Windeln mit Meerblick (12)
Dieser Eintrag ist Teil 12 von 15 der Serie Windeln mit Meerblick Windelgeschichten.org präsentiert: Windeln mit Meerblick (12)
10. TAG: VERSCHLOSSEN UND VERRIEGELT
Am nächsten Morgen holte Flo das Paket hervor, das ihm Guido am Abend zuvor überreicht hatte.
„Du hattest mich doch gebeten, ein wenig streng zu dir zu sein, weil du erleben möchtest, dass du gezwungen bist, eine Windel zu tragen, stimmt‘s?“, fragte er.
„Nun ja, sowas in der Richtung habe ich wohl gesagt“, gab ich zu.
„Dann habe ich hier etwas für dich. Ich habe mich neulich mal ein wenig im Internet umgesehen. Und bin dabei auf etwas gestoßen, das dazu beitragen kann, dir das gewünschte Gefühl zu vermitteln.“
Er überreichte mir eine Plastikhose, die wie meine anderen aus halbtransparenter Plastikfolie bestand. Allerdings wies sie drei Unterschiede auf: Das Material war dicker, es war nicht gelb, sondern blau und durch den Bund der Hose lief eine Kette. An einer Stelle war die Kette nach außen geführt worden, die beiden Enden baumelten hier ein Stückchen herab.
„Nanu?“, fragte ich. „Wozu das?“
„Die Kette wird mit einem kleinen Vorhängeschloss gesichert, wenn du die Hose angezogen hast“, erklärte Flo. Er öffnete seine große Hand und präsentierte mir in der Tat ein solches Schloss. „Dann bist du nicht mehr in der Lage, sie auszuziehen. Jedenfalls nicht, solange du den Schlüssel nicht hast, und den werde ich dir natürlich nicht geben.“
Ich wurde ein wenig unruhig. Das klang wirklich spannend. „Okay“, sagte ich, „probieren wir‘s aus. Muss das Schloss nach vorne oder nach hinten?“
Flo meinte, dass ich mir das aussuchen könne. Ich entschied mich für vorne und stieg in die blaue Gummihose. Als ich sie erfolgreich über meinen Windelhintern gezogen hatte, zog Flo die Kette stramm und fädelte dann das Vorhängeschloss ein. Das nachfolgende Klicken, das das Schloss von sich gab, als Flo es zudrückte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Nun war ich sozusagen zwangsgewindelt.
Ich versuchte, die Gummihose nach unten über die Hüfte zu ziehen. Es ging nicht.
„Wie fühlt es sich an?“, erkundigte Flo sich.
Ich schluckte. „Ganz großartig“, brachte ich hervor. „Wirklich ganz großartig.“
In lief ein paar Schritte zum Auto, um mir ein Kleid herauszusuchen. Aufgrund der dickeren Folie fühlte sich das deutlich anders an. Noch heftiger irgendwie. Außerdem erreichte das Geraschel ein neues Niveau.
Ich wühlte in meinem Koffer herum und entschied mich dann doch gegen ein Kleid. Stattdessen zog ich einen Rock hervor, der oben über einen Gummizug verfügte. So wurde die Windel noch einmal deutlicher sichtbarer. Ein Kleid, so es denn einigermaßen weit war, fiel recht locker über Windel und Plastikhose und verschleierte das Vorhandensein der dicken Polsterung nach Kräften. Der Rock war da gnadenlos. Sein Gummizug lag direkt an meinem Körper an, direkt darunter begann die Windel, und die wurde dadurch sehr wirkungsvoll betont. Zudem war der Rock ziemlich kurz.
„Mutig“, kommentierte Flo. „Sehr mutig.“
„Zu mutig?“
„Kommt drauf an, was du erreichen möchtest“, lächelte er.
Auf Strand hatten wir an diesem Tag keine rechte Lust, stattdessen wollten wir einen Leuchtturm besichtigen. Dazu mussten wir ein Stück mit dem Auto fahren, parkten und hatten dann noch einen Fußmarsch durch die Salzwiesen vor uns. Ein seltsames Gefühl mit der dicken Windel, dem kurzen Rock und der Tatsache, dass ich die Windel nicht ausziehen konnte. Zudem war es hier schon wieder ganz schön windig. Nebenbei fummelte ich an dem Schloss herum, das ich durch den Rock gut spüren konnte. Und nicht nur spüren, es war auch sichtbar, wenn man richtig hinsah. Die Kette hing zwischen Rock und Gummihose an mir herab und pendelte fröhlich vor sich hin.
Bei der Besichtigung des Leuchtturms legte ich meinen nächsten großen Auftritt hin. Darin befand sich nämlich eine ziemlich steile Wendeltreppe. Die Leuchtturmwärter, die hier früher täglich mehrfach herauf- und heruntergestiegen sind, trugen vermutlich keine kurzen Röcke. Und wenn sie es wider Erwarten doch taten, dann waren sie wahrscheinlich meist allein auf der Treppe unterwegs. Das wäre ihnen jedenfalls zu wünschen gewesen, zumindest wenn sie auch nur einen Funken Schamgefühl hatten.
Flo war vorangegangen, ich war direkt hinter ihm. Mir folgte eine Familie mit zwei Kindern, der Vater vorneweg. Zumindest der hatte einen prachtvollen Blick auf meine Windel, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Wahrscheinlich konnte sich aber auch der Rest der Familie an dem Anblick ergötzen – oder sich schockiert abwenden, ganz nach persönlichen Gusto.
Wie auch immer, ich konnte eh nichts daran ändern, und zugegebenermaßen genoss ich die Situation wieder mal ein bisschen. Die Scham und der Kick fochten den nächsten Kampf in meinem Innern aus.
Oben auf dem Turm gab es eine großartige Aussicht, aber es war noch windiger als auf dem Boden. Wütend riss der Wind an meinem Rock.
„Wenn wir wieder unten sind, muss ich mir irgendwo eine ruhige Ecke suchen und meine Windel wechseln“, sagte ich zu Flo. „Ich kam nicht umhin, sie ein wenig zu benetzen.“
„Da wird nichts draus werden“, meinte Flo. „Ich darf dich daran erinnern, dass deine Gummihose mit einem Schloss gesichert ist.“
„Aber du hast doch den Schlüssel, oder?“, fragte ich.
„Ja und nein. Der liegt im Zelt.“
Erst jetzt sah ich mich schlagartig mit der Tatsache konfrontiert, was die neue Plastikhose bedeutete. Ich konnte sie tatsächlich nicht herunterziehen, ich war darin gefangen. Sie war wie ein raschelndes, mobiles Gefängnis, in das ich gesperrt worden war und das ich nun mit mir herumtrug.
„Flo“, raunte ich ihm zu, „das macht mich ein kleines bisschen an.“
Er warf mir einen belustigten Blick zu. „So soll‘s ein“, meinte er.
Als wir am späten Nachmittag zum Zelt zurückkamen, hatte es sich bezogen. Es war kühl geworden. Flo rückte jetzt endlich den Schlüssel heraus, so dass ich meine volle Windel wechseln konnte. Danach kam die abschließbare Gummihose aber wieder an ihren Platz. Da ich ein wenig fröstelte, zog ich mir meine Lieblingsstrumpfhose an, die dunkelblaue, gerippte. Flo war der Meinung, dass der Rock dann für diesen Tag seine Pflicht erfüllt hatte und dass er sich im Koffer ein wenig erholen durfte. Also lief ich in Windel, Strumpfhose und einem warmen Wollpullover herum.
Wir beschlossen, einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Nun hatten wir den abgelegenen Platz für unser Zelt auf der Wiese bekommen. Aber was war eigentlich am anderen Ende der Wiese? Das hatten wir noch nicht erkundet, und das holten wir jetzt nach. Da es dahinten wirklich komplett menschenleer aussah, störte mich mein seltsames Outfit nicht weiter.
Es war unspektakulär. Erst stießen wir wieder auf ein kleines Wäldchen und dann auf einen Zaun. An dem liefen wir eine Weile entlang und kehrten dann um. Als wir wieder über die Wiese liefen, blieb Flo plötzlich stehen.
„Da ist was los“, sagte er.
Er hatte Recht. Neben unserem Zelt stand jetzt ein roter Transporter älteren Baujahrs. Zwei Personen wuselten darum herum.
„Es sieht so aus, als hätten wir Nachbarn bekommen“, meinte ich.
Flo seufzte. „Schluss mit der Einsamkeit. Aber wer weiß, vielleicht sind sie ja ganz nett.“
Mit einem mulmigen Gefühl lief auf unsere Mini-Wagenburg zu. Ich versuchte, meinen Pullover so weit wie möglich herunterzuziehen, auf dass er als eine Art Minikleid fungierte. Der Pullover hatte aber andere Pläne. Er reichte zwar ein Stückchen über meinen Hintern, ihn aber als Kleid zu bezeichnen, käme dem Versuch gleich, von einer Zahnbürste zu behaupten, sie sei ein Besen. Meiner Strumpfhose oblag also die Verantwortung, den größten Teil meines Windelhinterns zu bedecken, der sich deutlich darunter abzeichnete. Eine Chance, mich auf der offenen Wiese irgendwo zu verstecken, sah ich nicht. Es gab wohl auch keine. So blieb mir nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Die neuen Nachbarn würden mich in einem etwas unvorteilhaften Outfit kennenlernen, das war kaum zu vermeiden.
Die beiden Neuankömmlinge bestanden aus einem Paar Anfang zwanzig. Sie stellten sich als Nico und Becky vor. Letztere hieß eigentlich Rebecca, wollte so aber nicht genannt werden. Gut, dann eben Becky. Nico war fast so groß wie Flo, aber spindeldürr. Er war blond, hatte einen Man bun, trug weite, bunte Klamotten und war barfuß. Becky war ein ganzes Stück kleiner als ich und … wie soll man sagen, ohne des Body shamings bezichtigt zu werden? Mopsig? Drall? Rundlich? Sie als dick zu bezeichnen, wäre übertrieben gewesen, aber gertenschlank war sie definitiv auch nicht. Sie hatte Dreadlocks und trug einen löchrigen Pullover sowie eine weite Haremshose, bei der sich der Hosenboden zwischen den Knien befand.
Die Hose ist nicht uninteressant, dachte ich. Die ist das absolute Gegenteil meiner Strumpfhose, unter der kann man eine Windel wirklich gut verstecken, wenn es mal erforderlich sein sollte. Das wollte ich mal im Hinterkopf behalten.
Nico und Becky waren eindeutig der alternativen Szene zuzuordnen. Bioladen, Klimademo, vegane Ernährung, Lastenrad, Gendern, Räucherstäbchen, Gewaltfreie Kommunikation – irgendwo dort gehörten sie meiner Meinung nach hin. Das war auch nicht so ganz falsch, wie sich herausstellen sollte.
Flo mochte manchmal ein wenig mundfaul sein, aber er ging gern auf andere Menschen zu und interessierte sich für sie. So bot er den neuen Nachbarn zur Begrüßung ein Bier an, was sie erfreut annahmen. Da standen wir dann alle mit einer Flasche in der Hand herum, und ich war weiterhin in Strumpfhose, was an sich schon seltsam genug war. Dass sich darunter eine Windel verbarg, konnte niemandem entgehen, was es nicht besser machte. Dennoch zog ich mir nichts drüber. Sie hatten es ja eh schon gesehen, da kam es jetzt auch nicht mehr drauf an.
Schließlich rückten wir unsere Campingmöbel zusammen und bereiteten auch das Abendessen gemeinsam zu. Dabei wurde klar, dass ich Nico und Becky durchaus in der richtigen Ecke verortet hatte, was ihre Lebenseinstellung und Lebensweise anging. Nico studierte Soziologie, Becky Sozialpädagogik – das passte schon alles perfekt zusammen. Vor allem aber waren sie eins: total nett. Auch wenn sie einen anderen Lebensstil pflegten als wir, versuchten sie uns nicht davon zu überzeugen, dass wir es genauso machen sollten. Das Wort Freiheit fiel mehrfach, das schien ihnen sehr wichtig zu sein.
„Freiheit“, sagte Nico, „ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden.“
„Das ist von Rosa Luxemburg“, wusste ich.
Nico und Becky waren beeindruckt.
Nach dem Essen lief ich mit Becky zum Abwaschen, wiederum einfach in Strumpfhose und Windel. Ein paar Bier hatten dazu geführt, dass mir das alles egal war. Anschließend öffneten wir zu viert eine Flasche Rotwein. Und dann noch eine. Anfangs hatte ich ein komisches Gefühl mit den beiden. Bislang hatte es mir Spaß gemacht, andere Leute einen Blick auf meine Windel erhaschen zu lassen, sei es direkt oder unter einem Kleidungsstück. Das waren aber alles Leute, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit bestand, dass ich sie nie wiedersah, kaum mit ihnen sprach und bei denen sich der Kontakt auf einen nur kleinen Zeitraum beschränkte. Ausrutscher waren die Hoffmanns gewesen (die ich vermutlich wiedersehen würde) und die Volleyballtruppe (mit der ich gesprochen hatte und länger zusammen gewesen war).
Bei Nico und Becky war es nun so, dass wir wohl noch einige Tage miteinander oder zumindest nebeneinander verbringen würden. Das war irgendwie neu und fühlte sich komisch an. Andererseits waren sie enorm tolerant, so dass es sich nicht unbedingt schlecht anfühlte, in Strumpfhose und Windel vor ihnen herumzuhampeln. Zudem war auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns nach dem Urlaub wiedersehen würden, sehr gering. Während wir aus Südhessen angereist waren, prangte auf dem Nummernschild ihres verbeulten Campers das Wappen von Nordrhein-Westfalen.
Wie es auch immer sein mochte, es wurde ein schöner Abend, auch wenn Flo und ich eigentlich erwartet hatten, dass wir ihn wieder in trauter Zweisamkeit verbringen würden. Ein wenig Gesellschaft hatte aber irgendwie auch mal ganz gutgetan, und so war ich durchaus zufrieden, als ich mich im Zelt an Flo kuschelte und in den Schlaf hinüber glitt.
Autor: Kuddel | Eingesandt via Mail
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Wieder eine tolle Fortsetzung ich freue mich immer wenn ich etwas neues von den beiden erfahre
Das auf diesem Trip nun noch andere Menschen mit dabei sind und nicht nur vorübergehende, ist jetzt mal eine richtige Herausforderung. Bin gespannt wie es weitergeht und was Sie weiter erleben wird.
Ein super schöner Teil, herzlichen Dank. Ich kann mir die Situation gut vorstellen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung