötzlich gespielt überzogen und grinste ihn an. Und plötzlich fühlte sich Louis ein bisschen ruhiger. Musste sogar ebenfalls ein wenig lächeln. Felix hatte so eine ganz schräge Art, ihm zu zeigen, dass alles gut war. Vielleicht war dessen Oma ja ein bisschen so wie Lena. Eigentlich wollten die beiden ja bloß, dass er sich wohlfühlte. Vielleicht sollte er sich nicht so viele Gedanken machen…

 

„Ja, äh… Danke“, erwiderte er und trank vorsichtig einen Schluck. Ein wenig durstig war er doch.

„Ich würd‘ mich an deiner Stelle ranhalten. Meine Oma hat drei Liter gekauft. Die müssen weg!“, kicherte Felix. Der Neunjährige setzte das Glas ab und blickte ihn für einen Moment mit großen Augen an, bis sein Freund bemerkte, dass er das möglicherweise ernst genommen hatte. „Du, äh… Du musst das nicht wirklich alles trinken…“, beruhigte er ihn sichtlich amüsiert.

Louis trank erleichtert weiter. Oder zumindest versuchte er es, während Felix ihn beobachtete und plötzlich anfing zu kommentieren: „Und so nahm er einen grooooßen Schluck…“ Weiter kam er gar nicht, bevor Louis das Glas erneut absetzte und sich sichtlich bemühte, nicht loszulachen und dabei den Apfelsaft in seinem Mund über den Tisch zu spucken. So konnte er auf keinen Fall trinken!

„Ey!“, begann er sofort zu kichern, kaum hatte er es irgendwie geschafft, zu schlucken.

„Pass auf, nicht dass dir der Apfelsaft aus der Nase schießt!“, alberte Felix weiter herum und die beiden lachten noch mehr.

Vorsichtig widmete sich Louis wieder seinem Obstsalat. Sein Freund war ohnehin schon fast fertig und er hatte noch nicht einmal richtig angefangen. Selbstverständlich bemerkte auch Felix, dass er noch langsamer aß als sonst und legte den Kopf leicht schief.

„Aufgeregt?“, fragte er ihn nun direkt und bekam ein leicht schüchternes Nicken als Antwort. Auch wenn er mit seinem Humor schon gute Arbeit geleistet hatte. Dann lächelte er. Kein freches Grinsen, wie sonst. Einfach ein warmes, fürsorgliches Lächeln: „Ist okay. Das wird schon. Sag mir einfach, wenn du was brauchst.“

Wieder nickte Louis. Diesmal dankbar und er fühlte sich nun wirklich ruhiger, jetzt wo Felix davon wusste. Vielleicht war er nun an dem Punkt, wo ihm bewusst war, dass wirklich alles in Ordnung war und die anfängliche Aufregung verschwand.

Wenige Minuten später sah die alte Dame wieder nach ihnen. Zwischendurch war sie noch einmal im Garten gewesen. Am Tisch fand sie zwei gut gelaunte Jungs vor, auch wenn Louis nur die Hälfte gegessen hatte.

„Oma? Kann ich auch was zu trinken haben!?“, reagierte Felix sofort auf sie. Selbstverständlich kam sie der Bitte sofort nach und im nächsten Moment hatte er auch schon ein Glas mit stillem Wasser auf dem Tisch stehen, was Louis ein wenig ungläubig anblickte.

„Du trinkst einfach nur Wasser…? Wieso?“, fragte er erstaunt.

„Weil… ich nicht den ganzen Tag Cola trinken darf?“, entgegnete Felix mit seinem alt bekannten frechen Grinsen und kicherte wieder. „Hast du deine Switch mitgenommen!?“

 

Kurz bevor Lena ihn hergebracht hatte, hatten die beiden noch einmal telefoniert und abgesprochen, dass sie Mario Kart spielen könnten. Seine eigene Switch durfte Felix nur ab und zu zu seiner Oma mitnehmen, weshalb sie die von Louis nehmen mussten.

„Jup“, entgegnete der Neunjährige knapp und nickte, da mischte sich die Rentnerin ein, die natürlich jedes Wort mitanhörte.

„Vielleicht magst du dir aber vorher noch was Sauberes anziehen, bevor ihr daddelt. Ich will nicht, dass mein Wohnzimmerteppich ein zweiter Garten wird“, wies sie ihren Enkel an.

„Mach ich!“, erwiderte Felix, sprang auf und rannte aus der Küche. Ihn vom Rennen im Haus abzuhalten, hatte seine Oma längst aufgegeben, auch wenn sie sich stets Sorgen machte, dass er sich irgendwann dabei verletzte. „Du kannst sie ja schon mal rausholen!“, rief er seinem Freund noch von der Treppe aus zu. Louis sah ein wenig verunsichert herab auf seinen Obstsalat.

„Du musst nicht aufessen, wenn du nicht mehr kannst“, meinte die freundliche alte Dame und räumte im nächsten Handgriff die Schüsseln ab. Es war ihm ja anzusehen, dass er keinen Hunger mehr hatte. „Hat’s dir denn geschmeckt?“

Wieder nickte er und versuchte ihr ein leichtes Lächeln zu schenken. Dann nahm er seinen Rucksack und kramte die Spielkonsole hervor. Hoffentlich wusste Felix, wie man die anschließt, denn er selbst hatte keine Ahnung. Auch wenn da nicht viele Kabel waren… So schwer konnte es eigentlich nicht sein. Aber er wollte hier jetzt auch keine Experimente durchführen, nicht dass er irgendwas kaputt machte.

Kaum war sein Freund zurück, schnappte er sich das Teil selbstbewusst und begab sich zum Fernseher. Er trug jetzt ein dunkelblaues Minecraft-Shirt und eine kurze Jeans. Offenbar wusste er genau, was er tat. Und das war auch gut so, schließlich vertraute Louis ihm gerade seine Spielkonsole an. Die würde er wohl kaum irgendeinem anderen Kind einfach so aushändigen. Das schwarze Sofa hinter ihnen ignorierten die beiden Jungs komplett und setzten sich lieber auf den Boden vor den Fernseher.

„Willst du mitspielen?“, fragte Felix seine Oma noch, die ihnen beim Anschließen der Switch nur über die Schulter geschaut hatte. Sie wusste ja, dass ihr Enkel das konnte. Andernfalls hätten sie auch ein Problem gehabt, denn sie kannte sich mit sowas recht wenig aus. Wann immer sie ein technisches Problem hatte, rief sie einfach ihren Sohn an.

„Ne, spielt ihr ruhig. Oma kümmert sich solange um das Abendessen. Das muss ja noch eine Weile köcheln“, erwiderte sie und begab sich wieder nach nebenan in die Küche.

„Ich hab eh nur zwei Controller dabei…“, meinte Louis. Zwar hatte er zuhause noch einen richtigen Controller neben den Joy-Cons, aber der hatte nicht mehr in seinen Rucksack

 

gepasst, sodass ohnehin nur zwei Leute gleichzeitig spielen konnten.

„Jaa… Außerdem wären vermutlich Schnecken noch bessere Gegner als meine Oma. Die fährt teilweise sogar in die falsche Richtung“, scherzte sein Freund.

„Also, bitte! Die Oma gibt ihr Bestes!“, rief die Rentnerin gespielt empört von nebenan hinüber, was nur weiter zu Felix‘ Erheiterung beitrug.

Bei der Charakterauswahl musste Louis an ihr Gespräch auf dem Spielplatz denken und wollte irgendwie nicht Mario nehmen, so wie er es gewohnt war. Stattdessen entschied er sich heute für einen ganz anderen Charakter.

„Echt jetzt? Du spielst Rosalina!?“, fragte Felix überrascht, während er selbstverständlich Link auswählte. Louis stand zu seiner Wahl. Das war der Charakter, mit dem Lena immer fuhr und gerade fühlte sich das irgendwie richtig an.

Tatsächlich gestand Felix kurz darauf, dass er Rosalina eigentlich echt cool fand. Dann fragte er ihn, ob er wusste, aus welchem Spiel sie überhaupt stammte. Er selbst wusste es von Videos auf Youtube. Louis dagegen konnte stolz erzählen, dass er es nicht nur wusste, sondern „Super Mario Galaxy“ sogar mal auf der alten Wii seines großen Bruders gespielt hatte. Nicht, dass er damit angeben würde, aber sein Freund war doch davon beeindruckt, vielleicht sogar ein bisschen neidisch. Und irgendwie fühlte sich diese kurze Anerkennung gar nicht so schlecht an…

Dann starteten sie das erste Rennen. Es dauerte nicht lange, da merkte Louis bereits, dass Felix doch ein wenig besser war als er. Aber es war ihm egal. Das bedeutete nur, dass er einen richtigen Gegner hatte und sich jetzt umso mehr anstrengen musste. Außerdem hatte er sich schon so oft gewünscht, mal mit einem Freund zusammen spielen zu können. Da kam es nun wirklich nicht aufs Gewinnen an! Er war viel zu glücklich dafür. Mehrere Rennen landete er auf dem zweiten, teilweise sogar dritten Platz, wenn es nicht so gut lief, während sich Felix darüber amüsierte, wie Louis versuchte, gegen ihn zu gewinnen. Selbst ein blauer Panzer gewährte ihm hin und wieder nur kurz die Führung.

Der Neunjährige warf einen weiteren roten Panzer nach dem Spitzenreiter, der sich gefährlich näherte. Gleich würde er ihn überholen! Und dann passierte… nichts…

„Hä!? Wie hast du das gemacht!?“, rief Louis verwirrt.

„Bananenschale“, entgegnete Felix extra cool. So ein Angeber!

Kaum hatte er wenige Sekunden darauf die Ziellinie überquert, erklärte er ihm aber dann seinen Trick, dass man die Taste gedrückt halten konnte, um sein Item als Schutzschild zu verwenden. Eine Information, die gefühlt das gesamte Weltbild des Neunjährigen veränderte! Wie konnte er das nicht wissen!? Das änderte alles!

Eigentlich änderte es überhaupt nichts… Es war echt cool, zu wissen. Zum Sieg brachte

 

es ihn in den nächsten Runden jedoch auch nicht. Und so schritt der Nachmittag nach und nach weiter voran. Begeistert war Felix‘ Oma nicht davon, dass die beiden den ganzen Tag vor dem Bildschirm verbrachten, aber sie sagte nichts. Ihr Enkel hatte ja sonst nie Freunde bei ihr zu Besuch gehabt und die beiden konnten sich ja in Zukunft auch nicht so oft sehen. Also hatte sie Verständnis dafür und betrachtete es als Ausnahme. Das Einzige, was die beiden Jungs von ihr in der Zeit mitbekamen, war die Frage, ob Louis Zwiebeln aß. Ein wenig schüchtern schüttelte der Junge mit dem Kopf. Eigentlich wollte er ja nach wie vor keine Umstände machen. Aber genau genommen bedeutete das ja weniger Arbeit, oder nicht? Es war überhaupt beeindruckend, dass sie an so etwas dachte. Und für die Großmutter war das selbstverständlich kein Problem. Felix hatte Zwiebeln vor gar nicht allzu langer Zeit ja auch noch nicht gegessen. Also keine Zwiebeln in die Soße!

Die einzige Unterbrechung, die sich früher oder später anbahnte, war mal wieder Louis‘ Blase. Im Grunde war das ja vollkommen normal. Die Frage war eigentlich nur, wer von den beiden als erster damit für eine Pause sorgte. Trotzdem nervte es ihn ein bisschen. Zuhause hatte er dieses Problem ja im Moment nicht. Außerdem musste er hier erst einmal fragen, wo sich überhaupt die Toilette befand. Da war ein kleines Zeitfenster – ein paar Sekunden zwischen den Rennen – in denen er sich dazu durchringen könnte, danach zu fragen. Aber einerseits war ihm die Frage ein kleines bisschen unangenehm und außerdem wollte er nicht wirklich, dass sie wegen ihm unterbrechen mussten. Stattdessen lief es darauf hinaus, dass er nichts sagte und Felix einfach das nächste Rennen startete. „Ein Rennen ging noch“, dachte er jedes mal. Solange, bis er diesem Gedanken allmählich skeptisch gegenüberstand. Er schaffte es allmählich auch nur noch mit Mühe still zu sitzen, um sich nichts anmerken zu lassen. Wobei das neben seinem Freund vermutlich nicht einmal auffallen würde, so unruhig wie der war. Der konnte ja sowieso keine zwei Minuten still sitzen. Warum hatten sie nochmal gleich 32 Rennen eingestellt…? Klar, dann konnten sie einfach immer direkt weiterspielen, statt sich alle vier Rennen wieder durch alle Menüs durchzuklicken. Aber gerade wäre das vermutlich gar nicht so schlecht für eine klare Zwischenpause. Nach diesem Rennen würde er etwas sagen, ganz sicher!

Selbst mit gesenkter Konzentration kannte Louis die Strecken alle gut genug, um ohne Probleme alle Kurven zu nehmen. Die dritte Runde neigte sich dem Ende und da geschah es! Ein blauer Panzer raste kurz vor der Ziellinie auf Felix zu. Das war seine Chance, um aufzuholen! Diesmal würde er gewinnen! Ein gutes Stück vor sich sah er die blaue Explosion und sein Freund sprang auf.

„Fuck!“, rief Felix, direkt gefolgt von: „Tschuldigung…“ Seine Oma mochte es gar nicht,

 

wenn er solche Wörter benutzte. Dann sah er das Item in Louis‘ Inventar.

„Wag es nicht!“, drohte er noch zum Spaß, da raste der rote Panzer auch schon auf ihn zu. Kein Item mehr, das ihn schützen konnte. Wenige Meter vor dem Ziel wurde er ein weiteres mal getroffen und Louis raste an ihm vorbei über die Ziellinie. Er hatte gewonnen!

„Man! Du-“, setzte Felix zu irgendwas an, bevor er sich auf ihn stürzte. Der Neunjährige schrie kurz auf, als er von seinem Freund zu Boden gerungen wurde. Ein wenig erschrocken sah er in das grinsende Gesicht seines Freundes, der sich auf seinen Händen abstützte, mit denen er ihn aufzuhalten versuchte. War er jetzt sauer? Wollte er ihn jetzt etwa schlagen? Doch stattdessen tat Felix etwas, das er überhaupt nicht kommen sah. Er fing einfach an, ihn zu kitzeln!

Sofort begann Louis unkontrolliert zu lachen und versuchte vergeblich, sich loszuwinden. Seine Blase brachte das nun endgültig an ihre Grenze. Als er das bemerkte, spannte er sofort alles an, nahm sogar eine Hand zur Hilfe!

„Lass! Sonst mach ich mir in die Hose!“, rief er fast schon panisch.

„Oh…“, reagierte Felix und stoppte abrupt. „Das wäre zwar echt lustig, aber unser Klo ist da hinten, neben der Haustür“, meinte er und deutete in die entsprechende Richtung. Das ließ Louis sich nicht zweimal sagen. Der Neunjährige sprang unverzüglich auf und rannte zur Toilette. Diesmal hatte er echt zu lange gewartet… Aber er konnte ja nicht ahnen, dass Felix ihn auf einmal durchkitzelte!

Nach dem Abendessen ging es bereits auf 19Uhr zu. Die Spaghetti mit Bolognese von Felix‘ Oma waren wirklich lecker gewesen! Dazu hatte sie kleine Tomaten aus ihrem Garten mit Mozzarella angerichtet, welchen die beiden Jungs jedoch nur wenig Beachtung geschenkt hatten.

„Also, was machen wir gleich noch?“, fragte Felix, während Louis noch dabei war, sein Glas in einem Zug zu leeren. „Wollen wir noch Playmobil spielen? Oder wollen wir ’nen Filmabend machen?“

Louis überlegte. Eigentlich würde er lieber einen Film ansehen. Das hatte er in letzter Zeit mit Lena ja öfter gemacht und irgendwie mochte er das. Es half ihm ein wenig, sich am Ende eines aufregenden Tages zu entspannen und abzuschalten. Also wandte er sich der Rentnerin am Tisch zu.

„Dürfen wir noch ’nen Film schauen…?“, fragte er vorsichtig. Wohlwissend, dass sie bereits mehrere Stunden vor dem Fernseher gesessen hatten. Außerdem würde das ziemlich sicher seine Bettgehzeit überschreiten. Doch er hatte den Vorteil, dass man seinen großen, schüchternen Augen nur schwer einen Wunsch abschlagen konnte, wenn er so lieb fragte.

 

„Ja, von mir aus. Ihr könnt euch ja schon mal die Schlafanzüge anziehen und Zähne putzen und dann könnt ihr noch einen Film anschauen“, antwortete sie. So bekam sie ihren Enkel heute zumindest dazu, sich wirklich die Zähne zu putzen. Das war so eine Sache, die Felix doch sehr häufig versuchte, heimlich zu vermeiden.

Die beiden Jungs begaben sich also in den ersten Stock und Felix zeigte seinem Freund, wo sie schlafen würden. Das Gästezimmer war doch größer, als erwartet. Da stand ein Doppelbett, in dem sie ohne Probleme zu zweit schlafen konnten. Kaum zu glauben, dass Felix dort normalerweise allein schlief. Daneben befand sich ein kleinerer Nachttisch und ein Fenster, auf dessen Fensterbank wieder eine kleine grüne Pflanze stand. Auf der anderen Seite des Bettes war ein recht alt aussehender Kleiderschrank. Am anderen Ende des Raumes waren einige Regale und Schubladen, in denen sich Spielsachen befanden. Der Rest des Zimmers wäre bis auf den weißen, runden Teppich normalerweise wohl eine große, freie Fläche, hätte Felix dort nicht überall sein Spielzeug verteilt. Tatsächlich war es überwiegend Playmobil. Das Badezimmer lag direkt gegenüber, sodass man es nicht weit hatte. Sein Freund überließ ihm die Seite mit der kleinen Tischlampe, da er selbst nicht unbedingt Licht brauchte, um sich hier zurechtzufinden. Das war eigentlich echt lieb von ihm, wenn man bedachte, wie sehr Louis die Dunkelheit hasste. Auch wenn Felix das natürlich nicht wusste…

Dann begann Felix ohne Vorwarnung damit, sich umzuziehen und Louis wandte sofort seinen Blick ab, um ihm ein wenig Privatsphäre zu geben. Er selbst mochte ja schließlich überhaupt nicht, dass andere ihn in Unterwäsche sahen. Kurzerhand schnappte er sich seinen Schlafanzug und verließ das Zimmer.

„Gehst du echt ins Bad!?“, fragte sein Freund ein wenig ungläubig. Der Neunjährige blieb stehen und zögerte. War das etwa komisch? Er warf einen flüchtigen Blick zurück und nickte dann. Felix legte den Kopf schief, aber lächelte. „Äh… Okay“, entgegnete er. Im Grunde war es ja eigentlich egal. Auch wenn er echt nicht damit gerechnet hatte.

Louis schloss die Tür hinter sich und drehte das Schloss um, damit auch wirklich keiner reinkam. Dann begann auch er, sich umzuziehen. Der kleine nasse Fleck auf seiner Unterhose nach Felix‘ Kitzelangriff war bereits nicht mehr zu sehen. Er musste in Zukunft echt wieder besser aufpassen. Diese Woche war er wirklich zu unvorsichtig… Das war entschieden zu knapp gewesen!

Kaum hatte er seinen Schlafanzug an, ging direkt noch einmal aufs Klo. Schaden konnte es ja nicht und dann musste er während des Films nicht. Während er pullerte, sah er sich ein wenig gedankenverloren im Raum um. Bis sein Blick auf einmal an etwas hängen blieb, das seine Aufmerksamkeit komplett auf sich zog…

 

Kurz darauf saßen die beiden Jungs wieder im Wohnzimmer und Felix klickte sich durch die Mediathek des Streamingdienstes. Da hatte er lange auf die Erwachsenen eingeredet, bis sein Vater das auch bei seiner Oma eingerichtet hatte, die eigentlich DVDs bevorzugte. Er trug einen weißen Schlafanzug mit einem Baseballspieler darauf. Von dem Motiv sah man im Moment jedoch wenig, da er bäuchlings vor dem Fernseher lag. Louis hatte es sich unterdessen auf der Couch gemütlich gemacht.

Für einen kurzen Moment erschien das Bild des bekannten grünen Ogers auf dem Bildschirm, ehe Felix weitersuchte. Dann richtete er sich plötzlich auf und drehte sich grinsend zu seinem Freund um: „Hey Louis, was ist der Unterschied zwischen deiner Mutter und Shrek?“

„Hä?“, brachte der Angesprochene nur hervor.

„Der Bart!“, löste Felix auf und kicherte. Doch Louis blickte wenig begeistert. Darüber konnte er überhaupt nicht lachen!

Autor: Lucas2242 | Eingesandt via Mail

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Burli
Burli
Gast
31/07/2025 20:19

Ist eine sehr schöne Fortsetzung geworden. Ich fand es auch sehr spannend, wie die Aussprache zwischen Louis und Jack ausgegangen ist. Ich denke, das Jack seine Patzer aus der Vergangenheit eingesehen hat, ist bestimmt ein wichtiger Schritt damit sich die Brüder in Zukunft besser verstehen. Ich bin auf die nächsten Teile gespannt.

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Nasenbär
Nasenbär
Gast
01/08/2025 12:18

Na was hat Louis denn da im Bad entdeckt?
Die Windeln von Felix weil er Bettnässer ist? Ich würde es toll finden wenn die Oma Felix nach dem Film wickelt und dann Louis fragt ob er auch eine Windel für die Nacht brauch. Louis ist sprachlos und die Oma interpretiert das zögern als ein ja.

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Lucas2242
Lucas2242
Gast
Antwort an  Nasenbär
01/08/2025 22:43

Ich denke, dieses Szenario fände Louis größtenteils gar nicht so schlecht. Hier und da aber wohl nicht ganz realistisch.
Sagen wir mal, Felix wäre so offen, dass Louis das mitbekommt und er würde ihm sogar eine Windel anbieten. Spätestens da scheitert es vermutlich daran, dass Louis sich auf keinen Fall von jemand anderem als Lena wickeln lassen würde. 🙃

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Micha zwo
Micha zwo
Gast
05/08/2025 15:08

Eine tolle Geschichte, sehr emotional und einfühlsam. Ich sehne das nächste Kapitel herbei.

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