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Das was bleibt (4)

20/11/2025 4 comments Article Gemischt Soe Lückel
This entry is part 4 of 4 in the series Das was bleibt
Windelgeschichten.org präsentiert: Das was bleibt (4)

# Kapitell IV

Anne´s Tagebuch

Anne schrieb in ihr Tagebuch: — „Erster Tag 01.04.82“ —

Liebe Jule,

heute war mein erster Tag mit dir zusammen und an deinem ersten Ferientag bei mir. Ich sitze jetzt hier spät vor einer neuen, leeren Seite in meinem dritten Tagebuch und hoffe, dass du später einmal dieses persönliche Tagebuch bekommst. Du liegst gerade mal drei Stunden in dem Bettchen, in dem ich auch Sophie und Marie lange neben mir am Bett stehen hatte. Gerade als ich nach dir geschaut habe, war dein Schlaf tief und fest. Du wirktest so entspannt und zufrieden, wie es auch meine beiden Mädchen fast immer waren. Du bist so ganz ohne Ängste eingeschlafen.

Der Tag und der Abend mit dir und meinen Freundinnen war wirklich zu schön. Er war überraschend kurz und viel zu schnell vorbei. Du hattest für mich gefühlt noch viel zu wenig eigene Zeit und freie Möglichkeiten dich wirklich zu zeigen. Leider musste ich noch zu viel organisieren und vorbereiten, und so hatten wir zu wenig eigene Zeit, die uns gleich am ersten Tag fehlte. Ich habe die Hoffnung, dass sich das Ganze von alleine ändern wird, wenn wir unsere gemeinsame Zeit viel enger und intensiver zusammen verbringen werden. Eins darfst du mir ruhig glauben, diesen ersten Tag hätte ich viel lieber mit dir alleine verbracht.

Ich möchte dich so schnell wie möglich mit in meine, diese Welt und mein Dorf nehmen, dir zeigen, wie schön und verführerisch herrlich auch ein Leben für dich darin sein kann. Am liebsten wollte ich diesen Umgang und dieses Gefühl zu dir, sofort und immer, und nicht nur für diese ersten, kurzen Ferientage.

Jule, ich habe diesen Traum, dass du eines Tages ganz zu mir ziehen würdest und als Mädchen mit mir gemeinsam in diesem Dorf leben möchtest, weil ich gerne hier lebe und du vielleicht auch überall dort sein möchtest, wo auch ich bin. Aber du bist gerade mal nur für ein paar Ferientage und zur Probe bei mir. Ehrlich, das ist nur ein sehr kleiner Traum für mich und in mir wachsen schon die ersten Ängste, was nach deiner Abreise aus dir und mir werden wird. Wie wird dann unsere Realität? „Ich möchte mit dir zusammen gerne unseren Traum viel weiter und größer leben – nicht nur diese kurzen Ferientage, sondern ein „IMMER“ ein „GANZ“!“

Und dafür werde ich jetzt alles geben und einsetzen, weil das Leben oft ungerade ist, weil das Leben so furchtbar grausam sein kann und sich einfach irgendjemanden aussucht, der die Leidenskarte – die „Schwarze Peter Karte“ zugeschoben bekommt. Man wird einfach mit diesen endgültigen Verhältnissen konfrontiert, und dann erzählt dir die Gesellschaft und dein Umfeld auch noch, du könntest den amerikanischen Traum leben. Aber Träume werden nur ganz selten wahr, doch das erzählt dir ja keiner.

Deswegen heißt es ja auch „Traum“ und nicht „Realität“. Unsere Realität ist , dass du leider schon in wenigen Tagen wieder fort bist. Ich sitze jetzt hier vor meinem neuen Tagebuch und versuche gedanklich und schriftlich um unser kleines Glück zu kämpfen, weil ich und du einfach an einem Punkt in unserem Leben sind, wo wir füreinander an erster Stelle stehen sollten, und keiner von uns findet es wirklich irgendwie schlimm, weil es sich so gut für mich anfühlte – und ich hoffe, das gilt auch für dich.

Die Realität ist so einengend und ernüchternd. Genau wie die Tatsache, dass du bald wieder bei und unter anderen Leuten aufwächst, die nicht ich sind, die dich nicht sehen. Und das werden sie auch nie. Damit meine ich deine Bestimmung, obwohl mir das damals, glaube ich – anfangs auch noch nicht so direkt klar war, weil ich das leider noch nicht gleich erkannte.

Ich war heute zuerst etwas nervös, weil ich erwartet hatte, dass ich mich am ersten Tag noch etwas ungeschickt und umständlich beim wickeln anstellen würde, denn Marie hatte ich ja vor fünfzehn Jahren das letzte mal auf der gleichen Wickelinsel liegen um sie frisch zu Windeln. Ich glaube, ich habe mich ziemlich gut geschlagen.

Es schien dir aber trotzdem gut zu gefallen, wie ich mich um dich gekümmert habe, obwohl ich natürlich total durcheinander war, dass du da das erste Mal plötzlich vor mir ganz blank lagst. Mein Puls schnellte in die Höhe, ich wollte nicht, dass du bemerkst, wie aufgeregt und glücklich ich zu diesem Zeitpunkt war. Ich hatte dich schließlich seit mehr als fünf Monaten nicht mehr gesehen.

Ich musste auch lächeln, weil du zum ersten Mal an unserem ersten Tag deine Augen ganz entspannt geschlossen hattest, so wie es tausendfach Marie auch immer tat, wenn ich sie auf unserer Insel wickelte. Ich glaube, du hast da genau gespürt, dass du mir vertrauen und dich fallen lassen kannst. Dabei bist du ganz still geworden und wärest mir doch auch fast noch beim Wickeln eingeschlafen.

Leider hatte mich niemand zuvor gewarnt, dass ich schon am ersten Tag über einen großen Stolperstein steigen musste. Der Stolperstein hieß Toe – Toilette – Töpfchen. Ich selbst hätte eben daran denken müssen, schließlich hatte ich ja schon zwei eigene Kinder großgezogen.

Schließlich war dann auch noch Jutta viel zu früh aufgetaucht, aber nicht weil sie die Uhr nicht lesen konnte oder mir beim Kochen helfen sollte, sondern weil sie so unendlich neugierig und gespannt auf dich war. Ich war kurz abgelenkt, kurz durcheinander, kurz unentschlossen, ich stand unter Beobachtung und in Verantwortung, denn vor den Augen von Jutta durfte ich nicht versagen oder zeigen, dass ich die Situation nicht beherrschte. Sie war meine intimste Freundin, aber gleichzeitig auch eine große Zweiflerin meines Wunsches.

Ich konnte ja nur mit Jutta in den letzten fünf Monaten von dir und meinen Überlegungen und Ideen reden. Sie kannte alle meine Gedanken über dich und den unendlichen Wunsch, dich eine längere Zeit zu mir zu holen. „Durch ihr Verständnis und ihre objektive Art bist du dann letztendlich auch hierher gekommen!“ „Jutta hat mir voll in meinen Überlegungen zugestimmt und auch dazu gedrängt, dich einzuladen.“ Ich konnte und wollte niemand anderen von dir und meinem großen Wunsch reden, weder vor Sophie, noch Marie oder vor meinem Patenkind, Elke.

„Seit wann ist das so mit deinen starken Bauchschmerzen?“, fragte ich dich. Mein Hals war sofort staubtrocken. „Seit ungefähr fünf oder noch mehr Tagen“, wimmertest du deine Antwort zu mir rüber, ich war halb ohnmächtig vor Sorge, und dann ist Jutta sofort eingesprungen, weil sie sofort erkannte, wie abwesend ich gerade war. Niemand außer Jutta und uns waren da!

Juttas Stimme war viel lauter und energischer als ich es sonst von ihr gewohnt war. „Sie ist meine aller engste und beste Freundin. Welche Freundin war schon so nah bei mir und an meinen Ideen und Gedanken für meine Zukunft beteiligt?“, ihre guten Empfehlungen und Ratschläge waren mir in meinem Leben sehr oft eine große Hilfe und immer eine sichere Stütze. Als sie ihre strenge Bitte – „Du musst sofort etwas für Jule unternehmen!“, so unwiderruflich und alternativlos an mich richtete, wurde ich leicht panisch und ließ mich von Jutta mitziehen. Ich hängte mich an ihre fachmännische Kompetenz und war so froh über ihre Hilfe. Am Ende war es für dich und mich von Vorteil, dass wir den Ratschlägen von Jutta gefolgt sind.

Als ich dich damals das erste Mal in meiner Babyabteilung auftauchen sah, hielt ich dich wahlweise für einen Ausreißer oder einen frechen Straßenjungen, der sich etwas Fremdes unter den Nagel reißen wollte, nur um es später zu Geld machen zu können. Ich wunderte mich noch, wie man sich der Art ungeschickt und dumm anstellen konnte. Eigentlich waren es ja doch immer nur streunende fremde Mädchen, die ich besonders im Auge behielt, weil von September bis November die Diebstähle immer schon anstiegen, bis es dann nach Weihnachten wieder in eine normale Diebstahlkurve abflachte.

Man sah dir an deiner Garderobe an, dass deine Eltern und du gerade so über die Runden kamen. Die Möglichkeit, dass sich jemand in deiner Familie oder deinem Umfeld für dich verantwortlich fühlt, bestand für mich ganz deutlich und offensichtlich nicht.

Ich beobachtete dich intensiv und Andrea hatte ich auch sofort zur Aufmerksamkeit angestiftet. Wir ließen dich ziemlich lange ohne direkte Ansprache alleine gewähren, um dich auf frischer Tat zu erwischen.
Ich gab dir keine Chance. Deine ausgelatschten, braunen Kreppschuhe verzogen sich in alle Richtungen, dazu eine übergroße Stoffhose – ungebügelt und bestimmt auch schon in der dritten Saison in Gebrauch. Unter deinen blonden, wilden Locken und den himmelblauen Augen klebte ein unmöglicher, grau-blauer Stofffetzen, durch den du Kopf und Arme gezwängt hattest und wie ein übergroßer Sack an dir herunter hing.

Viele Kinder hatten echte Sorgen und ich dachte nur darüber nach, ob du zu den Guten oder Bösen gehörtest! Während ich mich so sehr für meine Gedanken schämte, hieltest du mir, auf meine Frage: Ja bitte, was kann ich für dich tun? ,einfach nur eine Liste wortlos hin. Dabei wurden deine Wangen rosa und deine Hände knibbelten sehr nervös am Saum vom Pullover.

Schnell hatte ich deinen Zettel überflogen und studiert, um ihn anschließend immer und immer wieder in Gedanken durchzugehen.

Ich weiß noch, dass ich dich deswegen für ganz schön verrückt oder dreist gehalten habe, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte oder wollte, dass deine Geschichte und die Liste dazu etwas mit einer wirklichen Lebenssituation gemein hatte. Meine Neugier und Interesse wurden dadurch noch viel größer.
Deine Unsicherheit und deine unschlüssigen Antworten auf meine Fragen machten mich wirklich stutzig und bewegten meinen Mutterinstinkt, weil du so verloren und schon ein wenig süß wirktest.
Plötzlich hatte ich ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass ich dich so Mutterseelenallein einfach umher stolpern und ratlos in den Regalen wühlen lies. Dich einfach sofort so negativ abgestempelt hatte.
Ich hatte das Gefühl, als stünde ich in einer persönlichen Prüfung und hatte jetzt den ersten Teil der Prüfung hinter mir. Da musste ich dann selber über mich stöhnen – über meine kruden Gedanken, über mein vorschnelles Urteil. Im Allgemeinen über mein abschließendes Urteil.

Als ich vor ein paar Wochen ein letztes Mal durch meine Abteilung gelaufen bin, ist mir aufgefallen, dass das schöne große Strumpfhosen-Sortiment umgeräumt war und es leider so nicht mehr gab. Stattdessen lagen da jetzt diese neuen Pampers, in allen Größen. Es waren nur noch ein paar Tage bis zu meiner Verrentung, aber du warst überraschend noch ein zweites Mal bei mir, um Kleinkram nach zu kaufen. Ich musste sofort daran denken, wie ungeschickt und plump du das erste Mal versucht hast, in die weiße Strumpfhose reinzusteigen, dabei bist du fast gefallen und ich konnte dich überrumpeln, dir helfen. Dass deine Windeln keine schönen Eindruck hinterließen, war für mich so beschämend, dass mein Ehrgeiz sofort geweckt war. Ich war so entsetzt und voller Zorn und Verachtung auf deine Stiefmutter, die sich anscheinend überhaupt nicht um dich zu kümmern schien. Auf meine gezielten Fragen, wurdest du nur immer wieder purpurrot, nicktest wortlos oder stottertest dich durch kleine, undurchsichtige Geschichten.
Wir waren in einer sehr unangenehmen Vertrauensfrage, als du das zweite Mal in meiner Abteilung vor mir aufgetaucht bist. Für mich eine sehr kitschige Phase – eine Phase, die ich vor dir noch mit keinem anderen Kunden oder Kundin erreicht hatte. Ich war ziemlich verwirrt aber sehr glücklich, in dich sogar schon vernarrt, voller Hormone, voller Hoffnung. Es war reines Glück. Ein Glück, das mir leider auch sofort und endlich erschien. Irgendwann hastest du mich ganz in deinen Bann gezogen und ich sagte: „Such dir etwas aus, ich schenke es dir!“ „Ich brauche nichts!“, war nur deine kurze Antwort.

Es ging hier nicht um dich. Es ging um mich, ich wollte dir unbedingt etwas schenken! Ich ahnte, dass du nicht sehr viel Geld hattest, und ich hatte nur noch mich zu versorgen, Sophie und Marie waren schon selbstständig und aus dem Haus. An Enkelkinder brauchte ich auch noch lange nicht zu denken. Außerdem hatte ich auch noch die zusätzliche Witwenrente, die sich unangetastet auf dem Konto anhäufte und sich auch in den Fonds gut entwickelte und vermehrte. Ich wusste auch da noch nicht, wie du die 450,- DM zusammen bekommen hattest. Und so ging ich oft ins Lager und besorgte für dich bereits abgeschriebene Artikel und süße Ladenhüter, in der Hoffnung, dort etwas Günstiges und Passendes für dich zu finden. Natürlich fand ich einige Sachen, die ich dir ohne Rechnung heimlich unter deine anderen Sachen mogelte.

Durch meine fast 35 jährige Kaufhof Zugehörigkeit und als jetzige Abteilungsleiterin konnte ich mir zwar mit einem schlechten Gewissen, aber gut und gerne erlauben, nicht ganz korrekt zu sein. Dem Kaufhof schadete ich nicht wirklich und genau genommen war es noch eine gute Tat – eine sehr gute Tat. Ich hatte Dich seit fünf Wochen nicht mehr gesehen, als du das zweite Mal bei mir in der Babyabteilung unverhofft aufgetaucht bist, um noch ein paar neue Sachen nach zu kaufen. Ich war sowas von nervös und aufgeregt……aber ich bin ganz ruhig und gespielt besonnen geblieben und habe so getan, als machte es mir nichts aus, obwohl ich natürlich total durcheinander war, dass du da plötzlich in meiner Abteilung standest. Es hat mir ein wenig Hoffnung gemacht, dich doch noch zu einem privaten Treffen überreden zu können. Ich musste nur noch auf den richtigen Augenblick und die Möglichkeit warten und dann reagieren. Es war für mich nicht so einfach, weil mein Adrenalinspiegel weit über Normal lag.

In meinem Kopf tobte in den letzten Wochen ununterbrochen ein heftiger Kampf. Ich verstand einfach nicht, wie ich dazu kam, zu jemandem wie dich, ein Verhältnis aufbauen zu können, den ich lange misstraut habe. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht wusste, wer du bist, als diese Anziehung zu dir gleich beim ersten Treffen gleich eingeschlagen hat. Oder vielleicht daran, dass ich angefangen habe, die Gründe zu hinterfragen, aus denen ich dir anfangs so lange misstraut hatte. Als du das erste Mal hier reingekommen bist, warst du ziemlich verschlossen, aber jetzt schimmert schon ein bisschen von deinem wahren, weichlichen Charakter hier und da durch.

Ich habe über die Zeit im Kaufhof mit dir zusammen zwanzig Seiten Tagebuch geschrieben, aber erst heute Abend wurde mir beim Überfliegen dieser Einträge klar, dass keiner davon beschreibt, wie wir uns eigentlich privat kennengelernt haben. Ich habe von unserem ersten und zweiten Treffen (im Kaufhof) erzählt, aber nie erwähnt, wann wir uns zum ersten persönlichen Treffen außerhalb des Kaufhof verabredet hatten.
Flehend und bettelnd forderte mich Jutta auf, meine Ferienidee mit dir umzusetzen.
Als du dann zum zweiten Mal unverhofft vor mir in der Abteilung standest, habe ich mir ein Herz gefasst und dich direkt darauf angesprochen! Das fiel mir wegen meiner Aufregung alles andere als leicht, aber ich spürte, dass es meine einzige Chance war. Ich fragte direkt, ob wir nicht gemeinsam einen Tag auf der lustigen Straußenfarm in Disselfurt verbringen könnten. Du strahltest mich verlegen und rot an und hauchtest leise: „Ja, zu gern!“ Schnell bestimmten wir, dass der übernächste Samstag ein guter Termin war.

An diesem besagten Samstag verirrten sich fast keine anderen Besucher auf die Farm. Es regnete. Natürlich. Es regnet immer, wenn man etwas Besonderes vorhat. Mein Herz klopfte wie verrückt, und du warst so schüchtern. Wir sprachen und lachten viel auf der Lamawanderung, bis wir pitschnass waren. Später saßen wir ziemlich feucht und bemalten gemeinsam Straußeneier. Dabei erzähltest du mir, dass du gern auch mal Ferien auf einer Farm mit vielen Tieren machen möchtest. Das war meine Gelegenheit, um dich zu fragen, ob du nicht zu mir in die Osterferien kommen möchtest.
Du schaustest mich so erstaunt und irritiert an und fragtest euphorisch: „Wirklich?“ Meine Glücksgefühle überschlugen sich, und heute weiß ich auch warum.
Fast alle Erinnerungen über dich halte ich weiter in meinem Tagebuch fest. Jedes wichtige Gespräch, das wir beide hatten. Und auch jedes meiner Ereignisse und Überlegungen, seitdem ich im Dezember in Rente gegangen bin. Ich habe die letzten fünf-sechs Monate lang Tagebucheinträge an dich geschrieben, um mich an alles genau erinnern zu können, falls Du wirklich in den Ferien zu mir kommst oder eines Tages mehr über mich und meine Gedanken und Gefühle wissen möchtest.

Die schönsten Erinnerungen gehören nur mir, die tollsten Erfahrungen auch, mir ganz allein. Deine Mimik und Gestik, dein Schmollen, das Überraschende, deine Schmerzen, deine Euphorien. Sie sind eins mit mir, und ich bin eins mit ihnen.

Du warst ähnlich in Motorik und Bewegung und erinnertest mich so stark an Marie, früher, so mutlos, so verletzlich, so abgeschottet von der Wirklichkeit. Ich ahnte um deine schwere Vergangenheit und dass du viel mehr hinter dich hattest, als ich durch meine ganze Aufmerksamkeit zusammen bekam, obgleich ich nicht genau wusste, welche. Aber alles an dir schrie vor Schmerz, vor Leid, vor Schrecken, vor Unverständnis.

Ich weiß natürlich auch, dass eigentlich deine Eltern oder Stiefmutter viel mehr über dich erzählen könnten, aber ich finde, dass die Seite, die ich von dir kenne, es ebenfalls wert ist, weitergegeben zu werden. Vor allem vor der Tatsache, dass sich bis jetzt ja nicht wirklich jemand ernsthaft um dich bemüht und gekümmert hat.

Ich bemühte mich wirklich, die Augen für dich so weit offen zu halten, um ja alles schädliche und unangenehme von dir fernzuhalten. Leider habe ich es nicht immer geschafft, aus deinem besonderen Blickwinkel, mich auch in deiner neuen und ungewohnten Welt immer direkt zurechtzufinden.

Mir schwirren viel zu viele Gedanken im Kopf herum, die sich einfach nicht beruhigen ließen. Seit Ulfs Tod hatte ich mit Schlafstörungen zu kämpfen. Ich lag nächtelang wach und dachte an Ulf und meine Mutter. Ich dachte immer wieder an ihren gemeinsamen Todestag. Und jetzt mischten sich auch noch die starken Gedanken an dich dazwischen.

Aber seit kurzem verfolgt mich der Gedanke, dass ich es eigentlich nicht nur für dich, sondern auch für mich tue. Damit mir der „schlimme Verdacht“ vergeben wird. Damit ich mir selbst vergebe. Ich wollte unbedingt wieder ein richtiges Mädchen in meinem Haus wissen – Jule. Zuerst, weil ich mir einredete, dir deinetwillen helfen zu wollen. Dann erkannte ich, dass ich mir auch selbst helfen wollte. Und mittlerweile will ich dir wirklich helfen, deinetwillen. Weil ich dich so unheimlich lieb gewonnen habe…………….

…………………………………..in Liebe Anne

Autor: Soe Lückel | Eingesandt via Formular

Diese Geschichte darf nicht kopiert werden.

Das was bleibt

Das was bleibt (3)
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Tags: kapitell, anne, tagebuch, bleibt, präsentiert
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Petra
Petra
Gast
20/11/2025 20:54

Liebe Soe,
vor ein paar Tagen habe ich mir, wie so viele Wochen zuvor, gesagt, dass deine Geschichte weitergeht. Ich wünschte mir das so. Und heute kann ich sie weiterlesen. Sie zeigt mir, wie gefühlsvoll du mit Jule umgehst, das macht die Geschichte einzigartig. Vielen Dank. Und ich werde weiter warten auf mehr, vielen Dank. Petra

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Soe Lückel
Soe Lückel
Gast
Antwort an  Petra
21/11/2025 03:59

Liebe Petra,

herzlichen Dank für deinen tollen Mutkommentar. Ich hoffe, ich kann dich noch häufiger bestätigen und überraschen. Es freut mich unendlich, dass meine Geschichten/Kapitel dich berühren und du immer noch so geduldig darauf wartest. Deine Worte bedeuten mir viel und motivieren mich, weiterhin mit Herz und Leidenschaft zu schreiben. Es ist schön zu wissen, dass Jule und ihre Geschichte dir so nahe geht. Ich werde mein Bestes geben, um dich bald wieder mit neuen Kapiteln zu erfreuen.

Bis dahin alles Liebe und herzliche Grüße
Soe

-1
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Kusi
Kusi
Gast
23/11/2025 11:47

Liebe Soe,

danke für die interessante Fortsetzung dieser geheimnisvollen Geschichte. Die Idee mit dem Tagebuch gefällt mir gut. Damit hat der Leser einen gewissen Wissensvorsprung. Wie Jule wohl reagiert? Noch ist er ja noch mitten in der Ausbildung… Liebe Grüsse, Kusi

1
Antworten
Soe Lückel
Soe Lückel
Gast
Antwort an  Kusi
23/11/2025 20:34

Hey Kusi,

vielen lieben Dank, dass du ein positives Wort über das Tagebuch verloren hast und es nicht als Blindkapitel siehst.

Durch meine lange, unangenehme Auszeit habe ich versucht, eine Brücke von der Basic-Geschichte „Die Lehre“ hin zu „Das was bleibt“, zu schlagen. Der Part hat viele Nerven gekostet und Hilfe vom Windelspiel gebraucht, um zu verbinden. Schön, dass es deiner Meinung nach funktioniert und aufklärt. Ich hoffe, den vielen anderen Lesern geht es ähnlich, und dass sie die Idee auch kommentieren. Kommentare wie deiner motivieren mich und sind für Hobby-Schreiberlinge ein unbedingter Booster.

Liebe Grüße, viel Spaß weiterhin und danke!

Soe

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