Rote Strumpfhosen und echte Freundschaft
Kapitel 1
Mathias war in der 4. Klasse der leise Junge in der letzten Reihe. Er mochte Bücher über
Vulkane, zeichnete gern und kannte jeden Vogelruf auf dem Schulhof. Viele in der Klasse
beachteten ihn kaum – außer beim Sportunterricht. Da hatten einige gesehen, dass er unter
der Sporthose Strumpfhosen trug. Nicht nur dunkelblau oder grau, sondern manchmal rot,
gelb, pink oder grün. Seine Mutter sagte, sie hielten warm und seien praktisch; manchmal
erbte er sogar Modelle seiner älteren Schwester. Die Hänseleien waren fies, und so zog sich
Mathias immer weiter zurück. Was niemand wusste: Inzwischen mochte er die Strumpfhosen
sogar lieber als die kratzigen langen Unterhosen seiner Klassenkameraden. Sie hielten
angenehm warm, rutschten nicht und fühlten sich weich an.
Eines Tages kam ein neuer Schüler in die Klasse: Jürgen. Er hatte eine offene Art, lachte
schnell und konnte gut zuhören. Beim Gruppenprojekt setzte er sich neben Mathias, und
nach kurzer Zeit verstanden sie sich. Sie bauten aus Papier eine erstaunlich stabile Brücke,
lachten über einen Kleber-Unfall und verabredeten sich schließlich zum Spielen.
Mehrmals trafen sie sich nach der Schule – mal bei Jürgen, mal bei Mathias. Sie bauten
Legostädte, erfanden Regeln für ein selbstgemachtes Kartenspiel und stellten im Hof Mini-
Hindernisparcours auf. An einem grauen Nachmittag saßen sie in Mathias’ Zimmer auf dem
Teppich. Der Regen klopfte ans Fenster, und auf dem Schreibtisch blinkte eine
selbstgebastelte Vulkan-Lava-Lampe.
Als Mathias sich nach einer Figur bückte, rutschte seine Jogginghose ein Stück herunter.
Jürgen sah die rote Kante von Mathias’ Strumpfhose. Für einen Moment wurde es still.
Mathias spürte Jürgens Blick, sein Herz klopfte bis zum Hals. Er zog hastig die Hose hoch,
drehte sich weg und seine Augen wurden feucht. Ihm war heiß vor Scham, als hätte ihn
jemand mitten im Klassenzimmer angestarrt. Ganz leise begann er zu weinen.
Jürgen rutschte näher. „Hey, ist doch okay“, sagte er ruhig. „Ehrlich. Das ist nichts
Schlimmes.“ Mathias schüttelte den Kopf. „In der Schule machen sie sich immer lustig“,
murmelte er. Jürgen zuckte mit den Schultern. „Die haben doch keine Ahnung. Meine Oma
sagt, Hauptsache bequem und warm. Und mal ehrlich: Strumpfhosen sind doch praktisch.
Viel besser als wenn man friert.“
Mathias blinzelte überrascht. „Findest du?“ Jürgen nickte. „Klar. Außerdem: Rot ist
mutig.“ Ein winziges Lächeln stahl sich in Mathias’ Gesicht. „Sie sind wirklich bequem“, gab
er zu. „Und sie bleiben, wo sie sollen.“ Jürgen grinste. „Jetzt bin ich neugierig. Zeig mal, was
du so hast.“
Sie öffneten die Schublade in Mathias’ Schrank. Darin lag ein ordentlich gefalteter
Regenbogen: feuerrot, sonnengelb, waldgrün, meerblau, himmelgrau, sogar eine melierte.
Jürgen staunte. „Wow. Das ist ja wie eine Farbkarte!“ Mathias lachte zum ersten Mal an
diesem Nachmittag richtig. „Die rote ist die wärmste. Die grüne sitzt am besten. Die gelbe
ist… na ja, sehr gelb.“
„Darf ich mal probieren?“ fragte Jürgen vorsichtig. Mathias zögerte kurz, dann nickte er.
„Wenn du willst.“ Jürgen zog seine Jeans aus und schlüpfte in die feuerrote Strumpfhose. Er
stand auf, machte ein paar Schritte und wackelte testend mit den Zehen. „Boah, die sind ja
gemütlich! Und die zwicken gar nicht.“ Mathias strahlte. „Hab ich doch gesagt.“
Die beiden beschlossen, den Rest des Nachmittags einfach in T-Shirt und Strumpfhosen zu
spielen. Sie bauten eine Rennstrecke aus Büchern, ließen Murmeln durch Tunnel rollen und
zeichneten ein Teamlogo für ihren „Strumpfhosen-Club“ – zwei stilisierte Blitze auf einem
roten Kreis. Draußen wurde der Regen dichter, drinnen war es warm und leicht.
Als es Zeit wurde, aufzuräumen, setzte sich Jürgen auf den Teppich und wurde ernst. „Weißt
du, in der Schule… wenn die wieder blöd reden, dann setz ich mich neben dich. Und wir
lassen uns nicht ärgern.“ Mathias nickte langsam. „Zusammen ist es leichter.“
Gerade in diesem Moment knarrte die Haustür. Schritte im Flur, gedämpfte Stimmen.
Mathias’ Mutter rief: „Mathias? Jürgen? Alles gut bei euch?“ Mathias wollte antworten – da
stockte er. Aus dem Fenster blitzte blaues Licht. Auf der Straße stand ein Einsatzwagen der
Feuerwehr; Nachbarn hatten sich versammelt, viele schauten nach oben.
Jürgen sprang auf und lief zum Fenster. „Was ist denn da draußen los?“ fragte er.
Und dann hörten sie es: ein dumpfes Summen, das stärker wurde. Auf dem Ahornbaum vor
dem Haus hing etwas Dunkles, Großes – ein Nest? Mehrere dunkle Punkte umkreisten die
Straßenlaterne, als würde der Regen selbst surren.
Mathias’ Blick traf Jürgens. „Glaubst du…?“ flüsterte er.
Jürgen schluckte. „Ich hoffe, unsere Blitze sind heute schneller.“
Fortsetzung folgt…
Autor: Markus | Eingesandt per Mail
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Interessanter Beginn Deiner Geschichte. Mir fehlt zwar ein bissel der Zusammenhang, da es sehr schnell erzählt wurde, doch vielleicht klärt es sich im nächsten Kapitel noch auf. Bin auf den nächsten Teil gespannt.
Schöne Geschichte
Schade das die so kurz ist und das die keine windeln unter der Strumpfhose haben.
Freu mich auf mehr .
Mfg Erwin
Die Windeln kommen noch
Ich kapier noch nicht, was das am Ende sensibles? Ein Wespennest? Dafür die Feuerwehr mit Blaulicht und das bei Regen? Hä? Und was hat das mit den Blitzen zu tun?
Vielleicht bekommt er gemusterte strumphfosen geschenkt